Stuhlinkontinenz bei Parkinson: Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Stuhlinkontinenz ist ein Thema, das viele Menschen betrifft, aber oft aus Scham verschwiegen wird. Laut Angaben der Deutschen Kontinenz Gesellschaft leiden in Deutschland etwa fünf Prozent der Bevölkerung an Stuhlinkontinenz. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Stuhlinkontinenz, insbesondere im Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit.

Was ist Stuhlinkontinenz?

Von Stuhlinkontinenz betroffene Menschen verlieren die Kontrolle über ihren Darminhalt. Sie können Darmgase, Darmschleim oder Stuhl nicht mehr zurückhalten, was zu ungewolltem Stuhlabgang führt. Umgangssprachlich wird Stuhlinkontinenz auch als "Darmschwäche" bezeichnet, ähnlich wie bei der "Blasenschwäche" oder Harninkontinenz, bei der Betroffene unwillkürlich Urin verlieren. Bei einer neurogenen Stuhlinkontinenz sind Betroffene nicht fähig, das Ausscheiden von Stuhl aus dem Mastdarm willentlich zu kontrollieren. Diese Kontrolle gewinnen Menschen normalerweise im Laufe der frühen Kindheit.

Ursachen von Stuhlinkontinenz

Es gibt verschiedene Ursachen für Stuhlinkontinenz. Einer der Hauptgründe liegt im steigenden Lebensalter, da die Muskelmasse im Beckenboden- und Analbereich abnimmt und die natürliche Fähigkeit, den Schließmuskel unter Spannung zu halten, sich verringert. Weitere Ursachen können sein:

  • Verletzungen des Analbereichs nach Operationen oder vaginalen Entbindungen
  • Entzündliche chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Enddarmentzündungen (Proktitis)
  • Bestimmte Medikamente
  • Gestörte Nervenwahrnehmung am Darmausgang, ausgelöst durch Operationen, Diabetes mellitus, Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Demenz oder Querschnittslähmung
  • Verstopfungen und ausgeprägte Hämorrhoiden

Bei einer neurogenen Stuhlinkontinenz sind die Ursachen des unkontrollierbaren Abgangs von Stuhl Schäden am Gehirn oder den Nerven des Rückenmarks. Zu diesen Schäden kann es aufgrund von verschiedenen Erkrankungen kommen, die beispielsweise Entzündungen zur Folge haben oder auf andere Art und Weise die Nerven schädigen oder angreifen. Außerdem kann es durch Verletzungen oder Unfälle zu einer Schädigung der Nerven und damit zu einer neurogenen Stuhlinkontinenz kommen. Beispiele hierfür sind Bandscheibenvorfälle oder das so genannte Cauda-equina-Syndrom, eine Quetschung des pferdeschweifförmigen Nervenfaserbündels am Ende des Rückenmarks.

Symptome von Stuhlinkontinenz

Im Zusammenhang mit einer Stuhlinkontinenz treten meist mehrere typische Symptome auf:

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten für Stuhlinkontinenz bei MS

  • Ungewollter Abgang von Darmgasen
  • Leichte bis starke Verschmutzungen der Unterwäsche durch Darmschleim oder Stuhl
  • Unfähigkeit, flüssigen Stuhl zu halten
  • In späteren Stadien auch Unfähigkeit, festen Stuhl zu halten
  • Vollständiger Kontrollverlust über die Darmentleerung

Schweregrade der Stuhlinkontinenz

Eine Stuhlinkontinenz kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Experten unterscheiden folgende Schweregrade:

  • Grad I: Probleme mit dem unkontrollierten Austreten von Darmgasen, aber gute Kontrolle über festen und flüssigen Stuhl.
  • Grad II: Unfähigkeit, flüssigen Stuhl und Darmgase zurückzuhalten, während fester Stuhl noch kontrolliert werden kann.
  • Grad III: Vollständige Stuhlinkontinenz, bei der auch fester Stuhl nicht mehr gehalten werden kann.

Zusätzlich gibt es ein Punktesystem, das die Art der Inkontinenz (Luft, flüssiger Stuhl, fester Stuhl), die Notwendigkeit von Inkontinenzvorlagen, den Einfluss auf die Lebensgewohnheiten und die Häufigkeit des Auftretens berücksichtigt. Betroffene können hierbei zwischen 1 und 20 Punkten erreichen.

Stuhlinkontinenz und Parkinson

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, von der in Deutschland schätzungsweise 300.000 Menschen betroffen sind. Bei Parkinson-Erkrankten sterben Dopamin-produzierende Nervenzellen ab, was zu einem Mangel an diesem wichtigen Botenstoff und einer Störung zentraler Gehirnbereiche führt. Im Verlauf der Erkrankung entwickeln viele Parkinson-Patienten auch Störungen der Harnblasen- und Mastdarmfunktion.

Ursachen für Stuhlinkontinenz bei Parkinson

Bei Menschen mit Parkinson-Krankheit sind einige der Gehirnzellen, die das chemische Dopamin bilden, abgestorben. Diese Zellen werden benötigt, um körperliche Bewegung und Stimmung zu kontrollieren. Bei dieser Art von neurologischen Erkrankungen führen die Nachrichten zwischen dem Gehirn und Teilen des Verdauungssystems zu einer langsameren Passage von Nahrung, reduzierten Empfindungen im Rektum und Kontrolle des Anus, was zu Verstopfung und Kontinenzverlust führen kann.

  • Verstopfung: Verstopfung ist die häufigste Darmstörung bei Parkinson-Patienten. Die verlängerte Darmpassagezeit aufgrund eingeschränkter Mobilität, langsamer Bewegungsabläufe und Muskelsteifheit trägt dazu bei.
  • Schluckbeschwerden: Wenn die Parkinson-Krankheit zu einer Beeinträchtigung der Kau- und Schluckfähigkeit führt, kann eine ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen, die den Stuhl weich halten, erschwert sein. Auch das Schlucken von Flüssigkeiten kann erschwert sein, was sich ebenfalls auf die Stuhlkonsistenz auswirkt.
  • Medikamente: Sowohl Medikamente gegen Parkinson als auch Antidepressiva können die Verstopfung verschlimmern.
  • Nervenschäden: Bei einer neurogenen Stuhlinkontinenz sind die Ursachen des unkontrollierbaren Abgangs von Stuhl Schäden am Gehirn oder den Nerven des Rückenmarks. Zu diesen Schäden kann es aufgrund von verschiedenen Erkrankungen kommen, die beispielsweise Entzündungen zur Folge haben oder auf andere Art und Weise die Nerven schädigen oder angreifen.

Weitere Symptome und Auswirkungen

Neben den motorischen Symptomen der Parkinson-Krankheit können auch nicht-motorische Symptome wie Probleme beim Schlucken, Sprechen sowie Blasen- und Darmentleerung auftreten. Die psychisch-emotionalen Folgen von Parkinson führen in Verbindung mit Darmfunktionsstörungen zu einer massiven Beeinträchtigung des Selbstvertrauens und der Lebensqualität.

Lesen Sie auch: Mehr zum Thema Stuhlinkontinenz nach Schlaganfall

Diagnose von Stuhlinkontinenz

Um die Ursache einer Stuhlinkontinenz zu ermitteln, ist eine gründliche Diagnose erforderlich. Diese umfasst in der Regel:

  • Anamnese: Ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt über die Krankheitsgeschichte, frühere Operationen und Entbindungen (bei Frauen), Häufigkeit, Konsistenz und Form des Stuhlgangs (Stuhltagebuch), Fähigkeit zur Stuhlverzögerung und das Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung.
  • Körperliche Untersuchung: Abtasten und Abhören des Bauches, Austasten des Enddarms zur Feststellung von Tumoren oder Polypen.
  • Spiegelung des Darms und Analkanals (Koloskopie): Einführung eines beweglichen Schlauchs mit Optik in den After, um Polypen, Darmentzündungen und Tumore festzustellen und das Darminnere zu beurteilen.
  • Ultraschalluntersuchung (Endosonografie): Untersuchung des Schließmuskels mit einer kleinen, wassergefüllten Sonde im Analkanal, um Verletzungen des Schließmuskels nachzuweisen.
  • MR-Defäkografie: Darstellung des Ablaufs der Stuhlentleerung im Magnetresonanztomogramm nach Befüllung des Enddarms mit einem Röntgenkontrastmittel, um die Abläufe während des Stuhlgangs zu analysieren, Aus- /Einstülpungen in der Darmwand nachzuweisen und die Problematik der Stuhlentleerung besser einzugrenzen.
  • Neurologische Untersuchungen: Bei einer neurogenen Ursache einer Stuhlinkontinenz ist aufgrund von Schäden der Nerven meist auch die Sensibilität des Analbereichs gestört. Mithilfe bestimmter so genannter Sensibilitätstests kann die Empfindlichkeit des Mastdarms und der Hautregion um den After beurteilt werden.

Behandlungsverfahren bei Stuhlinkontinenz

Je nach Ursache und Schweregrad der Stuhlinkontinenz gibt es verschiedene Behandlungsansätze. Oft kann Patienten auch ohne einen operativen Eingriff weitergeholfen und die Lebensqualität stark verbessert werden.

Konservative Behandlungsverfahren

  • Ernährungsumstellung: Festigung des Stuhls durch ballaststoffreiche Ernährung, um breiigen oder wässrigen Stuhl zu vermeiden. Patienten mit Stuhlbeschwerden sollten generell ballaststoffreiche Nahrung zu sich nehmen, da diese das Stuhlvolumen erhöhen und die Konsistenz normalisieren.
  • Beckenbodentraining: Stärkung der Beckenbodenmuskulatur durch gezielte Übungen. Häufig sind Inkontinenzprobleme auch ein Zeichen für eine Schwäche des Beckenbodens. Die Belastungen des Alltags und des Älterwerdens können dazu führen, dass die Muskulatur, Bänder und Nerven geschwächt oder überdehnt werden und absinken.
  • Elektrostimulation: Ergänzend zum Beckenbodentraining wird auch die Elektrostimulation angeboten.
  • Biofeedback: Bewusste Wahrnehmung und Steuerung des Schließmuskels durch Platzierung eines kleinen Ballons im Analkanal und Anspannung des Schließmuskels.
  • Medikamente: Abführmittel zur Stimulierung des Darms nur unter ärztlicher Betreuung, Motilitätshemmer. Ein pharmakologischer Wirkstoff, der bei neurogen bedingter Verstopfung eingesetzt werden kann, ist zum Beispiel Bisacodyl. Das Laxans kann als Zäpfchen oder in Tablettenform eingenommen werden. Da es sich bei Bisacodyl um ein synthetisches Abführmittel handelt, welches zu Wasser- und Elektrolytmangel führen kann, wird die Einnahme nur vorübergehend und nicht dauerhaft empfohlen. Neben Bisacodyl und Natriumpicosulfat gibt es osmotische Laxanzien wie Macrogol, Lactulose oder auch Lactose (Milchzucker). Einzig Macrogol ist auch bei längerer Anwendung gut verträglich.
  • Individuelle Therapiepläne: Diese beinhalten unter anderem eine Ernährungsberatung, Verhaltenstraining, Toilettentraining, Sport und körperliche Aktivität, Beckenbodentraining und Elektrostimulation.
  • Verhaltenstherapie: Verhaltenstherapien und Patientenschulungen, insbesondere für Toilettenverhalten und Entleerungstechniken, wie beispielsweise das Pressen bei der Blasen- und Darmentleerung zu unterlassen oder das Hüftgelenk bei gut aufgestützten Füßen um 90 Grad anzuwinkeln, gehören ebenfalls zu den konservativen Behandlungsverfahren.
  • Stuhlgangsregulierung: Eins der Verfahren ist die so genannte Stuhlgangsregulierung, die das Ziel hat, einen geschmeidigen Stuhl zu produzieren, der ohne einen großen Druck ausgeschieden werden kann. Dies bedeutet, dass entweder ein zu fester Stuhl bei einer Verstopfung (Obstipation) verdünnt und ein zu flüssiger Stuhl bei einer Durchfallerkrankung verdickt werden muss.
  • Anale Irrigation: Bei dieser Therapiemethode wird mithilfe einer Darmspülung der Darm gereinigt und vorhandener Stuhl entfernt. Wird sie regelmäßig durchgeführt - was auch zu Hause möglich ist - kann kein Stuhl mehr unkontrolliert abgehen und Betroffene sind in der Lage, wieder am sozialen Leben teilzunehmen.

#

Lesen Sie auch: Stuhlinkontinenz: Ein Überblick

tags: #Stuhlinkontinenz #bei #Parkinson #Ursachen #und #Behandlung