Taubheitsgefühl nach Wirbelbruch: Ursachen, Behandlung und Perspektiven

Ein Wirbelbruch ist eine Fraktur eines der 24 Wirbelkörper in der Wirbelsäule. Diese Verletzung kann erhebliche Beschwerden verursachen, darunter auch Taubheitsgefühle. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Taubheitsgefühlen nach einem Wirbelbruch, die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und gibt einen Ausblick auf die Prognose und mögliche Spätfolgen.

Die Wirbelsäule und ihre Funktion

Die Wirbelsäule besteht aus sieben Hals-, zwölf Brust- und fünf Lendenwirbeln, sowie dem Kreuz- und Steißbein. Zusammen mit Bändern, Muskeln und Bandscheiben bildet sie ein elastisches System, das Belastungen abfedert. Die Wirbelkörper bilden den Wirbelkanal, in dem das Rückenmark verläuft, von dem die Spinalnerven abgehen.

Was ist ein Wirbelbruch?

Ein Wirbelbruch ist eine Fraktur eines Wirbelkörpers. Es gibt verschiedene Arten von Wirbelbrüchen, je nachdem, welcher Teil des Wirbels betroffen ist (Wirbelkörper, Wirbelbogen, Dornfortsatz). Man unterscheidet zwischen stabilen und instabilen Brüchen.

  • Stabile Brüche: Die umgebenden Bänder sind intakt, der Wirbelkanal ist nicht eingeengt, und es treten keine neurologischen Symptome auf.
  • Instabile Brüche: Der betroffene Wirbelsäulenabschnitt kann sich durch einwirkende Kräfte verformen, wodurch das Rückenmark verletzt werden kann.

Ursachen eines Wirbelbruchs

Ein Wirbelbruch entsteht meist durch äußere Krafteinwirkung, wie bei Stürzen aus großer Höhe oder Verkehrsunfällen (traumatisch bedingter Wirbelbruch). Auch Beckengurtverletzungen ("seat belt injuries") können einen Wirbelbruch zusammen mit Verletzungen im Bauchraum hervorrufen. Beim Sturz aus großer Höhe tritt oft ein Fersenbeinbruch zusammen mit einem Bruch der Brust- und Lendenwirbelsäule auf.

Allerdings kann ein Wirbelbruch auch ohne Unfall entstehen, insbesondere bei älteren Menschen mit Osteoporose (Knochenschwund). In diesem Fall spricht man von einem spontanen Wirbelbruch oder Sinterungsbruch.

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Abgesehen von Osteoporose können auch Knochenmetastasen, Knochentumoren, Morbus Bechterew, Plasmozytom (Multiples Myelom - eine Form von Blutkrebs) oder Wirbelkörperentzündung (Spondylitis) zu einem unerwarteten Wirbelbruch bei leichtem Bagatelltrauma führen.

Symptome eines Wirbelbruchs

Typische Symptome eines Wirbelbruchs sind:

  • Lokale Schmerzen, unabhängig von Ruhe oder Bewegung
  • Schonhaltung und Muskelverspannungen
  • Bei Halswirbelbrüchen: Abstützen des Kopfes mit den Händen
  • Eventuell ein Bluterguss am Hals
  • Bei Nervenschäden: Anfallsartige, einschießende Schmerzen, brennende oder stechende Schmerzen, Gefühlsstörungen (Parästhesien)
  • Eingeschränkte Beweglichkeit

Taubheitsgefühle nach Wirbelbruch: Ursachen

Taubheitsgefühle nach einem Wirbelbruch können verschiedene Ursachen haben:

  • Nervenkompression: Bruchstücke des Wirbels können auf Nervenwurzeln oder das Rückenmark drücken und diese einquetschen. Bei einem Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) durchbricht der innere Gallertkern (dunkelblau) den zähen Faserring (hellblau) und kann schmerzhaft auf Rückenmark und Spinalnerv drücken.
  • Direkte Nervenschädigung: Die Fraktur kann direkt Nerven beschädigen.
  • Entzündungsreaktion: Die Verletzung kann eine Entzündungsreaktion auslösen, die die Nerven beeinträchtigt.
  • Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose) kann ebenfalls zu Taubheitsgefühlen führen. Bei einer Spinalkanalstenose handelt es sich um eine Verengung (Stenose) des knöchernen Wirbelkanals, in dem das Rückenmark verläuft. Ursache dafür sind vor allem degenerative Prozesse. Dabei ragen Knochenanbauten oder verdickte Bänder in den Spinalkanal hinein und drücken auf Rückenmark und Nervenwurzeln.
  • Muskelverspannungen: Nach einem Wirbelbruch kann es häufig zu Muskelverspannungen im Bereich der Wirbelsäule kommen. Die Verspannungen sind meistens lokal dort, wo der Bruch ist. Die Verspannungen können abhängig von Bewegungen auch in andere Körperpartien ausstrahlen.

Parästhesien in den Beinen sind sehr unangenehm und können den nächtlichen Schlaf stören. Eine Parästhesie (altgriech. par "neben", aisthesis "Wahrnehmung") ist eine krankhafte Empfindung. Sie hat keine erkennbare Ursache. Beispielsweise treten bei Patienten mit Schädigung des Schienbeinnervs (Nervus tibialis) folgende Parästhesien auf: Kribbeln, Taubheit und "Ameisenlaufen" am Unterschenkel. Auch Störungen der Kälte- und Wärmeempfindungen zählen zu den Parästhesien. Parästhesien treten fast immer an mehreren Stellen auf. Diabetes, Alkoholmissbrauch und einige Medikamente können ebenfalls Parästhesien hervorrufen.

Diagnose

Bei Verdacht auf einen Wirbelbruch führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch und erfragt die Krankengeschichte (Anamnese). Wichtige Fragen sind:

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  • Hatten Sie einen Unfall?
  • Haben Sie Schmerzen? Wo genau und bei welchen Bewegungen?
  • Haben Sie Taubheitsgefühle in Armen oder Beinen?

Zudem werden bildgebende Verfahren eingesetzt:

  • Röntgenaufnahmen: Eine Röntgenuntersuchung in zwei Ebenen ist ein wichtiger Bestandteil bei der Diagnostik der Wirbelfraktur. Des Weiteren werden Funktionsaufnahmen gemacht. Sie erlauben eine genaue Beurteilung, ob Bandscheiben oder Bänder mitverletzt wurden. Außerdem werden die Abstände der Dornfortsätze der Wirbel, die Wirbelkörperhöhlen und die Wirbelform beurteilt.
  • Computertomografie (CT): Für schlecht einsehbare Bereiche eignet sich die Computertomografie (CT) besonders gut als bildgebendes Verfahren. Das gilt vor allem für den Übergangsbereich der Halswirbelsäule zur Brustwirbelsäule. Verletzungen in diesem Bereich lassen sich mittels CT exakt einschätzen. Liegen Nervenausfälle vor, wird immer ein CT gemacht.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Eine Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) ist bei akuten Verletzungen in der Regel nicht erforderlich. Sie wird nur dann eingesetzt, wenn auch Rückenmark und Bandscheiben verletzt sein könnten. Die MRT-Untersuchung von Kompressionsfrakturen des Wirbelkörpers liefert wichtige Hinweise zum Zeitverlauf. Das ist für die Therapie von Bedeutung: Nur relativ frische Wirbelfrakturen im Alter von maximal 12 Wochen nach dem Ereignis können durch eine Kyphoplastie noch aufgerichtet werden.

Behandlung

Die Behandlung eines Wirbelbruchs richtet sich nach der Art des Bruchs (stabil oder instabil), dem Alter des Patienten und dem Vorliegen von neurologischen Ausfällen.

Konservative Behandlung

Ein stabiler Bruch wird in der Regel konservativ behandelt:

  • Schonung und Bettruhe: Dem Patienten wird empfohlen, sich zu schonen und Bettruhe einzuhalten, bis sich die Schmerzen gebessert haben.
  • Schmerzmittel: Schmerzen werden symptomatisch durch entsprechend wirksame Medikamente bekämpft.
  • Korsett: Einige Brüche erfordern das Tragen eines festen Korsetts für sechs bis acht Wochen. Bei der konservativen Therapie von Wirbelbrüchen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule kommt ein Drei-Punkte-Korsett oder ein Gips-(Kunststoff-)Korsett zum Einsatz.
  • Physiotherapie: Um Taubheitsgefühle zu lindern, sind bestimmte Übungen und Verhaltensweisen hilfreich. Die Physiotherapie spielt eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Taubheitsgefühlen. Durch gezielte Übungen, Mobilisationstechniken und manuelle Therapie kann die Physiotherapie helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern. Nervendehnübungen sind eine effektive Methode, um Taubheitsgefühle zu behandeln und die Nervenfunktion zu verbessern.

Operative Behandlung

Ein instabiler Wirbelbruch wird in der Regel operativ behandelt, um das Rückenmark zu schützen und die Wirbelsäule zu stabilisieren. Alle Brust- und Lendenwirbelbrüche die durch eine Distraktion oder eine Rotations-Scherbewegung entstanden sind, müssen operativ stabilisiert werden, da in der Regel neben dem Wirbelkörper auch die Knochen und Bänder des hinteren Wirbelsäulenabschnitts mit verletzt sind. Dadurch wird der Bruch instabil und kann durch eine Verschiebung der Knochen zu einer Verletzung des Rückenmarkes und der Nervenwurzeln führen. Gleiches gilt für Kompressionsbrüche, die zu einer vollständigen Zerberstung des Wirbelkörpers geführt haben.

Es gibt verschiedene operative Verfahren:

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  • Laminektomie: Entfernung von Teilen des Wirbelkörpers zur Entlastung der Nerven.
  • Kyphoplastie/Vertebroplastie: Bei spontanen Frakturen, die zum Beispiel durch Osteoporose entstanden sind, wird entweder eine Kyphoplastie oder eine Vertebroplastie durchgeführt. Die Kyphoplastie ist eine minimalinvasive Methode, bei der der eingebrochene Wirbelkörper mit einem Ballon wieder aufgerichtet wird. Anschließend stabilisiert der Chirurg die Höhe des Wirbels, indem er Zement einspritzt. Die Vertebroplastie ist ebenfalls eine minimalinvasive Methode, um den gebrochenen Wirbelkörper zu stabilisieren. Auch hier wird Zement in den Wirbelkörper eingespritzt.
  • Osteosynthese: Verschraubung oder Verplattung des Knochenbruchs. Bei der Osteosynthese wird der Knochenbruch verschraubt oder verplattet. Ein Bruch des Dens (dornartiger Fortsatz des zweiten Halswirbels) oder ein beidseitiger Bruch des Wirbelbogens wird in der Regel verschraubt. Brüche der Brust- und Lendenwirbelsäule werden über mehrere Segmente fixiert (Fixateur interne).
  • Spondylodese: Bei einer Spondylodesebehandlung (Versteifungs-Operation) werden zwei oder mehr Wirbel mit einem Knochenspan oder einer Platte versteift. Dieser Eingriff kommt in der Regel bei Verletzungen der Bänder und Bandscheiben der Halswirbelsäule in Frage.

Ziele der operativen Behandlung

Die Ziele der operativen Stabilisierung von Brüchen der Brust- und Lendenwirbelsäule lauten:

  • Beseitigung von Knochenfragmenten, welche auf Rückenmark oder Nerven drücken,
  • Wiederherstellung der normalen Form der Wirbelsäule,
  • dauerhafte Stabilisierung des Bruches.

OP Ablauf

Diese Ziele werden an der Brust- und Lendenwirbelsäule zumeist durch eine Operation vom Rücken her erreicht. In die gesunden Wirbel oberhalb und unterhalb des gebrochenen Wirbels werden Schrauben eingesetzt. Drückt ein Knochenfragment von vorne auf das Rückenmark, so wird der Wirbelbogen entfernt und dem Rückenmark so mehr Platz verschafft.Die Schrauben werden über Stäbe miteinander verbunden. Über dieses Schrauben-Stab-System wird der Bruch wieder aufgerichtet und gehalten. Instabile Wirbelbrüche erfordern nach ca. 4 - 6 Wochen noch eine zweite Operation von vorne, dabei wird der gebrochene Wirbel gegen seine gesunden Nachbarwirbel abgestützt.

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung nach einem Wirbelbruch ist entscheidend für den Heilungsprozess. Der Patient erlernt Techniken, die es ihm ermöglichen, sich in den ersten Wochen nach der Operation rückenschonend zu bewegen. Sitzen ist sofort möglich. Schritt für Schritt erlangt der Patient seine alte Mobilität und Selbstständigkeit zurück. Nach ca. 7 - 10 Tagen kann der Patient aus der Klinik entlassen werden. Für den Zeitraum von sechs Wochen wird der Patient weiter ambulant stabilisierende Krankengymnastik durchführen, um seine Rumpfmuskulatur zu kräftigen. Dazu gehören:

  • Physiotherapie: Eine gezielte Behandlung mit gezielten Übungen kann helfen, die Beweglichkeit zu verbessern, die Muskulatur zu stärken und die Schmerzen zu reduzieren.
  • Schmerzmanagement: Es gibt verschiedene Ansätze zur Behandlung chronischer Schmerzen nach einem Wirbelbruch. Besonders chronische Schmerzen erfordern eine gute Schmerztherapie und Einstellung der Schmerzen, sodass sie das Leben der Patienten nicht zu sehr einschränken.
  • Orthesen: Orthesen können bei verschiedenen Formen von Wirbelfrakturen zum Einsatz kommen, sowohl bei konservativ-frühfunktionellen Behandlungen als auch in der Nachbehandlungsphase nach Operationen. Bei einem Wirbelbruch der Lendenwirbelsäule (LWS) stützt und stabilisiert eine Orthese (ähnlich wie ein Korsett) das betroffene Segment und verhindert so unerwünschte Bewegungen, die das Behandlungsergebnis gefährden würden.

Prognose und Spätfolgen

Krankheitsverlauf und Prognose bei einem Wirbelbruch sind in der Regel gut. Dabei spielt es jedoch eine große Rolle, ob Nervengewebe verletzt wurde. Zudem besteht auch nach dem Trauma noch die Gefahr, dass der Wirbelsäulenkanal eingeengt wird oder Nachbarsegmente sich degenerativ verändern. Nach der operativen Stabilisierung eines Brust- oder Lendenwirbelbruches kann der Patient bereits am ersten Tag nach der Operation aus dem Bett aufstehen. Dies geschieht noch in Begleitung der Krankengymnasten. Sportverbot herrscht für sechs Monate, Schwimmen und Radfahren sind allerdings schon nach drei Monaten wieder erlaubt. Eine Rückkehr an den Arbeitsplatz ist - je nach Tätigkeit - nach sechs bis 12 Wochen zu erwarten.

Mögliche Spätfolgen sind:

  • Statikstörung: Nachdem der Wirbelbruch ausgeheilt ist, können sich orthopädische Probleme hinsichtlich der Statik ergeben.
  • Rückenmarksläsion: Bei allen Wirbelverletzten besteht das Risiko einer Verletzung des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln. Im äußersten Fall tritt eine Querschnittslähmung ein.
  • Posttraumatische Kyphose: Brechen die Wirbel von vorne ein, kann sich die nach hinten konvexe Ausbiegung der Wirbelsäule verstärken.
  • Posttraumatische Skoliose: Eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) entsteht, indem sich die Seitenkanten erniedrigen.

Vorbeugung

Einem Wirbelbruch kann man durch verschiedene Maßnahmen vorbeugen:

  • Osteoporose-Prophylaxe: Regelmäßige Messung der Knochendichte und Anpassung des Lebensstils an die Ausdünnung der Knochenstruktur kann die Osteopenie - den Knochenschwund - verhindern oder verlangsamen. Aktivität jeder Art ist günstig für den Erhalt und den Schutz des Skelettsystems, auch der Wirbelkörper. Körperliche Bewegung kann eine Osteoporose effektiv aufhalten oder verlangsamen.
  • Sturzprophylaxe: Vermeidung von Stürzen, insbesondere im Alter.
  • Gesunde Lebensweise: Ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung, Vermeidung von Übergewicht und Rauchen.
  • Ergonomischer Arbeitsplatz: Achten Sie auf eine ergonomische Einrichtung Ihres Arbeitsplatzes.

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