Facharztausbildung in der Neurologie: Ein umfassender Überblick

Die Facharztausbildung in der Neurologie ist ein anspruchsvoller, aber lohnender Weg für Ärzte, die sich auf die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems spezialisieren möchten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte der Facharztausbildung in der Neurologie, einschließlich der Weiterbildungsinhalte, der diagnostischen Verfahren, der Behandlungsmöglichkeiten und der Karrieremöglichkeiten.

Strukturierte Facharztweiterbildung in der Neurologie

Die neurologische Klinik bietet eine strukturierte Facharztausbildung im Verbund ihrer Kliniken an und engagiert sich maßgeblich am Genesungsprozess der Patienten. Die Weiterbildung wird über mehrere Jahre individuell geplant und beinhaltet Rotationen über alle neurologischen Stationen, einschließlich der Stroke Unit bzw. der neurologischen Überwachungsstation und der Zentralen Notaufnahme. Bereits frühzeitig im Verlauf der Weiterbildung (erstmalig nach ca. sechs Monaten) werden regelmäßige Freistellungen zur Teilhabe an bzw. zum Erlernen der Funktionsdiagnostik unter enger Supervision ermöglicht.

Die assistenzärztliche Arbeit erfolgt unter enger chef- und oberärztlicher Supervision in einem Team mit flachen hierarchischen Strukturen. Die Klinik für Neurologie ist Teil des Neurovaskulären Netzwerks der Region Köln und kooperiert eng mit der neurochirurgischen und neurologischen Universitätsklinik Köln, der Sektion Neuroradiologie und dem Institut für Neuropathologie der Universitätsklinik Köln.

Individuelle Schwerpunktbildung

Die Klinik unterstützt eine individuelle Schwerpunktbildung, legt jedoch Wert auf eine umfassende Weiterbildung auf dem gesamten Gebiet der klinischen Neurologie, die den Vorgaben der Weiterbildungsordnung gerecht wird. Im Sinne der individuellen Schwerpunktbildung können in der Klinik die Zertifikate der DGKN für die Bereiche EEG, evozierte Potentiale und EMG/ENG sowie das Zertifikat der DGKN/DEGUM für die neurologische vaskuläre Ultraschalldiagnostik erworben werden.

Ultraschallausbildung

Die Klinik bietet Ultraschallkurse gemeinsam mit der Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung der Ärztekammer Nordrhein an. Die Inhalte entsprechen den Vorgaben der kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die Kurse vermitteln fundiertes Wissen und praktische Fertigkeiten über die sonographische Beschallung hirnversorgender und peripherer Gefäße. Im Grundkurs werden die Anatomie und Pathophysiologie der hirnversorgenden und peripheren Gefäßsysteme vorgestellt. Die Teilnehmer erlernen die Doppler-/Duplexsonographie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien, der abdominellen und peripheren Arterien sowie der Venen. Der Aufbaukurs dient der praktischen Vertiefung von Untersuchungstechniken. Im hirnversorgenden Aufbaukurs wird sich neben dem Carotisterritorium intensiv mit dem vertebrobasilären und intrakraniellen Stromgebiet beschäftigt. Im Aufbaukurs der peripheren Gefäße werden vor allem die Nierenarterien- und die peripheren Stenosen besprochen sowie alle aktuellen angiologischen Leitlinien vorgestellt. Anhand von Vorträgen und Falldarstellungen werden immer wieder Bezüge zwischen dem Ultraschallbefund und klinischen Fragestellungen hergestellt. Tricks und Kniffe, wie die Verwendung von Ultraschallkontrastmitteln bei unklaren Befunden, werden besprochen. In allen Kursen werden die Untersuchungstechniken intensiv besprochen und geübt.

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Voraussetzungen für die Ultraschallausbildung

Grundvoraussetzung im ambulanten Bereich ist, dass der Untersucher Facharzt in einer der nachgenannten Gebiete ist. Ist er dies nicht, so muss er für den Bereich der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße eine mind. 18monatige ständige klinische oder vergleichbare ständige angiologische Tätigkeit im Fachgebiet Gefäßchirurgie, Innere Medizin, Neurologie oder Neurochirurgie nachweisen.

Untersuchungszahlen: 200 Patienten sind mit der betreffenden Methode selbständig zu untersuchen und zu dokumentieren. Liegt bereits eine fachliche Befähigung für die Doppler- und/oder Duplexsonograhie in einem anderen Anwendungsbereich vor, verringert sich die Untersuchungszahl auf 100 Patienten und die Mindestdauer der sonographischen Tätigkeit halbiert sich. Erfolgreiche Teilnahme an von "qualifizierten" Ärzten durchgeführten Kursen. Zusätzlich sind die genannten Untesuchungszahlen unter Anleitung eines Arztes zu erbringen, der die Berechtigung zur Durchführung entsprechender Leistungen nach vertragsärztlicher Vereinbarung besitzt und/oder bezüglich der Methode "qualifiziert" ist. Der Grundkurs ist für alle Untersuchungsverfahren identisch. Der Aufbaukurs kann durch eine mind. 4wöchige Hospitation bei einem "qualifizierten" Arzt ersetzt werden. Der Abschlußkurs beinhaltet die Abschlußprüfung, bei der 200 Befunddokumentationen vorzulegen sind, von denen mind. 20 pathologische Befunde beinhalten müssen.

Diagnostische Verfahren in der Neurologie

Die Neurologie bedient sich einer Vielzahl von diagnostischen Verfahren, um Erkrankungen des Nervensystems zu erkennen und zu beurteilen. Dazu gehören:

  • Klinische Untersuchung: Die neurologische Untersuchung ist die Grundlage jeder neurologischen Diagnostik. Sie umfasst die Beurteilung vonMotorik, Sensibilität, Koordination, Reflexen, Hirnnervenfunktionen und kognitiven Fähigkeiten.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen: Diese Untersuchungen messen die elektrische Aktivität des Nervensystems. Dazu gehören das Elektroenzephalogramm (EEG) zur Messung der Hirnströme, die Elektroneurographie (ENG) zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und die Elektromyographie (EMG) zur Messung der Muskelaktivität. Im Sinne der individuellen Schwerpunktbildung können in der Klinik die Zertifikate der DGKN für die Bereiche EEG, evozierte Potentiale und EMG/ENG erworben werden.
  • Bildgebende Verfahren: Diese Verfahren ermöglichen die Darstellung des Gehirns, des Rückenmarks und der Nerven. Dazu gehören die Computertomographie (CT), die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Angiographie. Alle modernen bildgebenden Verfahren wie die Computertomographie, CT-Angiographie, CT-Perfusion und Kernspintomographie stehen kontinuierlich zur Verfügung.
  • Ultraschalldiagnostik: Die Ultraschalldiagnostik der extra- und intracraniellen Blutgefäße wird mit Doppler- und Duplexsonographie-Geräten durchgeführt. Durch die Doppler- und Duplexsonographie werden u. a. Verengungen von hirnzuführenden Blutgefäßen erkannt.
  • Liquordiagnostik: Die Untersuchung des Nervenwassers (Liquor cerebrospinalis) kann wichtige Hinweise aufEntzündungen, Infektionen oderTumoren des Nervensystems liefern.
  • Genetische Untersuchungen: Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte neurologische Erkrankung können genetische Untersuchungen zurDiagnosestellung beitragen.

Behandlungsmöglichkeiten in der Neurologie

Die Neurologie bietet eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten für Erkrankungen des Nervensystems. Dazu gehören:

  • Medikamentöse Therapie: Viele neurologische Erkrankungen können mit Medikamenten behandelt werden. Dazu gehörenSchmerzmittel,Antiepileptika, Parkinson-Medikamente, Immuntherapien undAntidepressiva.
  • Interventionelle Therapie: Einige neurologische Erkrankungen können interventionell behandelt werden. Dazu gehören dieThrombolyse bei Schlaganfall, die Implantation von Hirnschrittmachern bei Parkinson-Erkrankung und die interventionelle Schmerztherapie. Seit 2022 besteht die Möglichkeit interventioneller Eingriffe in der Klinik.
  • Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie: Diese Therapien können bei vielen neurologischen Erkrankungen dieFunktion verbessern und die Lebensqualität steigern. Für von Parkinson-Erkrankungen betroffene Patienten wird die sogenannte Parkinson-Komplexbehandlung angeboten. Dies ist ein stationäres Behandlungskonzept, das die Möglichkeiten eines Akutkrankenhauses mit täglichen ärztlichen Kontakten, apparativer Diagnostik und an den Verlauf der Erkrankung angepasster engmaschiger Optimierung der medikamentösen Therapie mit intensiven therapeutischen Maßnahmen in Form von Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Sporttherapie verbindet. Hierbei wird im therapeutischen Team ein individueller Therapieplan angepasst an das Erkrankungsbild des Patienten erarbeitet und im Rahmen einer in der Regel mindestens 14-tägigen Behandlung unter Behandlungsleitung durch einen Oberarzt bzw. eine Oberärztin der Klinik umgesetzt. Es erfolgen mehrfach täglich Einzel- und Gruppentherapien in den verschiedenen therapeutischen Disziplinen.
  • Psychotherapie: Bei einigen neurologischen Erkrankungen kann eine Psychotherapie sinnvoll sein, um die psychischenBelastungen zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern.
  • Botulinumtoxin-Therapie: In der Botulinumtoxin-Sprechstunde wird nach entsprechender Indikationsstellung eine ambulante Behandlung mit Botulinumtoxin (Injektionstherapie) in sämtlichen zugelassenen neurologischen Indikationen angeboten. Hierzu gehören insbesondere Bewegungsstörungen wie die zervikale Dystonie („Schiefhals“), der Blepharospasmus (unwillkürlicher Augenlidkrampf), der Spasmus hemifacialis (unwillkürliche Verkrampfungen einer Gesichtshälfte), die Spastik vor allem an Handgelenk und Fuß sowie die chronische Migräne, sofern medikamentöse prophylaktische Vortherapien erfolglos blieben oder nicht vertragen wurden.

Die Stroke Unit: Spezialisierte Versorgung bei Schlaganfall

Ein wichtiger Bestandteil der neurologischen Versorgung ist die Stroke Unit, eine spezialisierte Behandlungseinheit für Patienten mit Schlaganfällen. Die Stroke Unit der Klinik verfügt über 15 Behandlungsplätze und ist mit einer Monitor-Überwachungsanlage ausgestattet, mittels derer eine kontinuierliche Messung von u. a. Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Atemfrequenz möglich ist. Eine individuelle Videoüberwachung gewährleistet die lückenlose Registrierung von Veränderungen des klinischen Zustandsbildes. Auf der Stroke Unit arbeitet ein Team aus besonders geschulten Ärzten, Pflegenden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden (Sprachtherapeuten), das einer kontinuierlichen Weiterbildung unterliegt. Die Behandlungseinheit ist nach den strengen Qualitätsstandards der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG) als regionale Stroke Unit zertifiziert. Durch frühzeitigen Einsatz aller modernen diagnostischen und therapeutischen Verfahren werden Schlaganfälle rasch erkannt und optimal therapiert. Die unmittelbare Akutbehandlung umfasst u. a. die sogenannte Lysetherapie und/oder die interventionelle Rekanalisierung (Thrombektomie), die ebenfalls in der Klinik durchgeführt wird.

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Als Mitglied des Neurovaskulären Netzwerks Region Köln besteht eine enge Kooperation zwischen dem Haus und den Partnerkliniken wie der Klinik für Neurochirurgie und Neurologie der Universitätsklinik Köln.

Herausforderungen und Perspektiven in der Neurologie

Die Neurologie ist ein sich ständig weiterentwickelndes Fachgebiet. Neue Erkenntnisse über die Pathophysiologie neurologischer Erkrankungen führen zu neuen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten. Gleichzeitig steht die Neurologie vor großen Herausforderungen, wie dem demografischen Wandel und der Zunahme neurologischer Erkrankungen im Alter.

Die Debatte um die innerklinische Notfallmedizin

Die Deutsche Gesellschaft für Notfallmedizin (DGINA) vertritt die Meinung, dass die innerklinische Notfallmedizin als eigenständiges medizinisches Fachgebiet im Rahmen einer eigenen Facharztweiterbildung ausgebildet werden sollte. Vorgesehen ist darin eine fünfjährige Weiterbildungszeit, welche überwiegend in der Notaufnahme zu absolvieren sein würde und den Erwerb von mannigfaltigen Kompetenzen aus verschiedenen bisherigen Facharztweiterbildungen vorsieht. Die Entwicklung des Curriculums der DGINA ist ein wesentlicher Beitrag zur laufenden Debatte um die innerklinische Notfallmedizin.

Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und ihre anästhesiologischen, chirurgischen, internistischen, neurologischen und pädiatrischen Mitgliedsverbände halten eine grundständige Facharztweiterbildung und darauf aufbauende Weiterbildung in der innerklinischen Notfallmedizin (Klinische Akut und Notfallmedizin [KLINAM]) für zielführender.

Die Junge DIVI, die Junge DGIM, die Junge DGKJ, die Young GNPI, die Junge Neurologie und die Junge DSG haben zur sachlichen Diskussion beigetragen sowie einige Aspekte des Curriculums und der aktuellen Debatte eingeordnet und kommentiert. Sie begrüßen ausdrücklich, dass die prähospitale ärztliche Tätigkeit im aktuellen Curriculum ausgeklammert wurde und nicht Teil des gewünschten neuen Fachgebiets sein soll. Der Erwerb der Zusatzweiterbildung Notfallmedizin soll weiterhin für verschiedene Fachrichtungen möglich sein. Die rettungsdienstliche Versorgung kann so weiterhin durch die interdisziplinäre Ausrichtung gestärkt werden. Sie bewerten den Vorschlag für eine sechsmonatige Weiterbildung in der Intensivmedizin positiv. Dagegen sehen sie die zwei- bis dreimonatigen Einsätze in Chirurgie, Innerer Medizin, Anästhesiologie, Neurologie und Pädiatrie kritisch, da diese Zeiträume unüblich kurz sind und keine Chance bieten, auch supervidiert Eigenverantwortung zu übernehmen.

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