Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der oft schwerwiegende Folgen hat. Um das Risiko eines erneuten Schlaganfalls zu minimieren, spielen Statine eine wichtige Rolle in der Sekundärprävention. Dieser Artikel fasst die aktuellen Leitlinien und Erkenntnisse zur Statintherapie nach einem Schlaganfall zusammen.
Bedeutung von Statinen in der Sekundärprävention nach Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall ist die Vorbeugung weiterer Durchblutungsstörungen im Gehirn von entscheidender Bedeutung. Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) empfehlen die regelmäßige Einnahme von Statinen zur Sekundärprävention, da diese Medikamente nachweislich das Risiko für einen weiteren Hirninfarkt reduzieren können. Statine sind Lipidsenker, die den LDL-Cholesterinspiegel im Blut senken.
Professor Dr. med. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Pressesprecher der DSG, betont, dass neben anderen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Vorhofflimmern, Rauchen, Übergewicht oder Diabetes auch eine Störung des Fettstoffwechsels ein Risikofaktor für den Hirninfarkt ist. Besonders kritisch ist hierbei der LDL-Wert (Low Density Lipoprotein), da hohe LDL-Cholesterin-Konzentrationen im Blut zu Arteriosklerose führen können.
LDL-Cholesterin und Arteriosklerose
Hohe LDL-Cholesterin-Konzentrationen im Blut führen zur Arteriosklerose, bei der sich Fettmoleküle in den Arterien ablagern. Diese Ablagerungen, auch als arteriosklerotische Plaques bekannt, können die Gefäße verstopfen und somit einen Schlaganfall oder Herzinfarkt verursachen. Statine wirken dem entgegen, indem sie den LDL-Spiegel senken und die arteriosklerotischen Plaques stabilisieren. Darüber hinaus verbessern Statine die Durchblutung im Gehirn, fördern die Regeneration von Zellen und Gefäßen und wirken Entzündungen entgegen.
Aktuelle Studienergebnisse zum LDL-Zielwert
Lange Zeit fehlte es an klaren Erkenntnissen darüber, wie weit der Cholesterinwert bei Schlaganfallpatienten gesenkt werden sollte. Eine aktuelle Studie liefert hierzu neue Erkenntnisse. Die Untersuchung zeigt, dass der LDL-Cholesterinwert von Schlaganfallpatienten mit Atherosklerose, also mit Verengungen der hirnversorgenden Gefäße, auf unter 70mg/dl gesenkt werden sollte, um das Risiko für einen erneuten Hirninfarkt effektiv zu reduzieren.
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Professor Dr. med. Armin Grau, Direktor der Neurologischen Klinik mit Stroke Unit am Klinikum Ludwigshafen und Vorsitzender der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft, erläutert, dass diese Ergebnisse zeigen, dass bei Schlaganfall-Patienten mit atherosklerotischen Gefäßveränderungen ein Zielwert des LDL von kleiner 70 mg/dl anzustreben ist, um das Risiko an einem erneuten Schlaganfall oder an schweren Herz-Kreislaufkrankheiten zu erkranken wirklich zu reduzieren.
Studiendesign und Ergebnisse
Die Studie umfasste 2860 Patienten, die aufgrund einer Arteriosklerose einen Schlaganfall oder eine vorübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn (transitorische ischämische Attacke, TIA) erlitten hatten. Um zu klären, welcher LDL-Spiegel erreicht werden muss, um weitere Ereignisse zu verringern, wurden die Patienten nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Für Gruppe eins betrug der Zielwert für das LDL 70mg/dl oder weniger, für Gruppe zwei 90 bis 110mg/dl. Die Behandlung dauerte im Schnitt dreieinhalb Jahre.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Patienten mit dem niedrigeren LDL-Wert deutlich besser vor einem erneuten Schlaganfall geschützt waren. Nur 8,5 Prozent der Patienten in Gruppe eins, aber 10,9 Prozent in Gruppe zwei hatten der Studie zufolge nach der intensiveren Behandlung ein schweres Ereignis wie Schlaganfall, Herzinfarkt, Eingriffe an der Halsschlagader oder am Herzen erlitten oder waren verstorben.
Wichtige Therapieempfehlungen der Leitlinien
Die aktuellen Leitlinien zur Sekundärprophylaxe des ischämischen Insults umfassen verschiedene Therapieempfehlungen, die im Folgenden zusammengefasst werden:
- Thrombozytenfunktionshemmer: Acetylsalicylsäure (ASS) soll in der Sekundärprävention nach TIA oder ischämischem Insult zur Prävention vaskulärer Ereignisse gegeben werden. Alternativ sollte die Kombination aus ASS und retardiertem Dipyridamol oder Clopidogrel zur Sekundärprävention verabreicht werden. Die Kombination von ASS mit Clopidogrel soll bei Patienten nach ischämischem Insult nicht zur langfristigen Sekundärprävention eingesetzt werden, es sei denn, es liegen zusätzliche Indikationen wie akutes Koronarsyndrom oder koronare Stent-Implantationen vor.
- Hyperlipidämie: Unabhängig vom Subtyp des Schlaganfalls raten die Experten bei allen Patienten mit Schlaganfall oder TIA dazu, Statine einzusetzen, um den LDL-Wert unter 70 mg/dl zu bringen. Ausnahme: Patienten mit Hirnblutungen sollten nur dann Statine bekommen, wenn eine andere eigenständige Indikation vorliegt.
- Orale Antikoagulanzien und Thrombozytenfunktionshemmer bei Vorhofflimmern: Alle Schlaganfallpatienten mit Vorhofflimmern (VHF) sollten antikoaguliert und nicht mit Plättchenhemmern behandelt werden.
- Behandlung der arteriellen Hypertonie: Für TIA- oder Schlaganfallpatienten mit Hypertonie gilt: Langfristig muss der Blutdruck sinken. In der Sekundärprophylaxe wird ein Zielkorridor zwischen 120/70 mmHg und 140/90 mmHg angestrebt. Die Wahl der Antihypertensiva sollte die Komorbiditäten berücksichtigen.
Entwarnung bezüglich Muskelnebenwirkungen von Statinen
Eine häufige Sorge bei der Einnahme von Statinen sind mögliche Muskelnebenwirkungen. Eine umfassende wissenschaftliche Analyse konnte jedoch entkräften, dass Statine häufig eine Muskel schädigende Wirkung haben. Selbst bei einer hohen Dosis verursachen die Mittel kaum Muskelnebenwirkungen. Diese positive Wirkung der Statine wurde ebenfalls durch große Übersichtsarbeiten bestätigt.
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Zusätzliche Maßnahmen zur Schlaganfallprävention
Neben der medikamentösen Therapie mit Statinen und anderen Medikamenten gibt es weitere Maßnahmen, die zur Schlaganfallprävention beitragen können:
- Regelmäßige körperliche Aktivität: Empfohlen wird regelmäßige körperliche Aktivität an vier bis sieben Tagen in der Woche, auch für Patienten mit deutlichen Einschränkungen.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann das Risiko für einen erneuten Schlaganfall senken.
- Blutdruckkontrolle: Eine gute Blutdruckeinstellung samt regelmäßiger Kontrolle ist generell zu empfehlen.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Das Vermeiden von Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und übermäßigem Alkoholkonsum kann das Schlaganfallrisiko deutlich reduzieren.
Diabetes mellitus und Schlaganfallrisiko
Patienten mit Diabetes mellitus haben ein 1,5- bis 3-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Diabetespatienten mit Hypertonus haben sogar ein 2,5-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zu Normotonikern. Daher ist es wichtig, dass Diabetespatienten ihre Blutzuckerwerte gut einstellen und regelmäßig kontrollieren lassen.
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