Sprichwörter als Therapieansatz bei Demenz

Einführung in die Demenz und ihre Formen

Der Begriff „Demenz“ beschreibt einen Zustand, in dem die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen beeinträchtigt sind. Zu diesen Fähigkeiten zählen unter anderem das Gedächtnis, das Denkvermögen, die Sprache und die Orientierung. Auch Emotionen spielen eine wesentliche Rolle im kognitiven Bereich. Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen, wie beispielsweise die Psychologie, die Medizin und die Neurowissenschaften, befassen sich mit der Erforschung kognitiver Fähigkeiten.

Demenzerkrankungen können unterschiedliche Ursachen haben. Man unterscheidet degenerative, vaskuläre und sekundäre Demenzen. Die degenerative Demenz ist durch den Abbau von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet. Bekannte Formen sind die Alzheimer-Krankheit und die frontotemporale Demenz. Bei degenerativen Demenzen spielen oft auch Ablagerungen pathologischer Eiweiße eine Rolle. Vaskuläre Demenzen entstehen durch Durchblutungsstörungen im Gehirn. Häufig treten mit zunehmendem Alter Mischformen der vaskulären und degenerativen Demenzen auf. Sekundäre Demenzen sind seltener und können beispielsweise durch Medikamentenvergiftungen, Gifte wie Alkohol oder Drogen oder auch durch Depressionen ausgelöst werden.

Kardiovaskuläre Erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen und Intoxikationen können zu sekundären Demenzen führen.

Therapieansätze zur Erhaltung kognitiver Fähigkeiten

Ein wichtiger Therapieansatz bei Demenz ist die Erhaltung der kognitiven Fähigkeiten. Dazu gehört beispielsweise das Anleiten des dementen Menschen zu früheren Tätigkeiten des täglichen Lebens. Es ist jedoch entscheidend, dass die Betroffenen nicht überfordert werden, um negative Erlebnisse zu vermeiden. Auch die Erhaltung und Förderung der Körperwahrnehmung ist von Bedeutung, damit der Demenzkranke sich möglichst lange noch selbst spüren kann.

Verschiedene Therapiekonzepte werden in der Behandlung von Demenz eingesetzt. Das Perfetti-Konzept orientiert sich an der physiologischen Funktionsweise des Gehirns und seinen Möglichkeiten zur Reorganisation. Dabei sind die gezielte Aufmerksamkeit des Patienten sowie ein zielgerichteter, sinnvoller Bewegungsauftrag wichtig. Ohne diese Kombination ist das Erlernen bzw. Wiedererlernen von Bewegungen nicht möglich.

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Validation als Kommunikationsmethode

Die Validation stellt eine weitere wichtige Kommunikationsmethode im Umgang mit Demenz dar. Sie umfasst eine verbale und eine nonverbale Kommunikationsform, die sich auf die Beziehungsebene konzentriert. Die Einstellung gegenüber dementen Menschen ist für die Anwendung von Validation wichtiger als die konkreten Techniken. Der Rückzug in die Vergangenheit muss akzeptiert werden. Validation als Haltung im Pflegealltag basiert auf Empathie, Akzeptanz und Authentizität.

Ziele im Alltag der Betroffenen sind die Stärkung des Selbstwertgefühls und die Vermittlung von Sicherheit. In der praktischen Anwendung geht es darum, Gefühle zu erkennen, zu benennen und durch vertraute Sprichwörter oder biografische Bezüge zu bestätigen, um Demenzerkrankten Orientierung zu geben.

Die drei Schritte der Validation

  1. Gefühle erkennen: Was sind die Gefühle des demenziell Erkrankten? Welche Gefühle bewirken seine Handlungen und Handlungsimpulse? Beispiele: Aufregung, Hilflosigkeit, Einsamkeit, Trauer, Sorgenvollsein, Pflichtbewusstsein.
  2. Gefühle ausformulieren: Die wahrgenommenen Gefühle und Antriebe werden mit kleinen Sätzen, die dem Sprachgebrauch des Erkrankten angepasst sind, formuliert, angenommen, akzeptiert, wertgeschätzt und zugelassen. Beispiel: „Sie sind gerade ganz aufgeregt“; „Sie fühlen sich hilflos“; „Das macht Sie traurig“; „Sie fühlen sich sehr einsam“; „Sie sorgen sich“; „Sie wollen schließlich Ihre Pflicht erfüllen“.
  3. Gefühle als allgemein akzeptiert bestätigen: Dem Demenzkranken wird gezeigt, dass sein Innenleben „in Ordnung“ ist, dass das, was er sagt, tut und fühlt, völlig normal und akzeptiert ist. Da bei alten Menschen Sprichwörter, Volksweisheiten, Redewendungen, Lieder usw. tief im Gedächtnis eingegraben sind, ist es am einfachsten, ihre Erinnerung daran wachzurufen. Hier findet der demente Patient die Bestätigung und Bekräftigung seiner Gefühle und Gedanken.

Unterschiede in den Ansätzen von Feil und Richard

Naomi Feil befasste sich speziell mit desorientierten Hochbetagten mit Diagnose Alzheimer. Sie orientiert sich am Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach Erikson und erweitert dieses: Die letzte Lebensaufgabe des Menschen ist es, die Vergangenheit aufzuarbeiten, um in Frieden sterben zu können. Ihr oberstes Prinzip lautet: „Walking in the shoes of the other“ - In den Schuhen des Anderen gehen. Widersprechen Sie niemals, sondern gehen Sie auf die dahinterliegenden Bedürfnisse und Gefühle ein, nicht auf die vordergründigen Verhaltensweisen und Aussagen. Eine hohe Kontaktqualität ist essenziell.

Nicole Richard glaubt nicht, dass Demenzkranke noch in der Lage sind, Lebenskrisen zu bewältigen. Sie nimmt die Welt nur noch „zerhackt“ wahr und verfügt nur noch über „Puzzlestücke“ ihrer Vergangenheit. Daher sieht Richard die Aufgabe der Validation nicht darin, Demenzkranke bei der Bewältigung unerledigter Lebensaufgaben zu helfen, sondern ihnen ihr aktuelles Schicksal zu erleichtern, welches oft mit hirnorganischen Veränderungen zusammenhängt.

Die Methoden unterscheiden sich in der Praxis nicht grundlegend von denjenigen der Validation nach Naomi Feil. Auch für Richard stehen Empathie und Fokus auf die Gefühle im Zentrum der Arbeit. Richard versucht, die dem Demenzkranken verbleibenden Ressourcen zu nutzen, um ihn in seiner „inneren Erlebniswelt“ zu erreichen. Sie geht von Antrieben wie Eigenwille, Ordnungssinn, Fürsorge, Charme und Musikalität sowie Gefühlen aus. Während Feil in der Demenz ein psychisches Problem sieht und davon ausgeht, dass Demenzkranke inneren Konflikten ausgesetzt sind, geht Richard von organischen Ursachen aus. Während die Validation nach Feil gerne mit Fragen arbeitet, um dem Patienten zu helfen, seine ungelösten Lebensaufgaben zu bewältigen, verzichtet Richard vollständig auf das Stellen von Fragen.

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Validation als umfassendes Konzept

Validation ist mehr als eine „Methode“ zum Umgang mit Demenzkranken. Es ist ein Umgangskonzept mit demenzkranken alten Menschen, welches auf Akzeptanz, Wertschätzung, Empathie und einem tiefen Verständnis für die Einschränkungen des Patienten basiert. Validation beinhaltet einfühlsames Zuhören, das Akzeptieren der Realität des Patienten, das Spiegeln seiner Gefühle und das Vermeiden von Konfrontationen. Die Anwendung von Validation kann dazu beitragen, das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Demenzkranken zu verbessern.

Es gibt Schulungen und Workshops, die Pflegekräften und Betreuungspersonen helfen, die Prinzipien und Techniken der Validation zu erlernen und anzuwenden. Validation kann für die meisten Demenzkranken hilfreich sein, aber es ist wichtig zu beachten, dass jede Person einzigartig ist und unterschiedliche Bedürfnisse hat. Validation kann in den Pflegealltag durch regelmäßige Schulungen, die Förderung einfühlsamer Kommunikation und den Aufbau einer unterstützenden Umgebung integriert werden.

Sprichwörter als therapeutisches Mittel

Menschen mit Demenz brauchen, noch mehr als andere Menschen, Erfolgserlebnisse und Bestätigung. Dazu eignet sich das Raten oder Vervollständigen von Sprichwörtern, Redensarten, Redewendungen und Lebensweisheiten ganz hervorragend. Fast alle älteren Menschen können sich an viele Sprichwörter erinnern und haben Spaß daran, ein angefangenes Sprichwort zu vervollständigen. Sprichwörter sind im Langzeitgedächtnis verhaftet und können "abgerufen" werden. Manche Sprichwörter wecken Erinnerungen in den Menschen, über die dann in der Runde gesprochen werden kann.

Der Betreuer spricht ein Sprichwort an und die Bewohner bzw. ihr Angehöriger vollenden den Satz dann. Auch Menschen mit fortgeschrittener Demenz haben Freude an diesem Spiel und können die meisten Sprichwörter zusammenhängend wiedergeben. Man spricht ein Sprichwort an, beispielsweise mit; "Aller guten Dinge …" und die Bewohner bzw. ihr Angehöriger vervollständigen mit den Worten "… sind drei". Hier richtet man sich nach der Schwere der Demenz der jeweiligen Personen. Bewohner bzw. Angehörige, die am Anfang der Demenz sind, können versuchen etwas schwerere Rätsel lösen. Man kann bei den Menschen, die gerne gefordert werden und dies auch noch können, auch bespielsweise die letzten Worte des Sprichwortes benennen; "sind drei" - und die Bewohner bzw.

Diese Beschäftigungsrunden des Sprichwörter-Ratens macht viel Freude. Auch für die Betreuer ist Kurzweil garantiert. Bei manchen Sprichwörtern kommen die Antworten von den Bewohnern im Chor. Ein Sprichwort ist ein allgemein bekannter, fest geprägter Satz, der eine Lebensregel oder Weisheit in prägnanter, kurzer Form ausdrückt.

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Beispiele für Sprichwörter

  • Aller Anfang ist schwer.
  • Aller guten Dinge sind drei.
  • Alles hat seine Zeit.
  • Alle Wege führen nach Rom.
  • Alte Liebe rostet nicht.
  • Alter schützt vor Torheit nicht.
  • Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
  • Auge um Auge, Zahn um Zahn.
  • Aus den Augen, aus dem Sinn.
  • Besser eine Stunde zu früh als eine Minute zu spät.
  • Besser ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach.
  • Besser etwas als nichts.
  • Besser spät als nie.
  • Bier auf Wein, lass das sein; Wein auf Bier, das rat ich Dir.
  • Borgen macht Sorgen.
  • Das Ei will klüger sein als die Henne.
  • Das Ende krönt das Werk.
  • Dem Glücklichen schlägt keine Stunde.
  • Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
  • Der Appetit kommt beim Essen.
  • Der erste Schritt ist der schwerste.
  • Der Klügere gibt nach.
  • Der Mensch denkt und Gott lenkt.
  • Der Schein trügt.
  • Der Teufel ist nicht so schwarz, wie man ihn malt.
  • Die Ausnahme bestätigt die Regel.
  • Die Furcht hat große Augen.
  • Dienst ist Dienst (und Schnaps ist Schnaps).
  • Die Wände haben Ohren.
  • Durch Schaden wird man klug.
  • Eile mit Weile.
  • Eine Hand wäscht die andere.
  • Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
  • Ende gut, alles gut.
  • Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
  • Freunde erkennt man in der Not.
  • Friede ernährt, Unfriede verzehrt.
  • Gegensätze ziehen sich an.
  • Geist ist gut, aber Verstand besser.
  • Geld regiert die Welt.
  • Geld stinkt nicht.
  • Hunde, die bellen, beißen nicht.
  • In der Kürze liegt die Würze.
  • Jeder ist Herr in seinem Hause.
  • Jeder ist seines Glückes Schmied.
  • Jeder Topf findet seinen Deckel.
  • Keine Flamme ohne Rauch.
  • Keine Regel ohne Ausnahme.
  • Kleider machen Leute.
  • Lachen ist gesund.
  • Langsam, aber sicher.
  • Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.
  • Morgen, morgen, nur nicht heute, sagen alle faulen Leute.
  • Morgenstunde hat Gold im Munde.
  • Nach dem Essen sollst du ruhen oder tausend Schritte tun.
  • Nach dem Essen sollst du stehen oder tausend Schritte gehen.
  • Ohne Fleiß kein Preis.
  • Ordnung ist das halbe Leben.
  • Ordnung muss sein.
  • Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige.
  • Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.
  • Rache ist süß.
  • Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
  • Scherben bringen Glück.
  • Schönheit vergeht, Tugend besteht.
  • Spare in der Zeit, so hast du in der Not.
  • Steter Tropfen höhlt den Stein.
  • Stille Wasser sind tief.
  • Strafe muss sein.
  • Übung macht den Meister.
  • Viele Köche verderben den Brei.
  • Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
  • Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
  • Was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen / Füßen haben.
  • Was sich liebt, das neckt sich.
  • Wenn keiner weiß, worum es geht, dann geht es hundertprozentig um Geld.
  • Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
  • Wer A sagt, muss auch B sagen.
  • Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Thalers nicht wert.
  • Wer die Wahl hat, hat die Qual.
  • Wer schläft, (der) sündigt nicht.
  • Wer sich zuletzt freut, freut sich am besten.
  • Wer zuletzt lacht, lacht am Besten.
  • Wie die Arbeit, so der Lohn.
  • Wie Du mir, so ich Dir.
  • Wie gewonnen, so zerronnen.
  • Zeit ist Geld.

Weitere Therapieansätze und Materialien

Ergotherapeuten können den Abbauprozess bei Demenz verzögern. Das Ergänzen von Sprichwörtern hat sich in der Therapie von Demenzkranken vor vielen Jahren etabliert und ist oft eine der ersten Aktivitäten, die Ergotherapie-Praktikanten im Altenheim ausprobieren.

Es gibt auch spezielle Materialien und Spiele für die Therapie von Demenzkranken. Ein "Film zum Fühlen", verschiedene Gegenstände und Fotokarten laden zur Erkundungstour in den Tierpark ein. Ein Spiel bringt den Frühling bis in den letzten Therapieraum eines Altenheims, bei dem Kunstblumen auf einer künstlichen Grasfläche angeordnet werden. Eine ungewöhnliche Art der Aktivierung demenziell erkrankter Menschen verspricht der Greifzopf: etwas zum Ertasten, Bewegen und Festhalten.

Bei einer Demenz beeinträchtigen Sprach- und Wortfindungsstörungen die verbale Kommunikation massiv. Für Ergotherapeuten ist es dann nicht einfach, einen Zugang zum Bewusstsein zu finden. Es ist wichtig, Abwechslung in die Kurzaktivierungen zu bringen, da manche Teilnehmer sonst erahnen, welche Übungen auf sie zukommen. Wärmflaschen, Heizkissen, Handbäder, Bäder aus Naturmaterialien oder Gelkompressen können für Anwendungen mit Wärme und Kälte genutzt werden.

Es gibt auch Bücher mit Sprichwort-Rätseln, die aufgrund ihrer Einfachheit gut für Senioren mit Demenz geeignet sind. Die Rätsel bestehen aus einem Feld mit vielen Kästchen, in denen ein bekanntes Sprichwort in seine einzelnen Worte (Teile) zerlegt und wahllos in senkrechte und waagerechte Kästchen verteilt wurde. Das Buch hält verschiedene Schwierigkeitsstufen bereit und ist einfach gestaltet mit großer Schrift und ausreichend Übersicht. Es wird empfohlen, die Lösungen nicht direkt im Buch zu notieren, sondern sich ein Rätsel in Ruhe anzuschauen, zu überlegen, wie das gesuchte Sprichwort lauten könnte und es schließlich auszusprechen.

Neben Sprichwörtern können auch Märchenreime und Verse aus dem Poesiealbum zur Erinnerung beitragen. Redensarten sind Sinnbilder, die Jung und Alt im alltäglichen Gespräch als kostbarer, einprägsamer Sprachschatz begleiten. Quizkarten mit Sprüchen aus Märchen, Poesiealben und Redensarten können individuell ausgewählt werden und eignen sich auch für Menschen mit leichter Demenz, die gerne die Fragen in der Gruppe vorlesen und den Spielverlauf mitgestalten.

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