Toxoplasmose: Symptome und Auswirkungen auf das menschliche Gehirn

Toxoplasmose ist eine Infektionskrankheit, die durch den Parasiten Toxoplasma gondii verursacht wird. Obwohl sich Menschen häufig anstecken, bleiben die meisten Toxoplasmose-Infektionen unbemerkt. Gefährlich ist eine Infektion für Schwangere.

Was ist Toxoplasmose?

Toxoplasmose ist eine weitverbreitete Infektionskrankheit. Auslöser ist der Parasit Toxoplasma gondii, der in erster Linie Katzen befällt. Die Tiere gelten als Hauptwirt. Beim Menschen, der den Erregern als Zwischenwirt dient, verläuft die Infektion in den meisten Fällen symptomlos. Anschließend besteht eine Immunität gegenüber Toxoplasma gondii. Nur immungeschwächte Menschen können öfter erkranken.

Für ungeborene Kinder ist die Toxoplasmose gefährlich. Steckt sich die werdende Mutter während der Schwangerschaft zum ersten Mal an, kann sie den Erreger über den Blutkreislauf und die Plazenta an den Fötus weitergeben. Die Infektion kann eine Fehlgeburt oder schwere Entwicklungsstörungen beim Kind auslösen.

Ursachen der Toxoplasmose

Menschen können sich auf verschiedene Weise mit dem Toxoplasmose-Erreger infizieren. Sowohl eine Ansteckung über Katzen und deren Ausscheidungen als auch über Zwischenwirte ist möglich.

Auf seinem Weg durch die Wirtsorganismen durchläuft der Toxoplasmose-Erreger verschiedene Entwicklungsstufen: Aus den sogenannten Toxoplasma-Oozysten, die die Katzen ausscheiden, entwickeln sich innerhalb von einigen Tagen Sporen. Diese können lange Zeit außerhalb eines Wirts existieren. In feuchtem Erdreich überleben Toxoplasma-Sporen beispielsweise bis zu 18 Monate. Bei der Gartenarbeit oder wenn Kinder im Garten spielen, erreichen die Sporen den Menschen. Aber auch schon beim Streicheln einer Katze kann man sich anstecken, weil im Fell eines infizierten Tieres oft Sporen haften.

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Der direkte oder indirekte Kontakt mit den Ausscheidungen des Tieres ist nur eine Möglichkeit der Infektion. Genauso häufig ist die Ansteckung über das Fleisch von Schlachttieren, die dem Erreger ihrerseits als Zwischenwirt dienten. Vor allem Schweine und Schafe gelten als Überträger von Toxoplasma gondii auf den Menschen. Die Tiere nehmen die Sporen mit dem Futter auf. Über den Darm und die Blutbahn gelangen sie als sogenannte Tachyzoiten unter anderem in die Muskelzellen, vermehren sich dort sehr stark und fallen dann in eine Art Ruhezustand. Auch in dieser Form sind die Toxoplasmose-Erreger sehr widerstandsfähig. So können sie wochenlang im Kühlschrank überleben und überstehen eine Zeit lang auch Temperaturen bis plus 50 Grad Celsius unbeschadet, bevor sie mit der Nahrung aufgenommen werden.

Symptome der Toxoplasmose

Zwischen Ansteckung und dem Ausbruch einer Toxoplasmose liegen meist zwei bis drei Wochen. Die Symptome hängen vom Zeitpunkt der Erstinfektion und der Abwehrkraft der Betroffenen ab.

Kinder oder Erwachsene mit einem gesunden Immunsystem spüren die Infektion meist nicht. Bei etwa acht bis neun von zehn Betroffenen bleiben jegliche Symptome aus. Ein kleiner Teil der Infizierten entwickelt grippeähnliche Symptome mit Fieber und einer Entzündung und Schwellung der Lymphknoten - vor allem im Kopf- und Halsbereich. Sehr selten kann eine Entzündung der Netzhaut des Auges oder eine Gehirnentzündung (Enzephalitis) auftreten.

Bei Menschen mit einem geschwächten oder durch Medikamente unterdrückten Immunsystem kann eine im Körper schlummernde Infektion plötzlich aktiv werden. Unter anderem kann eine Infektion des Lungengewebes (interstitielle Pneumonie) oder eine Gehirnentzündung (Enzephalitis) entstehen. Besonders gefährdet sind Patienten nach einer Transplantation oder mit einer HIV-Infektion.

Beim ungeborenen Kind sind die möglichen Auswirkungen umso gravierender, je früher das Kind über den mütterlichen Blutkreislauf mit den Erregern in Kontakt kommt. Die Infektion kann beim Fötus zu einer Fehlgeburt führen, schwere Schäden an den Augen oder einen Wasserkopf (Hydrocephalus) mit Gehirnschädigung verursachen.

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Auswirkungen auf das Gehirn

Toxoplasma gondii kann nachweislich die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Im Tierexperiment gingen infizierte Nagetiere höhere Risiken ein als ihre Toxoplasma-freien Artgenossen. In weiteren Studien wiesen infizierte Mäuse eine verzögerte Reaktionszeit, eine reduzierte Lernkapazität und verringerte motorische Fähigkeiten auf. Diese neurologischen Veränderungen beim Zwischenwirt tragen möglicherweise zur Verbreitung des Parasiten bei, weil die infizierten Nager dadurch leichter zur Beute für den Hauptwirt Katze werden.

In Studien beim Menschen wurden Zusammenhänge von Seropositivität für T. gondii der Häufung von Verkehrsunfällen, einer erhöhten Suizidalität sowie dem Auftreten Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie beobachtet.

Eine aktuelle Studie werteten Arjen Sutterland und seine Kollegen von der Universität Amsterdam 24 Arbeiten über den Zusammenhang zwischen T. gondii und unnatürlichen Toden aus. Ihrer Analyse zufolge könnten bis zu 17 Prozent der Verkehrsunfälle und 10 Prozent aller Suizidversuche auf das Konto des Parasiten gehen.

Auswirkungen auf die Kognition

Es gibt auch Studien, die darauf hinweisen, dass eine T. gondii-Infektion die kognitiven Fähigkeiten von immunkompetenten und ansonsten gesunden Menschen beeinträchtigen könnte. Die Studienlage ist jedoch sehr heterogen.

Um festzustellen, welchen Einfluss eine Toxoplasmose auf spezifische kognitive Fähigkeiten von ansonsten gesunden Menschen hat und wie bedeutend dieser Einfluss tatsächlich ist, hat ein Team um Arjen L. Sutterland, Facharzt für Psychiatrie, an der Universität Amsterdam eine Meta-Analyse entsprechender Studien durchgeführt.

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Die Studie hatte zum Ziel, bisherige Studienergebnisse dahingehend systematisch zu analysieren, ob und in welchem Ausmaß eine Seropositivität für T. gondii bei ansonsten gesunden Menschen mit Veränderungen spezifischer kognitiver Fähigkeiten assoziiert ist.

Zwei in der Literaturrecherche erfahrene Forscher suchten in den Datenbanken PubMed, MEDLINE, Web of Science, PsycInfo, and Embase unabhängig voneinander nach Studien, in denen kognitive Test mit gesunden Menschen durchgeführt und der Toxoplasma-Serostatus der Probanden untersucht worden waren. Nach Ausschluss von Duplikaten und der Überprüfung auf Qualität, Inhalt sowie Vollständigkeit der für die Analyse relevanter Daten wurden von den ursprünglichen 1.954 Datenbanktreffern in der Stichwortsuche 13 Studien in die Meta-Analyse eingeschlossen. In der Analyse ging es um den Vergleich der kognitiven Leistungen von seropositiven und seronegativen gesunden Personen. Folgende kognitive Funktionen standen im Fokus: Verarbeitungsgeschwindigkeit, Arbeitsgedächtnis, verbales Kurzzeitgedächtnis und exekutive Funktionen. Bewertet wurden diese Fähigkeiten mithilfe etablierter kognitiver Tests.

An den 13 ausgewählten Studien hatten insgesamt 13.289 gesunde Personen im mittleren Alter von 46,7 Jahren teilgenommen. Knapp die Hälfte der Teilnehmer (49,6 %) war männlich. Seropositiv für T. gondii waren 3006 (22,6 %) der Teilnehmer. In 11 Studien wurde mehr als nur eine kognitive Fähigkeit getestet und das Ergebnis von seropositiven und seronegativen Probanden verglichen. Bei allen Fähigkeiten schnitten die Seronegativen signifikant besser ab als die Seropositiven. In der Meta-Analyse ermittelten die Forscher folgende standardisierte Mittelwertdifferenzen (SMD):

  • Verarbeitungsgeschwindigkeit: seronegativ vs. seropositiv SMD 0,12; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,05-0,19; p=0,001)
  • Arbeitsgedächtnis: seronegativ vs. seropositiv SMD 0,16; 95% CI 0,06-0,26; p=0,002)
  • Verbales Kurzzeitgedächtnis: seronegativ vs. seropositiv SMD 0,18; 95% CI 0,06-0,26; p=0,002)
  • Exekutive Funktionen: seronegativ vs. seropositiv SMD 0,15; 95% CI 0,01-0,28; p=0,03)

Eine Meta-Regressions-Analyse erbrachte auch einen positiven Zusammenhang zwischen zunehmendem Lebensalter und Defiziten exekutiver Funktionen (Q=6,17; p=0,01).

Die Autoren sehen die Stärken ihrer Meta-Analyse in der sorgfältigen Auswahl von Studien hoher Qualität. Sie räumen aber auch Limitationen ein, wie beispielsweise die Verwendung von Durchschnittswerten, die eine Kausalität nicht belegen können. Es wäre beispielsweise denkbar, dass nicht die Infektion mit T. gondii für das schlechtere Abschneiden der Seropositiven in den kognitiven Tests verantwortlich ist, sondern dass Personen mit schlechteren kognitiven Fähigkeiten anfälliger für Toxoplasmose-Infektionen sind. Im Grunde gehen die Autoren jedoch davon aus, dass stumme Toxoplasma-Infektionen die kognitiven Fähigkeiten ansonsten gesunder Personen beeinträchtigen können.

Veränderungen der Hirnstruktur und Neurotransmitter

Die Parasiten wirken auf verschiedene Arten auf das Wirtshirn ein - etwa indem sie das Immunsystem aktivieren oder die Hirnstruktur sowie die Ausschüttung von Neurotransmittern verändern. Ähnliche Prozesse treten bei einer Reihe neuropsychiatrischer Erkrankungen auf, was den Verdacht nahelegt, dass der Parasit auch die psychische Gesundheit beeinträchtigen könnte.

Eine Toxoplasmose wirkt sich etwa auf die Konzentration von Signalmolekülen im Gehirn aus. Sie erhöht zum Beispiel den Dopaminspiegel im zentralen Nervensystem. T. gondii stellt nämlich ein Enzym namens Tyrosinhydroxylase her, das an der Produktion des Neurotransmitters mitwirkt, und scheidet es innerhalb der durch ihn entstandenen Gehirnzysten aus. Bei Menschen mit Schizophrenie findet man ebenfalls ein Zuviel des Stoffs im Zentralnervensystem; bei der Behandlung psychotischer Symptome kommen unter anderem Medikamente zum Einsatz, die den Dopaminsignalweg hemmen. Darüber hinaus senkt die Infektion die Konzentration von Serotonin und erhöht den Testosteronspiegel. Ansammlungen der Aminosäure Kynurenin haben Fachleute sowohl im Gehirn von toxoplasmapositiven Nagetieren als auch in denen von Menschen mit Schizophrenie nachgewiesen. Ein Stoffwechselprodukt dieses Moleküls verhindert die Neurotransmitterausschüttung am synaptischen Spalt.

Forscher vom Institut für Inflammation und Neurodegeneration der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) und vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) haben in einer Studie untersucht, wie der Parasit den Stoffwechsel im Gehirn seiner Wirte beeinflusst und nachgewiesen, dass er dort die molekulare Zusammensetzung von Synapsen verändert.

Magdeburger Wissenschaftler hatten in früheren Versuchen mit Mäusen herausgefunden, dass es bei Toxoplasma gondii infizierten Tieren zu erstaunlichen Verhaltensänderungen kommt: „Die Mäuse, die ja Beutetiere von Katzen sind, hatten nach der Infektion ihre natürliche Furcht vor Katzen verloren. Wenn man den Nagern den Geruch von Katzenurin präsentierte, schienen sie sogar eine Präferenz für Katzen entwickelt zu haben“, so die Forscher. Um diese Verhaltensänderungen zu erklären, untersuchten sie deshalb Veränderungen in den Mäusegehirnen - und zwar insbesondere die molekulare Zusammensetzung von Synapsen, da diese die essentiellen Strukturen für die Signalverarbeitung Im Hirn sind.

Bei insgesamt 300 synaptischen Proteinen hatten sich die Mengen im Gehirn nach einer Toxoplasmose-Infektion verändert. Besonders stark reduziert waren vor allem Proteine an Glutamat-freisetzenden erregenden Synapsen. Andererseits wurden erhöhte Mengen an Proteinen, die an Immunantworten beteiligt sind, gefunden.

Die Infektion führt scheinbar zu einer gesteigerten Immunantwort, die die an der Glutamat-vermittelten synaptischen Erregung beteiligten Proteine verringert, während Sulfadiazin die Toxoplasmen reduziert und dadurch die Immunantwort normalisiert und somit eine Erholung synaptischer Proteine bewirkt.

Auch für Menschen könnten diese Erkenntnisse medizinisch relevant sein. „Sie unterstützen die Vermutung, dass Toxoplasma gondii ein Risikofaktor für neuropsychische Erkrankungen ist. Fehlfunktionen glutamaterger Synapsen werden mit den Ursachen von Depressionen, Schizophrenie und Autismus in Verbindung gebracht. Auch Komponenten der Immunantwort zeigen Bezüge zu diesen Erkrankungen.

Diagnose der Toxoplasmose

Besteht der Verdacht auf eine Infektion mit Toxoplasma gondii, kann eine Blutprobe wichtige Informationen liefern. Gab es bereits früher einen Kontakt mit dem Erreger, so lassen sich im Blut Antikörper nachweisen. Gesucht wird hierbei nach den Antikörpern (Immunglobulinen) IgG und IgM. Eine sogenannte PCR (Polymerase-Kettenreaktion) bringt ans Licht, ob Keime im Körper zirkulieren. Hat sich eine Schwangere mit Toxoplasmose-Erregern angesteckt, sollte das Fruchtwasser untersucht werden. Es zeigt, ob sich das Ungeborene bereits angesteckt hat. Im Zweifelsfall können die Ärztin oder der Arzt auch Nabelschnurblut des Fötus für die Suche nach Toxoplasma gondii verwenden. Manche durch Toxoplasmose ausgelöste Organveränderungen lassen sich beim ungeborenen Kind schon im Ultraschall darstellen. Eine Toxoplasmose-Infektion des Kindes während der Schwangerschaft (oder zum Zeitpunkt der Geburt) ist nach dem deutschen Infektionsschutzgesetz meldepflichtig.

Behandlung der Toxoplasmose

Eine Toxoplasmose-Infektion wird mit Antibiotika behandelt. Diese wirken besonders gut gegen Tachyzoiten - die frühe Entwicklungsstufe von Toxoplasma gondii. In dieser Phase teilen sich die Zellen schnell und sind daher besonders empfindlich gegen Medikamente. Am effektivsten sind die Substanzen Spiramycin, Pyrimethamin, Sulfadiazin und Clindamycin. Behandelt werden müssen Schwangere, Neugeborene und Patienten mit schwachem oder künstlich unterdrücktem Immunsystem.

Zwar gibt es noch keine sicheren Belege dafür, dass Antibiotika bei infizierten Schwangeren das Risiko der Übertragung auf den Fötus verringern, trotzdem sollte die Behandlung durchgeführt werden. Infektionsmediziner empfehlen, Schwangere bis zur 16. Woche mit Spiramycin zu behandeln, danach mit einer Kombination aus Pyrimethamin, Sulfadiazin und Folsäure. Letzteres soll Knochenmarkschäden beim Ungeborenen vorbeugen.

Vorbeugung der Toxoplasmose

Besonders wichtig ist es für Schwangere, sich nicht zu infizieren. Denn eine Impfung gegen den Erreger gibt es nicht. Gefährlich ist vor allem die sogenannte Erstinfektion, bei der die werdende Mutter noch keine Antikörper gegen Toxoplasmose gebildet hat. Deshalb kann sie die Erreger leicht an das ungeborene Kind weitergeben. Das Risiko der Übertragung steigt mit der Dauer der Schwangerschaft. In den ersten drei Monaten infiziert sich etwa jedes siebte Ungeborene, in den letzten drei Monaten mehr als jedes zweite. Ob die werdende Mutter bereits vor der Schwangerschaft eine Infektion durchgemacht hat und eine Immunität besteht, lässt sich mit einem Bluttest feststellen, der nach Toxoplasmose-Antikörpern fahndet.

Am besten können Schwangere dem Risiko einer Ansteckung aus dem Weg gehen, indem sie den Kontakt mit Katzen und deren Ausscheidungen meiden. Wer eine Katze als Haustier hat, sollte sie nicht mit rohem Fleisch füttern. Streicheln ist erlaubt, Schwangere sollten aber darauf achten, dass sie die Hände danach nicht zum Mund führen, sondern vorher waschen. Das Reinigen des Katzenklos sollten Schwangere anderen überlassen (empfohlen wird tägliches Reinigen mit heißem Wasser). Achtung: Eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht auch bei der Gartenarbeit und auf Kinderspielplätzen, beispielsweise in Sandkästen.

Um sicherzugehen, dass frisches Fleisch oder Fleischprodukte frei von Toxoplasmose-Erregern sind, sollte man sie bei minus 21 Grad einfrieren oder für 20 Minuten auf mindestens 50 Grad (Kerntemperatur) erhitzen. Nach dem Berühren von rohem Fleisch und ungewaschenem Gemüse und Früchten sollten Sie die Hände mit Seife waschen.

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