Stress ist ein allgegenwärtiges Phänomen, das sowohl in der Tier- als auch in der Menschenwelt eine entscheidende Rolle spielt. Ursprünglich aus der Physik stammend, beschreibt der Begriff den Druck, der von einem Körper auf einen anderen ausgeübt wird. In der Biologie bezieht sich Stress auf die Reaktion eines Organismus auf eine Veränderung oder einen Reiz, der sein inneres Gleichgewicht (Homöostase) stört. Diese Reaktion ist nicht per se schädlich, sondern ein natürlicher Abwehrmechanismus, der uns hilft, mit bedrohlichen Situationen umzugehen und Herausforderungen zu meistern. Kurzfristiger Stress kann sogar notwendig sein, um motiviert zu sein, die Energie zu fokussieren und die Leistung zu steigern. Wenn Stress jedoch chronisch wird, kann er negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben und zu verschiedenen körperlichen und psychischen Problemen führen.
Was ist Stress?
Stress ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf eine Veränderung. Dabei wird unser inneres Gleichgewicht, die sogenannte Homöostase, gestört. Das löst eine Reihe von Reaktionen in unserem Körper aus, die uns helfen, die stressige Situation erfolgreich zu meistern - besonders wenn wir uns einer unmittelbaren Gefahr gegenübersehen.
Begriffe im Zusammenhang mit Stress
- Allostase: Physiologische Reaktion auf Stress.
- Allostatische Last: Pathologische Reaktion auf chronischen Stress.
- Häufige Aktivierung oder chronischer Stress: Führt zu allostatischer Belastung.
- Anhaltender Stress: Kann zu Gewichts- und Muskelverlust, Unfruchtbarkeit, Immunschwäche und einer höheren Anfälligkeit für Krankheiten führen.
- Faktoren, die gegen Stress helfen: Überzeugungen, ein Gefühl von Kontrolle und Vertrauen in die Realität, Selbstwirksamkeit, Kontrollüberzeugung, innere Stärke, Optimismus, ein Gefühl von Kohärenz …
Arten von Stress
- Eustress (positiver Stress): Kurzfristiger Stress, der motiviert, die Energie fokussiert, die Leistung steigert und das Selbstvertrauen stärkt.
- Distress (negativer Stress): Kurz- oder langfristiger Stress, der zu Angst, Sorgen, Leistungseinbußen, mentalen und körperlichen Problemen führt.
Manchmal kann Stress für kurze Zeit hilfreich sein, um eine Aufgabe zu bewältigen.
Komponenten des Stresses
Stress entsteht als Reaktion des Körpers auf eine Veränderung. Dabei wird unser inneres Gleichgewicht, die sogenannte Homöostase, gestört. Das löst eine Reihe von Reaktionen in unserem Körper aus, die uns helfen, die stressige Situation erfolgreich zu meistern - besonders wenn wir uns einer unmittelbaren Gefahr gegenübersehen.
Was sind Stressoren?
Stressoren sind Ereignisse in unserem Leben, die eine körperliche, geistige oder emotionale Reaktion auslösen können. Beispiele dafür sind der Verlust des Arbeitsplatzes, der Druck, Rechnungen zu bezahlen, oder ein Autounfall. Diese Situationen lösen Stressreaktionen in unserem Körper und Geist aus, die oft unser Wohlbefinden beeinträchtigen.
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Das Nervensystem und seine Rolle bei der Stressreaktion
Das Nervensystem spielt eine zentrale Rolle bei der Vermittlung der Stressreaktion. Es besteht aus zwei Hauptfunktionen:
- Somatisches Nervensystem: Steuert willkürliche Aktionen wie die Bewegung der Skelettmuskulatur.
- Autonomes Nervensystem: Kontrolliert unwillkürliche Aktionen wie Herzschlag und Verdauung.
In Stresssituationen übernimmt das sympathische Nervensystem die Kontrolle und bereitet den Körper auf Kampf oder Flucht vor. Diese Reaktion ermöglicht es uns, in gefährlichen Situationen schnell zu reagieren. Problematisch wird es, wenn das sympathische Nervensystem durch übermäßigen Stress ständig aktiviert ist und das autonome Nervensystem verdrängt. Dies führt zu einem Zustand ständiger Alarmbereitschaft, der ungesund ist und zu chronischem Stress führen kann. Chronischer Stress entsteht durch unsere Erinnerungen; wir versuchen, die Realität vorherzusagen und halten unseren Körper in einem ständigen Alarmzustand.
Die Hauptursachen für Stress
Stressoren können vielfältig sein und lassen sich in folgende Kategorien einteilen:
- Schaden/Verlust: Bereits eingetretener Schaden.
- Bedrohung: Ein möglicher Schaden oder Verlust, der noch nicht eingetreten ist, aber denkbar ist.
- Herausforderung: Schwierigkeiten, die uns daran hindern, ein Ziel zu erreichen.
Wie reagieren wir auf Stress?
Wenn wir auf eine Bedrohung stoßen, die uns mental oder körperlich stark fordert und uns auf mögliche Verletzungen oder emotionale Belastungen vorbereitet, hat unser Körper instinktive Mechanismen, um sich darauf vorzubereiten. Diese Mechanismen sorgen dafür, dass wir in bester Verfassung sind, um das Problem anzugehen und zu überleben.
Reaktionen, die mental und physisch im Körper bei einem Notfall auftreten:
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- Gefühl von mehr Energie
- “Völlig wach” sein
- Mentale Klarheit, Fähigkeit, sich auf kleinste Details zu konzentrieren
- Gefühl, das Problem lösen zu können
- Maximale Aufmerksamkeit auf körperliche Bedürfnisse: Durst, Hunger, Müdigkeit, Sicherheit
- Bedürfnis zu handeln, nicht stillzustehen
- Maximale Konzentration auf die Situation
- Fokus auf das, was getan werden muss, statt auf das, was passieren könnte
Die Stressreaktion: Ein komplexer Prozess
Die Stressreaktion ist ein komplexer Prozess, der in mehreren Phasen abläuft:
- Wahrnehmung des Stressors: Unsere Sinne erfassen den Stressreiz.
- Verarbeitung im Gehirn: Das Gehirn verarbeitet die Informationen und stuft sie als Risiko oder Bedrohung ein.
- Aktivierung des Körpers: Der Körper bleibt aktiviert oder erregt, bis die Bedrohung vorüber ist.
- Rückkehr zum Normalzustand: Sobald die Bedrohung überwunden ist, kehrt der Körper in seinen vorherigen Zustand zurück.
Körperliche Veränderungen bei Stress
Wenn unsere Sinne eine Bedrohung wahrnehmen, wird ein Signal an die Amygdala gesendet, den Bereich im Gehirn, der für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. Dort werden Bilder und Geräusche interpretiert. Wenn Gefahr erkannt wird, sendet die Amygdala sofort ein “Notsignal” an den Hypothalamus. Der Hypothalamus kommuniziert dann über das autonome Nervensystem mit dem Rest des Körpers. Er aktiviert das sympathische Nervensystem und sendet Signale an die Nebennieren, die bestimmte Hormone wie Epinephrin (Adrenalin) in den Blutkreislauf freisetzen.
Diese Veränderungen geschehen so schnell, dass die Person die Bedrohung oder Gefahr visuell nicht vollständig wahrnehmen und verarbeiten kann.
Sobald diese Hormone im Blutkreislauf zirkulieren, treten eine Reihe physiologischer Veränderungen auf:
- Das Herz pumpt schneller, wodurch der Blutfluss zu den Muskeln, dem Herzen und anderen wichtigen Organen erhöht wird. Dies steigert die Muskelkraft.
- Der Puls und der Blutdruck steigen an.
- Die Atemfrequenz erhöht sich, die Atemwege weiten sich (Dilatation der Bronchiolen), und es wird mehr Sauerstoff pro Atemzug aufgenommen.
- Das Gehirn erhält zusätzlichen Sauerstoff, was die Wachsamkeit steigert.
- Die Sinne werden geschärft.
- Endorphine werden freigesetzt, um Schmerzen zu lindern.
- Die Verdauung wird verlangsamt, der Speichelfluss stoppt, und die Blasenmuskeln entspannen sich.
- Die Blutgefäße in der Haut ziehen sich zusammen, um bei einer Verletzung weniger Blut zu verlieren.
- Energieträger wie Fettsäuren und Glukose werden ins Blut freigesetzt, um dem Körper zusätzliche Energie zu liefern.
Cortisol und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse)
Wenn die Freisetzung von Adrenalin nachlässt, aktiviert der Hypothalamus einen weiteren Teil der Stressreaktion: die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse). Hier arbeiten der Hypothalamus, die Hypophyse und die Nebennieren zusammen, um das sympathische Nervensystem weiterhin aktiviert zu halten. Wenn dein Gehirn immer noch eine Bedrohung wahrnimmt, setzt der Hypothalamus das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) frei. Dieses Hormon wandert zur Hypophyse und veranlasst sie, das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) freizusetzen. ACTH sorgt dann dafür, dass die Nebennieren Cortisol ausschütten.
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Der Körper bleibt so lange in Alarmbereitschaft und auf Hochtouren, bis die Bedrohung vorüber ist. Dann sinkt der Cortisolspiegel, und das parasympathische Nervensystem übernimmt wieder die Kontrolle und beruhigt die Stressreaktion.
Probleme durch häufig erhöhtes Cortisol
Wenn der Cortisolspiegel oft erhöht ist, sendet er Signale an die Leber, mehr Glukose zu produzieren und in den Blutkreislauf zu schicken. Gleichzeitig blockiert Cortisol die Insulinrezeptoren in Organen, die nicht an der Stressreaktion beteiligt sind (Kampf oder Flucht). Es kann auch Energie aus Proteinen (Aminosäuren) in Glukose umwandeln und beginnt mit der Speicherung von Fett, falls dies für das Überleben notwendig ist. Dies kann zu Insulinresistenz führen.
Auswirkungen von Stress auf das Gehirn
Die Amygdala, die als Erste auf potenzielle Bedrohungen aufmerksam macht, speichert diese Erlebnisse auch als Erinnerungen. Jede Stresssituation, bei der du entscheiden musst, ob du kämpfen oder fliehen sollst, wird in deinem Gehirn gespeichert. Das bedeutet, dass der gesamte Prozess erneut beginnen kann, selbst wenn du dich nur an die Situation erinnerst oder sie dir vorstellst.
Die Stressreaktion kann durch eine wahrgenommene oder eine reale Bedrohung ausgelöst werden. Die Bedrohung muss nicht einmal real sein, um die Reaktion zu starten. Schon eine imaginäre Bedrohung kann eine physische Reaktion hervorrufen.
Die Folgen von chronischem Stress
Wenn Stress von einem kurzfristigen Ereignis zu einem ständigen Begleiter wird, treten viele Veränderungen im Körper auf. Der Körper kann nicht mehr in den Zustand der Homöostase zurückkehren, was unser Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt und sich negativ auf unser Berufs-, Schul- oder Sozialleben auswirken kann.
- Kognitiver Stress: Gedächtnisprobleme, Mangelnde Konzentration, Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung, Negativität, Ständige Sorgen.
- Emotionaler Stress: Reizbarkeit, Schlechte Laune, Schwierigkeiten, sich zu entspannen, Gefühl der Einsamkeit, Depression.
- Physischer Stress: Brustschmerzen, Herzklopfen, Häufige Erkältungen, Magenschmerzen, Unwohlsein und allgemeine Schmerzen.
- Verhalten bei Stress: Appetitverlust/-steigerung, Schlafmangel/Übermäßiges Schlafen, Soziale Isolation, Alkohol-, Nikotin- oder Drogenkonsum zur Entspannung, Nervöse Gewohnheiten (Augenzucken, Nägelkauen usw.).
Tipps zur Stressbewältigung
Es gibt verschiedene Strategien, um Stress zu bewältigen und seine negativen Auswirkungen zu reduzieren:
- Meide stressige Situationen: Auch wenn es nur für kurze Zeit ist. Es ist gut, frische Luft zu schnappen und sich zu beruhigen.
- Lerne, dich zu entspannen: Meditations- und Atemübungen sind effektive Methoden, um Stress abzubauen.
- Vermeide extreme Reaktionen auf Situationen.
- Schlafe ausreichend: Schlafe sieben bis acht Stunden, damit dein Körper den Tag über gut funktioniert. Schlafmangel kann dazu führen, dass jede Kleinigkeit ärgerlich wird, daher ist es wichtig, gut zu schlafen, um das Stressniveau zu minimieren.
- Tu etwas für andere: Anderen zu helfen, kann dir helfen, den Kopf frei zu bekommen und stressige Situationen zu bewältigen.
- Lass dich nicht überwältigen: Versuche, Aufgaben und Rückschläge als Herausforderungen zu sehen, die dir Wachstum ermöglichen, und nicht als bedrohliche Situationen.
- Finde ein Hobby oder eine Sportart: Lesen, ins Kino gehen, Sport treiben, Musik hören …
- Fokussiere deine Gedanken: Denke nicht an viele Dinge gleichzeitig.
- Wenn eine Aufgabe nicht vorankommt: Wechsle zu einer anderen Aufgabe oder mache eine Pause, lass dich nicht entmutigen.
- Manchmal ist es gut, etwas egoistisch zu sein: Manchmal ist es wichtig, “NEIN” zu sagen.
Adaptogene und andere natürliche Hilfsmittel
Neben den genannten Strategien können auch bestimmte natürliche Substanzen helfen, die Stressreaktion zu modulieren und die Resilienz zu erhöhen:
- Rhodiola Rosea: Ein Extrakt aus dem frischen Rhizom und den Wurzeln der Pflanze Rhodiola rosea wird seit Jahrhunderten als pflanzliches Arzneimittel verwendet, um die geistige und körperliche Verfassung zu verbessern, die Energie und Resilienz zu steigern und die Genesung von Krankheiten zu unterstützen.
- Ashwagandha: Die Wurzel der Ashwagandha-Pflanze (Withania somnifera) wird seit Jahrhunderten in der traditionellen Medizin wie dem Ayurveda wegen ihrer adaptogenen Wirkungen eingesetzt. Ashwagandha hat in Stresssituationen eine beruhigende und entspannende Wirkung.
- Magnesium: Magnesiummangel wird mit erhöhter Stressempfindlichkeit, Nervosität, Reizbarkeit, Unruhe, Schlafproblemen und Müdigkeit in Verbindung gebracht. Magnesium fördert die Muskelentspannung, beruhigt ein überreiztes Nervensystem und reduziert Spannungskopfschmerzen, Unruhe, Nervosität und Niedergeschlagenheit.
- Safran: Safran hat verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen, von denen die bekannteste die Unterstützung einer positiven Gemütsverfassung ist.
- Vitamin D: Vitamin D hat eine beruhigende Wirkung und senkt das Stressniveau, wenn der Alltag (Arbeit oder Studium) als stressig empfunden wird.
Die Bedeutung der Stressforschung am Beispiel des Zebrafisches
Die Forschung am Zebrafisch (Danio rerio) hat in jüngster Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen, um die Mechanismen der Stressantwort auf molekularer und zellulärer Ebene zu verstehen. Das Zebrafischsystem bietet den Vorteil, dass es quasi ein kleineres Wirbeltier-Modell ist. Das bedeutet, dass sich im Zebrafisch viele wirbeltierspezifische Eigenschaften finden, die jedoch durch eine geringere Anzahl von Zellen abgebildet und gesteuert werden und damit einfacher zu untersuchen sind.
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