Symptomatische Epilepsie: Definition, Ursachen, Diagnose und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Ein epileptischer Anfall entsteht durch eine vorübergehende Funktionsstörung von Nervenzellen im Gehirn, die zu plötzlichen Änderungen des Bewusstseins, Denkens, Verhaltens, Gedächtnisses, Fühlens, Empfindens oder der Muskelspannung führen kann. Die Symptome und Anfallsformen können dabei sehr unterschiedlich sein, was die Diagnose erschweren kann.

Was ist Epilepsie?

Von Epilepsie spricht man, wenn mehrfach epileptische Anfälle ohne erkennbaren Auslöser auftreten. Laut Statistiken kommt dies bei knapp einem von 100 Menschen vor. Ein erster epileptischer Anfall kann in jedem Alter auftreten. Viele sind noch ein Kind, wenn die Epilepsie beginnt. Etwas seltener tritt im Alter von 40 bis 59 Jahren der erste Anfall auf. Erst danach kommen Neuerkrankungen häufiger vor.

Bei einer Epilepsie sind einzelne Hirnbereiche oder das gesamte Gehirn übermäßig aktiv. Es werden zu viele Signale abgegeben, was die sogenannten epileptischen Anfälle auslösen kann. Manchmal zucken dann nur einzelne Muskeln - es kann aber auch der gesamte Körper bis zur Bewusstlosigkeit krampfen.

Definition der symptomatischen Epilepsie

Man unterscheidet hauptsächlich symptomatische Epilepsien mit erkennbarer Ursache und idiopathische Epilepsien mit genetischem Hintergrund, bei denen der Patient - mit Ausnahme der Epilepsie selbst - keine Symptome aufweist. Die Zuordnung der Epilepsiesyndrome erfolgt nach der vermuteten Ätiologie und der Anfallssymptomatik.

Findet sich eine Ursache für eine Epilepsie (z.B. ein alter Schlaganfall oder eine Raumforderung), handelt es sich um eine symptomatische Form. Symptomatische Epilepsien können entweder strukturell, infektiös, metabolisch oder immunologisch ausgelöst werden. Sie können läsionell (zum Beispiel Trauma, Tumor, Entzündung, Fehlbildung) oder durch genetische Systemerkrankungen verursacht sein.

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Ursachen der symptomatischen Epilepsie

Die symptomatische Epilepsie ist auf bestimmte Ursachen zurückzuführen. Es gibt einige mögliche Auslöser, zum Beispiel Verletzungen, Entzündungen der Hirnhaut oder des Gehirns, Schlaganfälle oder Tumoren.

  • Strukturelle Ursachen: Hierzu gehören Hirnverletzungen durch Trauma, Schlaganfall, Tumoren oder Fehlbildungen des Gehirns.
  • Infektiöse Ursachen: Entzündungen des Gehirns oder der Hirnhaut (Meningitis, Enzephalitis) können ebenfalls zu einer symptomatischen Epilepsie führen.
  • Metabolische Ursachen: Stoffwechselstörungen oder Elektrolytentgleisungen können die Erregbarkeit des Gehirns beeinflussen und Anfälle auslösen.
  • Immunologische Ursachen: In den letzten Jahren haben antikörpervermittelte, also immunologisch ausgelöste Epilepsien (früher: limbische Enzephalitis) große Beachtung erfahren und wurden vermutlich lange unterdiagnostiziert, da die diagnostischen Verfahren erst seit kurzem zur Verfügung stehen, bzw. noch stetig weiterentwickelt werden (v.a. Anti-NMDA Rezeptor, Anti-LGl1 Enzephalitis u.a.).

Symptome der Epilepsie

Die Epilepsien sind durch das unvorhersehbare Auftreten epileptischer Anfälle charakterisiert. Die Symptomatik stellt sich beim Einzelnen stabil dar, hat zwischen den Betroffen aber große Unterschiede. Diese erklären sich bei den fokalen Epilepsien durch das vom Anfallsursprung betroffene Hirnareal. Die dort kodierte Funktion bestimmt den klinischen Anfall. Ist zum Beispiel die rechte motorische Hirnrinde betroffen, kommt es z. B. zu einem motorischen Anfall im Bereich der linken Körperhälfte. Im Falle der Sehrinde käme es zu visuellen Phänomenen.

Ein epileptischer Anfall kann sich auf verschiedene Arten zeigen. Es kann lediglich ein Arm oder Bein zucken, aber auch der gesamte Körper. Das kann nach wenigen Sekunden vorbei sein oder sogar unbemerkt bleiben. Während des Anfalls können Menschen bei vollem Bewusstsein bleiben oder nur kurz abwesend sein. Manche werden jedoch auch bewusstlos.

Der «große» epileptische Krampfanfall, das Grand Mal, wird als Leitsyndrom für die genuinen und für einen Teil der symptomatischen Epilepsie angesehen. Unvermittelt oder nach einem Prodromalstadium und Aura treten mit Bewusstseinsverlust, Apnoe (Atemstillstand), Hinfallen erst tonische, dann klonische Krämpfe (Klonus) auf, die häufig verbunden sind mit Aufschreien, Schaum vor dem Mund, der durch Zungenbisse blutig sein kann, Stuhl- und Urinabgang. Dieser Anfall dauert meist wenige Minuten, geht dann in Schlaf über, dem nach dem Erwachen mehr oder minder schwere Mattigkeit (Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen) folgt. Die Häufung solcher Anfälle wird als Status epilepticus bez. Von epileptischer Demenz spricht man, wenn ein Abbau des apperzeptiven Denkens hinzutritt. Mit der Bez. Affektepilepsie wird der Zustand belegt, bei dem heftige emotionale Erregungen (Emotionen) und Anfälle gehäuft gekoppelt sind. Der «kleine» epileptische Anfall, das Petit Mal, auch Epilepsie minor, Epilepsienon convulsiva genannt, geht auch mit Bewusstseinsverlust einher, doch sind die Krampferscheinungen sehr reduziert oder fehlen ganz.

Diagnose der symptomatischen Epilepsie

Meist wird eine Epilepsie diagnostiziert, wenn es zu mindestens zwei Anfällen gekommen ist, zwischen den Anfällen mindestens 24 Stunden vergangen sind und kein Hinweis auf einen Gelegenheitsanfall besteht. Sie kann auch dann diagnostiziert werden, wenn das Risiko für einen zweiten Anfall deutlich erhöht ist - zum Beispiel bei einer Gehirnerkrankung. Zudem können seltenere spezielle Epilepsie-Formen festgestellt werden, die man als Epilepsie-Syndrom bezeichnet.

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Nach einer anfallsartigen Episode sind drei wichtige Fragen zu klären: Handelt es sich um einen epileptischen Anfall? Gibt es eine akut zu behandelnde Ursache? Besteht ein erhöhtes Risiko auf weitere Anfälle?

Wichtig zu wissen: Für die Diagnose ist vor allem die Vorgeschichte der Betroffenen wichtig: Wann und in welcher Situation ist der Anfall aufgetreten? Wie ist er verlaufen? Oft können sich Betroffene selbst nicht gut an den Anfall erinnern. Dann ist es hilfreich, wenn jemand, der den Anfall miterlebt hat, den Betroffenen zur Untersuchung begleitet. Die Begleitperson kann beschreiben, wie und mit welchen Symptomen der Anfall aufgetreten ist.

Neben der körperlichen und neurologischen Untersuchung wird Blut zur Untersuchung entnommen. Meist werden außerdem mit einem Elektroenzephalogramm (EEG) die Hirnströme gemessen. Bestimmte Muster deuten hier auf ein erhöhtes Anfallsrisiko hin. Ein EEG allein reicht allerdings nicht aus, um eine Epilepsie festzustellen. In der Regel kommt eine Magnetresonanztomographie (MRT) hinzu. Sie hilft herauszufinden, ob sich im Gehirn Veränderungen zeigen, die die Anfälle auslösen könnten. Falls sinnvoll, wird das Hirnwasser (Liquor) durch eine Spritze im Bereich der Lendenwirbelsäule entnommen und untersucht (Lumbalpunktion).

Behandlung der symptomatischen Epilepsie

Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Form der Epilepsie und dem Krankheitsverlauf ab. Meist wird eine Epilepsie mit Medikamenten behandelt, sogenannten Antiepileptika. Es stehen unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe.

Da es oft bei einem einzigen Anfall bleibt, kann man mit einer Behandlung meist erst einmal abwarten. Die Therapie beginnt in der Regel erst nach einem zweiten Anfall. Besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für erneute Anfälle, wie etwa bei einer Gehirnerkrankung, kann bereits nach dem ersten Krampfanfall eine Behandlung sinnvoll sein. Wichtig ist, die persönliche Situation ausführlich mit der Ärztin oder dem Arzt zu besprechen.

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Medikamentöse Therapie

Bei einer Behandlung mit Medikamenten werden diese meist mehrere Jahre lang eingenommen. Wenn in dieser Zeit keine Anfälle aufgetreten sind, können manche Menschen versuchsweise auf Medikamente verzichten. Andere benötigen ihr Leben lang Medikamente. Antiepileptika können Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel haben. Manchmal bestehen spezielle Risiken, zum Beispiel während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist dann besonders wichtig.

Chirurgische Eingriffe

Können die Medikamente Anfälle nicht verhindern, ist ein Eingriff eine Alternative.

  • Operation: Wenn sich bei fokalen Anfällen feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns die Anfälle auslöst, kann er entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
  • Vagusnerv-Stimulation: Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen. Der Vagusnerv ist ein wichtiger Nerv des vegetativen Nervensystems und an der Regulierung der inneren Organe beteiligt. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien. Daher wird die Vagus-Stimulation von den gesetzlichen Krankenkassen nur unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erstattet.

Weitere Behandlungsansätze

Die Behandlung wird von einer Neurologin oder einem Neurologen begleitet. Kinder und Jugendliche werden von Kinder- und Jugendneurologinnen und -neurologen betreut. Meist findet ein Teil der Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus statt. Manche ambulanten Einrichtungen und Kliniken haben sich auf die Behandlung von Menschen mit Epilepsie spezialisiert: Epilepsie-Zentren, Epilepsie-Ambulanzen und Schwerpunktpraxen. Diese eignen sich besonders bei speziellen Problemen, einer unklaren Diagnose oder wenn es trotz Behandlung weiter zu Anfällen kommt.

Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.

Was tun bei einem epileptischen Anfall?

Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helferinnen und Helfer Ruhe bewahren und Betroffene vor Verletzungen schützen. Hält der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden. Bei einem schweren Anfall kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

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