TCM-Ernährung bei Polyneuropathie: Ein umfassender Leitfaden

Polyneuropathie (PNP) ist eine neurologische Erkrankung, die durch Schäden an den peripheren Nerven gekennzeichnet ist und Symptome wie Taubheitsgefühle und Muskelschwäche verursacht. Die Auswirkungen auf die Lebensqualität können erheblich sein. Obwohl es keine Heilung gibt, entwickelt die Wissenschaft ständig neue Ansätze zur Linderung dieser Symptome. Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) bietet hierbei einen ganzheitlichen Ansatz, der neben Akupunktur auch die Ernährung einbezieht.

Ursachen und Behandlung von Polyneuropathie

Die ursächliche Behandlung der Polyneuropathie konzentriert sich darauf, die Faktoren zu kontrollieren, die Nervenschäden verursachen. Dazu gehört das Erkennen und Eliminieren von Vergiftungsquellen, das Pausieren verdächtiger Medikamente, das sorgfältige Managen des Blutzuckers bei Diabetes, die Überprüfung der Dialyse bei Nierenpatienten/-innen, der Ausgleich von Nährstoffdefiziten und das Behandeln entzündlicher Prozesse sowie bösartiger Erkrankungen, die Nervenschäden verursachen können. Die medikamentöse Behandlung ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie von Polyneuropathie. Sie umfasst verschiedene Medikamentengruppen, die auf das Zentralnervensystem wirken, um Nervenschmerzen zu lindern. Dazu gehören antiepileptische Medikamente wie Gabapentin und Pregabalin, die die Aktivität von Nervenzellen dämpfen, sowie neuere Antidepressiva wie Duloxetin, die auch gegen Nervenschmerzen wirksam sind. Opioide können bei starken Schmerzen eingesetzt werden, während Cannabis-Präparate nur in ausgewählten Fällen nach Ausschöpfung anderer Therapien in Betracht kommen. Capsaicin-Pflaster sind für bestimmte Schmerzzustände wirksam und gut verträglich. Ketamin wird aktuell als potenzielle Behandlung untersucht. Die Beurteilung der Wirksamkeit eines Medikaments sollte dabei frühestens nach circa vier Wochen erfolgen. Obwohl es keine universelle Lösung und schon gar kein Wundermittel gibt, ermöglicht die fortlaufende Forschung immer neue Behandlungsmöglichkeiten für Polyneuropathie.

Mikronährstoffe und ihre Bedeutung

Für eine gesunde Nervenfunktion sind Vitamine, Spurenelemente, Elektrolyte und Aminosäuren essenziell. Bei Polyneuropathie ist daher eine ausgewogene Mikronährstoffzufuhr wichtig. Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere der Vitamin-B-Komplex, können hilfreich sein, sollten aber mit einer/-m Ärztin/Arzt abgestimmt werden. Omega-3-Fettsäuren sind besonders für Diabetiker/innen mit Polyneuropathie relevant, da sie möglicherweise Symptome verbessern und den Krankheitsverlauf verlangsamen.

Vitamin D spielt ebenfalls eine Rolle. Menschen mit niedrigen Spiegeln an Vitamin D entwickeln laut einiger Studien häufiger Polyneuropathie. In einer randomisierten, kontrollierten Studie wurde Patienten, die an Polyneuropathie durch Diabetes litten und einen solchen Mangel hatten, Vitamin D gespritzt. Allerdings sollten Sie vorher nachmessen lassen, ob ein Mangel vorliegt. Der Vitamin D-Spiegel im Blut wird inzwischen übrigens von vielen Ärzten und in vielen Apotheken gemessen. Die Symptomlinderung durch Vitamin B1 ist ebenfalls signifikant. Vor Beginn einer Behandlung mit B-Vitaminen sollte jedoch eine Spiegelbestimmung erfolgen [12]. Vitamin B1 z. B. Auch Folsäure (Vitamin B9) hat eine bedeutende Rolle bei elementaren zellulären Prozessen, inklusive der Nukleinsäurebiosynthese und dem Aminosäurestoffwechsel.

Kupfer wirkt als Spurenelement an der normalen Funktion des Organismus mit. In aller Regel nimmt man mit einer normalen Ernährung genügend davon auf und muss sich darüber keine Gedanken machen. Gründe für einen Mangel an Kupfer können Operationen am Magen-Darm-Trakt sein. Insbesondere Magen-Bypass-Operationen können dazu führen, dass nicht mehr genügend Kupfer aufgenommen wird und sich langfristig eine Polyneuropathie entwickeln kann. Auch bei manchen Erkrankungen des Verdauungssystems kann es zum Kupfermangel kommen. Auch eine große Aufnahme an Zink kann dazu führen, dass nicht genügend Kupfer aufgenommen wird. Denn wenn große Mengen Zink im Verdauungssystem sind verhindern diese die Kupferaufnahme.

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Durchblutung und Nervenstimulation

Verschiedene Methoden zur Verbesserung der Durchblutung und Stimulation der Nervenrezeptoren können bei Polyneuropathie hilfreich sein, darunter Trockenbürsten, Wassertreten, Teilbäder, Lehmpackungen und Kaltanwendungen wie Eisbäder oder Kaltlufttherapie. Saunabesuche können schmerzlindernd wirken und das vegetative Nervensystem beeinflussen, erfordern jedoch eine gewisse Belastbarkeit und ausreichende Durchblutung.

Elektrotherapien wie Zellenbäder, bei denen elektrischer Strom durch Wasser geleitet wird, können helfen, die Übererregbarkeit der Nerven zu regulieren. Diese sind besonders nützlich bei Gefühlsstörungen oder Schmerzen in Armen und Beinen, sollten aber nicht bei offenen Wunden, Hauterkrankungen, metallischen Implantaten oder von Schwangeren angewendet werden. Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) ist eine weitere Option, bei der Elektroden nahe schmerzenden Stellen angebracht werden, um die Schmerzweiterleitung zu verringern.

Pflanzliche Unterstützung

Bei Polyneuropathie können pflanzliche Stoffe wie Antioxidantien aus Acai-Beeren, Noni-Bäumen und Aronia hilfreich sein. Sie bieten einen schützenden Effekt im Stoffwechsel und sind als Kapseln oder Säfte verfügbar. Phytotherapeutisch werden auch Zitterpappel-, Weiden-, Eschen-, Goldruten- und Teufelskrallen-Extrakte verwendet. Weidenrinde enthält Salicylsäure mit entzündungshemmenden Eigenschaften und kann als Tee genutzt werden. Pflanzen wie Zimt und Pflanzeninhaltsstoffe wie ­Curcumin zeigen vorteilhafte Effekte bei Chemotherapie-induzierter Polyneuropathie (CIPN). Dazu zählen der Schutz vor Degeneration der Axone, Verbesserung der endogenen antioxidativen Abwehr und Regulation der Apoptose von Nervenzellen.

Physiotherapie und Ergotherapie

Bei Gangunsicherheit, einer häufigen Begleiterscheinung von Polyneuropathie, ist Physiotherapie besonders wichtig. Sie zielt darauf ab, periphere Nerven zur Regeneration anzuregen, Bewegungseinschränkungen zu verringern und Muskelkraft zu steigern. Patienten/-innen erlernen Gleichgewichts- und Koordinationstrainings sowie Übungen zur Kräftigung der Bein- und Fußmuskulatur. Regelmäßiges Üben zu Hause ist entscheidend, um langfristige Verbesserungen in Kraft, Koordination sowie Geh- und Stehfähigkeit zu erzielen und das Sturzrisiko zu senken.

Bei manchen Patienten/-innen mit Polyneuropathie ist neben der Verbesserung der Grobmotorik durch Physiotherapie auch die Behandlung von feinmotorischen Störungen wichtig. Schädigungen der Nerven können dazu führen, dass alltägliche Gegenstände wie Gläser oder Besteck schwer zu greifen sind. Ergotherapeutisches Training zielt darauf ab, diese Greiffunktionen zu verbessern.

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Akupunktur und Schröpfen in der TCM

Akupunktur, ein wichtiger Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), nutzt Nadeln an spezifischen Körperpunkten, um therapeutische Wirkungen zu erzielen. TCM sieht Krankheiten als Folge externer (wie Umwelteinflüsse) und interner (emotionale) Faktoren. Bei Polyneuropathie, die sich durch Symptome wie Beinschmerzen manifestiert, wird Akupunktur zur Regulierung von Energie und Blutzirkulation eingesetzt. Es gibt zwei Hauptmethoden: die Entfernung pathogener Faktoren und die Balance-Methode, die auf der Behandlung über korrespondierende Körperpunkte basiert. Begleitend zur Therapie mit den Nadeln wird geschröpft, das Vakuum, das durch die auf die Haut aufgesetzten Gläser erzeugt wird, fördert Durchblutung und Stoffwechsel, gleichzeitig dient es zur Entspannung der Muskulatur in der Umgebung der Nerven.

TCM-Ernährung bei Polyneuropathie: Die Grundlagen

Die chinesische Diätetik ist ein wichtiger Therapiebaustein der TCM. Eine kräftigende Ernährung spielt bei der Behandlung eine zentrale Rolle. Besonders empfohlen:

  • Warm, gekocht und leicht verdaulich
  • Keine kalten Speisen, Rohkost oder stark verarbeitete Lebensmittel
  • Kein Alkohol - dieser schädigt die Nerven zusätzlich
  • Viel warmes Wasser und Kräutertees

Nach chinesischer Sichtweise spielt „Tan“, also Altlasten, die sich von Jahr zu Jahr im Organismus ansammeln, eine wichtige Rolle bei der Krankheitsentstehung. Beim Umgang mit Speisen und Getränken kommt es in erster Linie auf das richtige Maß an, aber auch auf die Inhaltsstoffe. Nach neuen Erkenntnissen sind natürliche Fette gesund, auch wenn sie einen hohen Brennwert haben. Wenn sie jedoch einen höheren Anteil an der Energieversorgung des Körpers haben, können sie Kohlenhydrate einsparen. Industriell gehärtete Transfette sind jedoch gesundheitsschädlich und gehören nicht auf den Speiseplan. Kaltgepresste Öle, aber auch Butter und Sahne tun dem Körper gut. Grundsätzlich sollte bei allen Arten von Kohlenhydraten Maß gehalten werden, egal ob „gesundes“ Vollkorn oder „ungesunde“ Zucker- und Weißmehlprodukte. Weizen verschleimt und belastet Stoffwechsel und Immunsystem gleichermaßen. Es ist das Getreide mit der höchsten Neigung zur „Tan“-Bildung und sollte von Alternativen abgelöst werden. Dazu gehören Hartweizenprodukte, Dinkelbrot, Roggenbrot, Hafer, Hirse, Mais, Reis oder auch Quinoa. Auch die Reduktion von Zucker- und Weißmehlprodukten gehört zur gesunden Ernährung bei Polyneuropathie. Bei Polyneuropathie-Patienten spielt nach Chinesischer Medizin die „innere Verschleimung“ eine wichtige Rolle. Auch tierische Eiweiße in Form von Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten fördern diese Ansammlung von „Tan“. Dabei geht es nicht um Butter und Sahne, wenn man von den Kalorien absieht. Auf Produkte mit einem hohen Anteil an Milcheiweiß wie Milch, Quark und Käse hingegen sollte besser verzichtet werden. Joghurt und andere Sauermilchprodukte sind in Maßen zu empfehlen. So wird die Bildung des „kalten Schleimes“ aus chinesischer Sicht vermindert.

Ernährungsempfehlungen im Detail

  • Tierisches: Fleisch und veredelte Milchprodukte als Delikatesse genießen.
  • Kurzgegartes Gemüse: Basis der Ernährung.
  • Auf Obst und Salate am Abend verzichten, sonst wertvolle Vitaminspender.
  • Frühstück: Die Mitte mag es warm. Reis, Hafer, Quinoa oder Hirsebrei können süß oder herzhaft zubereitet werden.
  • Auf Bio-Qualität achten.

Praktische Tipps für eine gesunde Ernährung bei Polyneuropathie

  • Nie hungrig einkaufen: Wer sich gesättigt wundert, was er in hungrigem Zustand in den Einkaufswagen und Kühlschrank gelegt hat, sollte beim nächsten Mal vor dem Einkaufen etwas essen.
  • Nie müde zu Tisch: Die Mitte sollte bei der Nahrungsaufnahme wach sein. Wer vom Essen müde wird, hat zu viel gegessen.
  • Hunger ist der beste Koch: Wichtigste Regel bei der Ernährung bei Polyneuropathie: 3 Mahlzeiten am Tag reichen aus, besser sind 2.
  • Nichts zwischendurch: Magen und Darm sollen zwischendurch leer werden, ein voller Darm fördert zudem Hungergefühle.
  • Immer schön langsam: Die Mitte braucht Zeit, damit sie rechtzeitig „Stopp“ sagen kann.
  • Gut kauen: verlangsamt das Essen und es schmeckt auch besser.
  • Nicht zu spät: Verdauungsorgane arbeiten nachts nur im Schongang, daher liegen Nahrungsmittel bei später Aufnahme zu lange im Darm. Ein entlasteter Darm kann auch besser seiner immunologischen Funktion nachkommen.
  • Nicht zu spät für Fortgeschrittene: Eine wichtige Empfehlung zur Ernährung bei Polyneuropathie ist das Abendfasten. Bis auf Tees oder warmes Wasser wird nach 16:00 nichts mehr zu sich genommen.
  • Ruhig werden: Stimmen Sie sich auf das Essen ein, es geht um das Genießen und Verdauen. Lassen Sie die Hektik hinter sich. Bauen Sie Stress keinesfalls durch Essen ab.
  • Volle Konzentration beim Essen: Handy, Fernseher und Zeitung ausschalten oder weglegen. Problemdiskussionen meiden.

Fallbeispiel aus der Praxis

Ein 50-jähriger Patient berichtete von Kribbeln in den Zehen seit 1,5 Jahren. Er hatte in den letzten 2 Jahren viel gegessen und getrunken, stark an Gewicht zugenommen und deutlich weniger Sport gemacht. Die klinisch-neurologische Untersuchung zeigte eine leichte sockenförmige Hypästhesie an beiden Füßen. In der Routinelaborkontrolle zeigte sich ein erhöhter HbA1c und auch der Nüchternzuckerwert war erhöht. In der klinischen Elektrophysiologie bestätigte sich die Verdachtsdiagnose einer beidseitigen, symmetrischen Polyneuropathie. In Folge wurde eine Therapie mit Metformin begonnen. In der chinesischen Diagnostik wurden ein ausgeprägter Qi-Mangel in den Funktionskreisen Milz und Magen sowie ein ausgeprägter Schleimbefund deutlich. Der Patient wurde über 15 Wochen mit einmal wöchentlicher Akupunktur und chinesischen Arzneimitteln behandelt, um den Schleim auszuleiten und auch den Funktionskreis Magen/Milz zu stärken. Er erhielt Tipps zur Ernährungsumstellung und begann dreimal pro Woche ein Ausdauertraining über 30-60 Minuten durchzuführen. Im Laufe der 15 Wochen konnte er so über 10 kg abnehmen. In der Kontrolluntersuchung nach 15 Wochen war elektrophysiologisch eine deutliche Besserung erkennbar, die Blutzuckerwerte waren über 3 Tage im Normbereich und der HbA1c nur noch minimal erhöht.

Weitere unterstützende Maßnahmen

Neben den genannten Therapieansätzen können auch folgende Maßnahmen hilfreich sein:

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  • Heilfasten: Wenn Typ-2-Diabetes die Ursache der Nervenschäden ist, kann Heilfasten eine Möglichkeit sein, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und Gewicht zu verlieren. Wichtig ist, gleichzeitig Muskeltraining zu betreiben.
  • Bewegung: Qi Gong und Tai Chi sind sanfte Bewegungsformen, die Körper und Geist harmonisieren. Barfußpfade oder Fußmassagen fördern die Sensibilität in den Füßen. Wärmeanwendungen oder Fußbäder unterstützen die Durchblutung.
  • Vermeidung von Risikofaktoren: Alkohol sollte vermieden werden, da er die Nerven zusätzlich schädigt. Bei Diabetes sollten die Patienten auf zucker- und fetthaltige Speisen (tierische Fette) verzichten.

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