Schienbeinnerv-Entzündung: Ursachen, Symptome und Behandlung

Der Schienbeinnerv (Nervus tibialis) ist ein wichtiger Nerv, der vom Ischiasnerv abzweigt und Impulse an Unterschenkel, Fußsohle und Ferse weiterleitet. Schädigungen oder Kompressionen dieses Nervs können Neuralgien im Fuß- und Fersenbereich auslösen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten einer Entzündung des Schienbeinnervs.

Anatomie des Schienbeinnervs

Der Schienbeinnerv ist einer der beiden Hauptäste des Ischiasnervs (Nervus ischiadicus). Er spielt eine entscheidende Rolle bei der Versorgung verschiedener Muskeln und Bereiche des Unterschenkels und Fußes. Zu den Muskeln, die vom Schienbeinnerv motorische Impulse erhalten, gehören:

  • Musculus gastrocnemius
  • Musculus soleus
  • Musculus plantaris
  • Musculus tibialis posterior
  • Musculus flexor digitorum longus
  • Musculus flexor hallucis longus

Der Schienbeinnerv verläuft auf der Innenseite des Sprunggelenks durch den Tarsaltunnel. Die Plantarnerven ziehen zwischen den Mittelfußknochen nach vorn in Richtung Zehen, während die Fersennerven den Musculus abductor hallucis, die Plantarfaszie und die Haut im Fersen-, Mittelfuß- und Innenknöchelbereich innervieren.

Ursachen einer Schienbeinnerv-Entzündung

Eine Entzündung des Schienbeinnervs kann verschiedene Ursachen haben, darunter:

  • Tarsaltunnelsyndrom: Hierbei wird der Schienbeinnerv im Tarsaltunnel eingeengt, was zu Schmerzen und Gefühlsstörungen im Fuß führen kann. Ursächlich sind meist Fußfehlstellungen wie der Knick-Senkfuß oder Verletzungen.
  • Baxter-Neuropathie: Ein Nervenkompressionssyndrom im Bereich der Plantarsehne, bei dem der Nervus calcaneus inferior (Baxter-Nerv) betroffen ist.
  • Morton Neurom: Eine schmerzhafte, entzündliche Verdickung eines Mittelfußnerven, oft als Folge eines Spreizfußes.
  • Überlastung: Wiederholte oder zu intensive Beanspruchung, insbesondere bei Läufern, kann zu Reizungen im Sehnenbereich führen.
  • Fehlstellungen im Fuß: Knick-, Senk- oder Plattfüße können die Belastungsverteilung im Fuß verändern und die Sehne des M. tibialis anterior überbeanspruchen.
  • Ungeeignetes Schuhwerk: Schuhe ohne ausreichende Dämpfung oder Stütze können ebenfalls zu einer Überlastung führen.
  • Einseitige Belastungen: Langes Stehen, Gehen auf unebenem Untergrund oder monotone Bewegungen im Beruf können Schmerzreaktionen auslösen.
  • Mangelnde Regeneration: Ohne ausreichende Erholung steigt die Entzündungsgefahr.
  • Fehlende muskuläre Stabilität: Eine unzureichend trainierte Fuß- und Unterschenkelmuskulatur kann zu kompensatorischen Mehrbelastungen führen.
  • Mechanische Kompressionen: Einklemmungserscheinungen oder funktionelle Überlastungen können ebenfalls eine Rolle spielen.
  • Entzündliche Reaktionen: Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Sprunggelenksarthrosen können Entzündungen verursachen.
  • Raumforderungen: Zusätzliche Gefäßbündel, Ganglien oder Tumoren der Nerven können den Nerv einengen.
  • Entzündliche Nervenerkrankungen: Diabetes mellitus, Gicht oder eine Schilddrüsenunterfunktion können die Nerven beeinträchtigen.
  • Postoperative Folgen: Schwellungen oder Narben nach operativen Eingriffen können ebenfalls zu einer Kompression führen.

Symptome einer Schienbeinnerv-Entzündung

Die Symptome einer Schienbeinnerv-Entzündung können vielfältig sein und hängen von der genauen Ursache und Lokalisation der Entzündung ab. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

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  • Schmerzen: Belastungsabhängige Schmerzen im Verlauf des Schienbeinnervs, oft mit brennendem Charakter. Die Schmerzen können in den Fuß, die Wade oder die Ferse ausstrahlen.
  • Gefühlsstörungen: Taubheit, Kribbeln oder Brennen in den Zehen oder im Fuß.
  • Muskelschwäche: Schwierigkeiten beim Bewegen der Zehen oder des Fußes, insbesondere beim Anheben des Fußes (Dorsalflexion) oder beim Zehenstand.
  • Druckempfindlichkeit: Schmerzen bei Druck auf den Schienbeinnerv, insbesondere im Bereich des Tarsaltunnels.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit: Schwierigkeiten beim Gehen, Laufen oder Springen.
  • Schwellungen: Schwellungen im Bereich des Innenknöchels oder des Fußes.
  • Verminderte Schweißsekretion: In einigen Fällen kann es zu einer verminderten Schweißsekretion im betroffenen Bereich kommen.
  • Steppergang: Bei einer Lähmung des Schienbeinnervs kann es zu einem Steppergang kommen, bei dem der Fuß zunächst mit der Fußspitze aufgesetzt wird.
  • Hoffmann-Tinel-Zeichen: Ein Klopfen im Nervenverlauf löst einen elektrisierenden Schmerz aus.
  • Abweichung der Anatomie: Rückfußvalgus, bei dem die Rückfüße nach innen knicken.

Diagnose einer Schienbeinnerv-Entzündung

Die Diagnose einer Schienbeinnerv-Entzündung umfasst in der Regel mehrere Schritte:

  1. Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der Art und Dauer der Beschwerden, möglicher Auslöser und Vorerkrankungen.
  2. Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht den Fuß und das Sprunggelenk, um die Lokalisation der Schmerzen zu bestimmen und mögliche Fehlstellungen oder Druckempfindlichkeiten festzustellen. Dabei wird auch die Funktion des Schienbeinmuskels getestet, indem der Patient aufgefordert wird, auf den Zehen zu stehen oder den Fuß gegen Widerstand zu bewegen.
  3. Neurologische Untersuchung: Der Arzt überprüft die Sensibilität und Motorik des Fußes, um den Grad der Nervenschädigung zu beurteilen.
  4. Bildgebende Verfahren:
    • Röntgen: Um knöcherne Veränderungen wie Frakturen oder Arthrose auszuschließen.
    • Ultraschall: Um Weichteile wie Sehnen und Bänder zu beurteilen und Entzündungen oder Flüssigkeitsansammlungen zu erkennen.
    • MRT (Magnetresonanztomografie): Um detaillierte Bilder von Nerven, Muskeln und anderen Weichteilen zu erhalten und die Ursache der Kompression zu identifizieren.
  5. Elektrophysiologische Tests:
    • EMG (Elektromyographie) und NLG (Nervenleitgeschwindigkeit): Um die Funktionsfähigkeit des Nervs zu beurteilen und den Grad der Nervenschädigung zu bestimmen.
  6. Diagnostische Injektion: Eine Injektion eines Lokalanästhetikums kann helfen, den Ort der Schädigung einzugrenzen, wenn sie zu einer vorübergehenden Schmerzlinderung führt.
  7. Fußdruckmessung: Durchführung einer Bewegungsanalyse und einer Fußdruckmessung sinnvoll zur Planung der Therapie und für die Schuh- und Einlagenversorgung.

Behandlung einer Schienbeinnerv-Entzündung

Die Behandlung einer Schienbeinnerv-Entzündung richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung. In den meisten Fällen wird zunächst eine konservative Therapie versucht.

Konservative Behandlung

  • Schonung und Entlastung: Vermeidung von Aktivitäten, die die Schmerzen verstärken. Bei einer Entzündung der Tibialis-anterior-Sehne wird eine Ruhigstellung für mindestens zwei Wochen empfohlen.
  • Kühlung: Mehrmals täglich Kühlung des betroffenen Bereichs mit Eispackungen, um Schwellungen und Entzündungen zu reduzieren.
  • Entzündungshemmende Medikamente: Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac, um Schmerzen und Entzündungen zu lindern.
  • Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Kräftigung der Fuß- und Unterschenkelmuskulatur, Verbesserung der Beweglichkeit und Korrektur von Fehlstellungen.
  • Dehnübungen: Regelmäßiges Dehnen der Wadenmuskulatur und der Plantarfaszie, um Verspannungen zu lösen und die Flexibilität zu verbessern.
  • Orthopädische Einlagen: Anpassen von Schuheinlagen, um Fehlstellungen des Fußes zu korrigieren und den Nerv zu entlasten.
  • Nachtschiene: Tragen einer Nachtschiene, um den Fuß in einer neutralen Position zu halten und den Nerv zu entlasten.
  • Injektionen: Injektionen von Kortikosteroiden in den Tarsaltunnel, um Entzündungen zu reduzieren und Schmerzen zu lindern.
  • Bandagen und Tapes: Anbringen von Sprunggelenksbandagen oder Tapes zur Stabilisierung des Fußes und zur Entlastung des Nervs.
  • Elektrotherapie, Ultraschall, Magnetfeldtherapie: Entzündungshemmende und schmerzhemmende Maßnahmen der physikalischen Therapie.
  • Akupunktur: Kann in einigen Fällen zur Schmerzlinderung beitragen.
  • Botulinumtoxin: Experimentell kann nach Fehlschlag aller anderen Verfahren auch eine Injektion mit Botulinumtoxin zur Behandlung der neuropathischen Schmerzkomponente erfolgen.
  • Reduktion von Belastung: Entlastung des betroffenen Muskels zur Unterstützung der Heilung.
  • Anpassung des Trainings: Allmähliche Belastungssteigerung und Verbesserung der Technik.

Operative Behandlung

Wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichend helfen, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Ziel der Operation ist es, den Druck auf den Schienbeinnerv zu reduzieren und die Ursache der Kompression zu beseitigen. Mögliche operative Eingriffe sind:

  • Dekompression des Tarsaltunnels: Spaltung des Ligamentum laciniatum, um den Tarsaltunnel zu erweitern und den Nerv zu entlasten.
  • Entfernung von Raumforderungen: Entfernung von Zysten, Tumoren oder Knochenspornen, die auf den Nerv drücken.
  • Korrektur von Fußfehlstellungen: Operative Korrektur von Knick-, Senk- oder Plattfüßen, um die Belastungsverteilung im Fuß zu verbessern.
  • Sehnentransfers: Verlagerung von Sehnen, um die Funktion des Schienbeinmuskels zu unterstützen.
  • Knöcherne Eingriffe: Korrigierende knöcherne Eingriffe bei erheblichen knöchernen Fehlstellungen.
  • Nervenrekonstruktion: In seltenen Fällen kann eine Nervenrekonstruktion erforderlich sein, um einen beschädigten Nerv zu reparieren.

Nach einer Operation ist einePhase der Rehabilitation erforderlich, um dieFunktion des Fußes wiederherzustellen. Die Rehabilitation umfasst in der Regel Physiotherapie,Mobilisation undBelastungsaufbau.

Prävention einer Schienbeinnerv-Entzündung

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, einer Schienbeinnerv-Entzündung vorzubeugen:

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  • Geeignetes Schuhwerk: Tragen von Schuhen mit guter Dämpfung und Unterstützung, insbesondere bei sportlichen Aktivitäten.
  • Regelmäßige Fußübungen: Stärkung der Fuß- und Unterschenkelmuskulatur durch gezielte Übungen.
  • Vermeidung von Überlastung: Angemessene Pausen bei sportlichen Aktivitäten und Vermeidung von zu schnellen Steigerungen der Trainingsintensität.
  • Korrektur von Fußfehlstellungen: Behandlung von Knick-, Senk- oder Plattfüßen mit Einlagen oder anderen orthopädischen Hilfsmitteln.
  • Gewichtsmanagement: Reduktion von Übergewicht, um die Belastung der Füße zu verringern.
  • Regelmäßige Dehnübungen: Dehnung der Wadenmuskulatur und der Plantarfaszie, um Verspannungen vorzubeugen.
  • Vermeidung von einseitigen Belastungen: Ausgleich von einseitigen Belastungen im Alltag und Beruf durch gezielte Übungen und Pausen.

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