Urs Fischer Parkinson: Neue Perspektiven in der neurologischen Forschung und Behandlung

Die Neurologie, ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems befasst, erlebt durch kontinuierliche Forschung und technologische Fortschritte einen stetigen Wandel. Dies betrifft insbesondere die Akutneurologie, wo schnelle Interventionen entscheidend sein können, um schwere Behinderungen zu verhindern. In diesem Kontext rückt die Parkinson-Erkrankung, eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen, immer wieder in den Fokus von Forschung und klinischer Praxis.

Die Parkinson-Erkrankung im Fokus

Die Parkinson-Krankheit ist durch eine Fehlsteuerung der Bewegung gekennzeichnet. Urs Fischer von der Universitätsklinik für Neurologie betont, dass die Partnerschaft ein entscheidender Fortschritt ist und nicht nur klinisch, sondern auch wissenschaftlich neue Perspektiven bringt. Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die hauptsächlich motorische Fähigkeiten beeinträchtigt. Sie entsteht durch den Verlust von Dopamin produzierenden Nervenzellen im Gehirn.

Symptome und Diagnostik

Die Symptome der Parkinson-Krankheit sind vielfältig und können von Patient zu Patient unterschiedlich sein. Zu den häufigsten Symptomen gehören Zittern, Muskelsteifheit, verlangsamte Bewegungen (Bradykinese) und posturale Instabilität. Auch nicht-motorische Symptome wie Depressionen, Schlafstörungen und kognitive Beeinträchtigungen können auftreten.

Die Diagnose der Parkinson-Krankheit basiert hauptsächlich auf der klinischen Untersuchung und der Anamnese des Patienten. Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) können eingesetzt werden, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.

Therapieansätze

Die Behandlung der Parkinson-Krankheit zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Die medikamentöse Therapie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung. Levodopa, ein Vorläufer von Dopamin, ist das am häufigsten verwendete Medikament. Andere Medikamente, wie Dopaminagonisten und MAO-B-Hemmer, können ebenfalls eingesetzt werden.

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In einigen Fällen kann eine tiefe Hirnstimulation (THS) eine Option sein. Bei diesem Verfahren werden Elektroden in bestimmte Bereiche des Gehirns implantiert, um die Hirnaktivität zu modulieren. Die THS kann helfen, motorische Symptome wie Zittern und Steifheit zu reduzieren.

Neben der medikamentösen Therapie und der THS spielen auch nicht-medikamentöse Therapien eine wichtige Rolle. Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie können helfen, die motorischen Fähigkeiten, die Selbstständigkeit und die Kommunikationsfähigkeit der Patienten zu verbessern.

Urs Kleinholdermanns Forschung zur Quantifizierung der Symptomschwere

Im Rahmen einer Studie wurden Patienten mit einem diagnostizierten idiopathischen Parkinson-Syndrom hinsichtlich der Schwere ihrer motorischen Symptome untersucht. Ziel war die Entwicklung eines objektiven Verfahrens zur Quantifizierung und Beurteilung der motorischen Beschwerden als Alternative zu den momentan gängigen subjektiven klinischen Erhebungen. Hierzu wurden bei 45 Probanden während der Ausführung verschiedener Bewegungsübungen kinetische und elektromyographische Parameter mittels eines speziellen Armbandes erfasst. Die Daten wurden anschließend genutzt um ausgewählte Regressionsmodelle als Techniken maschinellen Lernens zu trainieren. Die Modelle sollten so befähigt werden, einen üblicherweise klinisch erhobenen Score (MDS-UPDRS Teil III) anhand elektromyographischer Parameter zu prädizieren. In den Ergebnissen zeigten sich bei ausgewählten Regressionsmodellen hohe Korrelationen zwischen prädizierten und klinisch ermittelten Werten. Eine weitere Untersuchung, die in Zusammenarbeit mit der Justus-Liebig Universität Gießen stattfand, zielte auf die Differenzierung eines mittels Levodopa hergestellten „ON“- und „OFF“-Zustandes der Probanden anhand der kinetischen Daten ab. Hierbei erbrachte sowohl der Einsatz eines Regressionsmodells als auch die Nutzung eines Convolutional Neural Networks eine hohe Genauigkeit.

Die Ergebnisse dieser Studie liefern eine vielversprechende Grundlage für weitere Arbeiten und die Entwicklung eines alltagstauglichen Systems zur kontinuierlichen Überwachung des motorischen Symptomstatus bei Parkinson-Erkrankten. Ein solches System könnte insbesondere in der Prävention von Komplikationen als auch in der Individualisierung von Therapien einen entscheidenden Beitrag leisten.

Die Parkinson Komplexbehandlung

Bei der Parkinson Komplexbehandlung werden Menschen mit einem Parkinson-Syndrom stationär gemeinsam durch ein Team aus Pflegekräften, Ergo- und Physiotherapeut:innen sowie Logopäd:innen und Ärzt:innen ganzheitlich betrachtet und gemeinsam mit den Betroffenen ein Therapiekonzept erarbeitet. Oftmals stehen dabei Einschränkungen des Gehens im Vordergrund, insbesondere in Fällen, in denen Betroffene über eine Unsicherheit klagen oder gar vermehrte Stürze erleiden. Ziel der Studie ist es, diese Einschränkung zu quantifizieren und mit einem vorher/nachher Vergleich festzustellen, ob die Teilnahme an der Therapie einen positiven Einfluss auf die Gehfähigkeit der Patient:innen hatte. In Ergänzung dazu, wird das Gangbild der Teilnehmer:innen während der Behandlung mittels Gangsensoren kontinuierlich gemessen und analysiert.

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Demenz: Ein wachsendes Problem

Neben der Parkinson-Krankheit stellt die Demenz eine weitere große Herausforderung für die Neurologie dar. Demenz ist ein Syndrom, das durch einen fortschreitenden Verlust kognitiver Funktionen gekennzeichnet ist. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Ursache für Demenz.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen der Alzheimer-Krankheit sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, darunter genetische Veranlagung, Umweltfaktoren und Lebensstilfaktoren. Studien belegen, dass Diabetiker ein erhöhtes Risiko für Demenz haben.

Die Rolle von Insulinresistenz und Glukosemangel im Gehirn

Bereits Anfang der 1990er Jahre stellte der Heidelberger Neurowissenschaftler Siegfried Hoyer die These auf, dass Demenz eine Stoffwechselstörung sein könnte: ein Diabetes Typ 3. Werner Reutter, Experte für Zuckerbiochemie, und sein Team denken das auch. „Wir glauben, dass defekte Insulinrezeptoren im Gehirn die Ursache sind.“ Jüngste Studien, unter anderem vom US-Gerontologen Auriel Willette, stützen dies. Willette konnte an 186 (im Schnitt 60-jährigen) Probanden zeigen, dass - bevor die Plaque entsteht - eine Insulinresistenz der Gehirnzellen längst da ist. Diabetes, Demenz und gar Depression, wie Ronald Kahn vom Joslin Diabetes Center in Boston kürzlich bewiesen hat, scheinen eines gemeinsam zu haben: defekte Insulinrezeptoren.

Ein schlüssiges Szenario der Alzheimer-Entstehung scheint sich nun logisch zusammenzufügen: Gelangt nicht genügend Glukose in die Gehirnzellen, fehlt den Neuronen die Power, um ihre Aufgaben zu verrichten. Unter anderem können sie verbrauchte Proteine nicht mehr zeitnah abbauen. Obwohl das Gehirn bei Erwachsenen nur zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, verbraucht es mehr als die Hälfte der täglich aufgenommenen Kohlenhydrate - konkret: die darin enthaltene Glukose.

Galaktose als potenzieller Therapieansatz

Könnte also ein einfacher Zucker die Lösung bei Demenz sein? Gemeinsam mit der Pharmakologin Melitta Salkovic-Petrisic von der Universität Zagreb konnte Reutter an Ratten zeigen, dass Tiere, deren Insulinrezeptoren im Gehirn chemisch blockiert worden waren und die über Trinkwasser Galaktose erhielten, ihr Erinnerungsvermögen nicht verloren. Erste zaghafte Versuche, den (potenziell) ausgehungerten Hirnzellen von an Demenz erkrankten Menschen ersatzweise Galaktose anzubieten, verliefen sehr vielversprechend, erzählt Reutter. „Ich sah selbst eine ganze Reihe von Patienten, die es nehmen. Orientierung, Erinnerung und die soziale Kommunikation verbessern sich deutlich.

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Reutter versucht seit langem, Gelder für eine klinische Galaktose-Studie aufzutreiben, mit der die therapierende Wirkung des Zuckers wissenschaftlich untersucht und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen ausgeschlossen werden könnten. Bislang vergeblich. Weder Pharmaindustrie noch Krankenkassen seien interessiert.

Die chemisch korrekt als D-Galaktose bezeichnete Substanz gehört wie Glukose, der gemeine Traubenzucker, zu den natürlichen Einfachzuckern (Monosacchariden) - und ist als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich. 250 Gramm kosten 40 bis 50 Euro. Die derzeit häufig bei Demenz verschriebenen Acetylcholinesterase-Hemmer kosten die Krankenkassen sehr viel mehr. „Aber sie sind einfach nur teuer und wirken kaum“, sagt Reutter kopfschüttelnd.

Anders als die meisten Arzneimittel habe der besondere Zucker nur Nebenwirkungen, wenn man es damit maßlos übertreibe, sagt Reutter. Viel hilft viel, gelte also auch in diesem Fall nicht. „Es darf nur so viel sein, wie am Tag verstoffwechselt werden kann. Andernfalls kann eine Situation entstehen wie beim seltenen Gendefekt Galaktosämie, auf den Neugeborene routinemäßig getestet werden.“

Leistungssportler schätzen Galaktose, weil er insulinunabhängig in die Zellen geht und der übersäuerten Muskulatur schnell neue Energie liefert. Bereits Ende der 1970er Jahre begann Reutter den Galaktose-Stoffwechsel zu erforschen. Reutter wusste da bereits, dass Galaktose zuckerhungrigen Zellen helfen kann und überzeugte einen Gastroenterologen an der Freien Universität davon, seinen Patienten versuchsweise Galaktose zu geben. Erste Ergebnisse einer deutschen Pilot-Studie mit 70 Patienten belegen, dass Galaktose Sepsis sehr effektiv bekämpfen kann.

Die Bedeutung der Forschung und interdisziplinären Zusammenarbeit

Die Neurologie ist ein sich ständig weiterentwickelndes Feld. Neue Forschungsergebnisse und technologische Fortschritte führen zu neuen Diagnose- und Behandlungsansätzen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Neurologen, Neurochirurgen, Psychiatern und anderen Fachärzten ist von entscheidender Bedeutung, um Patienten eine umfassende und individualisierte Versorgung zu gewährleisten.

Die Kooperation der Insel Gruppe und des Swiss Medical Network ist ein Beispiel für eine solche interdisziplinäre Zusammenarbeit. Durch die Bündelung von Expertise und Ressourcen können neue Standards für die Behandlung komplexer neurologischer Erkrankungen gesetzt werden.

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