Vagusnerv Verspannt: Ursachen, Symptome und Lösungsansätze

Der Vagusnerv, auch Nervus vagus genannt, ist der zehnte Hirnnerv und ein zentraler Bestandteil des Parasympathikus, dem Teil des vegetativen Nervensystems, der für Ruhe, Regeneration und Erholung zuständig ist. Als längster Hirnnerv verbindet er Gehirn und innere Organe und reguliert unbewusst wichtige Körperfunktionen wie Verdauung, Atmung, Herzfrequenz und Sättigungsgefühl, um das innere Gleichgewicht zu erhalten. Eine Störung oder Reizung dieses Nervs kann vielfältige und weitreichende Folgen haben. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten bei einem verspannten oder gereizten Vagusnerv.

Was ist der Vagusnerv?

Der Name "Vagus" leitet sich vom lateinischen "vagari" für "umherschweifen" ab, was auf den weitverzweigten Verlauf dieses Nervs hinweist. Er entspringt dem Gehirn, genauer gesagt dem Abschnitt, in dem auch die Medulla oblongata liegt (das verlängerte Mark im Hirnstamm), und durchläuft Kopf, Hals und Rumpf. Dabei verzweigt er sich in feinste Äste und steht mit fast allen inneren Organen in Verbindung.

Aufgaben des Vagusnervs

Der Vagusnerv ist der größte Nerv des Parasympathikus und bündelt viszeromotorische Nervenfasern, die für die Steuerung der unwillkürlichen Muskulatur zuständig sind, beispielsweise im Herzen oder Kehlkopf. Er umfasst aber auch somatosensible (für die Wahrnehmung bewusster Körperempfindungen wie Schmerzen) und viszerosensible Nervenfasern (für die Wahrnehmung unbewusster Körperempfindungen, unter anderem der Spannung der Lungen oder des Geschmacks am Zungengrund), die stetig Informationen zwischen dem Gehirn und ihren Endpunkten austauschen.

Der Vagusnerv fungiert als Datenautobahn zwischen Gehirn und Organen. Wenn wir beispielsweise hungrig sind, kommuniziert er das Bedürfnis des Magens nach Nahrung an unser Gehirn und übersetzt das Hungergefühl, damit wir den knurrenden Magen nachvollziehen können. Er steuert damit also auch unser Verhalten und unsere Reaktionen auf die Umwelt.

Ursachen für einen verspannten Vagusnerv

Eine Fehlfunktion oder Reizung des Nervus Vagus kann das Gleichgewicht deines Nervensystems aus dem Gleichgewicht bringen. Die häufigste Ursache eines gestörten Vagusnervs ist, wenn dieser eingeklemmt wird. Das geschieht besonders leicht, wenn sich der obere Halswirbel verschiebt. Neben dem Atlas können auch andere mechanische Probleme der Halswirbelsäule denselben komprimierenden Effekt auf den Vagusnerv haben.

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Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Kompression durch Atlasfehlstellung: Wie auf der Seite zum autonomen Nervensystem erläutert, zählt die Kompression verschiedener Nervenstränge, darunter des Vagusnervs, zu den tückischen Auswirkungen einer Atlasfehlstellung. Diese „Einengung“ beeinträchtigt den normalen Fluss der elektrischen Impulse entlang der Nerven, indem sie deren Intensität verändert oder in schwerwiegenden Fällen die Übertragung vollständig blockiert.
  • Chronischer Stress: Bei Stress arbeitet der Sympathikus auf Hochtouren, dein Parasympathikus ist gehemmt. Chronischer Stress stört die Aktivität des Vagusnervs jedoch. Eigentlich hilft der Vagusnerv dir dabei, dass du dich nach einer Stresssituation wieder erholst.
  • Entzündungen: In einigen Fällen steckt eine Entzündung des Nervus vagus hinter den Beschwerden. Diese Ursache ist jedoch eher selten. Eine solche Entzündung kann verschiedene Ursachen haben, einschließlich Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder als Folge einer direkten Verletzung oder Operation.

Die aufgeführten Auslöser stellen lediglich das auslösende Ereignis für eine bereits bestehende, instabile Ausgangssituation dar.

Symptome eines verspannten Vagusnervs

Die Tatsache, dass der Vagusnerv ein so ausgedehntes Gebiet im Körper durchzieht, macht ihn zu einem der bedeutendsten Nerven überhaupt. Gleichzeitig heißt das aber auch: Störungen, Einklemmungen und Reizungen können vielfältige und weitreichende Folgen haben.

Zu den Symptomen, die im Zusammenhang mit dem Vagusnerv berichtet werden, gehören:

  • Häufiges Verschlucken und sonstige Schluckstörungen
  • Schlaff herabhängendes Gaumensegel
  • Heiserkeit
  • Reizhusten
  • Sodbrennen
  • Übelkeit
  • Atemnot
  • Tachykardie (beschleunigter Herzschlag)
  • Herzrhythmusstörungen
  • Verdauungsbeschwerden (bis hin zu Durchfall oder Verstopfung)
  • Langanhaltende Müdigkeit und Erschöpfung
  • Schlafstörungen
  • Innere Unruhe

Ob und welche Beschwerden genau auftreten, hängt maßgeblich davon ab, an welcher Stelle die Arbeit des zehnten Hirnnervs eingeschränkt wird. Je näher am Gehirn die Ursache für die Reizung liegt, desto mehr Symptome zeigt der*die Betroffene.

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Es gibt keine Symptome, die ganz sicher auf eine Störung des Vagusnerv hindeuten.

Diagnose

Derdie HausarztHausärztin ist häufig derdie erste Ansprechpartnerin, wenn sich durch den Vagusnerv Beschwerden entwickeln. Dort steht im Vordergrund, ein möglichst vollständiges Beschwerdebild zu erfassen - nur so lassen sich die oft eher unspezifischen Symptome zum Vagusnerv zurückverfolgen. Erhärtet sich im Gespräch und während erster Untersuchungen der Verdacht auf eine Störung des zehnten Hirnnervs, erfolgt meist eine Überweisung an die Neurologie.

Behandlungsmöglichkeiten

In den meisten Fällen legen sich Störungen des Vagusnervs, wenn die Ursache für seine Reizung behandelt werden kann. Stellt derdie Medizinerin also eine Grunderkrankung oder verschobene Wirbel aus Auslöser für die Beschwerden fest, liegt der Fokus zunächst auf deren Behandlung. Den Vagusnerv selbst direkt zu beruhigen, ist dagegen ein eher schwieriges Unterfangen. Seine feinen Verästelungen verlaufen tief im Körper. Sie lassen sich über Medikamente oder Operationen nur schwer gezielt beruhigen - und irrtümlich auf die falschen Zweige einzuwirken, bremst schnell auch Vorgänge, die besser unangetastet bleiben. Ärzte*Ärztinnen raten daher meist davon ab.

Umgekehrt kann eine Stimulation (zum Beispiel nach einem Schlaganfall) aber durchaus positive Effekte erzielen: Dabei werden Impulsgeber im Hals implantiert, von wo aus sie den Vagusnerv in der Regel am besten erreichen. Kleine Elektroden geben daraufhin elektrische Impulse ab, die den zehnten Hirnnerv anregen. Diese Behandlungsmethode ermöglicht insbesondere bei motorischen Einschränkungen Fortschritte. Erste Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass so die Verdauungstätigkeit reguliert werden kann. Die wichtige Rolle des Vagusnervs im Parasympathikus (also des für Regeneration und Ruhe zuständigen Teils des vegetativen Nervensystems) nutzen Ärzte*Ärztinnen auch bei der Behandlung von Depression, Angststörungen und Epilepsie.

Mit der AtlantoMed-Methode kann die Kompression des Vagusnervs in bestimmten Fällen jedoch wirksam behoben werden. Viele Patienten berichten nach der Behandlung über deutliche Verbesserungen oder ein vollständiges Verschwinden vagaler Beschwerden. Erst nach der Lösung des Problems wird ihnen bewusst, wie breit das Spektrum der Beschwerden war, die mit einer Vaguskompression zusammenhingen.

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Vagusnerv-Übungen

Die Verknüpfung zum regenerierenden Parasympathikus lässt sich bis zu einem gewissen Grad auch ohne implantierten Impulsgeber nutzen. So können beispielsweise Menschen, die stark unter Stress stehen oder unter Ängsten leiden, ihren Vagusnerv mit bestimmten Übungen zu seiner beruhigenden Wirkung motivieren. Insbesondere eine tiefe Atmung in den Bauchraum (Bauchatmung) mit einer verlängerten Ausatmung erweist sich hier als Vagus-aktivierender Faktor.

Interessierte können unter anderem diese Vagusnerv-Übungen ausprobieren:

  • Meditation, am besten unter Anleitung in einer Gruppe oder per App
  • Atemübungen, beispielsweise nach der 4711-Regel (für 4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden lang ausatmen und dieses Schema 11 Minuten lang fortführen)
  • Kehlkopfvibrationen, bei denen stimmhafte S-Laute die Ausatmung ausdehnen
  • Summen von A, O oder U, nach ganz ähnlichem Prinzip wie die Kehlkopfvibrationen
  • Gurgeln, beispielsweise mit Wasser oder lauwarmem Kamillentee
  • Singen

Diese Formen der sogenannten Vagus-Meditation können Blutdruck und Herzfrequenz herunterregulieren, die Verdauung fördern und Anspannung lindern.

Weitere Tipps zur Aktivierung des Vagusnervs

  • Bewegung: Egal ob zügiges Spazierengehen, eine Radtour oder eine Joggingrunde: Jede Form von Bewegung aktiviert deinen Vagusnerv. Achte dabei auf eine moderate Bewegung.
  • Gesunde Ernährung: Je gesünder deine Darmflora, desto besser ist deine Darmschleimhaut in der Lage, Serotonin und Dopamin zu bilden. Probiotische Lebensmittel wie Kefir und Sauerkraut helfen dir, deine Darmflora auf natürliche Weise zu stärken. Achte zudem darauf, ausreichend B-Vitamine zu dir zu nehmen. Vor allem die Vitamine B1, B6, B12 und Folsäure tragen zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei.
  • Stressmanagement: Für deine allgemeine Gesundheit ist es sinnvoll, wenn du regelmäßig für einen Ausgleich zwischen Sympathikus und Parasympathikus sorgst.

Der Vagusnerv und Emotionen

Aktuelle Studien enthüllen immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse dazu, wie Hirn und Herz kommunizieren - und eröffnen so Möglichkeiten, den schädlichen Auswirkungen etwa von Stress, Depressionen oder Angst auf die Herzgesundheit vorzubeugen. Ein zentraler Ansatzpunkt könnte dabei der Vagusnerv sein.

Chronischer Stress kann das sympathische Nervensystem ständig überaktivieren und krank machen. Eine Messgröße, um Gefährdete zu erkennen, ist die Herzratenvariabilität (HRV). Menschen mit hoher HRV (und damit einem aktiven Vagusnerv) haben laut Dr. Weber eine größere Fähigkeit, ihre Emotionen zu regulieren.

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