Ein Taubheitsgefühl im Oberschenkel ist ein neurologisches Symptom, das durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden kann. Es äußert sich als ein Gefühl der Taubheit, Kribbeln oder veränderten Empfindung im Bereich des Oberschenkels. Die Ursachen können vielfältig sein und reichen von harmlosen Verspannungen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen, Diagnoseverfahren und Behandlungsansätze, um Ihnen einen umfassenden Überblick über das Thema zu geben.
Was ist ein Taubheitsgefühl im Oberschenkel?
Unter einem Taubheitsgefühl im Oberschenkel versteht man eine durch verschiedene Ursachen ausgelöstes neurologisches Beschwerdebild, das zu einem Gefühl der Taubheit oder des Kribbelns im Bereich des Oberschenkels führt und dessen Ursachen unter Umständen behandelt werden müssen.
Ursachen für Taubheitsgefühle im Oberschenkel
Taubheitsgefühle im Oberschenkel können vielfältige Ursachen haben. Diese lassen sich grob in folgende Kategorien einteilen:
Meralgia Paraesthetica (Leistentunnelsyndrom)
Die Meralgia paraesthetica, auch bekannt als Leistentunnelsyndrom, ist eine häufige Ursache für Taubheitsgefühle im Oberschenkel. Dabei kommt es zu einer Kompression des Nervus cutaneus femoris lateralis (NCFL), einem rein sensiblen Nerv, der für die Gefühlsempfindung an der Vorder- und Außenseite des Oberschenkels zuständig ist.
Wie kommt es zur Kompression des Nervs?
- Äußere Druckeinwirkung: Übergewicht, enge Kleidung (z.B. Hosen, Gürtel), Schwangerschaft oder Narbenbildung nach Operationen können den Druck auf den Nerv erhöhen.
- Anatomische Faktoren: Eine ungünstige anatomische Lage des Nervs oder Veränderungen an Muskeln (z.B. Musculus psoas major) können zu einer Einklemmung führen.
- Sportliche Aktivität: Bestimmte Sportarten, bei denen das Hüftgelenk dauerhaft in Flexionsstellung steht, können die Symptome verschlimmern.
Symptome der Meralgia Paraesthetica:
- Brennender Schmerz an der Vorder- und Außenseite des Oberschenkels
- Taubheitsgefühle
- Kribbeln oder Ameisenlaufen
- Überempfindlichkeit bei Berührung
Muskelverhärtungen und Überlastungen
Muskelverhärtungen im Bereich des Oberschenkels, Unterschenkels, der Leiste oder der Lendenwirbelsäule können auf sensible Nerven drücken und so Taubheitsgefühle verursachen. Auch Überlastungen des Oberschenkels, Rückens oder Oberkörpers können zu Taubheitsgefühlen führen.
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Bandscheibenvorfall
Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) kann ebenfalls Taubheitsgefühle im Oberschenkel verursachen. Verrutschtes Bandscheibengewebe drückt auf austretende Nervenwurzeln und führt zu einer Kompression des Nervs.
Vitaminmangel
Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, insbesondere Vitamin B12, kann zu Taubheitsgefühlen im Oberschenkel führen. Vitamin B12 ist wichtig für die Funktion der Nerven.
Nervenentzündungen
Entzündungen der Nerven im Bereich der Wirbelsäule können ebenfalls zu Reizungen sensibler Nerven und damit zu Taubheitsgefühlen führen.
Multiple Sklerose (MS)
Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Myelinscheiden (Schutzschicht der Nervenfasern) geschädigt werden. Dies kann zu Störungen der Nervenleitgeschwindigkeit und damit zu Taubheitsgefühlen im Oberschenkel führen.
Psychosomatische Ursachen
Taubheitsgefühle im Oberschenkel können auch psychosomatische Ursachen haben oder im Zusammenhang mit Panikattacken und Hyperventilation auftreten.
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Lipödem
Das Lipödem ist eine Fettverteilungsstörung, die vor allem die Oberschenkel betrifft. Die vermehrte Einlagerung von Fettgewebe kann zu einer Kompression und Reizung der sensiblen Hautnerven im Oberschenkel führen.
Taubheitsgefühl nach Sport
Nach sportlicher Betätigung kann es ebenfalls zu Taubheitsgefühlen im Oberschenkel kommen. Dies kann durch Überlastung oder ungewohnte Belastungen verursacht werden.
Taubheitsgefühl nach Hüftoperation
Nach einer Hüftoperation kann es zu Nervenschädigungen kommen, insbesondere des Nervus femoralis oder des Nervus cutaneus femoris lateralis, die Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Schmerzen im Oberschenkel verursachen können.
Weitere mögliche Ursachen
- Rückenmarksverletzungen
- Leistenbruch
- Gürtelrose
- Diabetes
- Medikamente
- Vergiftungen
Symptome, die mit Taubheitsgefühlen im Oberschenkel einhergehen können
- Schmerzen (stechend, brennend, beißend)
- Schwellungen im Bereich des Oberschenkels
- Leistenschmerzen
- Rückenschmerzen
- Kribbeln
- Muskel- oder Nervenbrennen
- Bewegungseinschränkungen
Diagnose
Die Diagnose von Taubheitsgefühlen im Oberschenkel umfasst in der Regel folgende Schritte:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die genaue Beschreibung der Beschwerden, Begleitsymptome, Vorerkrankungen und eventuelle Auslöser.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Sensibilität des Oberschenkels, die Reflexe und die Muskelfunktion. Ein Beklopfen bestimmter Hautbereiche kann Schmerzen hervorrufen (Hoffmann-Tinel-Zeichen).
- Neurologische Untersuchung: Eine ausführliche Sensibilitätsprüfung wird mit einem Pinsel durchgeführt, um das Ausmaß der Sensibilitätsstörung festzustellen. Anhand dieses Bereiches kann man schon beurteilen, welche Nerven dieses Gebiet versorgen.
- Bildgebende Verfahren:
- Ultraschall: Im Ultraschall kann man dicht unter der Haut liegende Strukturen, wie Muskeln, Sehnen und auch Blutgefäße sehen und beurteilen. Entzündliche Flüssigkeiten und auch Hämatome lassen sich im Ultraschall ebenfalls darstellen und geben Hinweis auf eine entzündliche Ursache.
- Röntgen: Röntgenbilder zeigen vor allem Knochen und auch Sehnen, wenn diese im Verlauf verkalkt sind. Hat man vor allem nach einem Unfall den Verdacht, dass Knochen des Oberschenkels verletzt ist und die Ursache für das angegebene Taubheitsgefühl ist, kann man eine Röntgenaufnahme in 2 Ebenen im Bereich des Oberschenkels durchführen.
- MRT (Magnetresonanztomographie): Auch wenn man den Verdacht hat, dass Muskeln ggfs diese Nerven komprimieren oder auch, wenn Hämatome im Bereich des Oberschenkels vermutet werden und sich vielleicht sogar auch schon im Ultraschall dargestellt haben, kann man eine MRT Untersuchung durchführen, die dann vor allem das räumliche Ausmaß dieser Hämatome genauer darstellen kann. Eine MRT Untersuchung ist strahlungsfrei und dauert ca.
- Elektrophysiologische Untersuchungen:
- Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Neurografie): Diese Untersuchung misst, wie schnell elektrische Signale entlang der Nervenfasern geleitet werden. Sie kann helfen, Nervenschädigungen zu identifizieren.
- Evozierte Potenziale: Spezielle Hirnstrommessung (evozierte Potenziale)
Behandlung
Die Behandlung von Taubheitsgefühlen im Oberschenkel richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Folgende Behandlungsansätze können zum Einsatz kommen:
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Konservative Behandlung
- Schmerzmittel: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Bei Bedarf können auch stärkere Schmerzmittel verschrieben werden.
- Physiotherapie: Physiotherapie hilft, die Muskulatur des Oberschenkels, der Hüfte und des Beckens zu stärken und so eine bessere Körperhaltung einzunehmen, die die Entlastung des Nerven begünstigt. Auch bei einem Bandscheibenvorfall kann dieser oft auch konservativ durch entsprechende Physiotherapie behandelt werden.
- Gewichtsreduktion: Bei Übergewicht kann eine Gewichtsreduktion helfen, den Druck auf den Nervus cutaneus femoris lateralis zu verringern.
- Vermeidung enger Kleidung: Das Tragen lockerer Kleidung kann den Druck auf den Nerv reduzieren.
- Anpassung der sportlichen Betätigung: Vermeidung von Sportarten, bei denen das Hüftgelenk dauerhaft in Flexionsstellung steht.
- Hydrodissektion: Bei der Hydrodissektion wird das den Nerven umgebende Gewebe mit Zuckerlösung gespült. Dem Nerven wird so mehr Platz geschaffen und die Kompression auf ihn verringert. In der Praxis Auromedicum beginnt die Behandlung einer Meralgia Parästhetica mit einer ultraschallgestützten Hydrodissektion, bei der gezielt Flüssigkeit um das betroffene Gewebe injiziert wird. Dieser Prozess dient nicht nur dazu, den Druck zu reduzieren und die Nerven zu entlasten, sondern auch Verklebungen im Gewebe zu lösen, die die Schmerzen verursachen können. Parallel werden Triggerakupunktursitzungen durchgeführt, um die hüftumgebende Muskulatur zu lockern und den Heilungsprozess zu unterstützen. Diese Therapiemaßnahmen können noch um Physiotherapie ergänzt werden, um die Beweglichkeit und Funktion der Hüfte und der Hüftbeugemuskulatur zu verbessern, sowie um verklebte Faszien zu lösen und muskuläre Dysbalancen zu korrigieren. Eine Laufbandanalyse rundet den Behandlungsablauf ab, indem sie biomechanische Fehlbelastungen identifiziert, sodass individuelle Anpassungen in der Therapie oder im Schuhwerk möglich sind. Diese ganzheitliche Vorgehensweise gewährleistet eine effektive Behandlung der Meralgia Parästhetica.
- Injektionen: Es kann vorteilhaft sein, mehrere Behandlungsmethoden zu kombinieren. Außerdem kann ein Medikament zur örtlichen Betäubung in das Gewebe gespritzt werden (Infiltration). Auch Kortison kommt hier manchmal in Betracht.
Operative Behandlung
Eine Operation kommt nur in seltenen Fällen in Betracht, wenn die konservativen Maßnahmen nicht erfolgreich sind oder die Beschwerden sehr stark sind. Es gibt verschiedene operative Verfahren:
- Dekompression des Nervs: Bei diesem Eingriff werden einengende Strukturen beseitigt, um den Nerv zu entlasten (Neurolyse).
- Neurektomie: In seltenen Fällen kann der Nerv durchtrennt werden (Neurektomie). Diese Methode führt zu einem dauerhaften Verlust des Empfindungsvermögens im betroffenen Hautbereich und gilt als letzter Ausweg. Hier wird in einem neurochirurgischen Eingriff die herausgerutschte und komprimierende Bandscheibe abgetragen und so der eingeklemmte Nerv befreit.
Weitere Behandlungsansätze
- Behandlung eines Vitaminmangels: Bei einem nachgewiesenen Vitaminmangel kann eine entsprechende Supplementierung erfolgen.
- Behandlung der Grunderkrankung: Bei Erkrankungen wie Diabetes oder Multipler Sklerose steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
Was können Sie selbst tun?
- Vermeiden Sie enge Kleidung: Tragen Sie lockere Kleidung, die nicht auf den Oberschenkel drückt.
- Achten Sie auf Ihr Gewicht: Bei Übergewicht kann eine Gewichtsreduktion helfen, den Druck auf den Nerv zu verringern.
- Vermeiden Sie Streckbewegungen im Hüftgelenk: Vermeiden Sie Bewegungen, die den Nervus cutaneus femoris lateralis zusätzlich belasten.
- Ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes: Besonders Menschen, die bei der Arbeit viel sitzen, kann eine ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes guttun.
- Nehmen Sie Kontakt auf: Bitte nutzen Sie unser Kontaktformular für jegliche Anliegen, wie beispielsweise Rezeptanfragen, Feedback oder Fragen zu unserer Praxis im Allgemeinen. Unser freundliches Praxisteam wird Ihre Anfrage schnellstmöglich bearbeiten und sich mit Ihnen in Verbindung setzen. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn:
- Taubheitsgefühle im Oberschenkel plötzlich auftreten oder sich verschlimmern.
- Die Taubheitsgefühle von Schmerzen, Schwäche oder anderen neurologischen Symptomen begleitet werden.
- Die Taubheitsgefühle die Lebensqualität beeinträchtigen.
- Der Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall besteht.
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