Stoffwechselerkrankungen und ihre neurologischen Symptome

Stoffwechselerkrankungen sind vielfältig und können sich auf verschiedene Organe des Körpers auswirken, einschließlich des Nervensystems. Die Auswirkungen auf das Nervensystem können sich in einer Vielzahl von neurologischen Symptomen äußern. Dieser Artikel bietet einen Überblick über verschiedene Stoffwechselerkrankungen und die damit verbundenen neurologischen Symptome.

Einführung in Stoffwechselerkrankungen

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass sich eine Erkrankung des Stoffwechsels auf alle Organe des menschlichen Körpers auswirkt. So kommt es zu Funktionsstörungen einzelner Organe, was etwa für das Herz gilt. Problematisch ist, dass eine Stoffwechselerkrankung mangels eindeutiger Symptome oft nur schwer erkannt wird. Dies gilt besonders im Anfangsstadium, wo die Anzeichen noch nicht klar ausgeprägt sind. Schreitet die Stoffwechselerkrankung dann voran, zeigen sich die Symptome deutlicher, was eine Diagnose leichter macht. Gerade bei Erkrankungen und Störungen des Stoffwechsels ist es aber wichtig, diese so frühzeitig wie möglich zu erkennen und mit einer entsprechenden Behandlung zu beginnen. So lassen sich schwerwiegenden Folgeerkrankungen vermeiden, wie etwa Schlaganfall oder Herzinfarkt.

Häufige Stoffwechselerkrankungen und ihre neurologischen Auswirkungen

Diabetes Mellitus

Der Typ-2-Diabetes ist die häufigste Alterserkrankung in der Bundesrepublik Deutschland, häufiger als Demenz und Krebs. Jährlich werden hierzulande 500.000 Neuerkrankungen diagnostiziert. Weltweit leiden 10-mal mehr Menschen an Diabetes als noch vor 25 Jahren. Somit ist Typ-2-Diabetes eine der größten Volkskrankheiten weltweit. Eng vergesellschaftet damit ist die wachsende Zahl an Übergewichtigen. Moderne Lebensbedingungen mit wenig Bewegung, Fehl- bzw. Überernährung und Stress bringen den Insulinstoffwechsel aus dem Gleichgewicht, so dass der Zuckerhaushalt im Körper nicht mehr richtig funktioniert. Folge ist eine sogenannte Insulinresistenz in Muskeln, Leber und Fettgewebe. Die Zellen reagieren nicht mehr empfindlich genug auf das körpereigene Insulin. Folge ist letztendlich ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel. Problematisch dabei ist, dass die Betroffenen von ihrer Erkrankung oft jahrelang nichts bemerken. Die Symptome sind meist unspezifisch, z. B. Müdigkeit, Schwäche oder Infektneigung.

Diabetes mellitus kann zu Erkrankungen einzelner und mehrerer peripherer Nerven führen. Ein schlecht eingestellter Diabetes tut dies häufiger als ein gut eingestellter Diabetes. Eine Unterzuckerung kann zu Bewusstseinsstörungen, Lähmungen und epileptischen Anfällen bis zum Koma führen. Eine extreme Überzuckerung kann ebenfalls ein Koma auslösen.

Schilddrüsenstörungen

Schilddrüsenstörungen sind ebenfalls häufige Ursachen neurologischer Veränderungen. Eine Unterfunktion führt zu Müdigkeit und Lethargie. Eine Überfunktion löst eher aufgekratzte Stimmung und Zittern aus. Im Extremfall können beide zu Bewusstseinsstörungen führen.

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Vitaminmangelzustände

Vitaminmangelzustände kommen nicht nur bei Hungersnöten vor, sondern auch bei Menschen mit sehr einseitiger Ernährung, chronischen Magen- und Darmerkrankungen, Alkoholikern, Frauen mit sehr ausgeprägter Übelkeit in der Schwangerschaft oder Menschen, die sich einer Magenverkleinerung oder ähnlich großer Operationen der Verdauungsorgane unterziehen lassen. Zu den neurologischen Vitaminmangelzuständen gehören:

  • Vitamin A (Retinolsäure): Nachtblindheit.
  • Vitamin B1 (Thiamin): Im Falle eines akuten Mangels kann die Wernicke-Enzephalopathie mit Doppelbildern, Gangunsicherheit und Verwirrtheit auftreten. Bei längeren Mangelzuständen droht das Korsakoff-Syndrom, eine Form der Demenz.
  • Vitamin B2 (Riboflavin): Mundtrockenheit, Migräne-Kopfschmerzen.
  • Vitamin B3 (Niacin-Mangel): Pellagra, eine Krankheit mit Ausschlägen, Depression, Kopfschmerzen und Demenz.
  • Vitamin B5 (Panthotensäure): brennende Füße, Schlaflosigkeit und Depressionen.
  • Vitamin B6 (Pyridoxin): Bei Mangel treten Verwirrtheit und Anfälle auf, sowohl Mangel als auch Exzess können zu Neuropathien führen.
  • Vitamin B9 (Folsäure): Denkstörungen, periphere Neuropathien.
  • Vitamin B12 (Cobalmin): Funnikuläre Myelose als Rückenmarkserkrankung, periphere Neuropathie, Verwirrtheit bis zur Demenz. Diesen Mangelzustand sehen wir am häufigsten.
  • Vitamin C (Ascorbinsäure): Ausschläge, Schwäche, Schmerzen, Kreislaufstörungen.
  • Vitamin D (Calciferol): Muskelschwäche, Kopfschmerzen, Tetanie, erhöhtes Risiko für Multiple Sklerose.
  • Vitamin E (Tocopherol): Spinocerebelläre Ataxie, periphere Neuropathie, Retinopathie pigmentosum.

Mineralstoffveränderungen

Mineralstoffveränderungen, wie sie insbesondere bei Erkrankungen der Niere und der Nebenschilddrüse auftreten, können für zahlreiche neurologische Symptome verantwortlich sein. Mögliche Mineralstoffveränderungen:

  • Natriummangel: Übelkeit, Kopfschmerz, Muskelkrämpfe. In schweren Fällen epileptische Anfälle, Lethargie bis zum Koma.
  • Natriumüberschuss: Schwäche, Bewegungsstörungen, Zuckungen. In schweren Fällen Anfälle, Hirnblutungen.
  • Kaliummangel: Schwäche, Muskelkrämpfe, Muskelschäden, hypokaliämische periodische Paralyse (sehr selten).
  • Kaliumüberschuss: Schwäche, verlangsamter Herzschlag, Hyperkaliämische periodische Paralyse (sehr selten).
  • Calciummangel: Gefühlsstörungen an Händen, Füßen und Mund, Muskelkrämpfe, Tetanie, Anfälle, Verwirrtheit, Psychose.
  • Calciumüberschuss: Muskelschwäche, Konzentrationsstörungen, Depression, Demenz, Angst.
  • Phosphatmangel: in schweren Fällen Gleichgewichtsstörungen, Halluzinationen, Zittern.
  • Phosphatüberschuss: Gefühlsstörungen an Händen, Füßen und Mund, Muskelkrämpfe, Tetanie, Anfälle, Verwirrtheit, Psychose.
  • Magnesiummangel: Zittern, Muskelkrämpfe, Tetanie, Anfälle, Verwirrtheit, Psychose.
  • Magnesiumüberschuss: Schwäche.
  • Übermäßige Säure: Kopfschmerz, Lethargie, Müdigkeit, Zittern, erhöhter Hirndruck.
  • Übermäßige Base: Schwindel, Gefühlsstörungen an Händen, Füßen und Mund, Muskelkrämpfe, Verschwommensehen.
  • Kupfer: Kupfermangel entsteht zuweilen bei übermäßiger Nutzung von zinkhaltiger Zahnprothesen-Haftcreme. Folge kann eine Myeloneuropathie mit aufsteigender Lähmung sein.

Weitere Erkrankungen des Stoffwechsels und der Ernährung

  • Die seltene Erberkrankung Morbus Wilson mit Bewegungsstörungen und Nachlassen der Denkfähigkeit beruht auf einer Störung der Kupferausscheidung in der Leber.
  • Eine Leberzirrhose kann zu Apathie, Müdigkeit, Verwirrtheit, Zittern, Parkinsonimus, Rückenmarks- und Nervenstörungen führen. Akutes Leberversagen geht mit Koma, Hirndruck und Anfällen einher.
  • Chronische Niereninsuffizienz mit oder ohne Dialyse geht häufig mit einer Polyneuropathie, Schlafstörungen und einem erhöhten Schlaganfallrisiko einher.
  • Bei einer Vielzahl chronischer neurologischer Erkrankungen wurden Veränderungen im Mikrobiom, also in der Zusammensetzung der Darmbakterien beobachtet, z.B. bei der Multiplen Sklerose, Parkinson- und Alzheimer-Erkrankung. Die Zusammenhänge sind allerdings noch weitgehend unerforscht.
  • Während einer Schwangerschaft finden immense hormonelle Umwälzungen im Körper statt. Vorbestehende neurologische Erkrankungen wie eine Migräne können sich hierdurch spontan bessern. Bei anderen, z.B. Epilepsie, muss ggf. die Medikation erhöht oder umgestellt werden. Insbesondere wenn auch ein Schwangerschafts-Bluthochdruck im letzten Schwangerschaftsdrittel oder kurz nach der Geburt auftritt, kommt es zuweilen zu Störungen der Hirndurchblutung. Gelegentlich treten auch bei ansonsten normalen Schwangerschaften Störungen peripherer Nerven auf.

Angeborene Stoffwechselerkrankungen (IEM)

Angeborene Stoffwechselerkrankungen („inborn errors of metabolism“, IEM) gehören zu den seltenen Erkrankungen, d. h., die Prävalenz jeder einzelnen Erkrankung liegt unter 1:2000 Einwohner in Europa. Kumulativ ist allerdings mehr als 1 % der europäischen Bevölkerung von einer IEM betroffen. Die meisten IEM manifestieren sich im Kindesalter, jedoch kennt man inzwischen für viele Erkrankungen spätmanifeste Formen, die erst im Erwachsenenalter symptomatisch werden. Stoffwechselerkrankungen des Nervensystems (oder neurometabolischen Erkrankungen) liegen genetisch bedingte Anomalien von Enzymen oder ein Mangel an Kofaktoren zugrunde, in deren Folge es zu einer Störung der Entwicklung oder Funktion des Nervensystems kommt. Die Bandbreite dieser Stoffwechselstörungen ist groß, ebenso wie das daraus resultierende Spektrum der klinischen Syndrome. Zu den klinischen Erscheinungsformen neurometabolischer Störungen gehören Ataxien, Bewegungsstörungen, Epilepsien oder periphere Neuropathie, jedoch auch eine neurologische Regression. Der klinische Verlauf im Erwachsenenalter kann sich erheblich von dem im Kindesalter unterscheiden. In den letzten 20 Jahren hat sich unser Verständnis der genetischen und metabolischen Grundlagen für viele neurologische Erkrankungen erheblich erweitert. In einigen Fällen sind heute spezifische Behandlungen möglich oder werden gerade entwickelt.

Leukodystrophien

Leukodystrophien sind genetisch bedingte, meist progrediente Erkrankungen des Myelins im Zentralnervensystem. Es handelt sich um eine heterogene Gruppe mit unterschiedlicher Pathogenese, klinischem Verlauf und diagnostischen Biomarkern. Obwohl sie häufig bereits im Kindesalter beginnen, sind für alle Erkrankungen auch spätmanifeste Verlaufsformen bekannt, bei denen erste Symptome im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter auftreten. Es liegt eine Leitlinie zu Leukodystrophien vor.

Metachromatische Leukodystrophien (MLD)

Metachromatische Leukodystrophien (MLD) sind autosomal-rezessiv vererbte degenerative lysosomale Speicherkrankheiten, die durch eine Akkumulation von Sulfatiden im zentralen (ZNS) und peripheren Nervensystem (PNS) bedingt sind. In den meisten Fällen liegen den MLD Varianten im ARSA-Gen zugrunde, die zu einem Mangel an Arylsulfatase A führen. Deutlich seltener ist eine Defizienz des Sphingolipid-Aktivator-Proteins Saposin B, verursacht durch Varianten im PASP-Gen. Auch ein multipler Sulfatase-Mangel, verursacht durch Varianten im SUMF1-Gen, der eine Beeinträchtigung verschiedener Sulfatasen zur Folge hat, resultiert im klinischen Bild einer MLD, wobei in unterschiedlichem Maße auch Aspekte einer Mukopolysaccharidose dazukommen. Pathophysiologisch führt die Akkumulation von Sulfatiden in den myelinproduzierenden Oligodendrozyten zu einer ausgeprägten Demyelinisierung, vermutlich über eine Aktivierung inflammatorischer Zytokine, die apoptotische Vorgänge einleiten.

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In Abhängigkeit vom Alter bei Auftreten erster Symptome werden die MLD in drei klinische Subtypen unterteilt, wobei grundsätzlich gilt, dass der Krankheitsverlauf umso langsamer ist, je später die ersten Symptome auftreten:

  • Die spätinfantile Form, die in den ersten 30 Lebensmonaten beginnt, zeigt einen rasch progredienten Verlauf mit einem Verlust erworbener Fähigkeiten, der zu Muskelschwäche und einer ataktischen Bewegungsstörung führt. Aufgrund einer peripheren Neuropathie sind die Muskeleigenreflexe abgeschwächt bis erloschen. Im Verlauf entwickeln sich eine spastische Tetraparese, Dysphagie sowie Krampfanfälle bis hin zur Dezerebration. Der Tod tritt innerhalb weniger Jahre ein.
  • Die juvenile Form beginnt zwischen 2 ½ und 16 Jahren häufig mit einer Verschlechterung kognitiver Fähigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten. Im weiteren Verlauf kommt ein Verlust motorischer Fähigkeiten kombiniert mit Ataxie, Pyramidenbahnzeichen und peripherer Neuropathie dazu.
  • Die adulte MLD beginnt in der Adoleszenz mit emotionaler Labilität und auffälligem Sozialverhalten und wird oft als Psychose verkannt. Im cMRT zeigt sich eine diffuse Demyelinisierung, die von den Ventrikeln nach peripher fortschreitet und typischerweise die subkortikalen U-Fasern ausspart.

Obwohl in den letzten Jahren verschiedene Behandlungsoptionen entwickelt wurden, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, gibt es noch keine kurative Therapie für die MLD. Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) bewirkt bei präsymptomatischen Patienten mit juveniler und adulter MLD eine Verlängerung der Überlebenszeit und eine Stabilisierung der ZNS-Symptome, zeigt aber nur geringen Einfluss auf die periphere Neuropathie. Die Gen-Therapie scheint diesbezüglich wirksamer zu sein und ist zudem die einzige Therapieoption für die spätinfantile MLD, allerdings nur bei asymptomatischen oder frühsymptomatischen Patienten.

Morbus Krabbe

Der Morbus Krabbe ist eine seltene autosomal-rezessive lysosomale Speichererkrankung, verursacht durch Varianten des GALC-Gens, die zu einer Defizienz der β-Galaktozerebrosidase führt. Der β-Galaktozerebrosidase-Mangel bewirkt eine Akkumulation von Galaktosylceramid und Psychosin, die die Oligodendrozyten zerstört. Im cMRT zeigt sich eine ausgedehnte Demyelinisierung, die die U-Fasern einschließt. Neuropathologisch finden sich zahlreiche mehrkernige PAS-positive Riesenzellen (Globoidzellen). Die häufigste klassisch-infantile Form zeigt ein stereotypes, rasch progredientes Krankheitsbild, das im Alter von 4-6 Monaten mit Irritabilität, opisthotoner Überstreckung und Krampfanfällen beginnt. Im Verlauf kommen eine Hyperakusis mit Schreckhaftigkeit, Optikusatrophie und bulbäre Störungen hinzu. Betroffene Kinder versterben meist im ersten Lebensjahr. Spätvarianten sind in ihrer Ausprägung variabel. Die juvenile Form manifestiert sich mit Visusverlust, Ataxie und sensomotorischer Polyneuropathie, während das Leitsymptom bei den seltenen adulten Formen eine spastische Paraparese oder Tetraparese ist.

X-chromosomale Adrenoleukodystrophie (X-ALD)

Die X-chromosomale Adrenoleukodystrophie ist ein X-chromosomal vererbter Defekt des ALDP-Proteins, eines ATP-abhängigen peroxisomalen Membrantransporters, der durch Varianten im ABCD1-Gen (Xq28) verursacht wird. Folgende Verlaufsformen werden unterschieden:

  • Zerebrale ALD: Dies ist die schwerste Verlaufsform, die sich meist im Kindesalter zunächst mit kognitiven Einschränkungen und einer Aufmerksamkeitsstörung manifestiert. Im Verlauf kommen in schneller Folge Verhaltensauffälligkeiten und neurologische Beeinträchtigungen wie Seh- und Hörstörungen, Apraxie, zerebelläre Ataxie, spastische Paraparese und Krampfanfälle dazu. Der Tod tritt meist 2-4 Jahre nach Beginn der Symptome ein. Beginnt die Symptomatik im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter, ist der Verlauf protrahierter.
  • Adrenomyeloneuropathie (AMN): Fast alle Patienten mit X-ALD, die das Erwachsenenalter erreichen, entwickeln in der 3. oder 4. Dekade eine AMN mit langsam fortschreitender spastischer Paraparese, sensorischer Ataxie, Sphinkterdysfunktion, erektiler Dysfunktion und Schmerzen in den unteren Extremitäten. Die elektrophysiologische Untersuchung zeigt bei den meisten Patienten eine Axonopathie, nur sehr selten eine periphere Neuropathie.
  • Morbus Addison: Eine Nebennierenrinden(NNR)-Insuffizienz oder eine Addison-Krise können das erste Symptom einer X-ALD sein, die den neurologischen Symptomen um Jahre oder Jahrzehnte vorausgehen.

Glukosetransporter-Typ-1-Mangel-Syndrom (Glut1-DS)

Der Glukosetransporter Typ 1 (Glut1) an der Blut-Hirn-Schranke vermittelt den energieunabhängigen erleichterten Transport von Glukose, dem wichtigsten Energieträger für das Gehirn. Das Glukosetransporter-Typ-1-Mangel-Syndrom (Glut1-DS) wird durch Varianten im SLC2A1-Gen hervorgerufen. Die neurologischen Merkmale können in drei Symptombereiche unterteilt werden: Epilepsie, Bewegungsstörungen und kognitive oder Verhaltensstörungen. Der klassische Glut1-DS-Phänotyp ist durch persistierende Symptome gekennzeichnet, die alle 3 Domänen betreffen.

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  • Epilepsie: Etwa 90 % der Patienten mit einem Glut1-DS haben klinische Anfälle. Die Anfälle treten in der Regel in der frühen Kindheit auf, sind therapierefraktär und können anfangs subtil verlaufen (Gliederzuckungen, Starren, anormale Augenbewegungen, plötzliche Blässe, Schlaffheit und Kopfnicken).
  • Bewegungsstörungen: Glut1-DS-Patienten leiden unter einer Vielzahl von anhaltenden und paroxysmalen motorischen Symptomen. Die häufigsten beschriebenen motorischen Störungen sind Gangstörung, Dystonie, Chorea, zerebellärer Intentionstremor und Myoklonus.
  • Kognitive und Verhaltensstörungen: Die Mehrheit der Patienten mit Glut1-DS zeigt eine variable kognitive Beeinträchtigung, die von einer leichten Lernbehinderung bis zu einer schweren intellektuellen Beeinträchtigung reicht.

Nichtketotische Hyperglycinämie (NKH)

Die nichtketotische Hyperglycinämie (NKH) ist eine angeborene Störung im Glycinstoffwechsel, die durch einen enzymatischen Defekt im Glycincleavage-System (GCS) zu einer Akkumulation großer Mengen von Glycin in allen Körpergeweben einschließlich des Gehirns führt. Genetisch bedingte Defekte der P- und T-Proteinuntereinheit (kodiert durch GLDC und AMT) verursachen typischerweise eine NKH. Bei der klinischen Präsentation wird zwischen einem schweren (klassischen) und einem attenuierten Phänotyp unterschieden. Der schwere Phänotyp ist durch fehlende Entwicklungsfortschritte und eine therapierefraktäre Epilepsie mit neonatalem Beginn charakterisiert. Weitere Symptome sind schwere Hypotonie, Apnoen sowie deutlicher Schluckauf. Bei der attenuierten Form finden sich dagegen eine variable Entwicklungsbeeinträchtigung und eine behandelbare oder gar fehlende Epilepsie.

Morbus Fabry

Morbus Fabry ist eine seltene, erbliche Stoffwechselstörung, die zu den lysosomalen Speicherkrankheiten gehört. Die Ursache ist ein Mangel des Enzyms Alpha Galaktosidase A (αGalA), das für den Abbau von zuckerhaltigen Fettstoffen verantwortlich ist. Dadurch kommt es zu Ablagerungen von Stoffwechselprodukten in verschiedenen Organen, was vielfältige Symptome verursacht.

Symptome von Morbus Fabry

Die Symptome von Morbus Fabry betreffen fast immer mehrere Organe, besonders das Herz, die Niere und das Nervensystem. Aber auch die Haut, die Augen und der Magendarmtrakt sind häufig betroffen.

  • Frühe Anzeichen: Zu den ersten Anzeichen zählen häufig Schmerzen in den Händen und Füßen. Meist finden sich kleine rote Punkte auf der Haut, häufig im Badehosenbereich (Angiokeratome). Ein weiteres frühes Anzeichen ist eine verminderte Fähigkeit oder Unfähigkeit zu schwitzen.
  • Späte Anzeichen: Mit steigendem Alter schreitet die Fabry Erkrankung weiter voran. Die Funktion von Nieren- und Herzmuskelzellen wird immer weiter beeinträchtigt und es kommt zu Organschäden sowie zu Durchblutungsstörungen. Daher können im Erwachsenenalter noch folgende weitere Morbus Fabry Symptome auftreten: Nierenschwäche bis hin zur Dialysepflicht oder Transplantation, verschiedene Beschwerden am Herzen, darunter Herzhypertrophie, Kardiomyopathie, Arrhythmien, Herzinsuffizienz, Klappenanomalien, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Mini-Schlaganfälle (transiente ischämische Attacken, abgekürzt TIA) bereits in jungem Alter, Depressionen.

Beteiligung des Nervensystems bei Morbus Fabry

Neurologische Anzeichen gehören zu den frühesten und häufigsten Symptomen des M. Fabry. Die Beschwerden sind vielfältig und reichen von Schmerzen über Schlaganfälle bis zu Depressionen.

  • Brennende Schmerzen in Händen und Füßen: Die Mehrheit der Fabry Patient*innen leidet an Schmerzen. Typisch sind sogenannte Brennschmerzen in Händen und Füßen (Akroparästhesien).
  • Fabry-Krisen: Als Fabry-Krisen bezeichnet man sehr starke Schmerzen über mehrere Tage, die kaum mit Schmerzmittel zu bessern sind.
  • Verminderte Fähigkeit zu schwitzen: Viele Fabry Patient*innen können nicht richtig schwitzen. Bei manchen ist die Schweißbildung vollständig gestört.
  • Erhöhtes Schlaganfallrisiko: Fabry Patient*innen haben ein mehr als zehnfach höheres Risiko für einen Schlaganfall im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
  • Depressionen: Knapp die Hälfte aller Fabry Patient*innen leiden an einer Depression.

Diagnostik von Stoffwechselerkrankungen

Wie die immer feiner werdenden Verästelungen eines Baumes entspringen unsere Nerven aus dem Rückenmark. Über diese Nerven stellt das Gehirn Kontakt zu den Muskeln, der Haut und allen inneren Organen her. Über sie laufen somit alle wichtigen Befehle aus der „Schaltzentrale“ zu den ausführenden Organen. Werden diese Nerven beschädigt oder zerstört, ist dieser Informationsfluss empfindlich gestört. Es gibt sehr viele verschiedene Gründe für eine Polyneuropathie. So können neben einem (eventuell noch nicht erkannten) Diabetes mellitus und Alkoholkonsum auch bestimmte Medikamente, Stoffwechselerkrankungen oder ein Vitaminmangel die Nerven schädigen. Auch Entzündungen oder längere Aufenthalte auf einer Intensivstation können eine Polyneuropathie hervorrufen.

Am Anfang führen unsere Fachleute immer ein ausführliches Gespräch mit Ihnen oder Ihren Angehörigen. Dabei erfragen wir die genaue Art und Entwicklungsgeschichte Ihrer Beschwerden. Wir finden heraus, wann und in welchem Zusammenhang diese begonnen haben und wie sie sich auswirken. Hinzu kommen spezielle technische Untersuchungen, wie die Elektroneurografie (Messung der Nervenleitung) und die Elektromyografie (Analyse der Muskelaktivität zur frühen Erkennung von Schädigungen). Ausgiebige Laboruntersuchungen einschließlich einer Untersuchung des Nervenwassers und je nach Einzelfall unterschiedliche bildgebende Verfahren (zum Beispiel Magnetresonanztomografie oder Ultraschall) werden durchgeführt. In bestimmten Fällen ist auch eine Entnahme von Gewebeproben der Haut, von Muskeln oder Nerven wichtig.

Für die Diagnosestellung des Glut1-DS sollte eine Lumbalpunktion mit Messung der Liquorglukose (<40 mg/dl in den meisten Fällen) sowie eine Berechnung der Liquor/Blut-Ratio erfolgen. Die Ratio ist bei klassischer Verlaufsform dramatisch reduziert (<0,4; Normbereich 0,62-0,68).

Die Kombination aus einer isolierten Erhöhung der Aminosäure Glycin in parallel gewonnen Plasma- und Liquorproben und eine gleichzeitig erhöhte Liquor/Plasma-Glycin-Ratio (>0,08, Norm <0,02) macht die Diagnose einer NKH sehr wahrscheinlich.

Bei Frauen ist zusätzlich eine genetische Abklärung nötig. Unterstützt werden kann die Diagnose durch einen Krankheitsmarker namens Lyso-GL3.

Behandlung von Stoffwechselerkrankungen

Es gibt derzeit zwei verschiedene Ansätze für diese Behandlung. Die Therapie der Wahl ist die ketogene Diät und damit die Bereitstellung einer alternativen Brennstoffquelle für das Gehirn. Die ketogene Diät führt zu einer Verbesserung der Anfallskontrolle (>50 % Anfallsfreiheit). Die Wirkung der ketogenen Diät auf die motorischen und kognitiven Symptome ist variabel.

Für die Behandlung der NKH wurden bisher keine formalen Leitlinien entwickelt. Die Therapieprinzipen umfassen eine Reduzierung der Plasmaglycinkonzentration (z. B. mit Natriumbenzoat), die Blockade von N-Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Rezeptoren (z. B. mittels Dextromethorpha.

Eine Therapie, die zu einer Steigerung der Menge an aktivem Enzym führt, ist möglich (kausale Behandlung).

Prävention und Früherkennung

Gerade bei Erkrankungen und Störungen des Stoffwechsels ist es aber wichtig, diese so frühzeitig wie möglich zu erkennen und mit einer entsprechenden Behandlung zu beginnen. So lassen sich schwerwiegenden Folgeerkrankungen vermeiden, wie etwa Schlaganfall oder Herzinfarkt. Wenn bei einem/einer Patientin ein Morbus Fabry neu diagnostiziert wurde, ist es sinnvoll, einen Stammbaum mit allen nahen Verwandten des/der Betroffenen zu erstellen. Auf diese Weise können weitere Patientinnen identifiziert - und gezielt behandelt - werden. Hierbei wird der/die Ärzt*in beispielsweise auch nach Personen mit Nierenschwäche oder frühen Schlaganfällen in der Familie fragen.

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