Tuberöse Sklerose: Frühe Anzeichen, Diagnose und Behandlungsansätze

Die tuberöse Sklerose (TSC), auch bekannt als Tuberöse Sklerose Komplex (TSC), ist eine seltene genetisch bedingte Multisystemerkrankung, die durch das Wachstum gutartiger Tumoren (Hamartome) in verschiedenen Organen gekennzeichnet ist. Diese Tumoren können nahezu alle Organsysteme betreffen, darunter Gehirn, Haut, Nieren, Herz, Augen und Lunge. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt und kann durch Mutationen in den Genen TSC1 oder TSC2 verursacht werden.

Was ist Tuberöse Sklerose?

Die Tuberöse Sklerose (TSC) ist eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der es zu Fehlbildungen und Tumoren in nahezu allen Organsystemen kommen kann. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort "tuber" (Höcker, Beule) und vom griechischen Wort "skleros" (hart) ab. Die Tuberöse Sklerose wird auch als "Krankheit mit vielen Gesichtern" oder medizinisch als "Tuberöse Sklerose-Komplex" (TSC) bezeichnet.

Ursachen und Häufigkeit

Die Ursache für die Entwicklung der Tuberösen Sklerose sind Veränderungen im Erbgut (Mutationen) in den Genen TSC1 und TSC2. Normalerweise hemmen diese Gene das Eiweiß mTOR, das für Zellwachstum und -teilung zuständig ist. Liegt jedoch eine genetische Veränderung von TSC1 oder TSC2 vor, wird die Aktivität von mTOR nicht mehr gehemmt, und die betroffene Zelle verändert sich in der Struktur bzw. teilt sich häufiger. Es bilden sich meist gutartige Tumoren, so genannte Hamartome.Die Krankheit tritt mit einer Häufigkeit von etwa 1 Fall pro 6.000 in der Gesamtbevölkerung auf. Die Anzahl neuerkrankter Personen liegt bei 1 zu 11.180 und 1 zu 22.360 Lebendgeburten.

Genetische Grundlagen

Die Tuberöse Sklerose ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung. Das bedeutet, dass eine Mutation in einem einzigen der beiden betroffenen Gene (TSC1 oder TSC2) ausreicht, um die Krankheit zu verursachen. Etwa 30 % der Fälle werden vererbt, während 70 % der Fälle auf spontanen Mutationen beruhen. Wenn ein Elternteil betroffen ist, besteht eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ebenfalls die genetische Mutation erbt.

Erste Anzeichen und Symptome

Die Symptome der Tuberösen Sklerose können von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein und hängen davon ab, welche Organe betroffen sind. Einige der häufigsten ersten Anzeichen und Symptome sind:

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Hautveränderungen:* Hypomelanotische Flecken: Dies sind helle, blattförmige Flecken auf der Haut, die oft schon bei der Geburt vorhanden sind oder kurz danach auftreten.

  • Angiofibrome: Dies sind kleine, rötliche oder hautfarbene Knötchen, die typischerweise im Gesicht auftreten, insbesondere auf den Wangen und der Nase. Sie werden auch als Adenoma Sebaceum bezeichnet.
  • Shagreen-Patch: Dies ist ein raues, lederartiges Areal auf der Haut, das meist im unteren Rückenbereich auftritt.
  • Knollenartige Veränderungen in der Nähe des Nagelbetts oder unter den Nägeln.

Neurologische Symptome:* Epilepsie: Epileptische Anfälle sind eines der häufigsten Symptome der Tuberösen Sklerose und treten bei 75 bis 90 Prozent der erkrankten Kinder bereits im ersten Lebensjahr auf. Die Anfälle können verschiedene Formen annehmen, von leichten Absencen bis hin zu schweren tonisch-klonischen Anfällen. Liegen infantile Spasmen in Kombination mit einer Hypsarrhythmie im EEG vor, spricht man auch von einem West-Syndrom.

  • Entwicklungsstörungen: Viele Kinder mit Tuberöser Sklerose zeigen Entwicklungsverzögerungen, insbesondere in den Bereichen Sprache, Motorik und Kognition.
  • Geistige Behinderung: Bei etwa der Hälfte bis zwei Drittel der Kinder mit Tuberöser Sklerose ist eine intellektuelle Beeinträchtigung bemerkbar.
  • Autismus-Spektrum-Störung: Autismus tritt bei einem erheblichen Teil der Menschen mit Tuberöser Sklerose auf.

Herzprobleme:* Rhabdomyome: Dies sind gutartige Tumoren, die im Herzen auftreten können. Sie können bereits vorgeburtlich per Ultraschall erkannt werden. Fetale Herztumore (Rhabdomyome) können z. B. Herzklappen oder Herzkammern verengen und zu verminderter Kontraktionsfähigkeit des Herzens führen.

Nierenprobleme:* Angiomyolipome: Dies sind gutartige Tumoren, die in den Nieren auftreten können.

  • Nierenzysten: Auch Nierenzysten sind häufig.

Augenprobleme:* Veränderungen im Auge, die zur Einschränkung des Sehfelds oder Sehvermögens führen können.

Zahn- und Mundraum:* Defekte des Zahnschmelzes und gutartige Tumore im Bereich des Zahnfleisches.

Diagnose

Die Diagnose der Tuberösen Sklerose erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus medizinischer Untersuchung und spezifischen Tests. Zu den diagnostischen Verfahren gehören:

  • Klinische Untersuchung: Eine gründliche körperliche Untersuchung, einschließlich einer Hautuntersuchung, kann erste Hinweise auf die Erkrankung liefern.
  • Bildgebende Verfahren:
    • MRT des Gehirns: Eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns kann die typischen Veränderungen im Gehirn erkennen, wie z.B. Tubera (kortikale und subkortikale Hamartome) und subependymale Noduli (SEN).
    • Ultraschalluntersuchung: Ultraschalluntersuchungen können Nierenzysten und -tumore aufzeigen und werden auch eingesetzt, um Herzerkrankungen aufzuspüren, die bei Neugeborenen und Kleinkindern mit tuberöser Sklerose häufig sind.
    • CT-Scan: Eine Computertomographie (CT) kann ebenfalls zur Beurteilung von Tumoren in verschiedenen Organen eingesetzt werden.
  • EEG (Elektroenzephalogramm): Ein EEG wird durchgeführt, um die Hirnaktivität zu messen und epileptische Anfälle zu diagnostizieren.
  • Genetische Tests: Eine genetische Analyse kann Mutationen in den TSC1- oder TSC2-Genen nachweisen und die Diagnose bestätigen. Eltern und Geschwister betroffener Patient*innen können genetisch untersucht werden.
  • Weitere Untersuchungen bei Spezialistinnen: Je nach betroffenem Organsystem können weitere Untersuchungen bei Spezialistinnen erforderlich sein, z.B. bei Kardiologinnen, Nephrologinnen oder Augenärzt*innen.

Diagnosestellung in Deutschland

In Deutschland erfolgt die Diagnose der Tuberösen Sklerose in der Regel durch eine Kombination aus medizinischen Untersuchungen und spezialisierten Tests. Renommierte Kliniken und Zentren bieten umfassende diagnostische Tests und Unterstützungssysteme für Patienten und deren Elternteile an. Der Zugang zu diagnostischen Tests und Unterstützungssystemen ist für die Bevölkerung weitgehend geregelt. Viele Tests, wie genetische Untersuchungen und bildgebende Verfahren, sind über spezialisierte Kliniken oder in der Online-Apotheke verfügbar.

Behandlung

Die Tuberöse Sklerose ist nach heutigem Stand nicht heilbar. Die Behandlung orientiert sich daher an den Beschwerden, unter welchen die Patienten leiden. Für viele dieser Symptome stehen gute Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Die Behandlungsziele sind eine Verbesserung der Lebensqualität, Symptombekämpfung und Vermeidung von Komplikationen. Die Behandlung besteht aus verschiedenen Maßnahmen, damit das Kind so normal wie möglich heranwachsen und sich entwickeln kann.

Therapieansätze

  • Medikamentöse Therapie:
    • Antiepileptika: Viele Patient*innen mit tuberöser Sklerose benötigen Antiepileptika, um Anfällen vorzubeugen.
    • mTOR-Inhibitoren: Als neue Behandlungsmethode steht nun die Behandlung mit mTOR1-Inhibitoren (Sirolimus, Everolimus) zur Verfügung. Das Medikament Everolimus (EVE), kann bei therapieresistenten Epilepsien zu Erfolgen führen, wirkt aber immunsuppressiv und kann Nebenwirkungen haben. mTOR-Inhibitoren werden auch zur Verkleinerung von SEGAs (subependymale Riesenzellastrozytome) eingesetzt.
  • Chirurgische Eingriffe: In einigen Fällen können operative Eingriffe erforderlich sein, um Tumore zu entfernen oder zu verkleinern, insbesondere wenn sie die Funktion wichtiger Organe beeinträchtigen.
  • Rehabilitative Maßnahmen: Besonders im Jugendalter, wenn die verzögerte Entwicklung oft stark ausgeprägt ist, spielen auch rehabilitative Maßnahmen eine wichtige Rolle.
  • Ketogene Diät: Eine fettreiche Ernährung, eine sog. ketogene Diät, kann sich bei Patient*innen mit häufigen epileptischen Anfällen positiv auswirken.
  • Weitere Medikamente: Zudem können andere Medikamente erforderlich sein, z. B. Herzmedikamente.
  • Zahnmedizinische Versorgung: Regelmäßige zahnmedizinische Untersuchungen sind wichtig.

Aktuelle Forschung

Eine aktuelle Studie untersucht, ob Babys mit Tuberöser Sklerose von einer sehr frühen Medikation profitieren können. In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Studie PROTECT erhalten 30 Säuglinge von den ersten vier Lebensmonaten an ein Medikament. Ziel ist es, durch die frühe Gabe eines bereits für ältere Kinder zugelassenen Medikamentes die Hirnentwicklung positiv zu beeinflussen.

Prognose und Lebensqualität

Die Prognose bei tuberkulöser Sklerose variiert stark und hängt von vielen Faktoren ab. Die langfristigen Aussichten sind oft vielversprechend, insbesondere wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt wird. Entscheidende Faktoren, welche die Prognose beeinflussen, sind die Schwere der Symptome und die betroffenen Organsysteme. Der Erfolg der Therapie hängt davon ab, wie gut die Tumoren kontrolliert werden können und welche Unterstützung der Patient erhält.

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Erfolge und Herausforderungen

Erfolge in der Therapie der tuberösen Sklerose sind durchaus möglich, allerdings gibt es auch Herausforderungen, besonders wenn die Erkrankung komplexe Symptome wie Entwicklungsstörungen oder Veränderungen im Blut mit sich bringt.

Unterstützung und Informationen

Für Betroffene und ihre Familien gibt es zahlreiche Anlaufstellen für Unterstützung und Informationen. Tuberöse Sklerose Deutschland e. V. ist eine wichtige Patientenorganisation, die Betroffenen und ihren Familien mit Rat und Tat zur Seite steht. Das TSC Zentrum ist durch den Tuberöse Sklerose Deutschland e.V.

Leben mit Tuberöser Sklerose

Trotz der Herausforderungen, die mit der Tuberösen Sklerose einhergehen, können viele Betroffene dank fortschrittlicher medizinischer Ansätze und individueller Behandlungspläne gut mit der Krankheit leben.

Die Rolle der Forschung

Forscher arbeiten kontinuierlich daran, die Diagnosemethoden zu verbessern und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, um Patienten mit tuberkulöser Sklerose effektiver zu unterstützen.

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