Test: Gehirn – Unterschiede zwischen Mann und Frau

Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind ein Thema, das seit langem diskutiert wird. Während einige Experten diese Unterschiede auf kulturelle Einflüsse zurückführen, glauben andere, dass sie in der Anatomie des Gehirns von Männern und Frauen begründet liegen. Eine aktuelle KI-gestützte Vergleichsstudie bestätigt nun, dass sich die Gehirne von Frauen und Männern grundlegend in ihrer funktionellen Struktur unterscheiden.

Grundlegende Unterschiede in der Gehirnstruktur

Die Studie, die von Forschern der Stanford University durchgeführt wurde, analysierte die Hirnscans von rund 1.500 Probanden mithilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT). Die KI konnte mit etwa 90-prozentiger Treffsicherheit erkennen, ob ein Scan von einem Mann oder einer Frau stammte. Dies deutet darauf hin, dass es subtile, aber erkennbare Unterschiede in der Gehirnaktivität von Männern und Frauen gibt.

Männer: Das "Kästchensystem"

Männergehirne lassen sich am besten mit einer Art Kästchenschema beschreiben, in dem sich die neuronale Ablage befindet. Diese Kästchen enthalten Bereiche wie Hobbys, Essen, Vorlieben, Freunde und Familie - alles, was in ein Männergehirn hineinpasst, einschließlich stereotyper Kategorien wie Bier, Fußball und Autos. Männer haben für jedes Thema ein eigenes Kästchen.

Eine Besonderheit des männlichen Gehirns ist das sogenannte "Nichts-Kästchen". Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Männer tatsächlich in der Lage sind, an "nichts" zu denken. In einem Experiment wurde Männern das Bild einer Honigbiene gezeigt. Die einzelnen neuronalen Areale verarbeiteten den Reiz sehr schnell, beschäftigten sich aber nicht dauerhaft damit. Nach einem kurzen Aufflackern verschwand der Impuls wieder. Der Mann hatte seine Kästchen abgearbeitet: Bienen haben keinen Bezug zu Fußball, Freunde und Familie oder Autos - abgehakt. Sobald sich nichts mehr mit der Biene antizipieren ließ, erlosch der Reiz wieder, und die Probanden hörten auf zu denken.

Frauen: Das vernetzte System

Frauen hingegen verbinden alles mit allem. Wenn Frauen das Bienenbild sehen, reagieren alle Bereiche miteinander. Es kommt zu einem Feuerwerk der gesendeten und empfangenen Impulse. Biene führt zu Honig, führt zu Broteschmieren, führt zum nächsten Einkauf, führt zum Bienensterben, führt zu der Frage, ob man lieber Bio-Honig kaufen sollte usw. Frauen können sich sehr lange mit dem Bild der Biene beschäftigen, weil sie tatsächlich alles miteinander verbinden.

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Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Systeme

Obwohl es zunächst so erscheinen mag, als ob ein gut strukturiertes Ablagesystem effizienter arbeitet, ist dies nicht unbedingt der Fall. Frauen können sich auch kleinste Details merken, die für sie irgendwann einmal von Belang waren. Der Comedian Olaf Bürger veranschaulicht dies mit einem Beispiel: Während der Mann noch auf der Suche nach seinem Kästchen mit dem letzten Sardinien-Urlaub vor sieben Jahren ist, erinnert sich die Frau längst daran, dass er ihr die edle Lederhandtasche in der kleinen Strandboutique dort nicht kaufen wollte und trotzdem der Kellnerin abends 6,50 Euro Trinkgeld gegeben hat. Frauen haben also ein gigantisches Archiv an Emotionen, die in beliebigen Situationen blitzschnell wieder hervorgekramt werden können. Männer sitzen unterdessen daneben und relaxen ahnungslos in ihrem "Nichts-Kästchen".

Das Kästchensystem im männlichen Gehirn sorgt für eine klar strukturierte Verarbeitung von Informationen und ermöglicht fokussiertes Denken, allerdings mit weniger Querverbindungen. Da Frauen Informationen mit Emotionen verknüpfen, bleiben diese im Gehirn besser haften. Selbst kleine Details werden abgespeichert und später bei Bedarf blitzschnell abgerufen.

Weitere anatomische Unterschiede

Eine Studie aus dem Jahr 2013, die in Princeton und der University of Pennsylvania durchgeführt wurde, untersuchte die Gehirne von fast 1000 Frauen und Männern hinsichtlich struktureller Unterschiede. Dabei fielen folgende Unterschiede auf:

  • Die Gehirne von Männern sind im Durchschnitt um 8 % größer als die Gehirne von Frauen. Die Nervenzellen des weiblichen Gehirns zeigen indes eine größere Anzahl von Verbindungen.
  • Die Verbindungen des weiblichen Gehirns verlaufen vermehrt zwischen der linken und rechten Gehirnhälfte. Beim männlichen Gehirn fällt indes auf, dass die vorderen und hinteren Teile des Gehirns stärker miteinander verbunden sind. Dies deutet darauf hin, dass Frauen besser darin sind, bei Entscheidungen sowohl analytisch (die linke Hirnhälfte) als auch intuitiv (die rechte Hirnhälfte) vorzugehen.
  • Im Kleinhirn besitzt das männliche Gehirn mehr Verbindungen zwischen beiden Hälften. Dies spricht dafür, dass es Männern einfacher fällt, die Bewegungsabläufe komplexer Verhaltensweisen zu erlernen, beispielsweise Skifahren.
  • Das limbische System ist im weiblichen Gehirn stärker ausgeprägt als im männlichen. Das limbische System ist unter anderem für die emotionale Bewertung verantwortlich. Frauen gelten kompetenter in der emotionalen Bewertung, beispielsweise von Gesprächen.
  • Der inferiore parietale Lobus ist im männlichen Gehirn stärker ausgeprägt als im weiblichen. Diese Hirnregion spielt eine wichtige Rolle bei mathematischen Fähigkeiten. Männer schneiden in den mathematischen Teilen von IQ-Tests systematisch besser ab.

Der Einfluss von Stereotypen

Es ist wichtig, diese Ergebnisse nicht zu überinterpretieren. Menschliche Fähigkeiten sind von einer Vielzahl verschiedener Eigenschaften abhängig. Beispielsweise spielt die Motivation eine entscheidende Rolle bei schulischer, akademischer oder beruflicher Leistung. Ein Experiment an der Universität Wien zeigte, dass die Matheleistung von Kindern in IQ-Tests unterschiedlich ausfiel, je nachdem, ob ihnen gesagt wurde, dass Jungen und Mädchen gleich begabt in Mathematik sind oder nicht. Dies unterstreicht, dass der gesamte soziale Kontext betrachtet werden muss, wenn wir über Unterschiede in der Leistung zwischen Männern und Frauen reden. Oftmals spielen tief verankerte Stereotype in unseren Köpfen eine erschreckend große Rolle.

Hormonelle Einflüsse

Der Längenunterschied zwischen Zeige- und Ringfinger kann Aufschluss darüber geben, wie hoch die Konzentration des Hormons Testosteron während der Schwangerschaft im Mutterleib war. Je länger der Ringfinger im Vergleich zum Zeigefinger ist, desto mehr Testosteron war im Mutterleib vorhanden. In den ersten 8 Wochen der Schwangerschaft entwickelt sich immer erst mal ein weiblicher Fötus. Das heißt, es entstehen besonders viele Nervenverbindungen in den Gehirnzentren, die für „typisch weibliche“ Kompetenzen zuständig sind: Kommunikation, die Wahrnehmung und Erinnerung von Gefühlen, Empathie sowie Aufbau und Pflege von Beziehungen. In einem weiblichen Gehirn sind auch die rechte und linke Gehirnhälfte stärker miteinander verbunden. Bei einem männlichen Baby sorgt das Y-Chromosom für die Ausbildung männlicher Geschlechtsorgane, und nach 8 Wochen Schwangerschaft beginnen diese damit, Testosteron auszuschütten. Unter dem Einfluss des Testosterons entwickelt sich ab sofort ein männlich strukturiertes Gehirn: Dazu werden bereits vorhandene Synapsen in den Zentren für Sprache und Beziehungen wieder zurückgebaut (!). Stattdessen wachsen nun die Zentren stärker, die für „typisch männliche“ Kompetenzen zuständig sind: Bewegungsdrang, Denken in Strukturen und Systemen, räumliche Wahrnehmung, Konkurrenz-, Hierarchie-, und Territorialdenken.

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Implikationen für Forschung und Medizin

Die Erkenntnisse über die Unterschiede in der Gehirnfunktion von Männern und Frauen eröffnen viele neue Ansätze für Forschung und Medizin. Mit ihnen könnte zum Beispiel künftig basierend auf Gehirnaufnahmen vorhergesagt werden, wie geschlechtsspezifisch die untersuchte Person denkt und wie gut sie eine bestimmte Aufgabe lösen würde. Die von den gesunden Testpersonen gewonnenen Erkenntnisse könnten zudem helfen zu verstehen und weiter zu untersuchen, welche geschlechtsspezifischen Unterschiede im Gehirn es bei psychiatrischen und neurologischen Störungen gibt. Das könnte beispielsweise erklären, warum Depressionen, Angst- und Essstörungen häufiger bei Frauen auftreten, Autismus, Schizophrenie und ADHS hingegen eher bei Männern.

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