Wirbelsäulentumoren (spinale Tumoren) sind gut- oder bösartige Neubildungen, die im Rückenmark, an seinen Anhangsgebilden oder an der Wirbelsäule selbst auftreten können. Sie stellen Patienten vor zahlreiche Herausforderungen. Dieser Artikel dient als Wegweiser durch die verschiedenen Arten von Krebserkrankungen im und um die Wirbelsäule und bietet Betroffenen und ihren Familien wertvolles Wissen, um die Erkrankung besser zu verstehen.
Anatomische Einteilung spinaler Tumoren
Je nach ihrer anatomischen Lagebeziehung zur harten Rückenmarkshaut (Dura), die die Nervenstrukturen im Spinalkanal umhüllt, werden spinale Tumore in außerhalb (extradural) und innerhalb (intradural) wachsende Tumore unterteilt.
- Extradurale Tumore: Diese Tumore wachsen außerhalb der Dura und können von der Wirbelsäule selbst, von umliegendem Gewebe oder von Metastasen anderer Krebsarten ausgehen.
- Intradurale Tumore: Diese Tumore wachsen innerhalb der Dura, entweder außerhalb (extramedullär) oder innerhalb (intramedullär) des Rückenmarks.
Ursachen und Risikofaktoren
Tumore entstehen durch unkontrolliertes Zellwachstum, dem meist keine bestimmte Ursache zugeschrieben werden kann. Es ist ein komplexes Zusammenspiel aus unterschiedlichen Faktoren. Es kommen sowohl genetische als auch umweltbedingte Ursachen in Frage.
In den meisten Fällen ist ein Tumor an der Wirbelsäule die Folge einer Krebserkrankung, die bereits gestreut hat. Der Ursprungstumor befindet sich an einer anderen Körperstelle und hat an der Wirbelsäule Metastasen gebildet.
Als Risikofaktor für das Auftreten von Rückenmarkstumoren kann eine zurückliegende Bestrahlungstherapie, beispielsweise im Rahmen einer Krebsbehandlung, sein. Ebenso kommen auch im Rahmen einiger genetischer Erkrankungen häufiger bestimmte Rückenmarkstumore vor. Hier ist beispielsweise die Neurofibromatose zu nennen, bei der es zu multiplen Neurinomen auch im Bereich des Rückenmarks kommen kann.
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Arten von Wirbelsäulentumoren
An der Wirbelsäule gibt es zwei Hauptgruppen von Tumoren, die sogenannten primären, welche direkt in der Wirbelsäule entstehen, und die Metastasen von anderen Tumoren. Diese Tumoren streuen Tumorzellen über die Blutbahn in die Wirbelsäule oder wachsen per continuitatem in die Wirbelsäule ein (z.B. Lungenkarzinom). Die primären Wirbelsäulentumoren sind sehr selten und können gut- oder bösartig sein. Am häufigsten sind Metastasen eines anderen Tumors.
Extradurale Tumore
- Metastasen: Spinale Metastasen sind Absiedlungen von meist Lungen-, Brust- oder Prostatakrebs. Aber auch Hautkrebs und Lymphome können in die Wirbelsäule streuen. Die häufigsten ursprünglichen Krebserkrankungen (Primärtumoren), bei denen sich eine oder mehrere neue Geschwülste an der Wirbelsäule bilden, sind Brustkrebs, Prostatakrebs und Lungenkrebs (Bronchialkarzinom). Aber auch Hautkrebs, Lymphknotenkrebs (Lymphome) und Nierenzellkrebs können in die Wirbelsäule streuen.
- Plasmozytome:
- Lymphome:
- Sarkome: Sarkome, wie z.B. Osteosarkome und Chondrosarkome, sind bösartige spinale Tumore, die im Knochengewebe der Wirbelsäule entstehen.
- Osteome:
- Chordome: Chordome sind seltene, langsam wachsende, aber oft lokal aggressive spinale Tumore, die sich aus Resten der embryonalen Chorda dorsalis entwickeln. Sie treten häufig im Bereich des Kreuzbeins (Sakrum) auf, können aber auch entlang der Wirbelsäule vorkommen.
- Chondrome:
Intradurale Tumore
Intramedulläre Tumore (im Rückenmark)
- Ependymome: Ependymome gehen von Ependymzellen aus, die den Zentralkanal innerhalb des Rückenmarks auskleiden. Sie wachsen daher konzentrisch innerhalb des Rückenmarks und verdrängen die Rückenmarksbahnen. Charakteristischerweise nehmen sie in der MRT Bildgebung nur flau Kontrastmittel auf und können von einer Syrinx (Höhle im Rückenmark) und Ödem umgeben sein, da sie die Zirkulation des Nervenwassers im Zentralkanal des Rückenmarks stören. Histologisch unterteilt man WHO Grad 2 und 3 Tumore. Als Sonderform gibt es zudem myxopapilläre Ependymome im Bereich des Filum terminale (WHO Grad 1).
- Astrozytome: Gliome oder Astrozytome sind seltene Tumore des Rückenmarks und gehen von den Stützzellen innerhalb des Rückenmarks aus und wachsen dort diffus. Eine Abgrenzung zum Rückenmark gibt es meist nicht. Gliome entstammen den sogenannten Gliazellen des zentralen Nervensystems. Sie schützen, ernähren und stützen die Nervenzellen und übernehmen daher viele Hilfsfunktionen. Gliome entstehen durch eine bösartige Entartung dieser Zellen. Eine wichtige Gruppe innerhalb der Gliome sind die Astrozytome. Diese werden nach WHO in vier Schweregrade eingeteilt, wobei Astrozytome mit dem Grad I die beste Prognose aufweisen. Astrozytome der WHO-Grade II bis IV sind nicht heilbar und können mit einer stark eingeschränkten Lebenserwartung einhergehen.
- Hämangioblastome:
Extramedulläre Tumore (außerhalb des Rückenmarks)
- Meningeome: Meningeome sind ebenfalls gutartige Tumore, die von der Nervenhaut (Dura) ausgehen und verdrängend wachsen. Bei Erreichen einer gewissen Größe, wird das Rückenmark verlagert und verdrängt. Dadurch können zum einen radikuläre Defizite entstehen oder auch eine Schädigung des Rückenmarks selbst mit spinaler Ataxie, Schmerzen, Blasen-Mastdarmstörungen und schließlich einer Querschnittssymtomatik. Im Rückenmarksbereich findet man sie am häufigsten auf Höhe des Brustkorbes, seltener auch im Halsbereich. Bei Frauen treten sie insgesamt deutlich häufiger auf. Durch ihr sehr langsames Wachstum fallen sie meist erst sehr spät durch Symptome auf.
- Neurinome: Neurinome sind in der Regel gutartige Tumore, die meist von den sensorischen Faszikeln einzelner Nervenwurzeln hervorgehen. Wenn die Tumore eine bestimmte Größe erreicht haben, beklagen Patienten Ausfallserscheinungen, die i.d.R. die affektierte Nervenwurzel betreffen. Dies können Kribbeldysästhesien, Schmerzen oder auch Lähmungen sein. Wenn der Tumor weiter wächst, kann es dabei auch zur Kompression des Rückenmarks kommen. Neurinome machen den größten Anteil der Rückenmarkstumore aus, seltener kommen sie auch im Gehirn vor. Es handelt sich dabei um gutartige und langsam wachsende Tumore, die von Schwann-Zellen abstammen, weshalb man sie auch als Schwannome bezeichnen kann. Schwann-Zellen bilden schützende Myelinscheiden um Nervenfasern des peripheren Nervensystems. Im Bereich des Rückenmarks entstehen Neurinome daher meist im Bereich der Nervenwurzeln, die aus dem Rückenmark austreten, um Gewebe außerhalb des Rückenmarks zu versorgen.
- Ependymome:
Symptome
Alle Tumore der Wirbelsäule haben jedoch gemeinsam, dass sie durch ihr Wachstum zum einen den Wirbelkörper oder andere Knochenanteile der Wirbelsäule zerstören und es zu einer Defektbildung mit Instabilität oder drohender Instabilität sowie Deformität kommt. Zum anderen wächst der Tumor oft in Richtung des Spinalkanals, in dem das Rückenmark und die Nerven liegen. Werden diese komprimiert, so kommt es zu Lähmungen bis hin zur Querschnittslähmung.
Spinale Tumore können sich durch eine Vielzahl von Beschwerden bemerkbar machen. Die Symptome entstehen vor allem durch den Druck des Tumors auf das Rückenmark, die Nervenwurzeln oder die umliegenden Strukturen. Die Patienten können schleichende Symptome erleiden, die sich langsam entwickeln. Die Symptomatik kann dabei sehr variabel sein und ist abhängig von Größe, Lokalisation und Wachstumsverhalten des Tumors.
Kein Symptom deutet spezifisch auf einen Wirbelsäulentumor hin!
Typische Symptome sind:
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- Rückenschmerzen: Hartnäckige Rückenschmerzen, vor allem nachts im Liegen, die in den Arm oder das Bein ausstrahlen und nicht wesentlich von Belastung, Körperposition oder Tageszeit abhängig sind. Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Symptomen bei spinalen Tumoren. Besonders auffällig ist, dass die Schmerzen oft nachts schlimmer werden und durch Bewegung am Tag nachlassen können. Bei allen Krebspatientinnen und Krebspatienten mit plötzlich auftretenden Rückenschmerzen sollte eine unverzügliche Abklärung mittels Bildgebung (MRT) erfolgen. Bei länger anhaltenden Rückenschmerzen und einer onkologischen Primärdiagnose sollte zur Sicherheit immer eine bildgebende Abklärung durchgeführt werden.
- Neurologische Ausfälle: Beeinträchtigt der Tumor Nervenstrukturen, kommt es zu neurologischen Ausfällen: Hier können sich schleichend zunehmende Taubheitsgefühle oder eine andersartige Gefühlsstörung, zunächst unbemerkte, dann zunehmende und sich komplex darstellende Lähmungen, eine Blasen-und Mastdarmentleerungsstörung und auch eine Sexualfunktionsstörung einstellen. Durch Druck auf das Rückenmark kann es zu neurologischen Ausfällen wie Gefühlsstörungen, Taubheitsgefühlen an den Armen oder Beinen und Lähmungen kommen.
- Empfindungsstörungen: Empfindungsstörungen (z. B. Kribbeln, Taubheitsgefühle oder ein Brennen). Diese Beschwerden treten oft in den Körperbereichen auf, die von den betroffenen Nerven oder Rückenmarkssegmenten versorgt werden.
- Muskelschwäche: Spinale Tumore können zu Muskelschwäche führen, die sich langsam verschlimmert. In fortgeschrittenen Stadien kann es sogar zu Lähmungen kommen, die je nach Lage des Tumors Arme, Beine oder andere Körperteile betreffen.
- Blasen- und Darmentleerungsstörungen: Probleme bei der Blasen- oder Darmentleerung sind ebenfalls typisch für spinale Tumore, insbesondere, wenn das Rückenmark stark beeinträchtigt ist. Dies kann sich durch häufigen Harndrang, unkontrolliertes Wasserlassen oder Verstopfung äußern.
- Nervenschmerzen: Schmerzen, die entlang der Nervenbahnen in Arme, Beine, den Nacken oder den Rumpf ausstrahlen, sind ein weiteres häufiges Symptom.
- Koordinationsstörungen: Tumore, die das Rückenmark beeinträchtigen, können zu Störungen der Bewegungskoordination führen. Betroffene berichten häufig von Unsicherheiten beim Gehen, sie haben ein schwankendes Gangbild oder stolpern.
- Querschnittslähmung: Eine gefürchtete Komplikation von Rückenmarkstumoren ist die Querschnittslähmung, bei der es zur Störung aller auf- und absteigenden Nervenfasern des Rückenmarks kommt, sodass je nach Lokalisation des verursachenden Tumors die komplette Sensibilität und Motorik eines Körperbereichs ausfällt. Die Querschnittsymptomatik kann sich sowohl schnell als auch langsam entwickeln und kommt besonders häufig in fortgeschrittenen Tumorstadien vor.
Die oben genannten Beschwerden sind häufige Symptome bei Tumoren der Wirbelsäule und des Rückenmarks. Sollten Sie sie bei sich feststellen, suchen Sie bitte frühzeitig eine Ärztin oder einen Arzt auf, um die Ursache abzuklären. Dieselben Symptome können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Es muss nicht immer gleich Krebs sein.
Diagnose
Wichtig sind die Erhebung der Krankengeschichte des Patienten und eine genaue körperliche Untersuchung. Fallen Anzeichen für den V.a. eine Tumorerkrankung auf (Red flags), dann wird die weitere Diagnostik eingeleitet.
Erste Hinweise auf einen Tumor an der Wirbelsäule ergeben sich aus den Symptomen. Welche Beschwerden haben Sie? Wie stark sind die Beschwerden? Haben sich die Beschwerden eher verschlechtert oder verbessert? Sind die Beschwerden permanent vorhanden? Verschlechtern oder verbessern sich die Beschwerden unter bestimmten Bedingungen? Haben Sie Vorerkrankungen? Wenn ja: Welche? Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein?
Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind:
- Bildgebung:
- Kernspintomographie (MRT): Bei Verdacht auf einen spinalen Tumor veranlassen wir eine Bildgebung der Wirbelsäule, in der Regel eine Kernspintomographie (MRT). Wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Magnetresonanztomografie (MRT). Um eine gesicherte Diagnose stellen und mögliche vorhandene Metastasen im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule genau beurteilen zu können, ist die Diagnostik mit schichtbildgebenden Verfahren wie einer Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig.
- Computertomographie (CT): gegebenenfalls ergänzend eine Computertomographie (CT). Auch wird bei erhärtendem Verdacht auf eine Tumorerkrankung der Wirbelsäule eine Kernspintomographie zur genauen Darstellung der Ausdehnung des Tumors, sowie eine Computertomographie zur Darstellung der knöchernen Defektbildung durchgeführt. Bei Verdacht auf Knochenbeteiligung ergänzt durch ein CT. Vereinfacht heißt das: Schicht für Schicht werden Aufnahmen von Ihrem Körper erstellt, die dann zu einem vollständigen dreidimensionalen Bild zusammengefügt werden.
- Myelografie: Auch die Kontrastmitteldarstellung des Wirbelkanals, die sogenannte Myelografie, wird zur Diagnose eingesetzt.
- Nativ-Röntgenaufnahme: Primär wird eine Nativ-Röntgenaufnahme in zwei Ebenen angefertigt. Auf Funktionsaufnahmen wird zunächst verzichtet.
- Biopsie: Anhand einer Gewebeprobe (Biopsie) kann man feststellen, ob ein gut- oder bösartiger Tumor vorliegt. Zudem lässt sich die Art des Tumors genauer bestimmen. Bei jeder Operation wird Tumorgewebe entnommen und zur histologischen Untersuchung eingesendet, um die genaue Dignität des Tumors bestimmen zu können. Je nach Art des Tumors erfolgt dann die weitere Therapie. Hat man Zeit und es ist keine Notfalloperation notwendig, sollte zunächst eine Probe entnommen werden und dann eine entsprechende Therapie in der Tumorkonferenz interdisziplinär besprochen werden.
- Lumbalpunktion: Zudem kann im Rahmen einer Lumbalpunktion eine kleine Menge Rückenmarksflüssigkeit entnommen und untersucht werden.
- Laboruntersuchungen: Ergänzende Untersuchungen können individuell hinzukommen, darunter auch Laboruntersuchungen. Solche zusätzlichen Tests verfolgen oft das Ziel, andere für Ihre Beschwerden möglicherweise verantwortlichen Ursachen von Wirbelsäulenmetastasen abzugrenzen (z. B.
Es ist wichtig andere Ursachen für die Beschwerden auszuschließen, die ähnliche Symptome verursachen können. Dazu gehören beispielsweise der Bandscheibenvorfall, Arthrose und rheumatische Krankheitsbilder. Ebenfalls sollte im Falle von Metastasen eine Primärtumorsuche durchgeführt werden, sodass hier weitere spezifischere Untersuchungsmethoden notwendig sein können.
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Therapie
Unbehandelt führt das unaufhaltsame Wachstum des Tumors durch örtlichen Druck auf die Nervenstrukturen zu einer fortschreitenden Schädigung und damit zu zunehmenden Ausfallssymptomen, die bis zur Querschnittslähmung führen können.
Ein Tumor an der Wirbelsäule wird meist interdisziplinär behandelt. Das bedeutet: Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen arbeiten Hand im Hand, um der oder dem Betroffenen optimal helfen zu können. Darüber hinaus gibt es viele weitere ergänzende Behandlungsmöglichkeiten. Welche Therapiemethode am besten geeignet ist, hängt unter anderem davon ab, ob der Tumor gut- oder bösartig ist. Bei einem bösartigen Tumor spielt zudem eine Rolle, welche Krebsform vorliegt und ob es sich um einen Primärtumor oder um eine Metastase handelt. Darüber hinaus ist entscheidend, wo sich der Tumor genau befindet und wie groß er ist.
Die Behandlung von spinalen Metastasen erfolgt immer durch ein fachübergreifendes Expertenteam. Dazu gehören beispielsweise Spezialisten der Onkologie, Strahlentherapie, Neurochirurgie und Radiochirurgie. Von besonderer Bedeutung sind Behandlungskonzepte, mit denen Knochen gut stabilisiert und z. B. die Gehfähigkeit und damit Selbstständigkeit im Alltag bestmöglich erhalten bzw.
Die allermeisten Wirbelsäulenoperationen wegen Tumor erfolgen nur aus Stabilitätsgründen oder wegen Schmerzen.
Die wichtigsten Therapieoptionen sind:
- Operation: Die Therapie der Wahl ist daher die Operation. Mit dieser erreichen wir eine Druckentlastung. Das Vorgehen der Operation hängt ganz von der Lage, Größe des Tumors sowie der weiteren Befunde in der Diagnostik ab. Auch die Dynamik der aufgetretenen Beschwerden ist wichtig, um den Zeitpunkt der Operation zu bestimmen. Wir betreuen Sie nach einem solchen Eingriff in unseren MVZ-Sprechstunden. Es wird in diesem Rahmen mit Ihnen nicht nur die operative Nachsorge besprochen, sondern je nach Tumorart auch eine weitere individuelle Behandlung geplant. Im Rahmen einer Operation soll der Tumor an der Wirbelsäule wenn möglich vollständig entfernt werden. Dabei stehen verschiedene Operationstechniken zur Verfügung. Nicht immer ist es jedoch möglich, einen Tumor an der Wirbelsäule zu operieren beziehungsweise komplett zu entfernen - etwa, wenn sich der Tumor in der Nähe wichtiger Nerven befinden, die bei dem Eingriff verletzt werden könnten. Bei Tumoren im Rückenmark sind jedoch manchmal Kompromisse notwendig (wie eine Teilentfernung des Tumors), wenn durch die Operation Ausfälle zu befürchten sind. Eine Operation am zentralen Nervensystem, zu dem das Rückenmark gehört, birgt immer Risiken. Eines davon ist die Schädigung von Strukturen durch die Operation selbst. Mithilfe moderner mikrochirurgischer Techniken und des intraoperativen neurophysiologischen Monitorings kann dieses Risiko gering gehalten werden: Bei der Operation von Tumoren außerhalb des Rückenmarks, also z. B. Meningeomen, liegt das Lähmungsrisiko durch eine operativ verursachte Nervenschädigung < 1 %. Vor allem bei schnell wachsenden Metastasen kann aufgrund des zeitlichen Entscheidungsdrucks eine offene notfallmäßige Operation notwendig sein, um Kompressionen auf sensible Nervenstrukturen schnell in den Griff zu bekommen. Es gibt aber auch Umstände, die gegen eine Operation sprechen können - allen voran der Allgemeinzustand, ein ausgeprägter Multiorganbefall bzw. die Prognose. Liegt eine Kompression des Rückenmark oder der Nerven vor, mit ggf. sogar großer Gefahr für eine Querschnittlähmung, so wird notfallmäßig eine Spondylodese, d.h. Versteifungsoperation mit Entlastung des Rückenmarkkanales durchgeführt, um die Querschnittlähmung zu verhindern oder die Lähmungen rückgängig zu machen. Auch bei Instabilität durch große knöcherne Defekte an tragenden Knochenabschnitten wird notfallmäßig eine Versteifungsoperation durchgeführt. Vor allem bei schnell wachsenden Metastasen kann aufgrund des zeitlichen Entscheidungsdrucks eine offene notfallmäßige Operation notwendig sein, um Kompressionen auf sensible Nervenstrukturen schnell in den Griff zu bekommen. Es gibt aber auch Umstände, die gegen eine Operation sprechen können - allen voran der Allgemeinzustand, ein ausgeprägter Multiorganbefall bzw. die Prognose. Bei Schmerzen (z. B. durch Kompression von Nervenwurzeln) können zusätzlich Schmerzmittel eingesetzt werden. Wie bei Wirbelkörperbrüchen durch Osteoporose, kann hier auch eine Kyphoplastie (Zementauffüllung des Wirbelkörpers) mit gutem Erfolg durchgeführt werden.
- Strahlentherapie: Eine Strahlentherapie (Radiotherapie) eignet sich sowohl zur Therapie von bösartigen als auch von gutartigen Tumoren an der Wirbelsäule. Bei der Behandlung wird der betroffene Körperbereich ionisierender Strahlung ausgesetzt. Auf diese Weise werden die unkontrolliert wachsenden Tumorzellen geschädigt. Bei mehreren (multiple) Metastasen an der Wirbelsäule wird oft eine herkömmliche Strahlentherapie durchgeführt. Diese Behandlung muss auf mehrere Sitzungen aufgeteilt werden, da das Rückenmark sowie die Nervenwurzeln im Strahlenfeld liegen. Es können über 2 bis 5 Wochen hinweg individuell zwischen 10 und 25 Behandlungssitzungen notwendig sein. Auch nach einem operativen Eingriff zur Dekompression von Metastasen bzw.
- Chemotherapie: Ist der Tumor an der Wirbelsäule bösartig, kommt möglicherweise eine Chemotherapie in Betracht. Dabei kommen sogenannte Zytostatika zum Einsatz. Dies sind Substanzen, die vorwiegend Krebszellen schaden beziehungsweise abtöten. Zytostatika - als Chemotherapie eingesetzte Medikamente - sollen Vorgänge beeinflussen, die für das Wachstum und die Teilung von Zellen wichtig sind. Die meisten Chemotherapien wirken sich daher auf die Stoffwechsel- und Zellteilungsvorgänge von Krebszellen, aber auch der gesunden Zellen aus. Oft wird die Chemotherapie auch mit anderen Verfahren kombiniert. Dabei können Zytostatika sowohl als Tabletten, aber auch über die Vene verabreicht werden.
- Robotergeführte Radiochirurgie (CyberKnife-Therapie): Eine weitere Möglichkeit ist die moderne, robotergeführte Radiochirurgie, die in bestimmten Situationen Krebszellen an der Wirbelsäule gezielt zerstören kann. Eine hochmoderne Alternative in der Therapie von Metastasen ist in ausgewählten Situationen die radiochirurgische Behandlung mit dem robotergeführten CyberKnife-System. Diese sehr präzise, submillimetergenaue Radiochirurgie mit Photonen kann Krebszellen hochdosiert und fokussiert in einer meist einmaligen Anwendung erfolgreich zerstören. Die Photonen schädigen das Erbgut der Krebszellen, die daraufhin absterben und über mehrere Wochen vom Körper abgebaut werden. Das CyberKnife ist ein Robotersystem, das mit Photonen mit einer Genauigkeit im Submillimeterbereich - also einer Präzision von unter 1 mm - behandelt. Das durchschnittliche Alter betroffener Patientinnen und Patienten mit Wirbelsäulenmetastasen liegt bei 55 bis 60 Jahren [2]. Spinale Metastasen können mit der CyberKnife-Therapie immer dann gut behandelt werden, wenn sie einzeln auftreten und keine unmittelbare Kompression des Rückenmarks hervorrufen. Die hochmoderne Technologie des Robotersystems kann Bewegungen des Körpers, wie sie beispielsweise allein durch das normale Atmen auftreten, jederzeit während der Therapie durch entsprechende Rückkoppelung ausgleichen. So wird eine hochpräzise Behandlung möglich, die die Therapie von Wirbelsäulenmetastasen mit dem CyberKnife ohne eine Fixierung und auch ohne Narkose erlaubt. Für Sie bedeutet die radiochirurgische Therapie eine entsprechend komfortable und schmerzfreie Behandlung. Nach einer radiochirurgischen Therapie ist die Erfolgschance sehr hoch, dass kein Rezidiv auftritt. Wie bei allen medizinischen Behandlungen ist es jedoch möglich, dass es im Verlauf zu einem erneuten Tumorwachstum kommt. In diesen Fällen ist oftmals eine erneute radiochirurgische Therapie möglich.
Manche Tumore werden eher ohne Operation mit Chemotherapie und Bestrahlung behandelt, andere sollten eher zunächst operativ entfernt werden und dann weiterbehandelt werden.
Komplexer gewordene Therapiemöglichkeiten bedeuten, dass die Entscheidung für eine Therapie immer mit Blick auch auf Ihre individuelle Lebenssituation erfolgen sollte. Wir begleiten Sie gemeinsam mit unseren medizinischen Partnern und können dabei sowohl in Diagnostik als auch Therapie Experten der unterschiedlichen, individuell erforderlichen Fachrichtungen hinzuziehen.
Rehabilitation und Nachsorge
Nach der Operation bilden sich auch starke Schmerzen oder ausgeprägte Lähmungen oft erstaunlich gut zurück, vorausgesetzt das Rückenmark ist noch nicht dauerhaft geschädigt. Der Rückgang der lähmungsbedingten Ausfälle kann allerdings Wochen oder gar Monate dauern und einen Aufenthalt in einer Reha-Klinik erforderlich machen.
Im Anschluss an die Operation sollte der Patient schnellstmöglich mobilisiert werden. Eine Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung kann je nach Zustand und Wunsch des Patienten eine sinnvolle Option darstellen. Zudem sollten regelmäßige Nachkontrollen erfolgen.
Prognose
Verlauf und Prognose von Tumoren an der Wirbelsäule können ganz unterschiedlich sein. Wenn der Tumor größer wird, kann er auf umliegende Bereiche drücken. Auf diese Weise können Nerven und Rückenmark dauerhaft Schaden nehmen. Generell gilt: Suchen Sie bei Beschwerden frühzeitig eine Ärztin oder einen Arzt auf. Hinter Rückenschmerzen oder neurologischen Ausfällen verbirgt sich zwar nicht zwingend ein Tumor. Jedoch sollten solche Symptome immer abgeklärt werden.
In der Regel weisen gutartige Tumore dabei eine bessere Prognose auf als bösartige, da sie weniger invasiv wachsen und somit meist auch besser entfernt werden können. Im Falle von Metastasen richtet sich die Prognose nach der Art des Primärtumors. Eine Metastasierung liegt jedoch oft erst bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen vor, sodass die Prognose meist schlecht ist.
Astrozytome, die dem WHO-Grad I zugeordnet werden, können oft komplett entfernt werden und weisen somit eine gute Prognose auf. Bei Tumoren des WHO-Grades II hingegen liegt die mittlere Überlebensdauer bei etwa 11 Jahren, bei WHO-Grad III bei 9 Jahren und bei WHO-Grad IV nur noch bei 10-15 Monaten.
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