Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch motorische und nicht-motorische Symptome gekennzeichnet ist. Weltweit sind mehr als 10 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland etwa 400.000. Obwohl die Krankheit erstmals vor über 200 Jahren beschrieben wurde, sind die genauen Ursachen noch immer unbekannt.
Was ist Morbus Parkinson?
Morbus Parkinson ist eine Bewegungsstörung, die durch den kontinuierlichen Rückgang Dopamin-produzierender Zellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff, der Bewegungen vom Gehirn steuert. Die häufigste Form ist das idiopathische Parkinson-Syndrom, das etwa 75 % aller Erkrankten betrifft.
Symptome von Morbus Parkinson
Grundsätzlich unterscheidet man motorische und nicht-motorische Symptome. Motorische Symptome können den Alltag erheblich beeinträchtigen. Nicht-motorische Symptome können jedoch genauso große Auswirkungen auf die Lebensqualität haben.
Motorische Symptome
In der frühen Phase können unspezifische Anzeichen wie leichtes Zittern, Steifheit und langsame Bewegungen auftreten. Im Verlauf der Erkrankung intensivieren sich die motorischen Symptome. Alltägliche Bewegungen werden zunehmend schwieriger, und Gangprobleme sowie Gleichgewichtsstörungen können auftreten. In fortgeschrittenen Stadien können grundlegende Aktivitäten wie Sprechen, Schlucken und das Bewältigen täglicher Aufgaben beeinträchtigt sein.
Das Hauptsymptom, ohne das kein Parkinson-Syndrom diagnostiziert werden kann, ist die Bewegungsverarmung (Akinese), die gekennzeichnet ist durch eine Bewegungsverlangsamung (Bradykinese) und kleinräumiger werdende Bewegungen (Hypokinese). Muskelsteife (Rigor) oder Ruhezittern (Tremor) oder Gleichgewichtsstörungen (posturale Instabilität) kommen hinzu.
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Nicht-motorische Symptome
Zusätzliche, nichtmotorische Symptome können im vegetativen Nervensystem (z. B. häufiger Harndrang) und in der Psyche (z. B. Depression) auftreten. Einschränkungen des Geruchssinnes, Verstopfung, Depression und die REM-Schlafverhaltensstörung zählen zu den der Parkinson-Erkrankung vorausgehenden Symptomen.
Selbstcheck zur Früherkennung
Die deutsche Parkinson-Vereinigung e.V. (DPV) stellt einen Selbstcheck zur Früherkennung zur Verfügung:
- Kommt es vor, dass Ihre Hand zittert, obwohl sie entspannt aufliegt?
- Ist ein Arm angewinkelt oder schlenkert beim Gehen nicht mit?
- Haben Sie eine vorübergebeugte Körperhaltung?
- Haben Sie einen leicht schlurfenden Gang oder ziehen Sie ein Bein nach?
- Haben Sie einen kleinschrittigen Gang und kommt es vor, dass Sie stolpern oder stürzen?
- Leiden Sie an Antriebs- und Initiativemangel?
- Haben Sie häufig Schmerzen im Nacken-Schultergürtel-Bereich?
- Haben Sie bemerkt, dass Sie sich von Ihren Freunden und Angehörigen zurückziehen, dass Sie Kontakte meiden und zu nichts Lust haben?
- Haben Sie Veränderungen in Ihrer Stimme bemerkt? Ist sie monotoner und leiser als früher oder hört sie sich heiser an?
- Haben Sie eine Verkleinerung Ihrer Schrift bemerkt?
- Leiden Sie an „innerem Zittern“ oder „innerer Unruhe“?
- Haben Sie Schlafstörungen?
Diagnose von Morbus Parkinson
Die Diagnose der Parkinson-Syndrome und ihre Zuordnung zu einer bestimmten Art erfolgt klinisch anhand der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung. Apparative Zusatzuntersuchungen wie bildgebende Verfahren (PET, DaTSCAN, MRT) haben in der Patientenversorgung lediglich einen bestätigenden Charakter und dienen zur Ausschlussdiagnose von Erkrankungen, die mit einem atypischen Parkinson-Syndrom einhergehen.
Diagnostische Kriterien können Neurologen bei der Diagnosestellung leiten. Für die Parkinson-Krankheit gehört ein gutes Ansprechen auf L-Dopa zur Diagnose. Das Ansprechen kann mit einem L-Dopa-Test geprüft werden. Bevor man zu dem Schluss kommt, dass kein Ansprechen auf L-Dopa-Präparate vorliegt, sollte die Levodopa-Dosis über einige Wochen in ausreichender Dosierung richtig über den Tag verteilt eingenommen werden. Nicht typische Symptome, beispielsweise ausgeprägte Kreislaufbeschwerden oder Harninkontinenz bei Krankheitsbeginn, weisen auf ein atypisches Parkinson wie die Multiple Systematrophie hin.
Ursachen von Morbus Parkinson
Die genauen Ursachen von Morbus Parkinson sind noch immer unbekannt. Es handelt sich um eine vielschichtige Erkrankung, die langsam fortschreitend über Jahrzehnte verläuft. Bei wenigen Patienten sind Ursachen bekannt. Die Zunahme der Häufigkeit kann nur zum Teil durch die Alterung der Bevölkerung, eine höhere Lebenserwartung und durch eine bessere Diagnose erklärt werden. Umweltfaktoren wie Pestizide oder Chemikalien und genetische Risikofaktoren werden zunehmend als Ursache erkannt.
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Der Untergang der Nervenzellen in der Substantia nigra ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass ein Protein namens α-Synuclein nicht richtig abgebaut wird und sich als Lewy-Körperchen vor allem in den Nervenzellen anreichert, die in der Substantia nigra den Botenstoff Dopamin freisetzen.
Verbreitung von Morbus Parkinson
Der Morbus Parkinson ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach der Alzheimer-Krankheit, von der mehr als ein Prozent der Bevölkerung ab 65 Jahren betroffen ist. Die Prävalenz wird sich bis zum Jahr 2030 verdoppeln. Sie tritt bei Männern etwas häufiger als bei Frauen auf. Das Erkrankungsalter liegt bei 25 Prozent der Betroffenen unter 65 Jahren und bei 5 bis 10 Prozent unter 50 Jahren.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden im Jahr 2040 die neurodegenerativen Krankheiten die Krebserkrankungen als zweithäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen überholen. In den kommenden 20 Jahren ist mit einer Verdopplung der Zahl der an der Parkinson-Krankheit leidenden Menschen zu rechnen.
Krankheitsverlauf von Morbus Parkinson
Der Verlauf der Krankheit bei den Patienten, die in den ersten Jahren gut auf die Dopamin-Ersatztherapie ansprechen, wird häufig nach 5 bis 15 Jahren durch Wirkungsschwankungen im Tagesverlauf dieser Medikamente geprägt. Wirkungsschwankungen beinhalten Probleme wie „Wearing-Off“ und „End-of-Dose-Akinesie“. Im weiteren Verlauf können rasche Wechsel von Symptomen innerhalb kurzer Zeit bei einem Patienten auftreten (On-Off-Phänomen).
Aber trotz erheblicher Fortschritte in den Grundlagenwissenschaften und der wachsenden Zahl an Medikamenten dominieren in späten Stadien der Krankheit häufig Symptome wie Sturzneigung, Sprech- und Schluckstörungen sowie nichtmotorische Symptome.
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Gängige Behandlungen von Morbus Parkinson
Eine ursächliche Behandlung der Parkinson-Krankheit ist bisher nicht möglich, sondern nur eine Linderung der Beschwerden. Nach wie vor ist die Dopamin-Ersatztherapie der wichtigste Baustein in der medikamentösen Therapie der Parkinson-Krankheit.
Medikamentöse Therapie
Die Dopamin-Ersatztherapie umfasst die Gabe der Dopamin-Vorläufersubstanz Levodopa und anderer Antiparkinsonika, die die Wirkung von Levodopa und Dopamin verstärken sowie Dopamin-Agonisten (Dopamin-Nachahmer). Vor allem in den ersten Jahren ist die typische Parkinson-Krankheit durch Medikamente gut behandelbar und ermöglicht vielen Patienten eine weitgehend beschwerdefreie erste Krankheitsphase von einigen Jahren.
Der Neurotransmitter Dopamin fehlt bei Morbus Parkinson im Hirn. Dopamin kann die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, während seine Vorstufe Levodopa das kann. Damit mehr Levodopa im Hirn zu Dopamin verstoffwechselt werden kann, wird sein Abbau außerhalb des Gehirns mit Benserazid oder Carbidopa gehemmt.
Levodopa
Levodopa ist ein Hauptmedikament, mit dem im Gehirn Dopamin umgewandelt wird. Es kann besonders bei Ersteinstellung Übelkeit, Brechreiz, Blutdrucksenkung und Müdigkeit erzeugen. Bei L-Dopa, aber auch bei Langzeitgebrauch von Dopaminagonisten, treten Wirkungsfluktuationen auf, die dosisabhängig sind. Sie äußern sich zunächst als „End-of-dose“-Verschlechterung und können bis zu unplanbaren plötzlichen „Off“-Zuständen gehen.
Dopaminagonisten
Dopaminagonisten ersetzen Dopamin direkt am postsynaptischen Rezeptor im Striatum. Sie imitieren an den Nervenzellen die Wirkweisen des Neurotransmitters Dopamin. Sie können als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Parkinson-Medikamenten eingenommen werden und sind besonders für die Erstmedikation im Frühstadium der Erkrankung das Mittel der Wahl.
Bei den Dopaminagonisten sind vor allem die orthostatische Hypotonie, Halluzinosen, pathologische Tagesmüdigkeit und Beinödeme wichtig. Gravierender sind die Impulskontrollstörungen, die als Spielsucht, Bulimie, Hypersexualität oder anderes Suchtverhalten auftreten können und unerkannt schwerste soziale Folgen haben können.
Weitere Medikamente
- Monoamino-Oxidase-B-Hemmer (MAO-B-Hemmer): Erhöhen die Konzentration von Dopamin an der dopaminergen Synapse.
- COMT-Hemmer: Hemmen einen Abbauweg des L-Dopa und erhöhen damit die Konzentration von L-Dopa im ZNS.
- Amantadin: Hat oral eine Indikation für die Behandlung von Dyskinesien und als Infusionslösung für die gefürchtete akinetische Krise.
- Anticholinergika: Werden praktisch nur noch zur Behandlung von anders nicht behandelbarem Tremor eingesetzt.
Nicht-medikamentöse Therapien
Den aktivierenden Therapien wie Physio- und Sprechtherapie kommt eine zunehmende Rolle zu, von Anfang an den Verlauf günstig zu gestalten. Neue Entwicklungen mit Krafttraining, Tanzen, Tai Chi und Laufbandtraining kommen hinzu.
- Physiotherapie: Sollte in allen Krankheitsphasen zumindest intermittierend ermöglicht werden, damit krankhafte Bewegungsmuster überwunden und nicht falsch „gelernt“ werden.
- Logotherapie: Ist bei der PK stark wirksam und sollte bei Bedarf eingesetzt werden.
- Ergotherapie: Besonders bei feinmotorischen Problemen, ist gut begründet.
- Weitere Therapien: Künstlerische Therapien wie Kunst-, Mal- oder Tanztherapien können ebenso in Erwägung gezogen werden. Im Rahmen einer Psychotherapie können sich Parkinson-Patienten aktiv mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen und den Umgang mit ihr erlernen. Alternative Therapien wie Akupunktur, Magnetstimulation oder Massage können sich im Einzelfall eignen.
Eskalierte Therapieverfahren
Wenn medikamentöse Therapieverfahren keine befriedigende Wirkung mehr zeigen, können kontinuierlich stimulierende Verfahren eingesetzt werden.
- Tiefe Hirnstimulation (THS): Elektroden werden in den Nucleus subthalamicus neurochirurgisch implantiert, die dann über einen subkutan implantierten und extern steuerbaren Generator stimuliert werden.
- Jejunale L-Dopa-Pumpen-Infusion: Eine spezielle L-Dopa-Zubereitung wird über eine transkutan endoskopisch angelegte jejunale Sonde appliziert.
- Apomorphin: Ein L-Dopa-äquivalenter Agonist, der subkutan appliziert werden kann.
Die Indikation für all diese Verfahren kann nur in entsprechend spezialisierten Zentren gestellt werden.
Management bei Erstdiagnose
Nach Diagnosestellung ist eine detaillierte Diskussion mit dem Patienten über die Erkrankung, die damit verbundenen Konsequenzen und die therapeutischen Optionen erforderlich. Es ist wichtig, dem Patienten ein realistisches Bild von den auf ihn zukommenden Schwierigkeiten zu verschaffen. Soziale und sportliche Aktivitäten sollten beibehalten werden. Die Fortsetzung des aktiven Berufsleben ist im Rahmen der realistisch von Patient und Arzt beurteilten Möglichkeiten zu empfehlen. Die Behandlung sollte direkt bei Diagnosestellung begonnen werden.
Probleme in der Intermediärphase
Bei den Fluktuationen werden unterschiedliche Formen nach Zeitpunkt und Dynamik des Auftretens unterschieden (z. B. frühmorgendliche Hypokinese, End-of-dose-Akinese, paroxysmale Akinese). Sie werden im Grundsatz durch Dosisanpassung oder veränderte Verteilung der Medikamente und Hinzunahme von Wirkungsverstärkern wie COMT-Hemmern behandelt. Dyskinesien können durch Reduktion der Einzeldosen (Spitzenspiegel) der dopaminergen Medikamente behandelt werden, was aber zur Verstärkung der Akinese führen kann. Amantadin kann diese Dyskinesien reduzieren.
Leben mit Morbus Parkinson
Generell haben viele Menschen mit Parkinson eine vergleichbare Lebenserwartung wie die allgemeine Bevölkerung. Moderne Therapien verlängern zwar die Lebenszeit der Parkinson-Patienten, dennoch ist ihre Lebensqualität häufig beeinträchtigt. Eine wohlüberlegte, interdisziplinäre Planung der Behandlung scheint für die Betroffenen langfristig von Vorteil zu sein.
Die Lebenserwartung von Menschen mit Parkinson verkürzt sich durchschnittlich um vier bis elf Jahre. Das gilt vor allem für die sogenannte Parkinson-Krankheit, welche die häufigste Form der Parkinson-Syndrome ist. Wie lange ein Mensch mit Parkinson schlussendlich lebt, hängt allerdings immer vom individuellen Gesamtbild und der Parkinson-Form ab.
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