Taubheitsgefühl in den Armen: Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten

Ein Taubheitsgefühl in den Armen, oft begleitet von Kribbeln oder einem Gefühl wie von Nadelstichen, ist eine Missempfindung, die viele Menschen kennen. Dieses Phänomen, das häufig als "eingeschlafene" Arme oder Beine beschrieben wird, kann verschiedene Ursachen haben, von harmlosen vorübergehenden Zuständen bis hin zu ernsthafteren medizinischen Problemen.

Ursachen für Taubheitsgefühle in den Armen

Taubheitsgefühle in den Armen können vielfältige Ursachen haben. Einige der häufigsten sind:

Mechanische Belastung der Nerven

Die häufigste Ursache für eingeschlafene Körperteile ist eine mechanische Belastung der Nerven bzw. Nervenäste. Dies geschieht oft durch ungünstige Körperhaltungen, beispielsweise wenn man auf dem Arm liegt oder eine falsche Sitzposition einnimmt. Der Druck auf den Nerv stört die Leitfähigkeit und verursacht das typische Taubheitsgefühl. Sobald der Druck nachlässt, reagiert der Nerv mit einer überschießenden Aktivität, was als unangenehmes Kribbeln wahrgenommen wird.

Engpass-Syndrome

Wiederkehrende Taubheitsgefühle können auf sogenannte Engpass-Syndrome hinweisen. Anatomische Engstellen im Körper, wie das Handgelenk (Karpaltunnelsyndrom), die Innenseite des Ellenbogens oder das Schlüsselbein, können Nerven dauerhaft belasten. Ursächlich dafür sind meist die Knochenstruktur, Muskeln, Bänder oder verdicktes Bindegewebe.

Karpaltunnelsyndrom

Beim Karpaltunnelsyndrom wird der Handmittelnerv (Nervus medianus) im Karpaltunnel, einem engen Durchgang im Bereich des Handgelenks, eingeklemmt. Dies führt oft zu Schmerzen, Kribbeln und/oder Taubheitsgefühlen an den Fingerspitzen (außer dem kleinen Finger) und eventuell auch an der Innenhand und am Unterarm. Betroffene wachen oft nachts mit „eingeschlafener“ Hand auf.

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Sulcus-ulnaris-Syndrom

Ähnlich dem Karpaltunnelsyndrom kann auch der Ellennerv (Nervus ulnaris) im Bereich des Ellenbogens eingeklemmt sein. Dies führt zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen am kleinen Finger und Ringfinger, später eventuell auch zu Handlähmungen bis hin zur „Krallenhand“. Das Sulcus-ulnaris-Syndrom kann beispielsweise durch häufiges Aufstützen auf den Ellenbogen oder monotone Bewegungen mit dem Ellenbogen entstehen.

Ellenbogenverrenkung

Nach einem Sturz auf den ausgestreckten Arm kann es zu einer Ellenbogenverrenkung (Ellenbogenluxation) kommen. Diese ist oft mit starken Schmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkung verbunden, kann aber auch Taubheitsgefühl oder Kribbeln in Unterarm oder Hand auslösen.

Raynaud-Syndrom

Taube Finger, die kribbeln und sich weiß (blass) verfärben, deuten auf das Raynaud-Syndrom hin. Dabei kommt es zu anfallsartigen, schmerzhaften Gefäßkrämpfen, die in einer vorübergehenden Mangeldurchblutung der Finger (seltener der Füße) resultieren.

Nährstoffmängel

Eine Mangelversorgung mit bestimmten Mikronährstoffen kann ebenfalls hinter Kribbeln in Armen, Fingern oder Händen stecken. Mögliche Ursachen sind beispielsweise:

  • Magnesiummangel: Kann Muskelkrämpfe, Kribbeln in Händen und Füßen sowie Herzrhythmusstörungen hervorrufen.
  • Kaliumüberschuss: Ein Zuviel an Kalium im Blut kann unter anderem Missempfindungen wie Kribbeln in Füßen und Händen sowie Muskelschwäche verursachen und die Atmung beeinträchtigen.
  • Vitamin-B12-Mangel: Kribbeln an Händen/Füßen kann ein Anzeichen für einen Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin) sein. Weitere mögliche Mangelsymptome sind zum Beispiel Blutarmut (Anämie) und Gangstörungen.

Nervenreizungen und Nervenquetschungen

Die falsche Schlafposition kann in den Bandscheiben der Halswirbelsäule beispielsweise zu harmlosen nervalen Reizungen führen, ohne dass gleich ein Bandscheibenvorfall oder Ähnliches vorliegt. In den meisten Fällen ist die Durchblutung vorübergehend unterbrochen oder ein Nerv gequetscht. Das Kribbeln in den Fingern entsteht dabei durch die empfindlichen Nerven und Nervenenden in der Haut. Sie schicken über die Nervenbahnen Reizwahrnehmungen an das Gehirn. Lassen sich dort die eingehenden Signale nicht eindeutig zuordnen, entsteht ein unangenehmes Prickeln.

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Polyneuropathien

Die Polyneuropathie gehört zu den Störungsbildern des peripheren Nervensystems, die in der Bevölkerung relativ häufig auftreten. Zu den Hauptsymptomen der Erkrankung gehören Taubheitsgefühl, Kribbeln und ein Gefühl der Unsicherheit beim Gehen. Polyneuropathie kann sehr unterschiedliche, sowohl interne als auch externe Ursachen haben, die einer differenzialdiagnostischen Abklärung bedürfen.

Stoffwechselstörungen

Treten die Missempfindungen eher handschuh- oder strumpfförmig auf, liegt oft die Vermutung nahe, dass es sich um Stoffwechselstörungen handelt. Dies kann ebenso ein Anzeichen der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sein. Kleine Nervenenden werden geschädigt, die für Beschwerden sorgen.

Muskelverspannungen

Chronische Muskelverspannungen im Schulter-Nacken-Bereich können ebenfalls zu nächtlichen Beschwerden in Händen und Fingern führen. Sie können durch Verschaltungen im Rückenmark ebenfalls zu Ameisenlaufen und sogar Schmerzempfindungen in den Händen sorgen.

Schlaganfall

Plötzliche Taubheitsgefühle und Lähmungen auf einer Körperseite können auf einen Schlaganfall hinweisen. Bei einem Verdacht ist umgehend der Notruf unter 112 zu wählen.

Multiple Sklerose (MS)

MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Zum ZNS gehören das Gehirn und Rückenmark. Die Erkrankung beginnt meist im jungen Erwachsenenalter.

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Bandscheibenvorfall

Die Bandscheiben liegen zwischen den Wirbelkörpern, die den Wirbelkanal bilden. Im Wirbelkanal verläuft das Rückenmark, darum herum liegen zahlreiche Nervenwurzeln. Tritt bei einem Bandscheibenvorfall die gelartige Masse aus, kann sie auf die Nervenwurzeln drücken und Schmerzen verursachen. Je nachdem, wo der Vorfall auftritt, sind beispielsweise Kribbeln und Lähmungserscheinungen im Bein oder in Arm und Hand möglich.

Psychische Störungen

Angst-/Panikattacken und Angststörungen (Phobien): Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle können begleitend zu Panikattacken oder Angstzuständen auftreten.

Medikamente und Umweltgifte

Vergiftungen, zum Beispiel mit Schwermetallen, haben mitunter chronische Schäden an den Nerven zur Folge, die zu Missempfindungen führen. Kribbeln und Taubheitsgefühle treten bisweilen auch als unerwünschte, aber meist vorübergehende Nebenwirkung einiger Medikamente auf.

Diagnose von Taubheitsgefühlen in den Armen

Die Diagnose von Taubheitsgefühlen in den Armen erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung. Der Arzt wird Fragen stellen wie:

  • Wo treten die Beschwerden auf?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • In welchen Situationen treten die Beschwerden auf?
  • Gibt es Begleitsymptome wie Schmerzen, Schwäche oder Kribbeln?
  • Welche Vorerkrankungen liegen vor?
  • Welche Medikamente werden eingenommen?

Bei der körperlichen Untersuchung werden Reflexe, Sensibilität und Muskelkraft geprüft. Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie beispielsweise:

  • Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG): Um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
  • Elektromyographie (EMG): Um die Muskelaktivität zu messen.
  • Bildgebende Verfahren (MRT, CT): Um strukturelle Veränderungen wie Bandscheibenvorfälle oder Tumore auszuschließen.
  • Blutuntersuchungen: Um Stoffwechselstörungen, Vitaminmängel oder Entzündungen festzustellen.

Behandlung von Taubheitsgefühlen in den Armen

Die Behandlung von Taubheitsgefühlen in den Armen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Einige allgemeine Maßnahmen können jedoch helfen, die Beschwerden zu lindern:

  • Vermeidung von ungünstigen Körperhaltungen: Achten Sie auf eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und vermeiden Sie langes Verharren in ungünstigen Positionen.
  • Regelmäßige Bewegung: Fördert die Durchblutung und beugt Muskelverspannungen vor.
  • Entspannungsübungen: Stress kann Muskelverspannungen verstärken und die Beschwerden verschlimmern. Entspannungsübungen wie Yoga oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen.
  • Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen. Bei Verdacht auf einen Mangel kann eine Nahrungsergänzung sinnvoll sein.
  • Physiotherapie: Kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu verbessern.
  • Medikamentöse Behandlung: Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente oder Muskelrelaxantien können zur Linderung der Beschwerden eingesetzt werden.
  • Operation: In einigen Fällen, wie beispielsweise bei Engpass-Syndromen oder Bandscheibenvorfällen, kann eine Operation erforderlich sein.

Was man selbst tun kann

Neben den ärztlichen Behandlungen gibt es auch einige Maßnahmen, die man selbst ergreifen kann, um Taubheitsgefühle in den Armen zu lindern:

  • Sitzposition überprüfen: Vermeiden Sie das Sitzen mit gekreuzten Beinen, da dies die Blutversorgung stören kann. Wechseln Sie regelmäßig die Sitzposition und stehen Sie bei ersten Anzeichen von Kribbeln auf.
  • Durchblutung ankurbeln: Bewegung, Spaziergänge oder Radfahren regen den Kreislauf an und verbessern die Durchblutung.
  • Gefäße gesund halten: Vermeiden Sie Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel.
  • Körperbewusstsein trainieren: Übungen wie Yoga oder Body Scan können helfen, das Körperbewusstsein zu verbessern und Missempfindungen besser wahrzunehmen.
  • Ausschütteln der Arme: Um die Durchblutung wieder anzukurbeln, sollten die Arme ausgeschüttelt werden.
  • Greifbewegungen: Sie können dabei helfen, Blut in die Fingerspitzen zu pumpen, indem man die Finger spreizt und sie dann zur Faust ballt.
  • Kühlen: Kaltes Wasser regt die Durchblutung an.
  • Wärme: Wärme entspannt die Muskeln.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In den meisten Fällen sind Taubheitsgefühle in den Armen harmlos und verschwinden von selbst wieder. Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Arzt aufgesucht werden sollte:

  • Wenn die Taubheitsgefühle regelmäßig auftreten oder länger als vier Wochen anhalten.
  • Wenn die Taubheitsgefühle von Schmerzen, Schwäche oder anderen Symptomen begleitet werden.
  • Wenn die Taubheitsgefühle plötzlich auftreten und mit Lähmungen oder Sprachstörungen einhergehen (Verdacht auf Schlaganfall).
  • Wenn die Taubheitsgefühle nach einem Unfall oder einer Verletzung auftreten.

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