Der Ulnarisnerv, auch Ellennerv genannt, ist einer der drei Hauptnerven des Arms und der Hand. Er spielt eine entscheidende Rolle bei der motorischen und sensiblen Versorgung des Unterarms und der Hand. Verletzungen oder Kompressionen des Ulnarisnervs können zu einer Vielzahl von Beschwerden führen, die von Kribbeln und Taubheit bis hin zu Muskelschwäche und Funktionsstörungen reichen. Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie, Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten von Erkrankungen des Ulnarisnervs, insbesondere des Sulcus-Ulnaris-Syndroms.
Anatomie und Funktion des Ulnarisnervs
Der Nervus ulnaris entspringt den Rückenmarkssegmenten C8 und Th1 und verläuft entlang der Innenseite des Arms. Er innerviert bestimmte Muskeln im Unterarm, die für die Beugung und Spreizung der Finger verantwortlich sind. Zudem versorgt er sensorisch den kleinen Finger, den Ringfinger (ellenseitig) sowie den ellenseitigen Teil der Handfläche und des Handrückens. Der Ulnarisnerv ermöglicht unter anderem das Spreizen und Schließen der Finger.
Am Ellbogen verläuft der Ulnarisnerv in einer Knochenrinne, dem Sulcus ulnaris, sehr oberflächlich. Diese exponierte Lage macht ihn anfällig für Verletzungen und Druckschäden. Viele Menschen kennen das Gefühl eines ziehenden Schmerzes am "Musikknochen", wenn der Ulnarisnerv durch einen Stoß gereizt wird.
Ursachen für Ulnarisnerven-Probleme
Eine Schädigung des Ulnarisnervs kann verschiedene Ursachen haben. Die häufigsten sind:
- Kompression: Der Nerv kann an verschiedenen Stellen entlang seines Verlaufs eingeklemmt werden, am häufigsten am Ellbogen (Sulcus-Ulnaris-Syndrom) und am Handgelenk (Loge-de-Guyon-Syndrom).
- Druck: Längeres Beugen des Oberarms, eine Arbeitshaltung, in der konstant Druck auf den Nerv im Ellbogen ausgeübt wird (Aufstützen am Tisch), oder chronischer Druck auf die Handwurzel, z. B. bei Radfahrer*innen, können den Nerv schädigen.
- Verletzungen: Traumata wie Brüche im Bereich des Ellenbogens oder Handgelenks können den Nerv direkt verletzen oder zu Narbengewebe führen, das den Nerv einengt.
- Anatomische Faktoren: Eine zu enge Knochenrinne im Kubitaltunnel oder eine habituelle Luxation (immer wiederkehrendes Herausrutschen) des Nervs aus der Rinne können ebenfalls zur Kompression beitragen.
- Systemische Erkrankungen: Diabetes mellitus oder Alkoholismus können die Nerven anfälliger für Druckschäden machen.
- Halswirbelsäulenprobleme: Eine Einengung oder Reizung des Nervs im Bereich der Halswirbelsäule kann ebenfalls zu Symptomen im Arm und in der Hand führen. Ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule (HWS) kann erhebliche Symptome verursachen und spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Sulcus-Ulnaris-Syndroms.
Sulcus-Ulnaris-Syndrom: Eine häufige Ursache
Das Sulcus-Ulnaris-Syndrom, auch Kubitaltunnelsyndrom genannt, ist das zweithäufigste Nervenkompressionssyndrom nach dem Karpaltunnelsyndrom. Dabei wird der Ulnarisnerv im Bereich des Ellbogens eingeklemmt.
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Symptome des Sulcus-Ulnaris-Syndroms
Die Symptome des Sulcus-Ulnaris-Syndroms können vielfältig sein und variieren je nach Schweregrad der Kompression. Typische Beschwerden sind:
- Kribbeln und Taubheit: Diese treten vor allem im kleinen Finger und im Ringfinger auf, können aber auch in den Unterarm ausstrahlen. Oftmals treten sie nachts oder bei Beugung des Ellbogens auf.
- Schmerzen: Schmerzen können im Bereich des Ellbogens auftreten und in den Unterarm und die Hand ausstrahlen.
- Muskelschwäche: Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer Schwächung der Handmuskulatur kommen, insbesondere der Muskeln, die für die Fingerbewegung zuständig sind. Dies kann zu Schwierigkeiten beim Greifen von Gegenständen oder bei der Ausführung feinmotorischer Tätigkeiten führen.
- Ungeschicklichkeit: Viele Patient*innen klagen über eine Ungeschicklichkeit der Hand, z. B. beim Schreiben oder Umdrehen eines Schlüssels.
- Krallenhand: In schweren Fällen kann es zu einer Krallenhand kommen, bei der die Finger in einer gebeugten Position verharren.
Diagnose des Sulcus-Ulnaris-Syndroms
Die Diagnose des Sulcus-Ulnaris-Syndroms basiert auf:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die genauen Beschwerden und deren Verlauf.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Sensibilität und Motorik der Hand und des Unterarms. Er tastet den Verlauf des Nervus ulnaris ab, um Druckempfindlichkeit oder andere Anzeichen einer Kompression zu erkennen. Ein positiver Tinel-Test (Klopfen auf den Nerv löst Kribbeln aus) kann ebenfalls auf eine Nervenreizung hinweisen.
- Neurologische Diagnostik: Eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Neurographie) und der elektrischen Muskelaktivität (Elektromyographie) kann die Diagnose bestätigen und den Schweregrad der Nervenschädigung beurteilen.
- Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen des Ellbogens oder der Halswirbelsäule können knöcherne Veränderungen oder andere Ursachen ausschließen. In seltenen Fällen kann auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder ein Ultraschall des Nervs durchgeführt werden.
Behandlung des Sulcus-Ulnaris-Syndroms
Die Behandlung des Sulcus-Ulnaris-Syndroms richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung.
- Konservative Behandlung: In leichten Fällen können konservative Maßnahmen ausreichend sein. Dazu gehören:
- Vermeidung von Druck und Belastung: Tätigkeiten, die den Nerv belasten, sollten vermieden werden. Dazu gehört das Vermeiden von längerem Beugen des Ellbogens, das Abstützen auf dem Ellbogen und das Tragen schwerer Gegenstände.
- Ruhigstellung: Eine Schiene oder Bandage kann den Ellbogen in einer leicht gebeugten Position halten und den Nerv entlasten, insbesondere während der Nacht.
- Physiotherapie: Übungen zur Stärkung der Muskulatur und Mobilisierung des Bindegewebes können helfen, die Symptome zu lindern.
- Medikamente: Entzündungshemmende Medikamente können Schmerzen und Entzündungen reduzieren.
- Operative Behandlung: Wenn die konservative Behandlung nicht erfolgreich ist oder die Symptome schwerwiegend sind, kann eine Operation erforderlich sein. Ziel der Operation ist es, den Nerv aus seiner Einengung zu befreien (Dekompression). Es gibt verschiedene operative Verfahren:
- Dekompression des Nervs: Dabei wird das Gewebe, das den Nerv einengt, durchtrennt.
- Verlagerung des Nervs: In manchen Fällen wird der Nerv vor den Knochenvorsprung an der Innenseite des Ellenbogengelenkes verlagert, um ihn vor Druck zu schützen.
Prognose des Sulcus-Ulnaris-Syndroms
Die Prognose des Sulcus-Ulnaris-Syndroms ist in den meisten Fällen gut, insbesondere wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt wird. Bei konservativer Behandlung verschwinden die Beschwerden oft von selbst. Auch nach einer Operation ist die Prognose meist gut, wobei die Rückkehr des Gefühls oder der motorischen Funktion von der Dauer der präoperativen Beschwerden abhängt und sich über mehrere Monate erstrecken kann. Bei bereits länger bestehenden Muskelatrophien der kleinen Handmuskeln bleiben häufig Residuen bestehen.
Weitere Ulnarisnerven-Probleme
Neben dem Sulcus-Ulnaris-Syndrom gibt es weitere Erkrankungen, die den Ulnarisnerv betreffen können:
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- Loge-de-Guyon-Syndrom: Hier wird der Ulnarisnerv im Bereich des Handgelenks eingeklemmt. Die Symptome ähneln denen des Sulcus-Ulnaris-Syndroms, betreffen aber vor allem die Hand.
- Ulnaropathie der Halswirbelsäule: Eine Kompression der Nervenwurzeln in der Halswirbelsäule kann ähnliche Symptome wie das Sulcus-Ulnaris-Syndrom hervorrufen.
Prävention von Ulnarisnerven-Problemen
Einige Maßnahmen können helfen, Ulnarisnerven-Problemen vorzubeugen:
- Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Achten Sie auf eine korrekte Haltung und vermeiden Sie langes Beugen des Ellbogens oder das Abstützen auf dem Ellbogen.
- Regelmäßige Pausen: Machen Sie regelmäßige Pausen, um Ihre Hände und Arme zu entlasten.
- Dehnübungen: Führen Sie regelmäßig Dehnübungen für die Hand- und Unterarmmuskulatur durch.
- Vermeidung von Überlastung: Vermeiden Sie Tätigkeiten, die Ihre Hände und Arme überlasten.
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