Ein Taubheitsgefühl nach einer Narkose kann beunruhigend sein. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen, Symptome und Behandlungen dieses Phänomens. Hierbei werden sowohl die Lokalanästhesie beim Zahnarzt als auch die Allgemeinanästhesie im Rahmen von Operationen betrachtet.
Lokalanästhesie beim Zahnarzt
Die Lokalanästhesie ist ein Standardverfahren in der Zahnmedizin, um Schmerzen während der Behandlung zu verhindern. Dabei wird ein Betäubungsmittel in das Zahnfleisch oder die Innenseite der Wange injiziert, um die Schmerzleitung eines Nervs vorübergehend zu blockieren. Obwohl die Lokalanästhesie im Allgemeinen gut verträglich ist, können gelegentlich unerwünschte Reaktionen auftreten.
Mögliche Ursachen für Taubheitsgefühl nach Lokalanästhesie
- Reaktion auf Zusatzstoffe: Manchmal sind Reaktionen auf den Zusatz Adrenalin oder auf Konservierungsstoffe in der Anästhesielösung zurückzuführen. Überempfindlichkeit oder allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock sind selten, aber möglich.
- Verletzung von Gewebe: Verletzungen des Gewebes durch den Einstich können ebenfalls zu Taubheitsgefühlen führen.
- Verletzung von Blutgefäßen: Da die Blutgefäße immer neben den Nervenfasern verlaufen, kann es manchmal zu einer Perforierung des Gefäßes kommen.
- Nervenverletzung: In sehr seltenen Fällen kann die Kanülenspitze während der Anästhesie auf eine Nervenfaser treffen, was als blitzartiger Schmerz oder Elektroschock wahrgenommen wird und zu einem langfristig andauernden Taubheitsgefühl führen kann.
- Psychische Faktoren: Psychisch ausgelöste Reaktionen wie Intoxikation können ebenfalls eine Rolle spielen.
Begleiterscheinungen und Komplikationen
Neben dem Taubheitsgefühl können folgende Begleiterscheinungen und Komplikationen auftreten:
- Schmerzen an der Einstichstelle: Kommt häufig vor.
- Lokale Infektion: Durch Verschleppung von Keimen aus dem Speichel in das Gewebe.
- Fraktur der Kanüle: Selten, aber möglich.
- Eigenverletzung: Insbesondere bei der Betäubung im Unterkiefer, wo es zu Bissverletzungen der Wange oder Lippe kommen kann, da das Gefühl fehlt. Kinder sind besonders gefährdet, sich auf die Unterlippe zu beißen.
Was tun bei anhaltendem Taubheitsgefühl?
Wenn das Taubheitsgefühl nach der Lokalanästhesie nicht verschwindet, gibt es einige Maßnahmen, die ergriffen werden können:
- Viel trinken: Einige Betroffene haben die Erfahrung gemacht, dass viel trinken beim Abbau des Betäubungsmittels hilft.
- Ruhe: Ausruhen kann ebenfalls förderlich sein.
- Spezielle Mittel: Beim Zahnarzt kann ein Mittel gespritzt werden, das den Abbau des Betäubungsmittels beschleunigt.
- Ärztliche Beratung: Wenn das Taubheitsgefühl länger anhält, sollte ein Arzt konsultiert werden, um die Ursache abzuklären und gegebenenfalls eine Behandlung einzuleiten.
Allgemeinanästhesie und postoperative Taubheit
Auch nach Operationen unter Vollnarkose kann es zu Taubheitsgefühlen kommen. Hierbei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.
Lesen Sie auch: Behandlung von Zungentaubheit nach Narkose
Mögliche Ursachen für Taubheitsgefühl nach Allgemeinanästhesie
- Intubation: Die Intubierung, also das Einführen eines Beatmungsschlauchs, kann in seltenen Fällen zu Taubheitsgefühlen im Bereich der Zunge führen.
- Nervenverletzungen: Während des operativen Eingriffs kann es zu Schädigungen des Nervensystems kommen, etwa aufgrund von Kompressionen, Dehnungen, Traumen oder der Patientenlagerung.
- Entzündungsprozesse: Entzündungsprozesse nach einer Operation können dazu führen, dass die peripheren Nerven erkranken.
- Vorerkrankungen: Bestimmte Risikofaktoren wie Vorerkrankungen der peripheren Nerven, Diabetes, Gefäßerkrankungen oder Alkoholabhängigkeit erhöhen die Wahrscheinlichkeit postoperativer Neuropathien.
Neuropathische Schmerzen nach Operationen
Bei etwa 20 % aller operierten Patienten entwickeln sich Nervenschmerzen, sogenannte postoperative neuropathische Schmerzen oder postoperative Neuropathie. Kennzeichnend für diese Schmerzen ist eine veränderte Hautsensibilität. Betroffene reagieren unter- oder überempfindlich auf Reize wie Kälte, Wärme, Berührung oder Druck. Sie berichten von Taubheitsgefühlen und/oder Schmerzattacken, die sich kribbelnd, brennend, stechend, einschießend oder elektrisierend äußern können.
Therapie postoperativer neuropathischer Schmerzen
Die Therapie postoperativer neuropathischer Schmerzen kann wie folgt aussehen:
- Medikamentöse Therapie: Typischerweise eingesetzte Medikamente sind Antikonvulsiva, trizyklische Antidepressiva, selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer oder Opioide. Eine lokale Therapie erfolgt zum Beispiel mittels Lidocain-Pflastern.
- Nicht-medikamentöse Therapie: Dazu gehören unter anderem warme Fußbäder, transkutane elektrische Nervenstimulation, Akupunktur, Physio- und Ergotherapie und Psychotherapie.
- Invasive Therapie: In manchen Fällen sind selektive Nervenblockaden, Ganglionblockaden oder Neuromodulationsverfahren sinnvoll.
Die optimale Behandlung erfordert ein multimodales Therapiemanagement, bestehend aus medizinischer und medikamentöser Behandlung, psychologisch-therapeutischen Maßnahmen sowie Bewegungstherapie.
Taubheitsgefühl nach Zahnimplantaten
Auch nach dem Einsetzen von Zahnimplantaten können Patienten in den ersten Tagen Schmerzen, Zahnfleischblutungen und Taubheitsgefühle (Hypästhesie) im Operationsbereich verspüren. Diese Symptome sind in der Regel harmlos und verschwinden innerhalb von 3-5 Tagen.
Mögliche Ursachen
- Lokalanästhesie: Vor der Implantation injiziert der Zahnarzt ein Lokalanästhetikum, um Schmerzen während der Operation zu verhindern. Diese betäubende Wirkung blockiert die Nervenenden für etwa 3-4 Stunden, was zu einer Parästhesie (Empfindungsstörung) führen kann.
- Nervenverletzung: Eine Verletzung des Trigeminusnervs, der die Zähne sensibel versorgt, kann durch Dehnung, Kompression oder sogar vollständige Durchtrennung der Nervenfasern erfolgen.
Arten von Nervenverletzungen
- Neuropraxie: Eine leichte Nervenverletzung, bei der keine strukturelle Schädigung vorliegt.
- Axonotmesis: Eine mäßige Verletzung, bei der die Nervenhülle intakt bleibt, aber das Kinn oder das Zahnfleisch taub bleibt.
- Neurotmesis: Eine schwere Schädigung, bei der die Integrität des Nervs und seiner Hülle beeinträchtigt ist.
Behandlung
Die Behandlung variiert je nach Ursache und Schwere der Verletzung. Bei leichten Verletzungen reicht oft eine medikamentöse Therapie aus. Bei schwerwiegenden Fällen kann es erforderlich sein, das Implantat zu entfernen oder neu zu positionieren. Physiotherapeutische Maßnahmen können die Genesung zusätzlich unterstützen.
Lesen Sie auch: Was tun bei Taubheitsgefühl im Schienbein?
Allgemeine Ursachen für Taubheitsgefühle
Neben den spezifischen Ursachen im Zusammenhang mit Narkose und zahnärztlichen Eingriffen gibt es auch allgemeine Ursachen für Taubheitsgefühle, die abgeklärt werden sollten, insbesondere wenn das Taubheitsgefühl nicht im direkten Zusammenhang mit einem Eingriff steht:
- Ischämie: Mangelnde Durchblutung des entsprechenden Bereichs.
- Abgeklemmte oder verletzte Nerven: Beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall.
- Nervenerkrankungen: Wie Polyneuropathie.
- Schädigungen der Haut: Beispielsweise durch Verbrennungen.
- Schlaganfall:
- Infektionskrankheiten: Wie Gürtelrose, Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Borreliose.
- Migräne:
- Psychologische Faktoren: Wie Angst- und Panikattacken.
- Tumoren:
- Vergiftungen:
- Diabetes:
- Vitamin-B12-Mangel:
- Karpaltunnelsyndrom: Bei Taubheitsgefühl in den Händen.
Symptome und Formen der Hypästhesie
Eine Hypästhesie ist eine herabgesetzte Druck- bzw. Berührungsempfindung und gehört zu den Sensibilitätsstörungen. Sie kann an Armen, Händen, Oberschenkeln, Füßen oder im Gesicht auftreten. Seltener macht sich das Taubheitsgefühl im Kopf- oder Rumpfbereich bemerkbar. Das Taubheitsgefühl kann sowohl einseitig als auch beidseitig spürbar sein. Mögliche Begleiterscheinungen sind Schmerzen, Sehstörungen, Sprachstörungen oder Gleichgewichtsprobleme. Häufig setzt ein Kribbeln an der betroffenen Stelle ein, wenn das Taubheitsgefühl nicht nachlässt.
Formen der Hypästhesie
- Taktile Hypästhesie: Geminderte Berührungs- und Druckempfindung.
- Thermische Hypästhesie: Gemindertes Hitze- und Kälteempfinden.
- Hypalgesie: Reduziertes Schmerzempfinden.
- Pallhypästhesie: Verminderte Wahrnehmung von Vibrationen.
- Anästhesie: Kompletter Sensibilitätsausfall.
Diagnose und Behandlung der Hypästhesie
Die Diagnose basiert auf einer umfangreichen Anamnese. Der Arzt befragt den Patienten, wann das Taubheitsgefühl zuletzt auftrat, ob es in oder nach einer bestimmten Situation bemerkt wurde, ob es einseitig oder beidseitig ist, ob es anhaltend ist, vergeht oder wiederkehrt und ob andere Erkrankungen bekannt sind, durch die das Taubheitsgefühl ausgelöst werden könnte. Der Arzt prüft das Gleichgewichtsgefühl, die Eigenreflexe, das Sehen, das Gehör und das Bewusstsein des Patienten.
Die Behandlung erfolgt abhängig von der Ursache. Eingeklemmte Nerven können mit muskelentspannenden Medikamenten und mit Schmerzmittel behandelt werden. Bei einer Polyneuropathie kann eine Infusion verabreicht werden. Zusätzlich werden oft Schmerzmittel verordnet. Liegt ein Karpaltunnelsyndrom vor, wird zuerst eine konservative Behandlung durch Orthopäden, Physiotherapie und Chiropraktiker angestrebt. Ein Vitamin-B12-Mangel wird durch die Gabe von Vitamin B12, zumeist durch Injektionen, behandelt.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Taubheitsgefühl in den Füßen
tags: #Taubheitsgefühl #nach #Narkose #Ursachen