Sport bei Nervenschmerzen: Wege zu mehr Kraft und Lebensqualität

Nervenschmerzen, oft als Polyneuropathie bekannt, können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Kraftverlust, Taubheitsgefühle und Schmerzen sind häufige Symptome. Doch es gibt Hoffnung: Sport und Bewegung können eine wichtige Rolle bei der Linderung der Beschwerden und der Verbesserung der Lebensqualität spielen. Dieser Artikel beleuchtet, welche Sportarten bei Nervenschmerzen geeignet sind und wie sie die Nervenregeneration fördern können.

Die Herausforderung: Kraftverlust bei Polyneuropathie

Eines der Hauptziele bei Polyneuropathie ist der Erhalt und die Verbesserung der Kraft. Klassisches Krafttraining stösst jedoch oft an seine Grenzen. Insbesondere die Unterschenkel lassen sich nur schwer trainieren, wenn die Nervenschäden bereits fortgeschritten sind. Dies liegt daran, dass zur Muskelstärkung eine ausreichende Anstrengung erforderlich ist, die aufgrund der Nervenschäden oft nicht mehr möglich ist. Betroffene können Schwierigkeiten haben, Übungen mit genügend Widerstand auszuführen, um einen Trainingseffekt zu erzielen.

Blutflussrestriktionstraining: Eine innovative Methode

Eine vielversprechende Methode zur Kraftsteigerung bei Polyneuropathie ist das Blutflussrestriktionstraining (BFR). Dabei werden aufblasbare Manschetten an Armen oder Beinen angelegt, um die Durchblutung kurzzeitig und kontrolliert zu vermindern. Dies führt dazu, dass die Muskulatur auch bei leichten Übungen stärker beansprucht wird, da weniger Nährstoffe ankommen und Abfallprodukte sich ansammeln.

Eine japanische Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass bereits einfaches Gehen auf einem Laufband mit einer Geschwindigkeit von 3 km/h für 10 Minuten zweimal täglich, mit den Manschetten an den Beinen, nach drei Wochen zu einem Kraftaufbau von 10% führt. Studien belegen, dass einfaches Gehen mit solchen Manschetten bedeutende Kraftsteigerungen bewirken kann. Werden zusätzlich leichte Kraftübungen durchgeführt, sind die Effekte noch grösser.

Vorteile des BFR-Trainings

  • Effektive Kraftsteigerung: Bereits leichte Übungen können die Kraft deutlich steigern.
  • Hohe Sicherheit: Die geringe mechanische Belastung minimiert das Risiko von Verletzungen und Überlastungen.
  • Nervenregeneration: Die verminderte Durchblutung regt die Produktion von Wachstumsfaktoren an, die das Wachstum von Nerven fördern.

Wichtige Hinweise zum BFR-Training

  • Druckkontrolle: Es sollten nur Manschetten verwendet werden, mit denen der Druck gemessen werden kann, um eine vollständige Abschnürung des Blutflusses zu vermeiden.
  • Anstrengung: Das Training ist trotz der geringen Last anstrengend und erfordert Durchhaltevermögen.
  • Beratung: Vor Beginn des BFR-Trainings sollte eine Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten erfolgen.

Die positiven Auswirkungen von BFR-Training auf die Nerven

Das BFR-Training hat nicht nur Auswirkungen auf die Muskelkraft, sondern auch auf die Nerven selbst. Durch die kurzzeitige Begrenzung des Blutflusses wird der Körper darauf trainiert, Sauerstoffmangel und Durchblutungsstörungen besser zu tolerieren. Dies kann insbesondere bei Nervenschäden nach Schlaganfällen von Vorteil sein.

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Schutz und Regeneration der Nerven

  • Schutz vor Schäden: Das Training bereitet den Körper darauf vor, Durchblutungsstörungen besser zu überstehen.
  • Anregung des Nervenwachstums: Wachstumsfaktoren wie EPO, GH, VEGF und HIF werden vermehrt produziert und fördern die Nervenregeneration.
  • Beschleunigte Erholung nach Schlaganfall: Das BFR-Training kann die Erholung des Gehirns nach einem Schlaganfall beschleunigen.

Weitere Sportarten bei Polyneuropathie: Was ist geeignet?

Neben dem BFR-Training gibt es eine Reihe weiterer Sportarten, die bei Polyneuropathie empfehlenswert sind. Die Wahl der geeigneten Sportart hängt von der Art der Polyneuropathie und den individuellen Symptomen ab.

Empfehlenswerte Sportarten

  • Radfahren: Schont die Füße und verbessert die Fitness.
  • Schwimmen: Ebenfalls gelenkschonend und trainiert den ganzen Körper.
  • Geräte- und Krafttraining: Stärkt die Muskulatur, wobei der Trainer über die Polyneuropathie informiert werden sollte.
  • Spaziergänge und Walken: Fördern die Durchblutung und verbessern die Ausdauer, wobei auf geeignetes Schuhwerk und sichere Strecken geachtet werden sollte.
  • Nordic Walking: Stärkt die Rumpfmuskulatur und schont die Gelenke.
  • Wassergymnastik: Besonders geeignet bei starken Einschränkungen.

Sportarten, die mit Vorsicht zu geniessen sind

  • Ballsportarten, Skifahren, Inline Skating: Erhöhtes Sturzrisiko aufgrund der verschlechterten Bewegungssteuerung.
  • Joggen: Erhöhtes Risiko von Stürzen und Überlastungen.
  • Sportarten mit ruckartigen Bewegungen oder übermässigen Belastungen: Können die Symptome verstärken und weitere Probleme verursachen.

Allgemeine Empfehlungen

  • Regelmässigkeit: Regelmässige Bewegung ist wichtiger als intensive Einheiten am Wochenende.
  • Abwechslung: Eine Kombination aus Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining ist ideal.
  • Spass: Die Sportart sollte Spass machen, um die Motivation langfristig aufrechtzuerhalten.
  • Anpassung: Das Training sollte an die individuellen Fähigkeiten und den Schweregrad der Polyneuropathie angepasst werden.
  • Gleichgewichtstraining: Verbessert die Koordination und reduziert das Sturzrisiko.
  • Gutes Schuhwerk: Tragen Sie Strümpfe ohne Nähte und gut passende Schuhe, um Verletzungen vorzubeugen.
  • Fusskontrolle: Kontrollieren Sie Ihre Füsse täglich auf Blasen oder andere Verletzungen.

Fussgymnastik: Beweglichkeit und Durchblutung für die Füsse

Auch wenn das Gehen schwerfällt, ist es wichtig, die Füsse beweglich zu halten. Fussgymnastik verbessert die Durchblutung der Zehen und Fusssohlen und beugt Verletzungen vor.

Einfache Übungen für den Alltag

  • Wippen: Im Stehen von den Zehen auf die Fersen wippen.
  • Fuss strecken: Ein Bein hochheben und den Fuss waagerecht von sich wegstrecken.
  • Zehen bewegen: Die Zehen wie eine Ballerina bewegen.
  • Massageball: Einen Massageball unter den Fusssohlen rollen.
  • Kreise malen: Mit den Füssen Kreise und Figuren in die Luft malen.

Krafttraining bei Polyneuropathie: Muskeln stärken und Nerven aktivieren

Krafttraining ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie bei Polyneuropathie. Es stärkt nicht nur die Muskeln, sondern kann auch die Nervenfunktion verbessern.

Vorteile des Krafttrainings

  • Starke Muskeln, starke Knochen: Kräftige Muskeln ziehen an den Knochen und regen den Calcium-Einbau an, was die Knochenfestigkeit erhöht.
  • Mehr Nervenenden: Das Heben schwerer Lasten kann das Wachstum von Nervenenden in den Muskeln fördern.
  • Verbesserte intramuskuläre Koordination: Krafttraining erhöht die Anzahl an Muskelfasern, die gleichzeitig arbeiten, was die Muskelkraft steigert.

Übungen für den Alltag

  • Aufstehen und Hinsetzen: Von einem Stuhl aufstehen und sich wieder hinsetzen.
  • Kniebeugen: Mit schulterbreiten Beinen hinstellen und die Knie beugen.
  • Einbeinige Kniebeugen: Die gleiche Bewegung wie bei normalen Kniebeugen, nur auf einem Bein.
  • Wadenheben im Sitzen: Auf einem Stuhl sitzen und ein Gummiband über den Fussballen legen. Das Bein waagrecht vor sich ausstrecken und mit den Armen am Band ziehen.
  • Wadenheben im Stehen: Aufrecht hinstellen und sich an der Rückenlehne eines Stuhls festhalten. Den Körper mit der Kraft der Waden anheben, bis man auf den Zehenspitzen steht.
  • Wadenheben auf einem Bein: Hinter einen Stuhl stellen und sich an der Rückenlehne festhalten. Ein Bein vom Boden abheben und den Körper mit der Kraft der Wade des Standbeins anheben, bis man auf den Zehenspitzen steht.
  • Fussspitze anheben: Auf einen Stuhl setzen und die Fussspitze anheben und wieder ablegen.

Wichtige Hinweise zum Krafttraining

  • Widerstand: Wählen Sie Übungen, die einen ausreichend grossen Widerstand bieten.
  • Maximalkrafttraining: Führen Sie Übungen durch, die Sie gerade ein- bis zweimal schaffen.
  • Regelmässigkeit: Trainieren Sie regelmässig, um die Muskelkraft zu erhalten und zu steigern.
  • Kombination mit Gleichgewichtsübungen: Kombinieren Sie Krafttraining mit Gleichgewichtsübungen, um die Nervenfunktion optimal zu verbessern.

Bewegung im Alltag integrieren: Kleine Veränderungen, grosse Wirkung

Auch kleine Veränderungen im Alltag können einen grossen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit und zur Linderung von Nervenschmerzen leisten.

Tipps für mehr Bewegung im Alltag

  • Zu Fuss gehen: Erledigen Sie so viele Gänge wie möglich zu Fuss.
  • Treppen steigen: Nehmen Sie die Treppe statt des Aufzugs.
  • Pausen nutzen: Stehen Sie regelmässig auf und bewegen Sie sich während der Arbeitspausen.
  • Bewegung in den Alltag einbauen: Integrieren Sie kleine Übungen in Ihren Alltag, z.B. beim Zähneputzen oder Telefonieren.

Motivationstief überwinden: So bleiben Sie am Ball

Es ist normal, dass die Motivation zwischendurch nachlässt. Wichtig ist, sich nicht entmutigen zu lassen und Strategien zu entwickeln, um wieder in Schwung zu kommen.

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Tipps zur Motivationssteigerung

  • Klare Ziele setzen: Setzen Sie sich realistische Ziele, die Sie innerhalb von 6 bis 8 Wochen erreichen können.
  • Belohnungen: Belohnen Sie sich für erreichte Ziele.
  • Gemeinsam trainieren: Suchen Sie sich einen Trainingspartner, um sich gegenseitig zu motivieren.
  • Feste Termine: Planen Sie feste Trainingstermine in Ihren Alltag ein.
  • Positive Erlebnisse: Wählen Sie Sportarten, die Ihnen Spass machen und bei denen Sie positive Erlebnisse haben.
  • Sozialen Druck erzeugen: Erzählen Sie Ihrer Familie und Ihren Freunden von Ihren sportlichen Zielen.

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