Ein Taubheitsgefühl im Bein, insbesondere im linken Bein, kann viele Ursachen haben. Es kann von harmlosen Auslösern wie einer ungünstigen Sitzposition bis hin zu ernsthaften Erkrankungen reichen. In diesem Artikel werden die verschiedenen Ursachen eines Taubheitsgefühls im linken Bein beleuchtet und mögliche Behandlungsansätze aufgezeigt.
Ursachen für Taubheitsgefühle im Bein
Taubheitsgefühle im Bein können verschiedene Ursachen haben, die in folgende Kategorien eingeteilt werden können:
Nervenbedingte Ursachen
Einklemmung von Nerven: Eine häufige Ursache für Taubheitsgefühle ist die Einklemmung von Nerven. Dies kann beispielsweise durch langes Sitzen mit angezogenen Beinen oder durch das Tragen enger Kleidung verursacht werden. Wenn ein Nerv eingeklemmt wird, kann er keine Signale mehr richtig senden, was zu einem Taubheitsgefühl führt.
Tarsaltunnelsyndrom: Hierbei ist der Schienbeinnerv in seinem Verlauf durch den Tarsalkanal eingeklemmt. Dies kann nach einer Verletzung im Sprunggelenk oder Fußbereich auftreten. Symptome sind Taubheitsgefühl, Kribbeln und/oder Schmerzen am inneren Fußrand, die besonders nachts und bei Belastung auftreten. Manchmal strahlen die Schmerzen in die Fußsohle und Wade aus.
Polyneuropathie: Eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der die Nerven in den Beinen geschädigt sind. Dies kann beispielsweise als Spätfolge von Diabetes oder Alkoholsucht auftreten. Typische Symptome sind Kältegefühl, Schmerzen, Brennen, Kribbeln und/oder Taubheitsgefühle in meist strumpfförmiger Ausdehnung an beiden Unterschenkeln und Füßen.
Lesen Sie auch: Was tun bei Taubheitsgefühl im Schienbein?
Schlaffe Lähmung: Bestimmte Nervenerkrankungen (Polyneuropathien) und andere Erkrankungen wie Kinderlähmung und Muskeldystrophie können zu einer schlaffen Lähmung führen. Kennzeichnend dafür ist ein watschelnder Gang mit beidseitiger Schwäche oder Lähmung von Hüft- und/oder Beinmuskeln; manchmal sind auch die Schulter-, Arm- oder Gesichtsmuskeln betroffen. Zudem kann ein Kribbeln und/oder Taubheitsgefühl in den Beinen auftreten.
Meralgia paraesthetica: Hierbei wird der Oberschenkelhautnerv (Nervus cutaneus femoris lateralis) im Bereich des Leistenbands oder Leistenkanals eingeklemmt. Mögliche Ursachen sind das Tragen zu enger Kleidung wie Jeans oder Übergewicht. Meist kommt es zu Schmerzen und Gefühlsstörungen am oberen und seitlichen Oberschenkel.
Wirbelsäulenbedingte Ursachen
Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall kann auf Nervenwurzeln drücken und so Taubheitsgefühle im Bein verursachen. Oft treten auch Schmerzen, Muskelschwäche oder Lähmungen auf.
Spinalkanalstenose: Eine Einengung des Wirbelkanals kann ebenfalls die gleichen Beschwerden wie ein Bandscheibenvorfall hervorrufen, also beispielsweise Kribbeln und/oder Taubheitsgefühl im Bein, Muskelschwäche oder Lähmungen.
Durchblutungsstörungen
Schlaganfall: Bei einem Schlaganfall wird ein Teil des Gehirns nicht mehr richtig durchblutet. Dies kann zu Taubheitsgefühlen oder Lähmungserscheinungen in Arm, Bein oder Gesicht führen, vor allem, wenn sie nur eine Körperseite betreffen.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Taubheitsgefühl in den Füßen
Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK): Bei der PAVK ist der Blutfluss in den Beingefäßen behindert. Das äußert sich durch Schmerzen - zu Beginn nur beim Gehen. Typischerweise sind diese Schmerzen so ausgeprägt, dass sie immer wieder zum Stehenbleiben zwingen ("Schaufensterkrankheit").
Raynaud-Syndrom: Hier lösen zum Beispiel Kälte oder Stress Gefäßkrämpfe aus. Dies führt zu anfallsartigen Durchblutungsstörungen, vor allem in den Händen, manchmal auch an den Füßen. Bemerkbar macht sich das typischerweise durch kalte, blasse, bläuliche oder rote und gefühllose Finger, die wehtun und sich taub anfühlen können.
Weitere mögliche Ursachen
Restless-Legs-Syndrom: Die Betroffenen verspüren ein tiefsitzendes Kribbeln, Zuckungen und einen heftigen Bewegungsdrang in den Beinen (manchmal auch in den Armen). In Ruhe - vor allem abends und nachts - verschlimmern sich die Beschwerden des Restless-Legs-Syndroms.
Metatarsalgie: Der Begriff bezeichnet belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des Mittelfußes, die auf eine Überlastung des Mittelfußes zurückzuführen sind, etwa bei Spreizfuß oder Ballenzehe (Hallux valgus). Die Betroffenen klagen über attackenartige, brennende oder elektrisierende Schmerzen und/oder Kribbeln am Vorfuß, meist zwischen der dritten und vierten Zehe.
Krampfadern: Schweregefühl, Schmerzen, Jucken und/oder Kribbeln im Bein - genauer im Unterschenkel - können durch Krampfadern bedingt sein.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Knieprellung und Taubheitsgefühl
Pantothensäuremangel: Das Vitamin Pantothensäure ist in fast allen Lebensmitteln enthalten, weshalb ein Mangel selten auftritt. Wenn das aber doch passiert, äußert sich der Mangel unter anderem in Magen-Darm-Störungen, Kopfschmerzen, Taubheitsgefühl sowie Kribbeln und stechenden Schmerzen in den Füßen.
Psychische Störungen: Angst-/Panikattacken und Angststörungen können von Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühlen begleitet sein. Auch das Hyperventilationssyndrom, das in Stress-Situationen oder während einer Panikattacke auftreten kann, kann zu Gefühlsstörungen und Verkrampfungen führen.
Medikamente und Umweltgifte: Vergiftungen, zum Beispiel mit Schwermetallen, haben mitunter chronische Schäden an den Nerven zur Folge, die zu Missempfindungen führen. Auch Kribbeln und Taubheitsgefühle treten bisweilen als unerwünschte, aber meist vorübergehende Nebenwirkung einiger Medikamente auf.
Piriformis-Syndrom: Das Piriformis-Syndrom verursacht Schmerzen im unteren Rücken und im Gesäß, die bis in die Beine ausstrahlen können. Vom Piriformis-Syndrom spricht man, wenn der in der tiefen Hüftmuskulatur lokalisierte Piriformis-Muskel (M. piriformis) verkürzt oder verspannt ist. Da unterhalb dieses Muskels der Ischiasnerv verläuft, kann eine Verhärtung des Muskels zu Schmerzen im unteren Rücken und Gesäß führen, die in einigen Fällen bis ins Bein ausstrahlen.
Vitamin B12-Mangel: Ein Mangel an Vitamin B12 kann ebenfalls zu Taubheitsgefühlen im Bereich des Oberschenkels führen, oft begleitet von einem brennenden Gefühl.
Multiple Sklerose (MS): Auch im Bereich des Oberschenkels kann durch eine MS eine Taubheitsgefühl ausgelöst werden, da die Myelinscheiden (Ummantelung der Nerven) undichter werden.
Diagnose
Um die Ursache für ein Taubheitsgefühl im Bein zu ermitteln, wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und den Patienten körperlich untersuchen. Dabei wird er unter anderem die Sensibilität, die Reflexe und die Muskelkraft prüfen. Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie zum Beispiel:
Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG): Diese Untersuchung misst, wie schnell die Nerven elektrische Signale weiterleiten. Sie kann helfen, Nervenschädigungen zu erkennen.
Elektromyographie (EMG): Diese Untersuchung misst die elektrische Aktivität der Muskeln. Sie kann helfen, Muskelerkrankungen oder Nervenschädigungen zu erkennen, die die Muskeln beeinflussen.
Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) können helfen, Ursachen wie Bandscheibenvorfälle oder Tumore zu erkennen.
Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, Stoffwechselstörungen, Vitaminmangel oder Entzündungen zu erkennen. Gemessen werden zum Beispiel:
- der Blutzuckerspiegel
- die Menge bestimmter Vitamine und Mineralstoffe
- Entzündungswerte
Ultraschall: Im Ultraschall kann man dicht unter der Haut liegende Strukturen, wie Muskeln, Sehnen und auch Blutgefäße sehen und beurteilen. Entzündliche Flüssigkeiten und auch Hämatome lassen sich im Ultraschall ebenfalls darstellen und geben Hinweis auf eine entzündliche Ursache.
Hautbiopsie: Bei Verdacht auf eine Small-Fiber-Neuropathie kann eine Hautbiopsie durchgeführt werden, um die kleinen Nervenfasern der Haut zu untersuchen.
Behandlung
Die Behandlung eines Taubheitsgefühls im Bein richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Einige allgemeine Maßnahmen, die helfen können, die Beschwerden zu lindern, sind:
- Vermeidung von Druck auf die Nerven: Vermeiden Sie langes Sitzen mit angezogenen Beinen oder das Tragen enger Kleidung.
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und kann helfen, Verspannungen zu lösen.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, Muskeln zu entspannen und die Beweglichkeit zu verbessern.
- Schmerzmittel: Bei Schmerzen können Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol eingenommen werden.
- Vitaminpräparate: Bei einem Vitaminmangel können Vitaminpräparate eingenommen werden.
- Entzündungshemmende Medikamente: Bei entzündlichen Ursachen können entzündungshemmende Medikamente wie Kortikosteroide eingesetzt werden.
- Operation: In einigen Fällen, wie beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall oder einer Spinalkanalstenose, kann eine Operation erforderlich sein, um die Nerven zu entlasten.
Spezifische Behandlungsansätze
Piriformis-Syndrom: Konservative Maßnahmen wie Physiotherapie, exzentrisches Training, Stoßwellentherapie und gezielte Dehnübungen können helfen, den Piriformis-Muskel zu entspannen und den Ischiasnerv zu entlasten.
Meralgia paraesthetica: Vermeidung enger Kleidung, Gewichtsreduktion und Physiotherapie können helfen, den Druck auf den Nervus cutaneus femoris lateralis zu reduzieren.
Polyneuropathie: Die Behandlung der Grunderkrankung, wie beispielsweise Diabetes oder Alkoholsucht, ist entscheidend. Zusätzlich können Schmerzmittel, Antidepressiva oder Antikonvulsiva zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
Restless-Legs-Syndrom: Medikamente, Entspannungsübungen und eine gute Schlafhygiene können helfen, die Beschwerden zu lindern.
Übungen bei Piriformis-Syndrom
- Piriformis-Dehnung: Legen Sie sich auf den Rücken und beugen Sie das zu dehnende Bein in Hüft- und Kniegelenk. Ziehen Sie das Knie zur gegenüberliegenden Schulter. Halten Sie die Dehnung etwa 15-30 Sekunden.
- Gesäßmuskulatur-Dehnung: Legen Sie sich auf den Rücken, die Beine gebeugt. Kreuzen Sie nun die rechte Ferse über das linke Knie. Ziehen Sie den linken Oberschenkel leicht Richtung Brustkorb, bis im rechten Oberschenkel/Gesäß ein Dehnungsgefühl spürbar ist. Halten Sie die Dehnung etwa 15-30 Sekunden.
- Hüftrotation: Legen Sie sich auf die Seite. Die Hüft- und Kniegelenke sind leicht gebeugt. Drehen Sie das oben liegende Knie Richtung Decke. Halten Sie dabei Fußkontakt. Wiederholen Sie die Bewegung 15-mal und wechseln Sie dann die Seite.
- Kräftigung der Außenrotatoren: Legen Sie sich auf den Bauch. Die Oberschenkel sind parallel. Das angewinkelte Bein zieht aktiv gegen den Widerstand des Therabandes nach innen. Wiederholen Sie die Bewegung 15-mal und wechseln Sie dann das Bein.
- Kräftigung der Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur: Stehen Sie vor einem Stuhl. Setzen Sie sich mit dem Gesäß nach hinten unten ab. Wiederholen Sie die Bewegung 15-mal.
- Brücke: Legen Sie sich auf den Rücken. Stellen Sie die Füße auf. Spannen Sie den Bauch an, sodass der untere Rücken lang wird (kein Hohlkreuz). Heben Sie nun das Becken langsam an und schieben Sie das Knie leicht nach vorne. Achten Sie darauf, mit dem Hüftgelenk des Standbeines nicht seitlich wegzusinken. Halten Sie die Dehnung etwa 15-30 Sekunden.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn das Taubheitsgefühl im Bein:
- länger als ein paar Tage anhält
- sich verschlimmert
- von anderen Symptomen begleitet wird, wie beispielsweise Schmerzen, Muskelschwäche oder Lähmungen
- plötzlich auftritt, insbesondere wenn es von Sprachproblemen oder anderen neurologischen Ausfällen begleitet wird (Verdacht auf Schlaganfall)
tags: #Taubheitsgefühl #Bein #links #Ursachen