Nach einem Schlaganfall ist die Prävention weiterer Durchblutungsstörungen im Gehirn von entscheidender Bedeutung. Statine, eine häufig eingesetzte Medikamentengruppe, spielen dabei eine wichtige Rolle. Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen Leitlinien zum Einsatz von Statinen nach einem Schlaganfall, widerlegt gängige Bedenken hinsichtlich Muskelnebenwirkungen und fasst die neuesten Forschungsergebnisse zusammen.
Bedeutung der Statintherapie nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der oft durch Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Vorhofflimmern, Rauchen, Übergewicht, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen begünstigt wird. Insbesondere hohe LDL-Cholesterin-Konzentrationen (Low Density Lipoprotein) im Blut führen zu Arteriosklerose, der Ablagerung von Fettmolekülen in den Arterien. Diese Ablagerungen können die Gefäße verstopfen und einen Schlaganfall oder Herzinfarkt verursachen.
Statine senken den LDL-Spiegel und wirken so einem erneuten Schlaganfall entgegen. Sie stabilisieren arteriosklerotische Plaques, verbessern die Durchblutung und Regeneration von Zellen und Gefäßen im Gehirn und wirken Entzündungen entgegen.
Aktuelle Leitlinien zum Einsatz von Statinen
Experten empfehlen die regelmäßige Einnahme von Cholesterinsenkern zur Sekundärprävention nach einem Schlaganfall. Die aktuelle Studienlage zeigt, dass bei Schlaganfallpatienten mit Atherosklerose (Verengungen der hirnversorgenden Gefäße) der LDL-Cholesterinwert auf unter 70 mg/dl gesenkt werden sollte, um das Risiko für einen erneuten Hirninfarkt effektiv zu reduzieren.
Die wichtigsten Empfehlungen der Leitlinien umfassen:
Lesen Sie auch: Ursachen und Risiken von Statin-induzierter Polyneuropathie
- Statintherapie für alle Patienten: Unabhängig vom Subtyp des Schlaganfalls wird bei allen Patienten mit Schlaganfall oder TIA (transitorische ischämische Attacke) der Einsatz von Statinen empfohlen, um den LDL-Wert unter 100 mg/dl zu senken. Eine Ausnahme bilden Patienten mit Hirnblutungen, die nur bei einer anderen eigenständigen Indikation Statine erhalten sollten.
- Hochdosistherapie: Alle Patienten mit einem Schlaganfall sollten ein Statin erhalten. Alle anderen sollten eine Hochdosistherapie mit 80 mg Atorvastatin erhalten.
- LDL-Zielwert: Bei Schlaganfallpatienten mit atherosklerotischen Gefäßveränderungen sollte ein Zielwert des LDL von kleiner 70 mg/dl angestrebt werden, um das Risiko für einen erneuten Schlaganfall oder schwere Herz-Kreislaufkrankheiten zu reduzieren.
Entwarnung bezüglich Muskelnebenwirkungen
Statine sind bekanntermaßen mit einem erhöhten Risiko für Muskelschäden verbunden. Eine umfassende wissenschaftliche Analyse konnte diese Bedenken jedoch relativieren. Selbst bei einer hohen Dosis verursachen Statine kaum Muskelnebenwirkungen.
Die Forschungsergebnisse zeigen:
- Muskelschmerzen: Muskelschmerzen traten unter Statinen numerisch geringfügig gehäuft auf. In den meisten doppelblinden RCTs (randomisierte kontrollierte Studien) klagten jedoch auch unter Placebo etwa jeder 11. Patient über Muskelschmerzen. Eine Analyse von 21 RCTs ergab eine geringe, aber signifikante Häufung von Muskelschmerzen, entsprechend 15 zusätzlichen Fällen pro 10.000 Patienten, die ein Jahr lang mit Statinen behandelt wurden.
- Myopathien und Rhabdomyolysen: Myopathien traten unter Statinen nicht gehäuft auf. Rhabdomyolysen waren in der Primärprävention sehr selten und unter Statinen nicht signifikant gehäuft. Bei Berücksichtigung einer größeren Datenbasis sowohl der Primär- als auch der Sekundärprävention traten Rhabdomyolysen unter Statinen signifikant und dosisabhängig gehäuft, aber sehr selten auf: Bei einer fünfjährigen Statintherapie ist laut CTT mit einer zusätzlichen Rhabdomyolyse pro 10.000 Patienten zu rechnen.
Es ist wichtig zu beachten, dass der weitaus überwiegende Anteil der Muskelbeschwerden (94 %) nicht durch die Statintherapie verursacht wird.
Weitere wichtige Aspekte der Schlaganfallprävention
Neben der Statintherapie gibt es weitere wichtige Maßnahmen zur Prävention eines erneuten Schlaganfalls:
- Thrombozytenfunktionshemmer: Jeder Patient mit einem Schlaganfall, der keine Indikation für eine Antikoagulation hat, sollte einen Thrombozytenhemmer erhalten.
- Antikoagulation bei Vorhofflimmern: Alle Schlaganfallpatienten mit Vorhofflimmern (VHF) sollten antikoaguliert und nicht mit Plättchenhemmern behandelt werden.
- Blutdruckkontrolle: Die arterielle Hypertonie ist der Hauptrisikofaktor für Schlaganfälle. Eine konsequente antihypertensive Behandlung verringert das Risiko für das Auftreten vaskulärer Ereignisse. Der Blutdruck sollte nach einem Hirninfarkt oder einer TIA langfristig auf unter 140/90 mmHg gesenkt werden. Unter Beachtung der Verträglichkeit und der Vorerkrankungen sowie des Alters des Patienten kann der systolische Blutdruck auf 120 bis 130 mmHg gesenkt werden.
- Diabetesmanagement: Patienten mit Diabetes mellitus haben ein 1,5- bis 3-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Diabetespatienten mit Hypertonus haben ein 2,5-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zu Normotonikern. Ziel der antidiabetischen Therapie ist unter anderem die Verbesserung prognostisch relevanter Parameter und Verhinderung von kardiovaskulären und renalen Ereignissen.
- Lebensstiländerungen: Regelmäßige körperliche Aktivität an vier bis sieben Tagen in der Woche wird empfohlen, auch für Patienten mit deutlichen Einschränkungen. Eine gesunde Ernährung und der Verzicht auf Rauchen sind ebenfalls entscheidend.
Risiken und Nebenwirkungen der Statintherapie
Obwohl Statine im Allgemeinen gut verträglich sind, gibt es einige potenzielle Risiken und Nebenwirkungen, die berücksichtigt werden sollten:
Lesen Sie auch: Schützen Statine vor Demenz? Aktuelle Erkenntnisse
- Neuentwicklung von Diabetes mellitus Typ 2: Die Studienlage zur Neuentwicklung von Diabetes mellitus Typ 2 unter Statinen in der Primärprävention ist inkonsistent. Einige Studien zeigen ein signifikant erhöhtes Risiko, während andere keinen Zusammenhang feststellen konnten. Das Diabetesrisiko könnte durch die Statinintensität beeinflusst sein.
- Hämorrhagische Schlaganfälle: Für Patienten ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung ist laut CTT-Analyse höchstens mit einigen wenigen zusätzlichen hämorrhagischen Schlaganfällen pro 10.000 behandelter Patienten zu rechnen.
- Leberfunktionsstörungen: Einige Studien berichten über ein signifikant erhöhtes Risiko für Leberfunktionsstörungen unter Statinen, definiert als Transaminasenanstieg. Aus Sicht der AkdÄ ist die klinische Relevanz asymptomatischer Transaminasenanstiege jedoch gering.
Lesen Sie auch: Überblick: Vaskuläre Demenz
tags: #Statine #nach #Schlaganfall #Leitlinien