Stuhlinkontinenz, auch als Darminkontinenz oder anorektale Inkontinenz bezeichnet, ist eine Erkrankung, bei der Betroffene den Abgang von Stuhl aus dem Mastdarm nicht willentlich kontrollieren können. Dies führt zu einem unkontrollierten Verlust von Darminhalt, der sowohl Gase, Schleim als auch flüssigen oder festen Stuhl umfassen kann. Schätzungen zufolge leiden in den westlichen Industriestaaten etwa fünf Prozent der Bevölkerung an einer Stuhlinkontinenz. In Deutschland sind das bis zu fünf Millionen Menschen, wobei Frauen vier- bis fünfmal häufiger betroffen sind als Männer und das Risiko mit zunehmendem Alter steigt. Die Dunkelziffer dürfte sogar noch höher liegen, da viele Betroffene aus Scham nicht über ihr Problem sprechen.
Aufbau des letzten Darmabschnitts
Der Mastdarm (Rektum) bildet das Ende des Verdauungstrakts und mündet in den After. Hier wird der Stuhl vor der Ausscheidung gesammelt. Der Schließmuskel (Sphinkter), ein ringförmiger Muskel kurz vor dem Darmausgang, kontrolliert die Stuhlausscheidung. Er besteht aus einem inneren, nicht willentlich beeinflussbaren Anteil aus glatter Muskulatur und einem äußeren, willentlich steuerbaren Anteil. Die Funktion des Schließmuskels, des Beckenbodens und des Mastdarms wird über Nerven gesteuert, die sich in der Darmwand befinden. Das Gehirn sendet elektrische Signale über das Rückenmark und die Sakralnerven im unteren Rücken an diese Organe, um die Ausscheidung zu steuern. Ein Schutzreflex, der so genannte Guarding-Reflex, sorgt bei gesunden Menschen dafür, dass der Schließmuskel angespannt bleibt und Stuhl nicht unbeabsichtigt abgeht. Beim Toilettengang gibt das Gehirn dagegen das Signal zur Entspannung des Schließmuskels.
Neurogene Stuhlinkontinenz: Ursachen
Bei einer neurogenen Stuhlinkontinenz sind Schäden am Gehirn oder den Nerven des Rückenmarks die Ursache für den unkontrollierbaren Stuhlabgang. Diese Schäden können durch verschiedene Erkrankungen entstehen, die Entzündungen verursachen oder die Nerven auf andere Weise schädigen. Auch Verletzungen oder Unfälle, wie Bandscheibenvorfälle oder das Cauda-equina-Syndrom, können Nervenschäden verursachen und zu einer neurogenen Stuhlinkontinenz führen.
Die neurogene Stuhlinkontinenz entsteht aufgrund einer Störung des Nervensystems. Die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn erfolgt über Nervenimpulse, die Informationen über den Füllstand des Darms übermitteln und somit für die Steuerung der Darmentleerung von Bedeutung sind. Bei einer neurogenen Stuhlinkontinenz funktioniert diese Kommunikation nicht richtig, weil zu wenige, keine oder fehlerhafte Nervenimpulse gesendet werden. In der Folge bemerken Patienten mitunter überhaupt keinen Stuhldrang, obwohl es dringend Zeit für eine Stuhlentleerung wäre. Ursache der Stuhlinkontinenz ist bei der neurogenen Form zumeist eine neurologische Erkrankung, wie etwa Multiple Sklerose, Parkinson, Demenz oder ein Diabetes mellitus, der auf Dauer ebenfalls die Nervenfunktion beeinträchtigen kann.
Chronische und neurologische Vorerkrankungen, wie Diabetes, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer, etc. können die Ursache einer primären Stuhlinkontinenz sein.
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Symptome der Stuhlinkontinenz
Das Hauptsymptom der Stuhlinkontinenz ist der unkontrollierte Abgang von Darminhalt. Dabei kann es sich um geformten oder flüssigen Stuhl, Schleim oder Luft handeln. Der Schweregrad der Stuhlinkontinenz wird in drei Grade unterteilt:
- Grad 1: Unkontrollierter Abgang von Luft und leichtes Stuhlschmieren.
- Grad 2: Unkontrollierter Abgang von dünnflüssigem Stuhl und gelegentlicher Stuhlabgang.
- Grad 3: Unkontrollierter Abgang von festem Stuhl.
Weitere Symptome können sein:
- Starke Blähungen
- Chronische Verstopfung mit ungewolltem Austritt von flüssigem Stuhl
- Häufige Flecken in der Unterwäsche
Diagnose der neurogenen Stuhlinkontinenz
Ziel der Diagnose ist es, die Ursache für den unkontrollierbaren Stuhlabgang zu finden. Der erste Schritt ist ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt (Anamnese), in dem Fragen zu Häufigkeit, Dauer, Beschaffenheit des Stuhls und Häufigkeit des Stuhlgangs gestellt werden.
Nach dem Gespräch folgt eine gründliche körperliche Untersuchung, bei der der Arzt unter anderem den Enddarm vom After aus mit einem Finger austastet (rektale Palpation).
Weitere Untersuchungen können durchgeführt werden, um die Ursache der Stuhlinkontinenz zu bestimmen und herauszufinden, ob es sich um eine neurogene Stuhlinkontinenz handelt:
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- Endoskopie (Rektoskopie, Koloskopie): Erkennung von Auffälligkeiten wie Entzündungen, Aussackungen oder andere Veränderungen der Darmwand.
- Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Erkennung möglicher Schädigungen des Schließmuskels oder Veränderungen des Enddarms.
- Manometrie: Messung des Drucks des Schließmuskels.
- Defäkographie: Darstellung der Entleerung des Enddarms mit Kontrastmittel im Röntgenbild.
- Neurologische Untersuchungen (Beckenbodenelektromyographie (BB-EMG), Messung der Leitgeschwindigkeit des Nervus pudendus): Überprüfung, ob es eine Störung des Signals zwischen Gehirn und Schließmuskel bzw. Mastdarm gibt.
- Sensibilitätstests (Ballontest, Tests mit Nadeln oder Pinseln): Beurteilung der Empfindlichkeit des Mastdarms und der Hautregion um den After.
Therapie der neurogenen Stuhlinkontinenz
Die Therapie einer Stuhlinkontinenz richtet sich in erster Linie nach ihrer Ursache. Bei einer neurogenen Stuhlinkontinenz zielt die Behandlung darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Konservative Behandlungsmethoden
- Stuhlgangsregulierung: Ziel ist es, einen geschmeidigen Stuhl zu produzieren, der ohne großen Druck ausgeschieden werden kann. Dies kann durch Anpassung der Ernährung (ballaststoffreiche Kost, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Vermeidung von blähenden Lebensmitteln) und Einnahme von Quellmitteln erreicht werden. Bei neurologisch bedingter Verstopfung kann Bisacodyl eingesetzt werden. Da es sich bei Bisacodyl um ein synthetisches Abführmittel handelt, welches zu Wasser- und Elektrolytmangel führen kann, wird die Einnahme nur vorübergehend und nicht dauerhaft empfohlen. Einzig Macrogol ist auch bei längerer Anwendung gut verträglich.
- Anale Irrigation: Regelmäßige Darmspülungen reinigen den Darm und entfernen vorhandenen Stuhl, um unkontrollierten Stuhlabgang zu verhindern.
- Beckenbodentraining: Stärkung der Beckenbodenmuskulatur durch gezielte Übungen, idealerweise unter Anleitung eines Physiotherapeuten.
- Biofeedback: Verbesserung der Wahrnehmung und Kontrolle der Beckenbodenmuskulatur durch visuelle oder akustische Signale.
- Elektrostimulation: Anregung der Beckenbodenmuskulatur mit schwachen elektronischen Impulsen.
- Verhaltenstherapie: Patientenschulungen und Toilettentraining zur Verbesserung des Entleerungsverhaltens.
Operative Behandlungsmethoden
- Sakrale Nervenstimulation: Ein relativ neues Verfahren, bei dem eine Elektrode eingesetzt wird, die den Schließmuskel stimulieren kann. Gesteuert wird die Elektrode über ein unter die Haut im Gesäß eingepflanztes Schrittmacheraggregat, das schwache elektrische Impulse an die Sakralnerven abgibt, die wiederum den Schließmuskel an- und entspannen können.
- Schließmuskelrekonstruktion: Reparatur oder Rekonstruktion des Schließmuskels bei Defekten.
- Künstlicher Darmausgang (Stoma): In schweren Fällen, wenn andere Behandlungen nicht erfolgreich sind, kann ein künstlicher Darmausgang eine Option sein.
Hilfsmittel
Moderne Hilfsmittel können eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von Inkontinenzproblemen spielen. Es gibt verschiedene Arten von Hilfsmitteln, wie z.B. aufsaugende Inkontinenzprodukte (Windelhosen, Einlagen, Vorlagen, Inkontinenz-Pants) und Bettschutzeinlagen, die den Alltag erleichtern und für mehr Sicherheit sorgen können.
Neurogene Blasenfunktionsstörungen
Als neurogene Blasenfunktionsstörungen (nBFS) werden Dysfunktionen der Harnblase bezeichnet, die durch eine Fehlfunktion oder Verletzung des Nervensystems verursacht werden, beispielsweise durch Rückenmarkverletzungen, Spina bifida, Multiple Sklerose, Schlaganfall oder Morbus Parkinson. Die therapeutischen Maßnahmen orientieren sich an der zugrunde liegenden Pathophysiologie, den damit verbundenen Risikofaktoren, der klinischen Symptomatik und nicht zuletzt an den individuellen Patientenbedürfnissen. Die Erstlinientherapie besteht neben allgemeinen Maßnahmen in der Gabe von Anticholinergika. Allerdings ist die Adhärenz der Pharmakotherapie aufgrund von Nebenwirkungen häufig unzureichend. Somit kommt den Zweitlinientherapien eine starke Bedeutung zu. Hier haben sich die Injektion von Botulinumtoxin A sowie die sakrale Neuromodulation inzwischen fest etabliert. Als neurogene Blasenfunktionsstörung (nBFS) wird eine Störung der Harnspeicherung bzw. der Harnleerung bezeichnet, verursacht durch neurologische Veränderungen im Bereich des Rückenmarkes, in Zentren des Gehirns oder auch in der Peripherie, die eine normale nervale Signalübertragung zur Steuerung der Harnblase behindern, z. B. Pollakisurie, Nykturie und Drangsymptomatik sind häufige Symptome einer nBFS. Bei der Therapiewahl sind die im jeweiligen Fall vorherrschende Symptomatik sowie mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen zu bedenken und die individuellen Besonderheiten und Bedürfnisse des Patienten zu beachten. Bei der Harnblase wird zwischen zwei Funktionszuständen unterschieden: einer Füll- und einer Entleerungs- bzw. Miktionsphase. Die Steuerung der Harnblasenfunktion beruht auf der Übermittlung afferenter Signale von Dehnungs- und Volumenrezeptoren an spinale und höher gelegene Zentren. An der Blasenkontrolle beteiligt sind verschiedene Neurotransmitter und Neuropeptide wie das Acetylcholin (parasympathisches Nervensystem), das Noradrenalin (sympathisches Nervensystem) und weitere Mediatoren wie Adenosintriphosphat (ATP), Stickoxid und 5-HT (Serotonin). Der oben dargestellte Ablauf kann auf mehreren Ebenen gestört bzw. unterbunden und geschädigt werden. Entsprechend lassen sich durch die verschiedenen Kombinationen von Hyperaktivität und Hypoaktivität von Detrusor und Sphinkter unterschiedliche Störmuster ableiten. Läsionen im Bereich des ZNS können über mehrere Mechanismen zu Blasenfunktionsstörungen führen. So kann der Informationsfluss zum Gehirn (afferente Störung) und/oder die Art und Weise, wie das Gehirn die Informationen verarbeitet, gestört sein ebenso die Fähigkeit, angemessene Signale zum Organ zurückzusenden (Störung der Efferenz). Suprapontine Läsionen führen vorrangig zu einer gestörten Harnspeicherung, die sich urodynamisch als hyperaktiver Detrusor bei vorwiegend normaler Sphinkterfunktion manifestiert, und lassen sich häufig nach zerebrovaskulärem Trauma, bei Vorliegen einer Parkinsonerkrankung oder nach Schlaganfall beobachten. Auch Läsionen innerhalb des Ponses, in der das suprasakrale Koordinationszentrum der Blasenentleerung lokalisiert ist, können zu Harnblasenstörungen führen. Aufgrund der komplexen Funktionen des pontinen Miktionszentrums resultiert v. a. eine Dyskoordination, die Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie bei Läsionen an dieser Stelle. Spinale Läsionen z. B. infolge einer (kompletten) Querschnittslähmung oder bei Multipler Sklerose können zu einer gestörten Harnspeicherung wie auch zu Miktionsstörungen führen (hyperaktiver Detrusor und/oder Sphinkter). Alle nervalen Schädigungen unterhalb des sakralen Miktionszentrums (S2 bis S4), z. B. Die neurogene Detrusorhyperaktivität (Neurogenic Detrusor Overactivity, NDO) ist definiert als Hyperaktivität des Detrusors aufgrund einer relevanten neurologischen Grunderkrankung. eine Harninkontinenz. Eine Rückenmarkverletzung (RMV) kann großen Einfluss auf die Speicher- und Ausscheidungsfunktion der Blase haben. Sie kann zu einer Unter- oder Überaktivität der Blasenwand und der Sphinktere führen und dadurch zu einer Inkontinenz bis zum vollständigen Verlust der Fähigkeit zu Blasenentleerung. Die Form der Blasenfunktionsstörung wird von der Höhe der RMV bestimmt. Je höher die RMV, desto ausgeprägter die resultierende Detrusorüberaktivität. Der Anteil der Patienten, die eine NDO entwickeln, ist abhängig von der Lokalisation und Schwere der Schädigung. Die Multiple Sklerose (MS) wird meist im Alter von 20 bis 40 Jahren diagnostiziert [9]. Bis zu 80 % der MS-Patienten berichten über mindestens ein Symptom der Harninkontinenz wie beispielsweise die Pollakisurie. Die Blasensymptome von MS-Patienten werden häufig nicht angemessen behandelt. So wird nur etwa jeder zweite Patient mit mäßigen bis schweren Symptomen des unteren Harntraktes mit Anticholinergika behandelt [10]. Jene, die medikamentös behandelt werden, brechen die Therapie frühzeitig ab. Ein amerikanisches Forscherteam um Anna D'Souza fand in einer retrospektiven Datenbankanalyse heraus, dass nur 13,2 % der Patienten ihre initiale Therapie mit Oxybutynin oder Tolterodin über den Zeitraum von mindestens ein Jahr fortgesetzt hatten. Typisch für die Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie (DSD) sind ein häufig unterbrochener Harnstrahl und Startschwierigkeiten bei der Miktion sowie Pollakisurie mit Restharnbildung. 20 bis 25 % der MS-Patienten können unter einer DSD leiden. Dabei kontrahiert die Blase unwillkürlich (Detrusorüberaktivität, DÜ) und versucht, häufiger Urin auszuscheiden als normal. Gleichzeitig erschlafft der Sphinkter nicht ausreichend, wodurch die Urinausscheidung eingeschränkt ist. Die DSD ist für den Patienten oft sehr unangenehm, da der Harndrang trotz Miktion persistiert. Der resultierende RH kann zudem Harnwegsinfekten Vorschub leisten. Die DÜ im Rahmen einer DSD geht oftmals mit hohen intravesikalen Drücken einher und stellt eine Gefahr für den oberen Harntrakt dar, da es zu einer Nierenschädigung kommen kann. Bei einem hypokontraktilen Detrusor stehen ein schwacher Harnstrahl, ein Restharngefühl und rezidivierende Harnwegsinfektionen im Vordergrund. Bei einem hypoaktiven Sphinkter kommt es zum Verlust der reflektorischen Kontraktion des Sphinkters bei Anstieg des abdominellen Druckes und Belastungsinkontinenz, z. B. Die Diagnostik der einzelnen Formen der neurogenen Blasenstörung unterscheidet sich kaum. fokussierte neurologische Untersuchung. Miktionstagebücher sind hilfreich, um Miktionsfrequenz und funktionelles Blasenvolumen zu erfassen. Eine Harnanalyse dient der Abklärung des Vorliegens von Harnwegsinfekten. Mittels Ultraschalluntersuchung des Harntraktes lassen sich Komplikationen wie Blasensteine ausschließen sowie RH-Messungen durchführen. Zur vollständigen diagnostischen Abklärung und Aufschlüsselung der exakten neuro-urologischen Situation gehören eine Harnstrahlmessung (Uroflow), eine Urethrozystoskopie, eine (Video-)Uro-dynamik mit Beckenboden-EMG, eine Nierensonografie sowie die Bestimmung von Kreatinin, Harnstoff und eventuell eine 24-Stunden-Kreatinin-Clearance und ein Furosemid-Isotopen-Nephrogramm. Psychologisch: Menschen mit nBFS können durch ihre Harninkontinenz und den Uringeruch Schuldgefühle, Depression und geringes Selbstwertgefühl entwickeln. Sozial: Patienten mit überaktiver Blase schränken möglicherweise ihre sozialen Aktivitäten ein, weil sie Angst vor Inkontinenz, Pollakisurie und Toilettensuche entwickeln (soziale Isolation). Häuslich/Finanziell: Patienten mit nBFS benutzen nachts Einwegunterlagen auf dem Bett oder spezielle Inkontinenzunterwäsche. Diese Artikel werden evtl. nicht von der Krankenversicherung übernommen (Eigenkosten). Beruflich: Eine überaktive Blase kann zu einer geringeren Produktivität und erhöhten Fehlzeiten am Arbeitsplatz führen. Sexuell: Vor allem bei Frauen führen die Symptome der überaktiven Blase zu Angst vor Inkontinenz mit Einschränkungen im Bereich der Vita sexualis und der sexuellen Intimität. Körperlich: Einige körperliche Aktivitäten wie Sport können aufgrund der häufigen Notwendigkeit zum Wasserlassen oder der Angst vor dem unwillkürlichen Harnabgang eingeschränkt sein. sowie die Funktion des unteren Harntraktes möglichst wiederherstellen. Eine Detrusorhyperaktivität kann durch ein Blasentraining, durch die pharmakologische Therapie mit einem Anticholinergikum, die chronische Sakralwurzelstimulation, die intravesikale Botulinumtoxin-Injektion sowie durch die Blasenaugmentation oft erfolgreich behandelt werden. Bei der Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie kommen therapeutisch ein Einmalkatheterismus, eine antimuskarinerge Therapie, die intravesikale Botulinumtoxin-Injektion, die sakrale Vorderwurzelstimulation, die Sphinkterotomie sowie die Blasenaugmentation in Betracht. Bei einem hypokontraktilen Detrusor sollte ein Therapieversuch mit einer vorübergehenden suprapubischen Harndauerableitung, eine Therapie mit einem Cholinergikum, mit einem Alphablocker, eine chronische Sakralwurzelstimulation sowie ein sauberer Einmalkatheterismus unternommen werden. Bei einem hypoaktiven Sphinkter kommen Beckenbodentraining, Biofeedbacktraining, die Therapie mit Duloxetin, ein artifizielles Sphinktersystem sowie eine transurethrale Unterspritzung des Sphinkters mit sogenannten „Bulking agents“ infrage. Primär sollte versucht werden, durch Verhaltensänderungen, also durch eine Veränderung des Lebensstils und insbesondere des Trinkverhaltens, Einfluss auf die Störung zu nehmen. Die Patienten können Vorlagen und Urinflaschen nutzen, und bei Blasenentleerungsstörung und erhöhten Restharnwerten kann eine intermittierende Katheterisierung oder ggf. Wird ein adäquater Therapieerfolg durch konservative Maßnahmen nicht erreicht, so sind minimalinvasive Therapien wie Neuromodulation oder Injektion von Botulinumtoxin A in Betracht zu ziehen. Ultima Ratio stellen chirurgische Eingriffe wie Blasen(teil)entfernung mit Harnableitung oder Blasenaugmentation durch Darm oder eine Sphinkterotomie dar. Die Patienten sind in einem angemessenen Inkontinenzschutz zu unterweisen. Die initiale Therapie des überaktiven Detrusors besteht in der oralen Gabe von Anticholinergika (Syn.: Antimuskarinika). Für diese Medikamentengruppe gibt es eine lange Anwendungserfahrung. Sie stellt eine wirksame Therapieoption für die überaktive Blase dar und kann außerdem die Lebensqualität der Patienten verbessern. Alphablocker wie Tamsulosin oder Terazosin werden in Kombination mit Detrusor-tonisierenden Parasympathomimetika (z.B. Distigmin) zur Behandlung des hypokontraktilen Detrusors u/o RH-Bildung eingesetzt. Bei der Verordnung von Anticholinergika ist eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich. Dabei sind insbesondere die systemischen Wirkungen und damit die potenziellen Nebenwirkungen der Substanzen zu beachten. Diese können infolge der weiten Verbreitung der antimuskarinischen Rezeptoren zu Restharnbildung, Obstipation, Akkommodationsstörung, Mundtrockenheit, Tachykardie, Rhythmusstörungen, Anstieg des Augeninnendruckes, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen führen. Neurogene Patienten benötigen unter Umständen höhere Antimuskarinika-Dosen als Patienten mit einer idiopathischen Detrusorüberaktivität. Unerwünschte Ereignisse infolge einer Aufdosierung können sich jedoch negativ auf die Adhärenz auswirken [3, 21, 22]. Daher sollten auch alternative Darreichungsformen wie z. B. die transdermale Applikation oder eine intravesikale Instillation von Oxybutynin in Betracht gezogen werden, um Nebenwirkungen zu reduzieren. Sind Allgemeinmaßnahmen sowie eine Pharmakotherapie nicht ausreichend effektiv und kommt es auch beim Wechsel auf ein anderes Anticholinergikum nicht zur adäquaten Besserung der Beschwerden und damit verbunden zur Steigerung der Lebensqualität, empfehlen die nationalen und internationalen Leitlinien zwei weitere Therapieoptionen: die Injektion mit Botulinumtoxin A und die sakrale Neuromodulation. Die sakrale Neuromodulation (SNM) ist eine minimalinvasive Behandlungsmethode für die überaktive Blase und weitere Beckenfunktionsstörungen. Hierbei gibt ein im oberen Gesäßbereich implantierter Schrittmacher über eine Elektrode schwache elektrische Impulse an die Sakralnerven ab. Durch die hauptsächlich afferent wirkende Stimulation der Sakralnerven werden spinale Reflexe moduliert und neuronale Netzwerke im Gehirn reorganisiert. Kernschritt des minimalinvasiven Verfahrens ist die unter Allgemeinanästhesie durchgeführte Elektrodenimplantation, typischerweise am Sakralnerv S3. Die SNM hat sich als Behandlungsmethode international etabliert und gilt allgemein als sicher. Zudem bietet das Verfahren eine kurzfristige Evaluierung vor einer möglichen Langzeitlösung. Mögliche Komplikationen sind chirurgisch gut beherrschbar. Die intravesikale Injektion von Botulinumtoxin A in den Detrusor vesicae hat sich als Therapie der medikamentenrefraktären neurogenen Detrusorhyperaktivität sowie bei Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie fest etabliert. Das minimalinvasive Verfahren verbessert die urodynamischen und subjektiven Parameter sowie die Lebensqualität der Betroffenen deutlich. Es schließt die Lücke zwischen der medikamentösen und der offenen operativen Therapie und kann letztere potenziell reduzieren. Daher empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in ihrer „Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von neurogenen Blasenstörungen“ diese Therapieoption. Die Behandlung mit Botulinumtoxin A wurde zum 1. Januar 2018 in den EBM aufgenommen. Die Leistung können Urologen und Gynäkologen abrechnen. Die Honorierung erfolgt extrabudgetär. Voraussetzung für die Abrechnung ist eine Genehmigung der KBV. Botulinumtoxin A hemmt die Freisetzung von Acetylcholin sowie weiterer Neurotransmitter und senkt damit die Aktivität des Detrusormuskels. eine Reduktion der Miktionsfrequenz. Im Rahmen des Studienprogramms wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Botulinumtoxin-A-Injektionen bei 858 NDO-Patienten geprüft. Die Behandlung bewirkte eine signifikante Reduktion der Inkontinenzepisoden als primärem Endpunkt, wobei 37 % der Patienten in der Woche 6 zu 100 % kontinent waren. Die gleichzeitige Anwendung von Anticholinergika hatte keinen Einfluss auf den Therapierfolg. Die Behandlung führte ferner zu einer signifikanten Zunahme der maximalen zytometrischen Kapazität [32] sowie zu einer signifikanten Reduktion des maximalen Detrusordruckes im Vergleich zu Placebo. Erzielt wurde zudem eine signifikante Besserung der Lebensqualität, wobei die Mehrheit der Patienten angab, mit der Therapie zufrieden zu sein. Die Therapieabbruchrate war mit unter 3 % aufgrund unerwünschter Ereignisse (UAE) sehr niedrig. Chirurgische Eingriffe werden erwogen, wenn konservative Maßnahmen versagt haben. Die Augmentation-Zystoplastik ist ein chirurgisches Verfahren, das bei Erwachsenen und Kindern eingesetzt wird, die keine angemessene Blasenkapazität oder Detrusor-Compliance besitzen. Eine anatomische Vergrößerung der Blasenkapazität über Augmentation-Zystoplastik mit Hilfe von Darmsegmenten ist bei therapierefraktärer Detrusorhype…
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