Eine Wurzelbehandlung ist ein häufiger Eingriff zur Zahnerhaltung, bei dem entzündetes oder infiziertes Gewebe aus dem Zahninneren entfernt wird. Obwohl die Behandlung darauf abzielt, Schmerzen zu lindern und den Zahn zu retten, können in einigen Fällen nach der Wurzelbehandlung Beschwerden wie Taubheitsgefühl auftreten. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für Taubheitsgefühle nach einer Wurzelbehandlung und stellt verschiedene Behandlungsansätze vor.
Ursachen für Taubheitsgefühl nach Wurzelbehandlung
Taubheitsgefühle nach einer Wurzelbehandlung können verschiedene Ursachen haben. Hier sind einige der häufigsten Gründe:
- Überinstrumentierung oder Überfüllung des Wurzelkanals: Während der Wurzelkanalbehandlung wird der Wurzelkanal eröffnet, gereinigt und der geschädigte Zahnnerv entfernt. Eine der Risiken besteht darin, dass der Wurzelkanal über das eigentliche Ende hinaus instrumentiert oder gefüllt wird. Dies kann zu einer Schädigung der Nerven führen, die in der Nähe des Zahnes verlaufen. Laut einer Studie liegt das Risiko einer Nervschädigung durch endodontische Behandlungen aufgrund einer Überfüllung des Wurzelkanals oder Überinstrumentierung bei etwa einem Prozent im Unterkiefer.
- Nervverletzung durch Anästhesie: Um die Schmerzen während der Wurzelbehandlung zu minimieren, wird in der Regel eine Lokalanästhesie eingesetzt. In seltenen Fällen kann es bei der Injektion des Anästhetikums zu einer Verletzung eines Nervs kommen. Dies kann zu vorübergehenden oder dauerhaften Taubheitsgefühlen im Bereich der Lippe, des Kinns oder der Zunge führen.
- Entzündung im Bereich der Wurzelspitze: Auch nach einer erfolgreichen Wurzelbehandlung kann es in einigen Fällen zu einer Entzündung im Bereich der Wurzelspitze kommen. Diese Entzündung kann auf die umliegenden Nerven drücken und Taubheitsgefühle verursachen.
- Druck auf den Nerv durch Schwellung: Nach einer Wurzelbehandlung kann es zu Schwellungen im Bereich des behandelten Zahnes kommen. Diese Schwellung kann auf die umliegenden Nerven drücken und Taubheitsgefühle verursachen.
- Verwendung minderwertiger Schmerzmittel: Die Verwendung minderwertiger Lokalanästhetika, eine falsche Dosierung oder die Beschädigung von Nervengewebe bei der Injektion kann ebenfalls Ursache für Taubheitsgefühle sein.
Symptome
Häufig auftretende Symptome nach einer Wurzelbehandlung, die auf eine Nervschädigung hindeuten können, sind Kribbeln, Jucken oder Taubheitsgefühl. Es ist wichtig zu beachten, dass die Symptomatik auch erst nach einiger Zeit auftreten kann.
Diagnose
Um die Ursache für das Taubheitsgefühl zu ermitteln, wird der Zahnarzt eine gründliche Untersuchung durchführen. Dazu gehören in der Regel:
- Anamnese: Der Zahnarzt wird Fragen zur Krankengeschichte des Patienten stellen, um mögliche Risikofaktoren zu identifizieren.
- Klinische Untersuchung: Der Zahnarzt wird den betroffenen Bereich untersuchen, um Anzeichen von Entzündungen, Schwellungen oder anderen Auffälligkeiten zu erkennen.
- Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen können helfen, die Position der Wurzelfüllung zu beurteilen und mögliche Schädigungen des umliegenden Gewebes zu erkennen.
- Sensibilitätsprüfung: Der Zahnarzt kann eine Sensibilitätsprüfung durchführen, um die Funktion der Nerven im betroffenen Bereich zu überprüfen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Taubheitsgefühlen nach einer Wurzelbehandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Hier sind einige der möglichen Behandlungsansätze:
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- Abwarten und Beobachten: In vielen Fällen verschwindet das Taubheitsgefühl von selbst wieder, insbesondere wenn es durch eine vorübergehende Nervreizung verursacht wurde. Der Zahnarzt wird den Patienten in diesem Fall bitten, abzuwarten und den Bereich zu beobachten.
- Medikamentöse Behandlung: Bei Entzündungen oder Schwellungen können entzündungshemmende Medikamente oder Schmerzmittel eingesetzt werden, um die Beschwerden zu lindern.
- Physiotherapie: In einigen Fällen kann Physiotherapie helfen, die Funktion der Nerven im betroffenen Bereich wiederherzustellen.
- Chirurgische Intervention: Wenn das Taubheitsgefühl durch eine Überfüllung des Wurzelkanals oder eine andere anatomische Ursache verursacht wird, kann eine chirurgische Intervention erforderlich sein, um das Problem zu beheben. In dem anfangs genannten Fall aus Rostock musste der Zahn aufgrund der parodontalen Schädigung extrahiert werden, nachdem festgestellt wurde, dass er über die Wurzel hinaus gefüllt worden war.
- Wurzelspitzenresektion: Ist eine Entzündung an der Wurzelspitze so weit fortgeschritten, dass eine Wurzelkanalbehandlung nicht ausreicht oder wegen der Krümmung des Wurzelkanals nicht möglich ist, kann eine Wurzelspitzenresektion durchgeführt werden. Bei diesem Eingriff wird entzündetes Gewebe an der Wurzelspitze chirurgisch entfernt.
Die Wurzelspitzenresektion im Detail
Die Wurzelspitzenresektion (WSR) ist ein Standardoperationsverfahren zur Zahnerhaltung, bei dem entzündetes Gewebe an der Wurzelspitze chirurgisch entfernt wird.
Unterschied zur Wurzelbehandlung
Der Unterschied zur Wurzelkanalbehandlung ist, dass bei der Wurzelkanalbehandlung die Entzündung durch die Wurzelkanäle von innen her behandelt wird. Bei der Resektion der Wurzelspitze muss dagegen von außen das Zahnfleisch bis zur Wurzelspitze geöffnet werden. Beide Verfahren sind Maßnahmen aus dem Bereich der Endodontie und werden oft parallel durchgeführt. Anschließend wird der Wurzelkanal mit einer Wurzelfüllung verschlossen, um ein weiteres Eindringen von Bakterien zu verhindern. Beide Verfahren werden jedoch nur dann durchgeführt, wenn der betroffene Zahn erhaltungswürdig ist. Er muss nach der Operation mit einer Zahnfüllung oder Krone abschließend behandelbar sein, damit die Wundfläche und die behandelte Wurzelspitze ohne Eindringen weiterer Bakterien ausheilen kann.
Wann ist eine Wurzelspitzenresektion nötig?
Eine Wurzelspitzenresektion ist nötig, wenn eine Entzündung an der Wurzelspitze so weit fortgeschritten ist, dass eine Wurzelkanalbehandlung nicht ausreicht oder wegen der Krümmung des Wurzelkanals nicht möglich ist. Ferner ist die Wurzelspitzenresektion eine Möglichkeit zum Zahnerhalt unter anderem bei einer Wurzelfraktur, bei Zysten oder Tumorverdacht. Weitere Gründe für eine Wurzelspitzenresektion nach einer Wurzelbehandlung sind unter anderem, wenn die Entzündung trotz Wurzelkanalbehandlung bestehen bleibt, es steckt ein abgebrochenes Wurzelbehandlungsinstrument fest oder der Wurzelkanal verfügt neben der Wurzelspitze über Seitenkanäle, die mit den Instrumenten nicht erreicht werden können. Gegen eine WSR spricht zum Beispiel, wenn ein operativer Eingriff wegen des allgemeinen Gesundheitszustandes des Patienten nicht zumutbar ist. Gleiches gilt, wenn der Zahnhalteapparat oder die Wurzel bereits zu sehr zerstört sind. Dann hilft nur noch die Entfernung des Zahnes. Damit es so weit erst gar nicht kommt, sind regelmäßige Kontrollen und eine professionelle Zahnreinigung wichtig. Denn je eher ein Problem an den Zähnen erkannt wird, desto einfacher kann es behoben werden.
Vor- und Nachteile
Ein Vorteil ist, dass betroffenes Gewebe schnell mit einem operativen Eingriff entfernt werden kann. Der Nachteil daran ist jedoch, dass dieser operative Eingriff auch den Kieferknochen betrifft und sich der Heilungsprozess hinziehen kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Entzündung des Wurzelkanals sehr gering ist.
Ablauf einer Wurzelspitzenresektion
- Lokalisierung der Entzündung: Am Beginn des Eingriffs steht die Diagnose der Entzündung im Bereich der Wurzelspitze. Erst wenn feststeht, dass die Entzündung nicht mit einer regulären Wurzelkanalbehandlung therapiert werden kann, wird eine Wurzelresektion unter örtlicher Betäubung vorgenommen. Die gesamte Behandlung dauert ca. eine halbe Stunde, kann aber je nach Fall auch in kürzerer Zeit erfolgen.
- Entfernung des entzündeten Gewebes: Anders als bei einer Wurzelkanalbehandlung wird die Wurzelspitze des Zahns nicht durch die Zahnkrone zugänglich gemacht. Stattdessen wird die Zahnwurzel durch den Kieferknochen von außen erreicht. Zahnfleisch sowie die Knochenhaut des geschädigten Zahns werden durchtrennt. Auf diese Weise ist es dem Arzt möglich, das Gewebe zu erreichen und der Kieferknochen, unter welchem die Wurzelspitze liegt, abzutragen bis die Wurzelspitze im Inneren des Zahns zu sehen ist.
- Entfernung der Wurzelspitze: Die Wurzelspitze wird um etwa drei Millimeter gekürzt. Liegt eine erhebliche Krümmung der Wurzel vor oder ist in einer früheren Wurzelkanalbehandlung ein hauchfeines Instrument abgebrochen und im Wurzelkanal verblieben, ist in manchen Fällen auch eine stärkere Kürzung notwendig. Daraufhin wird der Bereich gründlich desinfiziert und der Wurzelkanal mit einer speziellen Füllung versehen, so dass der Zahn gründlich versiegelt ist. Gewebe, das zuvor freigelegt wurde, wird zurückgeklappt und die Wunde vernäht. Am Schluss erfolgt anhand neuer Röntgenaufnahmen die Kontrolle der Wurzelspitzenresektion sowie die Füllung der Wurzelkanäle.
Heilungsdauer und Erfolgskontrolle
Etwa sieben bis zehn Tage nach der Wurzelresektion ist die Wunde im Weichgewebe des Zahninnern in den meisten Fällen ausgeheilt und die Nähte können entfernt werden. Um die Heilung im Bereich des Knochens zu kontrollieren, werden nach etwa drei bis sechs Monaten neue Röntgenbilder angefertigt. Nach Ablauf dieser Heilungsphase kann der Behandlungserfolg zuverlässig überprüft werden.
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Risiken und Nebenwirkungen
Bei einer Wurzelspitzenresektion handelt es sich um einen operativen Eingriff. Somit bestehen auch hier Risiken wie bei jeder anderen OP. Zu diesen gehören beispielsweise Nachblutungen, Infektionen, Wundheilungsstörungen, Schmerzen sowie Schwellungen und Gefühlsstörungen an Zunge, Kinn und/oder Unterlippe, die schlimmstenfalls bleibend sind.
- Verletzung der Kieferhöhle: Wird die Kieferhöhle im Rahmen einer Wurzelspitzenresektion gereizt oder verletzt, kann es zu einer Entzündung kommen. Wird im Oberkiefer zusätzlich eine Kieferhöhle eröffnet, muss die Wunde dicht vernäht werden und der Betroffene darf etwa 4 Wochen nicht durch die Nase schnäuzen. Ebenso können an Mundboden und Nasenhöhle Wunden entstehen.
- Nervenverletzungen: Vor allem im Bereich des Unterkiefers besteht die Gefahr, dass nach einer Wurzelspitzenresektion Gefühlsstörungen zurückbleiben. Wird der Eingriff an den Vorbackenzähnen und Backenzähnen durchgeführt, kommt es unter Umständen zur Taubheit der Unterlippe. Grund dafür ist der sogenannte 3. Trigeminusast. Dieser Nerv verläuft an den unteren Zahnwurzeln und ist für das Gefühl in Unterlippe und der unteren Zahnpartie zuständig. Wird dieser Nerv während der OP durch mechanische Reizung oder durch eine darauf folgende Entzündung geschädigt, kann es zu Beschwerden kommen. Bei den meisten Patienten klingen diese wieder ab, in seltenen Fällen bleiben sie jedoch dauerhaft bestehen.
- Beschädigung umliegender Zahnwurzeln: Wenn die Zahnwurzeln des Patienten sehr eng beieinander liegen, besteht die Gefahr, dass gesunde, umliegende Wurzeln während des Eingriffs verletzt werden.
Heilungsverlauf nach der Behandlung
Wie bei allen chirurgischen Eingriffen sollten große körperliche Anstrengungen vermieden werden. Bis 24 Stunden nach dem Eingriff darf nicht geraucht oder Kaffee und Tee getrunken werden. Nahrung darf man nach dem Abklingen der örtlichen Betäubung wieder zu sich nehmen. Um sich Linderung direkt nach der Operation zu verschaffen, hilft Kühlung. Gleichzeitig ist die Kühlung eine Prävention gegen Hämatome und Schwellungen. Für den weiteren Heilungsverlauf ist eine gute Mundhygiene wichtig. Die Nähte werden etwa nach ein bis anderthalb Wochen entfernt und nach ein paar Monaten erfolgt eine Kontrolle des behandelten Zahnes mittels Röntgenaufnahme.
Kosten
Bei den Kosten und der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung gibt es ein paar Dinge zu beachten und zu unterscheiden. Die Kosten für Wurzelkanalbehandlungen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse nur, wenn der Zahn als erhaltenswert eingestuft wird. Bei der Wurzelspitzenresektion übernimmt die Kasse meist die Kosten nur bei Zähnen des Front- und Seitenbereichs. Auch dabei muss der betreffende Zahn vom behandelnden Zahnarzt als erhaltungswürdig eingestuft sein.
Weitere Fälle, in denen die Krankenversicherung die Kosten übernimmt, sind:
- wenn der betreffende Backenzahn sich innerhalb einer vollständigen Zahnreihe befindet und noch keine Lücke besteht,
- wenn das Ende der Zahnreihe nur einseitig verkürzt wird oder
- wenn es schon einen Zahnersatz gibt, der aufgrund des chirurgischen Eingriffs erhalten bleibt.
Lehnt die Kasse die Kostenübernahme jedoch ab, bleiben eigentlich nur zwei letzte Möglichkeiten: Entweder bezahlt man die Behandlung als private Leistung selbst oder der Zahn muss entfernt werden. Verlässliche Zahlen für die Höhe der Kosten bei einer privaten Leistung zu nennen, ist sehr schwierig, da sich die Kosten nach dem Aufwand richten und der Aufwand ist wiederum von Fall zu Fall unterschiedlich.
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Vorbeugung
Um Taubheitsgefühlen nach einer Wurzelbehandlung vorzubeugen, ist es wichtig, einen erfahrenen Zahnarzt aufzusuchen, der über fundierte Kenntnisse der Anatomie des Mund- und Kieferbereichs verfügt. Eine sorgfältige Planung und Durchführung der Behandlung, sowie die Verwendung moderner Techniken können dazu beitragen, das Risiko von Nervschädigungen zu minimieren. Auch regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine gute Mundhygiene sind wichtig, um Entzündungen und andere Komplikationen zu vermeiden.
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