Epilepsie und Schlaganfall sind zwei unterschiedliche neurologische Erkrankungen, die jedoch im höheren Lebensalter häufiger auftreten und ähnliche Symptome aufweisen können, was zu Verwechslungen führen kann. Es ist wichtig, die Unterschiede zwischen diesen beiden Erkrankungen zu kennen, um eine korrekte Diagnose und Behandlung zu gewährleisten.
Einleitung
Ein Schlaganfall ist eine plötzlich auftretende Erkrankung des Gehirns, die durch eine Unterbrechung der Blutversorgung verursacht wird, entweder durch eine Verstopfung (ischämischer Schlaganfall) oder eine Ruptur (hämorrhagischer Schlaganfall) eines Blutgefäßes. Dies kann zu dauerhaften Schäden des zentralen Nervensystems führen. Epilepsie hingegen ist eine chronische neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist, die durch abnormale elektrische Aktivität im Gehirn verursacht werden.
Epidemiologie
In Österreich erleiden jährlich etwa 24.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei ischämische Infarkte mit 85 % die häufigste Ursache sind, gefolgt von intrazerebralen Blutungen (10 %), Subarachnoidalblutungen (5 %) und zerebralen venösen Thrombosen (0,5-1 %). Die altersstandardisierte Inzidenz (nur Erstereignisse) in deutschsprachigen Ländern beträgt etwa 150/100.000 Einwohner pro Jahr.
Die Inzidenz von epileptischen Anfällen nach zerebrovaskulären Erkrankungen betrug in einer älteren Studie 11 %. Mehr als ein Drittel der neu diagnostizierten Epilepsien bei Patienten über 60 Jahren haben einen abgelaufenen Schlaganfall als Ursache. In der Altersgruppe über 65 Jahre waren zerebrovaskuläre Erkrankungen in 55 % der Fälle die Ursache für neu diagnostizierte Anfälle.
Definitionen und Klassifikation
Akut symptomatische Anfälle (ASA)
ASA sind epileptische Anfälle, die in engem zeitlichem Zusammenhang mit systemischen Veränderungen (z. B. toxisch oder metabolisch) oder einer direkten Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS) auftreten. Im Zusammenhang mit einem Schlaganfall werden diese als "Frühanfälle" innerhalb von 7 Tagen nach dem Ereignis definiert, wobei sich etwa 50 % innerhalb der ersten 24 Stunden manifestieren. Die Risikofaktoren für einen ASA sind eine kortikale Lokalisation, eine Blutung (oder hämorrhagische Transformation eines ischämischen Infarkts), die Größe und Schwere des Schlaganfalls sowie eine Lokalisation im vorderen Stromkreislauf (Versorgungsgebiet der A. carotis interna).
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Unprovozierte Anfälle
Ein unprovozierter Anfall ist definiert als ein epileptischer Anfall ohne engen zeitlichen Bezug zu einer systemischen Veränderung oder einer akuten ZNS-Schädigung. Im Zusammenhang mit einem Schlaganfall werden diese als "Spätanfälle" mehr als 7 Tage nach dem Ereignis definiert. Gemäß der neuen Definition der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) erfüllt ein Schlaganfallpatient bereits die Kriterien einer Epilepsie, wenn ein Rezidivrisiko innerhalb von 10 Jahren von mindestens 60 % besteht.
Pathophysiologie
Es wird angenommen, dass eine Gliose mit meningozerebraler Narbenbildung für die Entstehung von unprovozierten Anfällen nach einem Schlaganfall verantwortlich ist. In den letzten Jahren gibt es ein zunehmendes Interesse an Epilepsien nach Schlaganfall, da diese eine Basis für ein Modell darstellen könnten, welcher pathophysiologische Prozess die Bereitschaft des Gehirns zu wiederholten epileptischen Anfällen determiniert (Epileptogenese).
Klinische Bedeutung
Es ist wichtig, akut symptomatische Anfälle innerhalb von 1 Woche nach einem Schlaganfall von unprovozierten epileptischen Anfällen ab 1 Woche nach dem Schlaganfall zu unterscheiden. Erstere haben ein niedriges Rezidivrisiko, während Letztere in 70 % der Fälle zu einem erneuten Anfall führen. Gemäß der ILAE erfüllen Spätanfälle bereits die Kriterien für eine beginnende Epilepsie.
Therapie
Akut symptomatische Anfälle
Die Studienlage zeigt weder ausreichende Evidenz für eine prophylaktische Gabe der Anfallsmedikation nach Schlaganfall noch für eine Therapie nach akut symptomatischem Anfall, obwohl dies häufig klinische Praxis ist. Daher sollte die medikamentöse Therapie nach der Akutphase des Schlaganfalls beendet werden. Es gibt keine Evidenz dafür, dass die Gabe eines Anfallsmedikaments vor einem etwaigen ASA diesen verhindert.
Unprovozierte Anfälle
Bei Schlaganfallpatienten nach einem unprovozierten Anfall wird eine lebenslange Therapie empfohlen. In der Regel stellt sich durch die Gabe eines Medikamentes ein zufriedenstellender Therapieerfolg ein. Für die Wahl der Anfallsmedikation in der Folge eines unprovozierten Anfalls nach Schlaganfall gibt es keine klaren Empfehlungen.
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Medikamentöse Therapie
Klinische Studien deuten darauf hin, dass neuere antiiktale Substanzen aufgrund ihrer besseren Verträglichkeit für epileptische Anfälle nach Schlaganfall vorzuziehen sind. Von den neueren antiiktalen Substanzen sind Lamotrigin (LTG), Levetiracetam (LEV) und Gabapentin (GBP) bei Epilepsie nach Schlaganfall untersucht worden. Carbamazepin, Phenytoin und Valproat gehören bei älteren Patienten mit Komorbidität durch weniger gute Verträglichkeit und deutliches Interaktionspotenzial nicht zur ersten Wahl.
Schlaganfall bei Kindern
Die Inzidenz von ASA nach Schlaganfall ist bei Kindern wesentlich höher als im Erwachsenenalter und beträgt 20-30 %. Umso jünger die Patienten zum Zeitpunkt des Insultes sind und umso häufiger und länger die ASA dauern, desto größer scheint das Epilepsierisiko zu sein.
Risikofaktoren
Bekannte Risikofaktoren für einen unprovozierten Anfall nach Schlaganfall sind kortikale Lokalisation, die Größe der Läsion (z. B. > 10 ml Volumen bei intrazerebralen Blutungen) und akut symptomatische Anfälle innerhalb von 7 Tagen.
Prävention
Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind die Vermeidung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel und Diabetes. Eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und die Behandlung von Risikofaktoren können das Schlaganfallrisiko verringern.
Erste Hilfe bei Schlaganfall
Bei Verdacht auf einen Schlaganfall sollte sofort der Rettungsdienst (112) gerufen werden. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sollte die Person beruhigt und vor Stürzen geschützt werden.
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