Taubheitsgefühl im kleinen Finger beidseitig: Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Kribbeln in der Hand oder in den Fingerspitzen ist eine Missempfindung oder eine Sensibilitätsstörung, die auch als Parästhesie bezeichnet wird. Überall im Körper befinden sich Nerven, die Signale über Nervenbahnen zum Gehirn leiten. Wenn Sie ein Kribbeln in den Händen haben, Ihre Finger unangenehm einschlafen oder Sie eher mit Schmerzen im Arm zu kämpfen haben, die von der Schulter ausstrahlen, ist es wichtig, die Ursachen zu verstehen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Ursachen für Taubheitsgefühle im kleinen Finger

Die Ursachen für Taubheitsgefühle im kleinen Finger können vielfältig sein. Eher selten stecken schwere Nervenschäden oder krankhafte Nervenstörungen (Neuropathien) hinter Ihren Beschwerden. Oft sind Nerven durch einseitige Bewegungen im Alltag und Überlastung eingeklemmt oder abgedrückt. Dies geschieht häufig an Engstellen im Körper, wie im Handgelenk oder im Nacken, und ist zunächst harmlos. Im Folgenden werden einige der häufigsten Ursachen erläutert:

1. Alltagsbewegungen und Überlastung

Kribbelnde Finger und eingeschlafene Hände haben oft etwas mit unseren täglichen Bewegungsabläufen zu tun: stundenlanges Tippen auf einer Tastatur oder Maus, handwerkliche Tätigkeiten mit Drehbewegungen oder Vibration. Durch die Überlastung des Handgelenks kann es zu Verdickungen oder Schwellungen an den Sehnen kommen, was Druck auf den Nerv ausüben kann.

Behandlungsmethoden:

  • Schiene zur Ruhigstellung: Eine Schiene kann helfen, das Handgelenk ruhigzustellen und den Druck auf den Nerv zu reduzieren.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Beweglichkeit des Handgelenks zu verbessern und die Muskeln zu stärken.
  • Operationen: In schweren Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um den Druck auf den Nerv zu entlasten.

2. Schulter-Arm-Syndrom

Als Schulter-Arm-Syndrom bezeichnet man einen Symptomkomplex rund um das Schultergelenk. Beschwerden an der Schulter können auch ein Kribbeln in den Händen und Fingern auslösen, wenn zum Beispiel verhärtete oder ungleich trainierte Muskulatur Nerven komprimiert oder einklemmt. Der Fachbegriff für das Armnerven-Geflecht lautet Plexus brachialis. Seine Fasern verlassen das Rückenmark in Ihrem Wirbelkanal auf Höhe der letzten 3 Halswirbel und des ersten Brustwirbels.

3. Zentrales Nervensystem

Im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) können Durchblutungs-Störungen, Verletzungen, Infektionen und chronische neurologische Entzündungen wie Multiple Sklerose das Kribbeln und Taubheitsgefühle verursachen.

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4. Kubitaltunnelsyndrom (Ulnarisrinnensyndrom)

Ein Kubitaltunnelsyndrom führt dazu, dass der kleine Finger und der Ringfinger kribbeln oder taub werden. Die Symptome können sich auf die Handfläche ausbreiten und auch den Unterarm betreffen.

Der Ellennerv (Nervus ulnaris) verläuft im Bereich des Ellenbogens durch eine Knochenrinne (Sulcus ulnaris). Wird dieser Nerv eingeklemmt oder gereizt, spricht man vom Sulcus-Ulnaris-Syndrom, auch Kubitaltunnelsyndrom genannt. Dies kann zu Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Schwäche in der Hand und den Fingern führen.

Ursachen:

  • Druck- oder Zugeinwirkung auf den Nerven
  • Chronische Fehlbelastungen (z.B. Aufstützen auf den Ellenbogen)
  • Innere Störfaktoren (z.B. Überbein)
  • Vorherige Verletzungen im Bereich des Ellenbogens

Symptome:

  • Kribbeln und Taubheitsgefühl im kleinen Finger, im Ringfinger und an der Handaußenkante
  • Missempfindungen, die bis zum Unterarm ziehen können
  • Muskelschwund der Handmuskulatur
  • Schwäche des kleinen Fingers und des Ringfingers
  • Lähmungen der vom Ellennerv versorgten Muskeln (in schweren Fällen)
  • "Krallenhand" (bei voller Ausprägung der Lähmung)

Diagnose:

  • Ärztliche Untersuchung (Gefühl, Bewegung und Kraft der Hand)
  • Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Elektroneurografie)
  • Röntgenbilder (um knöcherne Ursachen auszuschließen)
  • Nervenultraschall

Behandlung:

  • Konservative Behandlung:
    • Vermeidung von Fehlhaltungen
    • Entlastung des Ellenbogens durch Hochlagern und Kühlen
    • Gepolsterte Schiene zur Druckentlastung
  • Operative Behandlung:
    • Entlastung des Ellennervs
    • Verlagerung des Nervens in eine geschütztere Lage in die Ellenbeuge

5. Stoffwechselstörungen und Hormonhaushalt

Bei Diabetes, Vitamin-B12- und Calcium-Mangel droht ebenfalls Gefahr: Dysbalancen im Stoffwechsel und Hormonhaushalt können schnell zulasten der Nerven- und Gefäßfunktionen gehen.

6. Medikamente und Schwangerschaft

Entstehen Kribbeln und Taubheitsgefühle als Nebenwirkungen von Medikamenten, sind sie hingegen meist von begrenzter Dauer. In der Schwangerschaft sind vermehrte Flüssigkeitsansammlungen ein häufiger Grund für Kribbeln in den Händen.

7. Karpaltunnelsyndrom (KTS)

Gefühlsstörungen in den Fingern und von der Hand ausstrahlende Schmerzen, die sich manchmal über den Oberarm bis zur Schulter ziehen, können Anfangssymptome des so genannten Karpaltunnel-Syndroms (KTS) sein. „Häufig setzen Taubheitsgefühle und Kribbeln zunächst an den Kuppen der ersten drei Finger einer Hand ein - also dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Mit der Zeit kommen leichte Schmerzen hinzu, die insbesondere nachts oder nach intensiver Handarbeit auftreten. Betroffene neigen dann oft instinktiv dazu, die Beschwerden durch Schütteln der Hand lösen zu wollen“, berichtet Dr. Curt Beil, vom Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) mit Sitz in Krefeld.

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Ursachen:

  • Druck auf den Nervus medianus im Karpalkanal
  • Fehlhaltung und Überlastung des Handgelenks
  • Hormonelle Ursachen (Schwangerschaft, Wechseljahre)
  • Stoffwechselerkrankungen
  • Knöcherne Verformungen
  • Rheumatische Erkrankungen
  • Verletzungen an der Hand oder Handgelenksbruch

Diagnose:

  • Klinische Untersuchung
  • Messung der Nervenleitgeschwindigkeit

Behandlung:

  • Ruhigstellung des Handgelenks mit einer Schiene
  • Entzündungshemmende und schmerzstillende Behandlung
  • Kortison
  • Operation (bei ausbleibendem Erfolg der konservativen Therapie)

8. Weitere Ursachen

  • Polyneuropathie: Schäden an den peripheren Nerven, oft verbunden mit Kribbeln, Ameisenlaufen und Taubheitsgefühlen in Händen und Füßen.
  • Restless-Legs-Syndrom (RLS): Missempfindungen wie schmerzhaftes Kribbeln, Ziehen und Brennen in den Beinen, besonders in Ruhe und nachts.
  • Multiple Sklerose (MS): Chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die Kribbeln und Taubheitsgefühle verursachen kann.
  • Parkinson-Krankheit: Abbau von Nervenzellen im Gehirn, der Bewegungsabläufe beeinträchtigen kann.
  • Migräne: Kribbeln und Taubheitsgefühle können eine Migräne-Attacke ankündigen.
  • Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Seltene Autoimmunerkrankung, die die peripheren Nerven angreift und zu Kribbeln, Taubheitsgefühlen und Lähmungen führen kann.
  • Bandscheibenvorfall: Druck auf die Nervenwurzeln im Wirbelkanal, der Schmerzen, Kribbeln und Lähmungserscheinungen verursachen kann.
  • Ulnartunnel- und Ulnarrinnensyndrom: Druck auf den Ellennerv im Bereich des Ellenbogens oder Handgelenks, der Taubheitsgefühle in kleinem Finger und Ringfinger verursacht.
  • Leistentunnelsyndrom: Einklemmung des Oberschenkelhautnervs im Leistenbereich, die Schmerzen und Gefühlsstörungen am Oberschenkel verursacht.
  • Durchblutungsstörungen: Schlaganfall, periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Raynaud-Syndrom.
  • Psychische Störungen: Angst-/Panikattacken und Angststörungen (Phobien), Hyperventilationssyndrom, somatoforme Störungen.
  • Medikamente und Umweltgifte: Vergiftungen mit Schwermetallen, Nebenwirkungen von Medikamenten.

Was tun bei Taubheitsgefühlen im kleinen Finger?

1. Ärztliche Abklärung

Im Zweifelsfall sollten Sie Kribbeln in den Händen immer in Ihrer Hausarztpraxis abklären lassen. Zwar ist das Kribbeln oft zunächst harmlos, Sie sollten aber dennoch aktiv werden und Ihre Nerven von dem zu hohen Druck befreien.

2. Selbsthilfe

  • Ergonomische Anpassungen: Achten Sie auf eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, um Fehlhaltungen und Überlastungen zu vermeiden.
  • Regelmäßige Pausen: Machen Sie regelmäßige Pausen bei einseitigen Tätigkeiten, um Ihre Hände und Arme zu entlasten.
  • Dehnübungen: Führen Sie regelmäßig Dehnübungen für Handgelenke, Arme und Schultern durch.
  • Vermeidung von Druck: Vermeiden Sie es, Ihren Ellenbogen auf harten Oberflächen abzustützen.
  • Schonung: Schonen Sie Ihre Hände und Arme bei Überlastung.

3. Übungen

  • Dehnübungen für das Handgelenk: Drehen Sie die Finger nach außen und immer weiter zurück, bis die Finger im besten Fall zu Ihnen nach hinten zeigen. Lassen Sie Ihre Handfläche am Boden oder auf dem Tisch und erzeugen Sie eine intensive Dehnung am Handgelenk. Um die Dehnung zu intensivieren, bewegen Sie die Schultern zurück.
  • Katz-Camel-Stretch: Gehen Sie auf alle viere und krümmen Sie den Rücken wie eine Katze. Dann senken Sie ihn, sodass er wie ein Kamel gewölbt ist. Diese Übung lockert die Wirbelsäule und dehnt die Muskulatur.
  • Knie-zur-Brust-Dehnung: Legen Sie sich auf den Rücken und ziehen Sie ein Knie zur Brust. Halten Sie die Position für einige Sekunden und wechseln Sie dann das Bein. Diese Dehnung entlastet die Wirbelsäule und streckt die Muskulatur.
  • Unterarmstütz: Gehen Sie in die Planke-Position, stützen Sie sich auf die Unterarme und halten Sie den Körper gerade. Diese Übung stärkt die Rumpfmuskulatur und entlastet die Wirbelsäule.
  • Ellenbogenstreckung mit Handgelenksdehnung: Strecken Sie den Arm aus und drehen Sie die Handfläche nach oben. Mit der anderen Hand sanft das Handgelenk nach unten ziehen, um eine Dehnung im Ellenbogen und Handgelenk zu spüren.
  • Unterarmdehnung: Strecken Sie den Arm nach vorne und drücken Sie die Handfläche nach unten, um eine Dehnung im Unterarm zu spüren.
  • Finger- und Daumenübungen: Bewegen Sie die Finger und den Daumen aktiv in verschiedene Richtungen, um die Beweglichkeit und Durchblutung zu fördern.
  • Atemübungen: Kontrolliertes Atmen während der Übungen hilft, die Muskulatur zu entspannen und den Fokus auf die richtige Ausführung zu legen.
  • Schulterkreisen: Langsame und kontrollierte Schulterkreise lockern die Muskulatur im Schulter-Nacken-Bereich und entlasten die Wirbelsäule.
  • Halsrotation: Führen Sie langsame Halsrotationen durch, um die Beweglichkeit der Halswirbelsäule zu fördern.

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