Tuberkulöse Meningitis: Prognose, Diagnose und Therapie

Die tuberkulöse Meningitis (TBM) ist eine schwere Form der Tuberkulose, die die Hirnhäute und das zentrale Nervensystem betrifft. Obwohl die Tuberkulose in Deutschland insgesamt selten geworden ist, stellt die TBM aufgrund ihrer potenziell schwerwiegenden Folgen eine wichtige differentialdiagnostische Herausforderung dar. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Prognose, Diagnose und Therapie der TBM unter Berücksichtigung aktueller Leitlinien und Forschungsergebnisse.

Einführung

Die Neurotuberkulose, manifestiert sich in über 80% der Fälle als tuberkulöse Meningitis, ist eine schwerwiegende Erkrankung, die sich typischerweise subakut oder chronisch über Monate entwickelt. Trotz der Tatsache, dass schätzungsweise ein Drittel der Weltbevölkerung mit Mycobacterium tuberculosis infiziert ist, bleibt die Tuberkulose, insbesondere die Neurotuberkulose, in Industrieländern eine Seltenheit. Dies hat zu eingeschränkter Aufmerksamkeit und mangelnder ärztlicher Erfahrung geführt, was diagnostische und therapeutische Schwierigkeiten zur Folge hat. Da es keinen Einzeltest mit hoher Sensitivität und Spezifität gibt, muss die Verdachtsdiagnose klinisch in der Zusammenschau aller Befunde gestellt werden.

Epidemiologie und Risikofaktoren

Die Inzidenz der Tuberkulose ist in Deutschland seit Jahren rückläufig, bakterielle Resistenzen aber nehmen zu. Die Erkrankungsrate der deutschen Bevölkerung liegt bei 8,9/100.000, bei ausländischen Mitbürgern bei 45/100.000. Risikofaktoren für die Entwicklung einer zerebralen Tuberkulose sind:

  • Alter
  • Alkoholismus
  • Diabetes mellitus
  • Malignome
  • HIV-Infektion
  • Immunsuppressive Therapien, besonders die Behandlung mit TNF-alpha-Antagonisten

Pathogenese und Klinik

Die Infektion erfolgt fast immer aerogen durch das Einatmen feinster erregerhaltiger Aerosole. Durch eine hämatogene oder lymphogene Aussaat der Erreger kann die Tuberkulose prinzipiell jedes Organ betreffen - mit oder ohne Lungenbefund. Vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern besteht die Gefahr, dass es im Anschluss an die Infektion zu einer generalisierten Streuung der Tuberkulosebakterien kommt und sie eine Miliartuberkulose oder eine tuberkulöse Meningitis entwickeln, die jeweils mit einer höheren Mortalität assoziiert sind.

Die Neurotuberkulose ist eine Erkrankung, die sich - bis auf wenige foudroyante Verläufe - typischerweise subakut oder chronisch über Monate entwickelt. Bei über 80% der Patienten manifestiert sie sich als tuberkulöse Meningitis.

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Die klinische Präsentation der TBM ist oft unspezifisch, was die Diagnose erschwert. Typische Symptome sind:

  • Photophobie
  • Fieber (oft auch Fieberschübe)
  • Kopfschmerzen
  • Nausea und Vomitus
  • Nackensteifigkeit
  • Hirnnervenparesen (30-50%), meist des N. abducens, seltener Paresen des III., IV., VII. oder VIII. Hirnnerven
  • Psychiatrische Symptome, wie Depression oder halluzinatorische Psychosen

Neurologische Herdzeichen bzw. fokale Anfälle sind bei Neurotuberkulose meist durch zerebrale Tuberkulome bedingt. Im Rahmen von Verklebungen durch das tuberkulöse Exsudat, durch Hirnödem oder durch Tuberkulome kann es zu Liquor-Zirkulationsstörungen kommen, die zu Hirndruck führen. Mehr als 50% der Patienten haben eine Hyponatriämie (< 135 mmol/l) bzw. ein hyponatriämisches natriuretisches Syndrom. Eine Mitbeteiligung spinaler Strukturen wird bei ca. 10% der Tuberkuloseerkrankten gefunden.

Vom British Medical Research Council (MRC) wurde eine Schweregradeinteilung (Grad I-III) der Neurotuberkulose anhand klinischer Kriterien vorgeschlagen, in die u. a. der Glasgow Coma Score und fokal neurologische Zeichen eingehen.

Diagnose

Die Diagnose der TBM stützt sich auf eine Kombination aus klinischer Symptomatik, Liquordiagnostik und bildgebenden Verfahren. Da es keinen Einzeltest mit hoher Sensitivität und Spezifität gibt, muss die Verdachtsdiagnose klinisch in der Zusammenschau aller Befunde gestellt werden.

Liquordiagnostik

Die Liquordiagnostik ist ein zentraler Bestandteil der Diagnosestellung. Charakteristische Befunde sind:

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  • Lymphozytär dominierte Pleozytose (in der Regel zwischen 100/3 und 3000/3 Zellen)
  • Erhöhtes Gesamteiweiß (100-1000 mg/dl)
  • Leicht erniedrigter Liquor-Glukose-Spiegel (bei ca. 70% der Erkrankten findet sich ein > 50% erniedrigter Liquor/Serum-Quotient der Glukose)
  • Manchmal findet sich eine „Spinnenweben-Haut” auf der Oberfläche des Liquors; sie ist jedoch nicht pathognomonisch.

Wegen der geringen Dichte der Mykobakterien benötigt man möglichst größere Liquormengen und für ihre Anreicherung stärkere Zentrifugalkräfte (≥ 3000 g). Die mikroskopische Untersuchung von Liquorausstrichpräparaten (z.B. mit Ziehl-Neelsen-Färbung) hat daher, trotz hoher Spezifität (> 95%), generell nur eine geringe Sensitivität (≤ 25%). Eine höhere Sensitivität (> 50%) kann durch eine längere mikroskopische Untersuchung der einzelnen Präparate und durch wiederholte Liquoruntersuchungen erreicht werden. Zum definitiven Nachweis des Erregers und zur anschließenden Resistenztestung müssen die Erreger angezüchtet werden.

Bildgebende Verfahren

Die Diagnose Neurotuberkulose beruht auf der klinischen und bildmorphologischen Einschätzung sowie der Liquordiagnostik. Anhand des klinischen und des radiologischen Bildes allein können keine Rückschlüsse auf den ursächlichen Erreger gezogen werden. Es sollte daher immer ein Erregernachweis angestrebt werden und eine weiterführende Diagnostik zielgerichtet für die jeweils betroffenen Organsysteme erfolgen.

Differenzialdiagnose

Wegen der initial unspezifischen klinischen Symptome bei Neurotuberkulose muss differenzialdiagnostisch eine ganze Reihe unterschiedlicher, z.T. sehr seltener Erkrankungen bedacht werden. Dazu gehören Infektionen mit Bakterien, Pilzen, Viren oder Parasiten, aber auch andere inflammatorische oder tumoröse Erkrankungen. Die Diagnose einer Neurotuberkulose (und ihre Abgrenzung gegen andere Erkrankungen) kann allein anhand der Symptome weder mit Sicherheit gestellt noch ausgeschlossen werden.

Therapie

Prinzipiell leiten sich die Empfehlungen zur Therapie der Neurotuberkulose von denen bei pulmonaler Tuberkulose ab. Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), die amerikanische „Infectious Diseases Society” (IDSA) sowie die amerikanische und britische „Thorax Society” empfehlen folgendes Therapieregime:

Eine Initialphase intensiver Behandlung mit einer Vierfach-Kombination von Tuberkulostatika, gefolgt von einer längeren Kontinuitätsphase mit einer Zweifachtherapie.

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Medikamentöse Therapie

Auf der Basis dieser bekannten Resistenzsituation wird heute eine initiale Vierfachtherapie mit INH, RMP, PZA und EMB empfohlen. Dies sollte bei positiven Kulturen bis zum Ergebnis der Sensibilitätsprüfung beibehalten werden (wenn der Erreger gegen die verwendeten Substanzen empfindlich ist) oder bei fehlendem Resistenzprofil für zwei Monate fortgesetzt werden. In der Kontinuitätsphase der Therapie sollte dann mit INH und RMP bis zur zwölfmonatigen Gesamttherapiedauer behandelt werden. Eine Ausnahme sei die tuberkulöse Meningitis, die wegen der schlechteren Penetranz der Medikamente über die Blut-Hirn-Schranke initial eine zweimonatige Vierfach-Behandlung erfordert, der sich eine zehnmonatige Therapie mit Isoniazid plus Rifampicin anschließt.

Ist eine bakterielle Resistenz gesichert oder kommt es zu einer Unverträglichkeit, so muss das Therapieregime umgestellt werden. Kann beispielsweise kein Isoniazid gegeben werden, so sollte für zwei Monate mit Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol und Streptomycin behandelt werden; die Folgetherapie sollte dann jedoch auf neun bis zwölf Monate ausgedehnt werden. Kann dagegen Rifampicin nicht eingesetzt werden, so sind initial Isoniazid, Pyrazinamid, Ethambutol und Streptomycin indiziert und anschließend für zwölf bis 18 Monate Isoniazid plus Ethambutol. Bestehen Gegenanzeigen für Pyrazinamid, ist die Gabe von Isoniazid, Rifampicin und Ethambutol und gegebenenfalls auch Streptomycin und weitere neun Monate Isoniazid und Rifampicin indiziert.

Kortikosteroide

Neuere Studien haben gezeigt, dass die zusätzliche Gabe von Kortikosteroiden, unabhängig vom Alter der Patienten und dem Schweregrad der Erkrankung, die Letalität verringert. Daher wird die adjuvante Therapie mit Kortikosteroiden für alle Patienten empfohlen, die nicht mit HIV infiziert sind. Die Daten aus der HIV-koinfizierten Gruppe waren uneinheitlich und stammen zum größten Teil von Patienten ohne hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART). Die Kortikosteroidgabe gefährdet diese Patientengruppe jedoch nicht und hat möglicherweise eine positive Auswirkung hinsichtlich des Überlebens.

Neurochirurgische Intervention

Einige Patienten mit Neurotuberkulose entwickeln einen Hydrozephalus. Liegt ein kommunizierender Hydrozephalus vor, gelingt oft eine ausreichende medikamentöse Therapie mit Acetazolamid oder Diuretika. Alternativ können serielle lumbale Liquorentnahmen den Liquor-Überdruck beheben. Die Indikation zu einem liquorableitenden Eingriff ist bei Vorliegen eines Hydrocephalus occlusus (z.B. durch Tuberkulome) gegeben. In der Regel wird bis zur Sanierung des Liquorbefunds eine externe Liquordrainage bevorzugt. Der Zeitpunkt der Shuntanlage hat einen signifikanten Einfluss auf den Therapieerfolg. In dieser Unsicherheit hinsichtlich des optimalen Vorgehens müssen stets die möglichen Komplikationen des Shunts mit dem gewünschten klinischen Nutzen abgewogen werden.

Prognose

Die Prognose der TBM hängt entscheidend von einer frühzeitigen Diagnose und einem unverzüglichen Therapiebeginn ab. Trotz effektiver Chemotherapeutika lässt sich die Neurotuberkulose häufig nur unbefriedigend therapieren. Bei weniger als der Hälfte der Patienten kann eine bleibende Beeinträchtigung oder der Tod verhindert werden. Neuere Arbeiten belegen, dass eine rechtzeitige und adäquate adjuvante Kortikoid-Therapie die Prognose hinsichtlich Letalität und Morbidität verbessert.

Prognostisch wichtige Faktoren für den langfristigen Heilungserfolg sind:

  • Frühzeitige Diagnose
  • Unverzüglicher Beginn einer adäquaten antituberkulotischen Therapie
  • Klinisches Stadium

Tuberkulöse Meningitis bei HIV-Infektion

Eine zerebrale Tuberkulose findet sich fünfmal häufiger bei HIV-positiven als bei HIV-negativen Patienten. Bei HIV-Infizierten ist der Verlauf meist rascher progredient, die klinischen Symptome sind aber ähnlich. Die Letalität ist bei HIV-infizierten Patienten höher.

Eine besondere Situation liegt bei der Tuberkulose bei HIV-Infizierten vor. Denn unter Rifampicin können, wegen nicht überschaubarer Arzneimittel-Interaktionen, keine nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) und keine Proteaseinhibitoren eingesetzt werden. Während der Behandlung mit Rifampicin sollte deshalb mit anderen antiviralen Substanzen behandelt werden - oder es sollte alternativ Rifabutin verordnet werden. Dann können zwar ebenfalls keine NNRTI gegeben werden, eine Therapie mit Protease-Inhibitoren ist jedoch möglich. Kann auf NNRTI nicht verzichtet werden, so muss die Tuberkulose mit Isoniazid, Pyrazinamid, Ethambutol und Streptomycin therapiert werden.

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