Systemische Sklerose: Definition, Ursachen, Symptome und Therapie

Systemische Sklerose (SSc) ist eine seltene und derzeit nicht heilbare rheumatische Autoimmunerkrankung, die in Deutschland etwa 25.000 Menschen betrifft. Die SSc weist unter den rheumatologischen Erkrankungen die höchste Mortalität auf. Zu den Haupttodesursachen zählt die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH). Die frühe Erkennung und gezielte Behandlung einer PAH ist für das Überleben der Betroffenen wichtig. Der DETECT-Algorithmus ist ein sensitives und nicht invasives Screening-Instrument zur Identifizierung eines erhöhten PAH-Risikos bei systemischer Sklerose anhand weniger Parameter.

Definition und Einteilung der Systemischen Sklerose

Die systemische Sklerose (SSc), auch Sklerodermie genannt, ist eine seltene autoimmune Systemerkrankung, bei der es zu einer Vermehrung und Verhärtung des Bindegewebes und einer Erkrankung der Blutgefäße kommt. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich. Das Therapieziel liegt in der Verzögerung der Erkrankung, Linderung der Symptomatik und Erhalt der Lebensqualität. SSc ist eine seltene und derzeit nicht heilbare rheumatische Autoimmunerkrankung mit heterogener Klinik. Sie zählt zu den Kollagenosen und ist gekennzeichnet durch generalisierte Mikroangiopathie, durch Produktion von Autoantikörpern und Dysfunktion der Fibroblasten, die zu erhöhter Produktion und Einlagerung extrazellulärer Matrix führt. Betroffen sind neben der Haut auch innere Organe, daher wird der altbekannte Name Sklerodermie immer seltener verwendet. Eine Organbeteiligung manifestiert sich meist nach einem variablen Zeitraum nach dem Auftreten des Raynaud-Syndroms.

Als Kollagenosen bezeichnet man eine Gruppe seltener entzündlich rheumatischer Erkrankungen des Bindegewebes unklarer Genese. Da bei diesen Erkrankungen das Bindegewebe angegriffen wird, kann im Prinzip jedes Organ betroffen sein. Sie gehen einher mit einer Störung der Regulation des Immunsystems und der Bildung von Autoantikörpern. Zu den Krankheitsbildern zählen neben der systemischen Sklerose der Systemische Lupus erythematodes, das primäre Sjögren-Syndrom, Dermatomyositis und Polymyositis, das Antiphospholipid-Syndrom sowie Mischkollagenose, wobei hier die Mixed Connective Tissue Disease (MCTD) eine Sonderform darstellt mit teilweise vorhandenen SSc-Symptomen wie der interstitiellen Lungenerkrankung (engl. ILD).

Es gibt verschiedene Formen der systemischen Sklerose. Die wichtigsten Formen sind:

  • Limitierte systemische Sklerose (lSSc): Früher als CREST-Syndrom bezeichnet. Die Hautveränderungen beschränken sich auf das Gesicht, die Hände und Füße und gehen nicht über die Ellenbogen und Knie hinaus. Bei dieser Form beschränkt sich die Hautmanifestation auf Gesicht, Hände und Füße und geht nicht über die Ellenbogen oder die Knie hinaus. Bei dieser Variante zeigen die Patienten typische serologische Parameter und Manifestationen an den Organen, jedoch nicht an der Haut. Kennzeichnend für die limitierte systemische Sklerose ist das CREST-Syndrom, bei dem es zu einer Hautverkalkung (lat. Calcinosis cutis), Raynaud-Phänomen, Ösophagusmotilitätsstörung (von lat. oesophagus = Speiseröhre), Sklerodaktylie (Verhärtung der Haut an den Fingern) und Teleangiektasien (die oberflächigen Hautgefäße sind erweitert) kommt.

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  • Diffuse systemische Sklerose (dSSc): Die Hautveränderungen gehen über die Ellenbogen und Knie hinaus. Neben dem Gesicht ist auch der Körperstamm betroffen. Breitet sich die Sklerose über den ganzen Körper aus, ist von einer diffusen systemischen Sklerose die Rede. Sie schreitet in der Regel schneller voran als die limitierte systemische Sklerose und führt innerhalb von kurzer Zeit zu Verletzungen der Haut, sogenannten Hautläsionen. Von einer Verhärtung des Gewebes (Fibrose) sind sehr häufig auch die inneren Organe betroffen. So tritt zum Beispiel bei mehr als 50 % der Patient:innen eine Lungenfibrose auf.

  • Systemische Sklerose sine scleroderma: Die inneren Organe sind betroffen ohne Hautbefall.

  • Overlap-Syndrom: Zeichen einer Sklerodermie in Kombination mit anderen rheumatischen Erkrankungen, z. B. Rheuma. Bei den Sklerodermie-Overlap-Syndromen (englisch overlap "Überlappung") treten typische Krankheitszeichen einer systemischen Sklerodermie in Kombination mit Symptomen einer weiteren Autoimmunerkrankung auf. Das Sharp-Syndrom wird auch als Mischkollagenose (Mixed Connective Tissue Disease, MCTD) oder als Überlappungssyndrom (Overlap-Syndrom) bezeichnet. Dabei können Symptome verschiedener entzündlicher Bindegewebserkrankungen, wie beispielsweise Lupus erythematodes, systemische Sklerose, Polymyositis und rheumatoider Arthritis, gleichzeitig auftreten.

Es gibt auch lokalisierte Formen der systemischen Sklerose, die auf die Haut und das angrenzende Gewebe beschränkt sind - in einigen Fällen auch auf den Muskel. Innere Organe sind im Gegensatz zur systemischen Sklerose nicht betroffen. In den meisten Fällen beginnt die lokalisierte systemische Sklerose bereits im Kindesalter und bleibt lange unerkannt. Oft verbessert sich die lokalisierte systemische Sklerose oder verschwindet sogar mit der Zeit - allerdings kann sie kosmetische Hautschäden hinterlassen, die jedoch nach einiger Zeit wieder weich werden und nicht mehr auffallen. Eine Unterform der lokalisierten systemischen Sklerose ist die Morphea, die in bestimmten Körperarealen auftritt. Zu Beginn der Erkrankung werden Hautstellen an Händen, Armen, Beinen und im Gesicht trocken und hart. In der Folge entstehen sogenannte Plaques - runde oder ovale weißliche Flecken mit rotem Rand. Die Morphea breitet sich oft an Stellen aus, an denen viel Druck auf die Haut ausgeübt wird, zum Beispiel durch einen BH-Träger, am Rücken durch einen schweren Rucksack oder durch enge Hosen im Leistenbereich. Eine weitere Form ist die lineare Sklerodermie, die durch einen streifenförmigen Hautbefall gekennzeichnet ist, bei einigen Personen jedoch auch an der Stirn.

Epidemiologie der Systemischen Sklerose

Literaturangaben zu Inzidenz und Prävalenz der SSc variieren entsprechend geografischer und methodischer Unterschiede in der Fallerfassung. Daten aus Europa lassen für Deutschland eine Inzidenz von etwa 19 pro eine Million und eine Prävalenz von etwa 300 pro eine Million annehmen. Diesen Zahlen nach gäbe es in Deutschland ca. 1500 neue Patienten pro Jahr und insgesamt etwa 25.000 Erkrankte. Schätzungen zufolge leiden in Deutschland zwischen 8.300 und 12.500 Menschen an einer systemischen Sklerose - jedes Jahr erkranken 250 bis 380 Personen. Die Angaben über die Verbreitung dieser seltenen Erkrankung variieren jedoch stark. Deshalb kann man nur von Schätzwerten sprechen. Die Häufigkeit der systemischen Sklerose steigt kontinuierlich bis zu einem ersten Erkrankungsgipfel zwischen 50 und 60 Jahren an. Ein zweiter Gipfel tritt nach dem 65. Lebensjahr auf. Frauen erkranken viermal häufiger als Männer, meist im mittleren Lebensalter.

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Ursachen und Risikofaktoren

Die Ätiologie der SSc ist bisher unvollständig geklärt. Es werden ähnlich wie bei anderen Autoimmunerkrankungen Umweltfaktoren (einschließlich Kieselsäure, Silikon, Lösungsmitteln und Kohlenwasserstoffen) ebenso wie genetische und hormonelle Faktoren als mögliche Ursachen diskutiert. Umweltnoxen wie Dieselgase bzw. Benzol scheinen die Erkrankungsschwere zu modifizieren. Für hormonelle Beteiligung spricht, dass die systemische Sklerose bei Frauen häufiger auftritt als bei Männern. Beweise für genetische Faktoren, die zur Krankheitsanfälligkeit bei systemischer Sklerose (SSc) beitragen, stammen aus einer Vielzahl von Studien.

In einer aktuellen Analyse von Registerdaten der FDA konnten Coroneos und Kollegen einen Einfluss von Brustimplantaten auf die Inzidenzraten von verschiedenen Erkrankungen zeigen. Von den etwa 100.000 eingeschlossenen Teilnehmerinnen hatten 56 % Implantate aus Silikon. Nur diese waren mit stark erhöhten standardisierten Inzidenzraten (SIR) für die systemische Sklerose (SIR: 7,0), das primäre Sjögren-Syndrom (SIR: 8,1), die rheumatoide Arthritis (SIR: 6,0), für Todgeburten (SIR: 4,5) und Melanom (SIR: 3,7) korreliert. Sowohl Umweltfaktoren als auch genetische Einflüsse können das kürzlich gezeigte und physiologische Antikörpernetzwerk beeinflussen. Letzteres ist bei SSc spezifisch verändert und beeinflusst Effektorfunktionen von Immunzellen und Gewebszellen.

Die systemische Sklerose ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung. Ausgelöst wird sie vermutlich von einer Fehlreaktion des Immunsystems. Körpereigene Zellen des Bindegewebes werden vom Immunsystem als fremd oder fehlerhaft erkannt. Die Folge: Das Immunsystem wird aktiv, und es kommt zu Entzündungsreaktionen. Dabei vermehren sich die Bindegewebszellen (Fibroblasten) übermäßig bis hin zu einer krankhaften Bindegewebszellenanhäufung (Fibrose) mit einer hohen Produktion an Kollagen. Die Kollagenanhäufung führt zur Sklerose (Verhärtung) der Haut und zur Verengung von Blutgefäßen, was wiederum die Fibrosierung begünstigt. Erhöhte Endothelin-Konzentrationen spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Gefäßschäden: Es verursacht Gefäßverengungen und trägt außerdem zur Entstehung von Fibrosen und Entzündungen bei.

Symptome der Systemischen Sklerose

Die Symptome der Sklerodermie können sich stark unterscheiden: Während bei einigen Patient*innen fast alle Organe betroffen sind, weisen andere nur an einzelnen Organen Symptome auf. Dadurch kommt es zu sehr unterschiedlichen Krankheitsverläufen. Typische Symptome einer systemischen Sklerodermie sind anfallsweise auftretende Durchblutungsstörungen an Händen und Füßen (Raynaud-Phänomen) sowie eine Verhärtung der Haut an Extremitäten, Gesicht und gelegentlich am Oberkörper. Verschiedene weitere Krankheitszeichen können hinzukommen, je nachdem welche inneren Organe in Mitleidenschaft gezogen werden.

Das gemeinsame Auftreten der folgenden drei Symptome gilt als Warnzeichen für das Vorliegen einer systemischen Sklerose:

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  • Raynaud-Syndrom
  • Geschwollene und gerötete Finger („Puffy Fingers")
  • Erhöhung der antinukleären Antikörper (erhöhter ANA-Titer)

Hautmanifestationen

Das Hauptsymptom der systemischen Sklerose ist das Verdicken und Verhärten der Haut. Hiervon sind nahezu alle Patient*innen betroffen, das Ausmaß kann unterschiedlich sein. Kennzeichnend für die systemische Sklerose ist zu Krankheitsbeginn das Raynaud-Syndrom, das bei nahezu allen SSc-Patienten auftritt. Häufig wird es erst Jahre, nachdem die Diagnose gestellt wurde, der Erkrankung zugeordnet. Die Hautbeteiligung mit früher Fibrose und späterer Sklerose ist kennzeichnend für die SSc und betrifft fast alle Patienten. Meist beginnen die Veränderungen mit Schwellungen und Rötungen an den Fingern, den sogenannten „Puffy Fingers“.

Im weiteren Verlauf kann die Schwellung abnehmen, während sich eine Sklerodaktylie mit Ödemen, anschließender Induration und folgender Atrophie manifestiert: Die Finger werden schmal, die Haut straffer und Hautfalten lassen sich schwerer abheben. Viele Betroffene vergleichen das Gefühl mit dem Tragen eines zu engen Handschuhs. In der Folge kommt es oft zu schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und Kontrakturen (Madonnenfinger). Im Gesicht führt die Fibrose oft zu einer starren Mimik.

Weitere Hautsymptome sind:

  • Verdickung und Verhärten der Haut im Gesicht mit krankheitstypischen Veränderungen des Aussehens: sog. „Tabaksbeutelmund“ und eine spitz aussehende Nase.
  • Geschwollene und gerötete Finger („Puffy Fingers“), vor allem im frühen Krankheitsverlauf.
  • Sklerodaktylie: Straff gespannte, harte und verdickte Haut an den Fingern, die meist blass und haarlos sind.
  • Kalzinosen (Kalziumablagerung innerhalb der Haut)
  • Kontrakturen (Bewegungs- und Funktionseinschränkung von Gelenken)
  • Hyper- und Hypopigmentierung (Pigmentstörung der Haut)
  • Juckreiz (Pruritus)

Vaskuläre Manifestationen

Das Raynaud-Syndrom tritt bei etwa 90 % der SSc-Erkrankten auf und ist in den meisten Fällen das erste Krankheitszeichen. Bei einem frühen und aggressiven Krankheitsbeginn kann es gleichzeitig oder später zur Verdickung der Haut kommen. Bereits in der sehr frühen Phase sind SSc-spezifische Autoantikörper nachweisbar. Jüngere Daten weisen darauf hin, dass stimulierende Antikörper gegen den Angiotensin- und Endothelinrezeptor bei der SSc erhöht sind. Eine Nagelfalz-Kapillaroskopie zeigt erste krankheitsspezifische vaskuläre Veränderungen wie Megakapillaren oder avaskuläre Felder. Die ersten drei bis fünf Jahre nach Beginn der Raynaud-Symptomatik im Erwachsenenalter gelten als frühe Phase der SSc. Aus diesem Grund ist es notwendig, Patienten mit früher systemischer Sklerose einem Zentrum für diese Erkrankung vorzustellen, damit ein Schaden vermieden werden kann.

Weitere vaskuläre Symptome sind:

  • Raynaud-Syndrom: Bei der sog. „Weißfingerkrankheit“ verkrampfen sich die Gefäße in Fingerkuppen und Fingern, manchmal auch in Zehen, Nase oder Ohren aufgrund von Kälte oder Stress. Die Haut wird zunächst blass, verfärbt sich dann blau und mit Wiedereinsetzen der Durchblutung rot, was sehr schmerzhaft sein kann. Das Raynaud-Syndrom kann das erste Symptom der Sklerodermie sein. Viele Menschen haben allerdings ein Raynaud-Syndrom, ohne jemals an Sklerodermie zu erkranken.
  • Digitale Ulzerationen: Als Folge der Durchblutungsstörung entstehen schmerzhafte und schwer heilbare Wunden, die nur unter Narbenbildung abheilen („Pitting Scars“). Auch sie können ein erster Hinweis auf eine Sklerodermie sein.
  • Akrale Ischämien (Durchblutungsstörung in Fingern oder Zehen)
  • Veränderungen der kleinen Gefäße am Nagelfalz
  • Sichtbar erweiterte Gefäße (Teleangiektasien)

Gastrointestinale Manifestationen

Alle Abschnitte des Verdauungstraktes können durch die Fibrose und Sklerosierung in ihren Funktionen gestört werden. So können z. B. Schluckbeschwerden aufgrund eines trockenes Mundes oder eines weniger flexiblen Oesophagus auftreten. Eine gastrointestinale Beteiligung betrifft zumeist den Oesophagus und tritt bei dSSc und lSSc mit vergleichbarer Häufigkeit auf (26,6 % vs. 22,8 %). Ebenfalls bekannt sind Verdauungsprobleme und eine beeinträchtigte Nährstoffaufnahme aufgrund gestörter Peristaltik. Dies macht sich in Blähungen und abwechselnd Verstopfung und Durchfall bemerkbar.

Beschwerden im Magen-Darm-Trakt treten bei 90 % der Sklerodermie-Patient*innen auf. Sie können sich ebenso wie das Raynaud-Syndrom bereits in einer frühen Phase der Erkrankung zeigen:

  • Verkürztes Zungenbändchen (Skleroglosson)
  • Erweiterte Gefäße innerhalb der Mundhöhle (enorale Teleangieektasien)
  • Sodbrennen, Schluckstörung (Dysphagie)
  • Übelkeit, Blähungen, Völlegefühl, Durchfall (Diarrhö)
  • Gelbsucht (Ikterus)
  • Inkontinenz

Pulmonale Manifestationen

Interstitielle Lungenerkrankung (ILD, engl. lnterstitial Lung Disease) gehört zu den häufigsten Formen der Lungenbeteiligung bei SSc. Sie ist charakterisiert durch diffuse parenchymale Infiltrationsprozesse, die zur Fibrose führen können. Eine pulmonale Hypertonie kann sich z. B. entwickeln. Pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) und Lungenfibrose sind die häufigsten Todesursachen vor den Folgen gastrointestinaler oder kardialer Beteiligungen, renaler Krisen oder Multiorganversagen. Die pulmonale Vaskulopathie beginnt meist ohne erkennbare frühe Symptome. Erste Zeichen sind oft Müdigkeit und Abgeschlagenheit sowie Dyspnoe unter Belastung. Diese Zeichen werden aufgrund der langsamen Manifestierung von den Patienten selbst meist nur schlecht erkannt. Häufig werden unbewusst der individuelle Bewegungsradius reduziert und Belastungen wie Treppensteigen gemieden. Im weiteren Verlauf kann es zu Thoraxschmerzen, Angina Pectoris, Vorhofflimmern, Atemnot vor allem beim Bücken bzw. Vorwärtsneigen (Bendopnoe) und Belastungssynkopen kommen.

Atemnot ausgelöst durch die Entwicklung einer interstitiellen Lungenerkrankung oder Atemmuskelschwäche. Patient*innen mit einer diffusen SSc sind hiervon häufiger betroffen. Husten als Folge einer Aspirationspneumonitis bei Reflux (Lungenentzündung, die durch zurückgeflossenen Mageninhalt hervorgerufen wird).

Kardiale Manifestationen

Das Herz kann selbst betroffen sein oder infolge einer pulmonal-arteriellen Hypertonie (erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf) geschädigt werden. Atemnot, Ödeme (Flüssigkeitseinlagerungen) in den Armen oder Beinen und Herzrhythmusstörungen können auftreten.

Renale Manifestationen

Bei knapp der Hälfte aller Betroffenen treten im Laufe der Erkrankung Veränderungen an den Nieren auf. Renale Krise (schwere, lebensbedrohende Nierenerkrankung), die sich durch Nierenversagen, Bluthochdruck (Hypertonie) und eine spezielle Form der Blutarmut, die sog. mikroangiopathische hämolytische Anämie, auszeichnet. Aufgrund der verbesserten Therapie treten renale Krisen heutzutage weniger häufig auf.

Muskel- und Gelenkbeteiligung

Arthralgien sind ebenfalls ein häufiges Krankheitszeichen, das auf die Hautschrumpfung und die resultierende Behinderung der Beweglichkeit zurückgeführt werden kann. Viele von Sklerodermie Betroffene leiden unter Muskel- und Gelenkschmerzen (Myalgien, Arthralgien). Auch eine Morgensteifigkeit kann auftreten.

Weitere Symptome

Trockene Schleimhäute und schlecht heilende Wunden im Vaginalbereich sind häufig Gründe einer gestörten weiblichen Sexualfunktion. Von einer veränderten Durchblutung der Genitalien, härter werdender Haut und einer sich verändernden sexuellen Selbstwahrnehmung sind Patienten beiden Geschlechtes betroffen. Bei Männern entstehen häufig Durchblutungsstörungen, die zu eingeschränkter Potenz oder erektiler Dysfunktion führen können. Exokrine Drüsen, geben ihre Sekrete nach außen oder in Körperhöhlen ab. Ist die Abgabe reduziert, kann es zu Gefühlen von Trockenheit, Brennen oder Juckreiz kommen (Sicca-Symptom). Betroffen können bei Menschen mit systemischer Sklerose die Augen, der Mund und bei Frauen die Vagina sein.

Psychosoziale Belastungen wie Depression, Angststörung und Schlafstörung können ebenfalls auftreten. Allgemeine Beschwerden wie Gewichtsverlust, Leistungsminderung und Erschöpfungssyndrom (Fatigue) sind häufig.

Diagnose der Systemischen Sklerose

Für die Diagnose der SSc oder deren Ausschluss stehen keine Labortests zur Verfügung, wobei das Vorhandensein spezifischer Autoantikörper sehr gut auf die Erkrankung und auf deren weitere Risiken weist. Die Erkrankung wird als Ausschlussdiagnose unter Verwendung der Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) und der European League Against Rheumatism (EULAR) von 2013 klassifiziert. Für Veränderungen an der Haut, den Nagelfalz-Kapillaren, für die Präsenz von PAH oder interstitieller Lungenerkrankung, Raynaud-Syndrom und erhöhten SSc-spezifischen Antikörpern werden Punkte vergeben. Bei Erreichen von mindestens neun Punkten wird eine SSc diagnostiziert.

Bei Vorliegen dieser Kennzeichen sollte zeitnah die Überweisung zu einem Rheumatologen erfolgen, sodass eine kapillarmikroskopische Untersuchung des Nagelfalzes, die Bestimmung der SSc-spezifischen Autoantikörper (Anti-Centromer- und Anti-Topoisomerase-I-Antikörper). Die vaskuläre Dysfunktion kann oft schon in frühen Stadien der Erkrankung durch Nagelfalz-Kapillaroskopie beobachtet werden. Dabei werden normale und vergrößerte Kapillaren (Megakapillaren), Mikroblutungen, gewundene und verzweigte Kapillaren sowie Zeichen von Neoangiogenese beobachtet. Ein pathologisches Kapillarmuster ist ein ANA-unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung einer systemischen Sklerose bei Patienten mit Raynaud-Syndrom.

Nach der körperlichen Untersuchung werden verschiedene Blutwerte und die Eiweißkonzentration im Urin untersucht. Bei einigen Patientinnen können weitere Untersuchungen notwendig sein, z. B. ein EKG bei Verdacht auf Herzrhythmusstörungen, eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs, um Hinweise auf eine Lungenerkrankung oder Zeichen einer Lungenstauung erkennen zu können. Betrifft die Sklerodermie die Niere, wird eine Langzeit-Blutdruckmessung durchgeführt. Bei Rheumatologinnen werden weitere Untersuchungen durchgeführt, mit denen die beteiligten Organe und das Ausmaß der Erkrankung beurteilt werden können.

Therapie der Systemischen Sklerose

Die Behandlung der Sklerodermie verfolgt drei Ziele:

  • Das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.
  • Die Beschwerden lindern.
  • Die Lebensqualität erhalten.

Es gibt kein spezielles Medikament gegen Skerodermie, das den Verlauf und die Schwere der Erkrankung zuverlässig beeinflussen kann. Die Therapie besteht aus einer Kombination aus nichtmedikamentösen (Physio-, Ergotherapie, manuelle Lymphdrainage, manuelle Therapie) und medikamentösen Maßnahmen. Bei schwerer diffuser SSc kann eine autologe Stammzelltransplantation in Erwägung gezogen werden. Die Bausteine der Behandlung werden auf die individuellen Symptome und die Schwere der Erkrankung ausgerichtet. Oft erfolgt dies in Zusammenarbeit mit einem Zentrum des Netzwerks systemische Sklerose.

Behandlung von Gefäßerkrankungen

  • Raynaud-Syndrom: Allgemeinmaßnahmen: Kälteschutz, nicht rauchen und Medikamente vermeiden, die das Raynaud-Syndrom verstärken können. Lymphdrainage und physikalische Therapie. Für die medikamentöse Behandlung können bestimmte Blutdruckmedikamente eingesetzt werden.
  • Schmerzhafte, schwer heilbare Wunden an den Fingern: Wichtig ist eine gute Wundversorgung und eine regelmäßige Anwendung von antiseptischen Lösungen (z. B. Octenidin). Mittel der Wahl ist der Wirkstoff Sildenafil (eher bekannt als potenzsteigerndes Mittel). Er hat eine gefäßerweiternde Wirkung.
  • Hochdruck im Lungenkreislauf: Für die medikamentöse Behandlung stehen verschiedene Medikamente, unter anderem Sildenafil, zur Verfügung.
  • Renale Krise (lebensbedrohliche Nierenerkrankung): Es handelt sich um einen Notfall, der eine Krankenhausbehandlung notwendig macht.

Behandlung von Fibrose

  • Haut, Muskeln und Gelenke: Physio- und Ergotherapie tragen mit Dehnübungen zur Vermeidung bzw. Linderung von Versteifungen bei. Lymphdrainage bei Ödemen (Wassereinlagerungen). Logopädie hilft, die Mundöffnung und Zungenbeweglichkeit zu erhalten. Die medikamentöse Behandlung erfolgt mit Medikamenten, die die Immunreaktion gegen körpereigene Strukturen abschwächen (Immunsuppressiva). Kalkablagerungen in der Haut werden operativ entfernt.
  • Interstitielle Lungenerkrankung: Immunsuppressive Behandlung. Antifibrotische Therapie: Wirkt einer krankhaften Vermehrung des Bindegewebes entgegen. In Einzelfällen kann eine Lungentransplantation notwendig werden.

Behandlung von Organbeteiligungen

  • Herzbeteiligung: Für die Behandlung einer Herzschwäche oder von Herzrhythmusstörungen stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Leider kann es dadurch zu einer Verschlechterung des Raynaud-Syndroms oder der pulmonalen Hypertonie kommen.
  • Magen-Darm-Erkrankungen: Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden durch das Einhalten einer entsprechenden Diät behandelt. Allgemeine Maßnahmen zur Vermeidung von Reflux (Rückfluss von Magensäure in der Speiseröhre) wie z. B. das Vermeiden enger Kleidung, das Schlafen mit leicht erhöhtem Oberkörper, die Anpassung der Ernährung werden empfohlen. Sodbrennen kann mit Tabletten behandelt werden (Protonenpumpenhemmern, PPI).

Psychosoziale Unterstützung

Viele Patientinnen finden Unterstützung in Selbsthilfegruppen, die bei der Verarbeitung der Diagnose und dem Leben mit der Erkrankung helfen können. Auch eine psychotherapeutische Beratung und/oder Behandlung ist für einige Patientinnen hilfreich. Zur Behandlung von einer Depression können Antidepressiva eingesetzt werden. Die Raynaud-Symptomatik kann durch Hypnose und autogenes Training gelindert werden.

Um die Krankheit möglichst gut unter Kontrolle zu behalten, sollten Sie die Therapieempfehlungen Ihrer Ärzt*innen umsetzen und Kontrolluntersuchungen regelmäßig wahrnehmen. Zudem ist eine gute Krankheitsverarbeitung wichtig. Unterstützung dabei finden Sie in Selbsthilfegruppen, in denen Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen können. Auch eine psychotherapeutische Begleitung kann sinnvoll sein.

Verlauf und Prognose

Die SSc weist unter den rheumatischen Erkrankungen die höchste krankheitsspezifische Mortalität auf. Die Häufigkeiten der Todesursachen haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte aufgrund von Screening-Möglichkeiten und moderneren therapeutischen Strategien gewandelt. Die Sclerodermie, die ausschließlich die Haut betrifft, ist in der Regel nicht gefährlich. Progressive systemische Sklerodermie verkürzt die Lebenserwartung bei Männern um durchschnittlich 16, bei Frauen um 34 Jahre.

Die Sklerodermie entwickelt sich in den ersten 3-5 Jahren nach Beginn der Raynaud-Symptomatik am stärksten. 50 % aller Organbeteiligungen treten in den ersten beiden Jahren, 75 % in den ersten 5 Jahren auf. Anschließend kommt es bei den meisten Patient*innen zu einem Fortschreiten der bestehenden Symptome und/oder einer Zunahme der Beeinträchtigungen durch die Erkrankung.

Je nachdem, welche Organe betroffen sind, kann es zu schweren Komplikationen kommen. Dazu gehört das Rechtsherzversagen bei pulmonaler Hypertonie, das als häufigste Todesursache gilt. In Folge einer renalen Krise werden 2/3 der Patient*innen dialysepflichtig. Der Reflux kann die Schleimhaut der Speiseröhre schädigen (Barrett-Ösophagus), die Magen-Darm-Beteiligung kann eine Mangelernährung hervorrufen. Die systemische Sklerose erhöht auch das Risiko für weitere Erkrankungen wie die koronare Herzkrankheit (KHK) und die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Das Risiko für einen Schlaganfall und Krebs ist doppelt erhöht, das Risiko für eine Osteoporose dreifach.

Etwa 60 % der Patient*innen versterben an den direkten Folgen der Sklerodermie. Dabei gelten die pulmonal-arterielle Hypertonie und die Lungenfibrose (Lungenversteifung) als häufigste Todesursachen. Anschließend folgen Magen-Darm- oder Herz-Beteiligung, renale Krise und Multiorganversagen. Krebserkrankungen, Infektionen und Suizid sind für 25 % der Todesfälle verantwortlich. Der Rest bleibt ungeklärt.

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