Wenn unsere Nerven blank liegen, kann sich das in verschiedenen Situationen zeigen. Ein überreiztes Nervensystem kann sich durch Symptome wie Müdigkeit, Stress, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, starke Emotionen oder Unruhe äußern. Es ist wichtig, auf diese Anzeichen zu hören und das Nervensystem zu beruhigen, da sich die Beschwerden sonst verschlimmern können. In extremen Fällen kann dies sogar zu Funktionsverlusten, epileptischen Anfällen, Behinderung oder Isolation führen.
Nervenzusammenbruch oder Belastungsreaktion - Was bedeutet das?
Der Begriff "Nervenzusammenbruch" ist umgangssprachlich. In der Fachsprache wird der Zustand, den man darunter versteht, als akute Belastungsreaktion bezeichnet. Es handelt sich um eine vorübergehende, aber extreme Reaktion auf ein ebenso extremes Ereignis. Diese Reaktion tritt meist wenige Minuten nach dem Auslöser ein. Andere Bezeichnungen für diese Reaktion sind psychischer oder seelischer Schock. Die Belastungsreaktion ist ein natürlicher Bestandteil des Bewältigungsprozesses unseres Körpers, der uns hilft, in dem Moment mit dem schockierenden Erlebnis umzugehen.
Man unterscheidet zwischen einer akuten und einer längerfristigen Reaktion:
- Akute Belastungsreaktion: Symptome treten kurz nach dem traumatischen Ereignis bis 48 Stunden danach auf.
- Akute Belastungsstörung: Symptome dauern ab 48 Stunden nach dem Erlebnis bis zu vier Wochen an.
- Akute posttraumatische Belastungsstörung: Symptome überschreiten die vier Wochen und treten bis zu drei Monate nach dem schockierenden Erlebnis weiterhin auf.
- Chronische posttraumatische Belastungsstörung: Symptome treten drei Monate nach dem Ereignis weiterhin auf.
Zusätzlich gibt es den stillen Zusammenbruch, der mit einer langsamen, schleichenden Verschlechterung des psychischen Zustands einhergeht, im Zuge eines kontinuierlichen Stresslevels oder anderer psychisch belastenden Situationen.
Ursachen und Symptome einer Belastungsreaktion
Die Ursachen, die eine Belastungsreaktion auslösen können, sind vielfältig. Jedes Ereignis, das ein Trauma auslösen kann, kann auch einen Nervenzusammenbruch zur Folge haben. Dazu gehören schwere Unfälle oder Körperverletzungen, Krieg oder kriegsähnliche Ereignisse wie Terroranschläge, Flucht, Vertreibung, Gewalt oder Naturkatastrophen. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Ob Kinder oder Erwachsene, jeder Mensch kann davon betroffen sein.
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Manche Menschen gehören aber zum Beispiel durch ihre Tätigkeit zur Risikogruppe, da sie häufiger mit traumatischen Ereignissen konfrontiert werden. Zu diesen Berufsgruppen gehören Mitarbeitende der Polizei und Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks, der Notfallmedizin und vieler weiterer Organisationen, die im Not- oder Katastrophenfall Hilfe leisten. Aber auch Menschen, die bereits unter körperlichen oder seelischen Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen leiden, haben ein erhöhtes Risiko, eine Belastungsreaktion zu entwickeln, außerdem Personen, die erschöpft sind, psychisch verletzbar und denen Strategien fehlen, mit dem Erlebten umzugehen.
Wie sich eine Belastungsreaktion äußert, ist genauso vielfältig wie ihre möglichen Ursachen und von Mensch zu Mensch verschieden. Typische Anzeichen sind:
- Sprachlosigkeit
- Veränderte Wahrnehmung, bei der Betroffene sich selbst oder ihr Umfeld als fremd empfinden
- Einengung des Bewusstseins, Gedanken kreisen unaufhörlich um die auslösende Situation
- Nacherleben der Situation in Form von Alpträumen und Flashbacks
- Lücken in der Erinnerung
- Überreizung, die sich in Schlaf- und Konzentrationsstörungen oder auch Schreckhaftigkeit zeigt
- Stimmungsschwankungen zwischen Aggression, Wut, Angst, Panik, Trauer, Weinen und Lachen
- Körperliche Reaktionen wie Schweißausbrüche, Herzrasen, Blässe und Übelkeit
Die körperlichen Reaktionen werden unter anderem durch das Stresshormon Cortisol ausgelöst. Andauernder Stress in Kombination mit langfristiger Erschöpfung und Überforderung kann den Cortisolspiegel dauerhaft erhöhen und schlussendlich zu einem Nervenzusammenbruch führen, der dann in Zusammenhang mit einem Burnout-Syndrom steht.
Hilfe bei einer Belastungsreaktion
Traumatische Erlebnisse kommen unvorhergesehen und man kann ihnen nicht vorbeugen. Umso wichtiger ist schnelle, professionelle Unterstützung im Falle ihres Eintretens. Je nach Situation ist es eventuell auch vonnöten, entsprechend ausgebildete Rettungskräfte zu rufen. Das kann neben der Polizei und dem Rettungsdienst zum Beispiel der psychiatrische Notdienst sein, der etwa einer suizidgefährdeten Person helfen kann. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Betroffene von ihren Symptomen nachhaltiger befreit werden können, wenn sofort professionelle Hilfe zur Verfügung steht.
Wenn Sie sich aktuell selbst in einer psychischen Krise befinden oder eine Person kennen, bei der das der Fall ist, sollten Sie nicht zögern, professionelle Hilfe zu rufen. Anlaufstellen dafür sind zum Beispiel eine psychiatrische Praxis oder Klinik, der bundesweite Bereitschaftsdienst, die Telefonseelsorge oder die Nummer gegen Kummer für Jugendliche und Kinder.
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Je nach Art der Störung und abhängig von der betroffenen Person kommen verschiedene psychologische Therapien infrage. Um zu definieren, welche Therapieform passend ist, findet zu Beginn eine individuelle Beratung statt. Wenn es als hilfreich für den Heilungsprozess angesehen wird, werden zusätzlich therapiebegleitende Medikamente verschrieben, die die Symptome einer Belastungsstörung lindern sollen.
Viele Krisen überstehen wir gemeinsam mit nahestehenden Menschen, durch vorübergehende Unterstützung oder eigene Ressourcen - aber nie allein! Neben persönlichen Gesprächen ist auch die Reduktion von Stress und Reizen sowie ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit hilfreich bei diesem Prozess. Reichen diese Schritte nicht aus, ist hier in Sachsen-Anhalt der sozialpsychiatrische Dienst im Gesundheitsamt Ihrer Stadt oder Ihres Landkreises eine gute Anlaufstelle.
Nervenzusammenbruch durch Stress - Auswirkungen auf den Körper
Ein akuter Zusammenbruch in einer Stresskrise, begleitet vom Gefühl „Ich kann nicht mehr“, kann das Resultat von langanhaltendem psychischem Stress sein. Er äußert sich durch ein Gefühl von Ungleichgewicht zwischen den eigenen Leistungsmöglichkeiten, Zielen, Bedürfnissen und den äußeren Ansprüchen.
Hält der Stress länger an, reagiert der Körper darauf mit Gegenwehr, denn er möchte den Alarmzustand möglichst schnell beenden. Von dieser Gegenwehr ist vor allem unser Immunsystem betroffen, wodurch es zunehmend schlechter funktioniert. So wächst in einer stressigen Lebensphase das Risiko für Infektionen, wie zum Beispiel Erkältungen. Langfristig führt dieser Zustand dann zur Erschöpfung verschiedener körperlicher Prozesse. Das hat wiederum zur Folge, dass sich weitere körperliche und seelische Krankheiten entwickeln können, etwa Allergien, Burnout oder Stoffwechselerkrankungen. Und je länger der Stresszustand andauert, umso länger dauert es auch, bis sich unser Körper wieder davon erholt hat.
Häufige belastende Stressauslöser sind:
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- Beruflicher Druck wie hohe Arbeitsbelastung, Mobbing oder fehlende Anerkennung
- Konflikte im privaten oder beruflichen Umfeld
- Mehrfachbelastungen durch Familie und Beruf bei gleichzeitig fehlender Erholung
- Ständiger Termindruck und das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen
- Kritische Lebensereignisse wie Trennungen, Jobverlust oder Krankheit
- Eigene Ansprüche, Sorgen und Ängste
- Fehlen sozialer Unterstützung, etwa durch Einsamkeit
Dauerhafter seelischer Stress kann sich auf vielfältige Weise äußern: körperlich, emotional und mental. Zu den häufigsten körperlichen Anzeichen zählen Zittern, starkes Weinen oder regelrechte Weinkrämpfe, begleitet von Schwitzen, Übelkeit, Herzklopfen und Kopfschmerzen. Betroffene fühlen sich oft nervös, innerlich unruhig, niedergeschlagen oder kraftlos. Auch Schlafprobleme, Schwindel, Muskelverspannungen, Atembeschwerden oder ein Kloßgefühl im Hals sind typische Begleiterscheinungen. Nicht zuletzt leidet auch die geistige Leistungsfähigkeit: Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sind häufige Folgen von anhaltendem psychischem Druck.
Können Sie einige der genannten Symptome bei sich beobachten, sollten Sie nicht zögern, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nur so lässt sich klären, ob tatsächlich psychischer Dauerstress hinter den Beschwerden steckt oder möglicherweise eine organische Ursache vorliegt. Erste Anlaufstelle ist in der Regel der Hausarzt. Je nach Befund kann dieser eine Überweisung an einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ausstellen, insbesondere dann, wenn die psychische Belastung Ihren Alltag deutlich beeinträchtigt. In einer psychotherapeutischen Sprechstunde wird dann gemeinsam entschieden, welche Therapieform für Sie geeignet ist.
Für Akutfälle gibt es die Terminservicestelle der KVSA. Handelt es sich um eine akute Belastungssituation, in der schnell psychotherapeutische Hilfe notwendig ist, hilft die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigungen.
Vorbeugung und langfristige Strategien
Begleitend zu einer Therapie können Sie bei einer Belastungsreaktion auch mit eigenen Maßnahmen versuchen, Stress zu regulieren oder ihm vorzubeugen.
- Versuchen Sie sowohl beruflich als auch privat kürzer zu treten.
- Wer seinen Körper gut kennt, kann erste Anzeichen von Überforderung rechtzeitig wahrnehmen und ernst nehmen.
- Ein gesunder Lebensstil bildet dabei die Basis: Regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung sowie bewusste Entspannungstechniken helfen dabei, die innere Balance zu erhalten.
- Lernen Sie, „Nein“ zu sagen: Nicht jede zusätzliche Aufgabe muss übernommen werden.
- Auch der Austausch mit anderen, das Pflegen von Freundschaften oder der Besuch einer Selbsthilfegruppe kann helfen, belastende Situationen besser zu bewältigen.
- Regelmäßige Pausen und echte Erholungszeiten sind Voraussetzung für Leistungsfähigkeit.
Wie Sie Ihr überstimuliertes Nervensystem beruhigen können
Wenn Sie überreizt sind und Beschwerden haben, ist es wichtig, dass Sie diese Beschwerden anerkennen. Akzeptieren Sie die Tatsache, dass Sie sich verändert haben und dass Sie die Dinge anders angehen müssen. Das kann Ihnen sofort viel mehr Ruhe geben. Als nächstes sollten Sie überlegen, wie Sie am besten mit Ihren Symptomen oder Einschränkungen umgehen können. Gehen Sie zu Ihrem Hausarzt, um Ihre Situation zu besprechen und alle Details und Probleme auf den Tisch zu legen. Er oder sie wird Ihnen einige Tipps geben oder Sie an einen Arzt verweisen.
Hier sind einige Tipps, die Ihnen helfen können, Ihr Nervensystem zu beruhigen:
- Versuchen Sie, die Anzeichen von Überstimulation rechtzeitig zu erkennen und reagieren Sie darauf, indem Sie eine Pause von der unruhigen Situation einlegen.
- Geben Sie Ihren (Stress-)Gefühlen eine Stimme. Nehmen Sie Papier und Stift zur Hand und schreiben Sie genau auf, was Sie fühlen. Reagieren Sie dann aus der Ruhe heraus, indem Sie überlegen, was Ihnen diese Gefühle sagen wollen und was sie im Moment antreibt. Dies wird Ihnen helfen, die Überstimulation zu verstehen und darauf zu reagieren.
- Tanzen Sie zu Ihrer Lieblingsmusik. Tanzen aktiviert die Belohnungszentren in Ihrem Gehirn und gibt Ihnen ein gutes Gefühl. Außerdem stimuliert der Tanz die körperliche Gesundheit und hat eine grundlegende Funktion der biochemischen Erholung.
- Sprechen Sie mit Ihrem Umfeld darüber, wie Sie sich fühlen. Sagen Sie Ihren Familienmitgliedern und Freunden, dass Sie unter Reizüberflutung leiden, damit sie die Situation verstehen und sich manchmal etwas ruhiger verhalten können. Sie können Sie auch in Zeiten unterstützen, in denen es Ihnen nicht so gut geht.
- Benutzen Sie eine Entspannungsdecke. Dies sorgt dafür, dass Sie nachts tiefer schlafen können, so dass Sie sowohl nachts als auch tagsüber mehr Ruhe finden.
- Versuchen Sie, zwischen Aktivitäten oder Terminen genügend Zeit einzuplanen, damit Sie weniger Zeitdruck verspüren.
- Tun Sie weiterhin die Dinge, die Ihnen Spaß machen und wichtig sind (z. B. Sport, Treffen mit Freunden, Arbeit/Schule usw.), aber schaffen Sie davor und danach ausreichend Ruhe.
- Konzentrieren Sie sich auf den ruhigsten Teil Ihres Körpers.
- Scheuen Sie sich nicht, Termine abzusagen, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie Zeit für sich brauchen.
- Verwenden Sie beruhigende Affirmationen. In Stressmomenten kann es helfen, bestimmte Affirmationen zu wiederholen, die sich für Sie wahr und echt anfühlen, wie z. B.: "Ich habe immer die Möglichkeit, mich zurückzuziehen und zu entspannen" oder "Ich habe die Kontrolle über meinen Geist und meinen Körper".
- Verlangsamen Sie Ihre Atmung, so dass Sie nur noch sechsmal pro Minute atmen. Dies kann dazu beitragen, Ihr Nervensystem zu beruhigen und eine Homöostase zu erreichen.
- Lachen, summen oder singen, wenn Sie angespannt sind.
Stressreaktion und ihre Auswirkungen
Die Stressreaktion entsteht im Gehirn und wird durch die innere Bewertung äußerer Reize ausgelöst. Im Falle einer Aktivierung wird der Organismus „bis zur letzten Zelle“ über das Nerven- und Hormonsystem in einen Alarmzustand versetzt. Stress führt auf körperlicher Ebene zu verschiedensten Veränderungen. Letztlich ist Stress ein Ganzkörperphänomen von welchem die verschiedensten körperlichen und psychischen Prozesse beeinflusst werden.
Auf psychischer Ebene führt Stress zu typischen Symptomen und Verhaltensänderungen. Auf körperlicher Ebene beeinflusst Stress vorwiegend das Hormonsystem, das vegetative Nervensystem und das Immunsystem. Über die Beeinflussung der verschiedenen Systeme führt Stress zu den unterschiedlichsten körperlichen und psychischen Symptomen. Oft wird der Zusammenhang zu Stress übersehen und es erfolgt gar keine oder nur eine symptomatische Behandlung. Unbehandelter Stress kann auf Dauer zu verschiedenen körperlichen und psychischen Erkrankungen führen.
Der Vagusnerv und seine heilende Wirkung
Der Vagusnerv ist der längste unserer zwölf Hirnnerven. Als Teil des Parasympathikus ist er an der Funktion fast jedes inneren Organs beteiligt. Er ist für Erholung, Ruhe und Verdauung zuständig. Der Vagusnerv ist eine regulierende Schaltstelle zwischen dem Gehirn und den Organen. Er hat einen dämpfenden und ausgleichenden Einfluss auf verschiedene Körperfunktionen und beeinflusst auch unser Befinden.
Wie wichtig der Vagusnerv ist, um bei uns Reserven gegen Stress aufzubauen, und wie stark er die Erholung fördert, ist lange Zeit unterschätzt worden. In puncto Entspannung scheint der „Ruhe-Nerv“ ein besonderes Potenzial zu haben, wenn man ihn richtig zu stimulieren weiß. Das funktioniert zum Beispiel durch tiefes Durchatmen, wie Sie es wahrscheinlich schon ganz intuitiv von selbst tun, wenn Ihr Stresslevel steigt.
Es gibt noch weitere kleine Übungen, die als „Erste Hilfe“ bei Stress gute Dienste leisten können:
- Selbstmassage: Seitlich beide Handflächen außen an den Hals legen und mit sanften Bewegungen zwischen Ohr und Schulterübergang kreisend über die Haut streichen.
- Kopf drehen: Den Kopf einmal langsam nach links drehen, mit den Augen etwas in nächster Nähe fixieren. Dann den Kopf langsam nach rechts drehen, ebenfalls kurz einen Gegenstand mit den Augen scharf stellen.
- Augenbrauen heben: Die Augenbrauen heben und dabei die Ohren bewegen.
- Gurgeln: Gurgeln Sie mit Wasser.
- Singen: Singen Sie Ihre Lieblingslieder. Und Lieder, die vor allem Vokale wie A, O und U enthalten.
- Kältereize setzen: Wer wach und gleichzeitig gelassen in den Tag starten möchte, kann es mit einer kurzen kalten Dusche am Morgen probieren.
- Akkommodieren: Strecken Sie jeweils einen Finger der rechten und einen Finger der linken Hand unterschiedlich weit von sich weg und versuchen Sie, diese mit den Augen abwechselnd scharf zu stellen.
- Box-Breathing: Einatmen (4 Sekunden), Luft anhalten (4 Sekunden), Ausatmen (4 Sekunden), Luft anhalten (4 Sekunden).
- Akupressur: Für eine Selbst-Akupressur den Punkt in der Ohrmuschel, der mit dem Vagusnerv in Verbindung steht, 30 Sekunden drücken und wieder loslassen. Mehrmals wiederholen.
- Ausgleich mit Lavendel: Ätherisches Lavendelöl hilft in stressigen Zeiten, abzuschalten.
Übungen zur Stabilisierung des Nervensystems bei Traumafolgen
Auch wenn Sie ein überwältigendes Erlebnis (Schocktrauma) oder eine verstörende Kindheit (Entwicklungstrauma) emotional und kognitiv gut beleuchtet und verarbeitet haben, bleibt es verankert. Und zwar im Körper als solchem (Körpergedächtnis) und im Gehirn (neuronale Verankerung). Ein Trauma hinterlässt also Spuren und Symptome, die man auf den ersten Blick gar nicht damit in Zusammenhang bringt.
Das traumatisierte Nervensystem wird überwiegend vom sympathischen Teil dirigiert und steht damit unter Dauerstress. Es passt sich nicht mehr automatisch den realen Gegebenheiten an und ist in einer Schleife aus erhöhter Wachsamkeit und damit Aktivierung gefangen. Der traumatisierte Mensch leidet unter dessen Auswirkungen auch in Zeiten, wo „eigentlich alles in Ordnung“ ist.
Zum Glück können wir dennoch aktiv Einfluss nehmen auf unsere körperlichen Erregungsreaktionen: wir arbeiten mit dem Parasympathikus.
Hier sind einige Übungen, mit deren Hilfe Sie im Alltag kritische Momente überwinden und sich dadurch dauerhaft wieder regulieren können:
- Länger ausatmen als einatmen: Je länger Sie ausatmen, desto mehr dämpfen Sie.
- Beim Ausatmen einbilden, in einen Strohhalm pusten zu müssen: Diese Übung sollten Sie 3-5 mal hintereinander ausführen, bei Bedarf und Ausdauer natürlich gerne länger.
- Vokalübung: Atmen Sie langsam durch die Nase ein, wobei Sie sich das rechte Nasenloch leicht zuhalten. Dann atmen Sie langsam aus und sprechen dabei einen Vokal (a, e, i, o, u). Wiederholen Sie dies mit jedem Vokal.
- Füße am Boden spüren: Richten Sie Ihre innere Aufmerksamkeit ganz absichtslos auf die Füße. Stellen Sie sicher, dass beide Füße ganz auf dem Fußboden sind. Und nun fühlen Sie, wie es sich anfühlt, den rechten Fuß auf dem Boden zu spüren. Wechseln Sie nun mit der Aufmerksamkeit auf den linken Fuß und wiederholen Sie die aufmerksamen Schritte.
- 5-4-3-2-1 Übung: Sehen Sie sich nun aufmerksam im Raum um und drehen Sie auch gerne den ganzen Körper dabei. Benennen Sie laut und ganz bewusst Gegenstände, die Sie wahrnehmen. Wechseln Sie nun zum Hören. Schließen Sie die Augen und hören aufmerksam auf die Geräusche Ihrer Umgebung, benennen Sie auch diese laut. Nun wechseln Sie ins Spüren und benennen alles, was Sie im Körper oder um den Körper herum spüren.
- Brainspotting Übung: Halten Sie den Zeigefinger oder einen Stift in angenehme Entfernung vor sich und fixieren Sie den Blick darauf („Nahsicht“). Zählen Sie innerlich bis 3. Dann stellen Sie den Blick auf „Weitsicht“, schauen durch den Stift hindurch und fixieren bitte einen weit entfernten Punkt an der Wand hinter Stift oder Finger. Zählen Sie dort innerlich bis 3. Kommen Sie zurück auf Nahsicht und wiederholen Sie diese Übung im Wechsel etliche Male.
- Zunge entspannen: Entspannen Sie jetzt ihre Zunge und konzentrieren sich ganz darauf, dass sie in Ihrem Mund ganz leicht an den oberen Zähnen liegt.
- Druck auf die Augen ausüben: Nehmen Sie bequem Platz und wenn möglich, stützen Sie beide Ellenbogen auf einen Tisch. Dann drücken Sie leicht gegen die Augen und üben einen sanften, aber wahrnehmbaren Druck aus.
Vegetative Dystonie
Eine vegetative Dystonie bedeutet wörtlich eine "fehlregulierte Spannung (Dystonus) des vegetativen Nervensystems". Dieses koordiniert viele wichtige Körperfunktionen, die sich willentlich kaum oder gar nicht beeinflussen lassen - etwa den Herzschlag, die Atmung oder die Verdauung. Entsprechend lassen sich unter dem Überbegriff der vegetativen Dystonie verschiedene Symptome zusammenfassen - von Herz-Kreislauf-Beschwerden und Kopfschmerzen bis zu zitternden Händen und Durchfall.
Die Diagnose "vegetative Dystonie" ist allerdings umstritten; Kritiker bezeichnen sie als eine "Verlegenheitsdiagnose", die dann gestellt wird, wenn der Arzt sich keinen anderen Rat mehr weiß. In der Regel stufen Ärzte solche körperlichen Beschwerden ohne erkennbare diagnostizierbare organische Ursache als somatoforme Störungen ein.
Symptome einer vegetativen Dystonie
Eine Vielzahl sehr verschiedener Symptome lässt sich mit dem Begriff vegetative Dystonie in Verbindung bringen. Die Beschwerden sind oft nur schwer einzuordnen.
Mögliche Symptome sind:
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Durchfall
- Verstopfung
- Schlafstörungen
- Krämpfe
- Vermehrtes Schwitzen
- Erhöhter oder erniedrigter Pulsschlag
- Leichtes Zittern der Hände
- Kribbeln in den Gliedmaßen
Behandlung der vegetativen Dystonie
Wie eine vegetative Dystonie am besten behandelt wird, hängt von ihrem jeweiligen Auslöser und ihrer Ausprägung ab. Bleibt die körperliche Diagnostik ohne Ergebnis, raten Ärzte häufig dazu, zunächst abzuwarten und den Verlauf der Beschwerden zu beobachten.
Ist dies nicht der Fall, empfiehlt der Arzt meist eine Psychotherapie. Mit dieser Unterstützung lernen viele Betroffene, ihre Beschwerden besser einzuordnen und mit ihnen im Alltag umzugehen. Besonders hilfreich ist es, die Gründe und Gefühle aufzuarbeiten, die hinter den Symptomen stehen.
Auf einige somatoforme Störungen hat körperliche Bewegung einen positiven Einfluss, also Sport oder Spaziergänge. Einigen Betroffenen helfen Entspannungsübungen wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Tai-Chi oder Yoga.
In den meisten Fällen sind Medikamente nicht notwendig, werden bei großem Leidensdruck aber eingesetzt, um die Symptome zu behandeln. Dazu gehören zum Beispiel Schmerzmedikamente sowie verschiedene moderne Antidepressiva.
Ursachen und Risikofaktoren
Die vegetative Dystonie hat oft keine klar abgrenzbare Ursache (Ärzte sprechen dann mitunter von "idiopathisch"). Nicht selten spielen mehrere körperliche, seelische und soziale Umstände eine Rolle. Dazu zählen zum Beispiel permanenter Stress, Trauer, Sorgen und Ängste. Auch hormonelle Veränderungen etwa durch die Wechseljahre oder durch eine Schwangerschaft sind mögliche Auslöser.
Diagnose
Zunächst erkundigt sich der Arzt nach der Krankengeschichte (Anamnese). Dann folgen verschiedene Untersuchungen, um mögliche körperliche Ursachen der Beschwerden abzuklopfen und auszuschließen. Einen spezifischen Test auf vegetative Dystonie gibt es wegen der Vielzahl der mögliche Symptome nicht. Die Diagnose stellen Mediziner in der Regel dann, wenn keine körperlichen Ursachen zu finden sind.
Verlauf und Prognose
Wie die vegetative Dystonie verläuft, hängt von verschiedenen Umständen ab. In der Regel ist die Prognose gut. Eine vegetative Dystonie schränkt die Lebenserwartung nicht ein. In 50 bis 75 Prozent der Fälle verlaufen somatoforme Störungen leicht und die Symptome bessern sich mit der Zeit wieder.
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