Die Vagusnervstimulation (VNS) ist ein Thema, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, sowohl in der medizinischen Forschung als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Der Vagusnerv, als längster Hirnnerv, spielt eine entscheidende Rolle bei der Verbindung zwischen Gehirn und vielen Organen des Körpers. Er beeinflusst zahlreiche Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Verdauung und Atmung und ist ein wichtiger Bestandteil des parasympathischen Nervensystems, das für Entspannung und Regeneration zuständig ist.
Vagusnerv-Stimulation: Ein Überblick
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist ein Verfahren, bei dem der Vagusnerv durch elektrische Impulse stimuliert wird. Es gibt zwei Hauptformen der VNS: die invasive und die nicht-invasive Stimulation. Die invasive VNS (iVNS) wird seit Jahrzehnten zur Behandlung von therapieresistenter Epilepsie eingesetzt. Dabei wird ein Neurochirurg einen Schrittmacher (Impulsgenerator) unterhalb der linken Klavikula positioniert. Von dort aus verläuft ein dünnes Kabel unter der Haut zum linken N. vagus, welches um den Nerv gewunden wird und die Schrittmacherimpulse an den Nerven abgibt. Die Stromimpulse wirken über den Vagusnerv im Gehirn und hemmen dort Aktivitäten, die zu epileptischen Anfällen führen. Eine positive Nebenwirkung dieser Methode ist die Stimmungsaufhellung bei einigen Patienten.
Die nicht-invasive Vagusnervstimulation (nVNS) hingegen erfolgt über die Haut, meist am Ohr, und ist weniger invasiv. Hierfür tragen Patientinnen und Patienten ein Gerät im Ohr, das einem Kopfhörer ähnelt. Über die Haut wird ein Ast des Vagusnervs, der oberhalb des Gehörgangs sitzt, stimuliert. Die Wirksamkeit bei der Anregung übers Ohr ist vergleichbar mit der invasiven Stimulation.
Anwendung der Vagusnervstimulation
Die VNS wird zur Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt, darunter:
- Epilepsie: Die invasive VNS ist seit langem eine etablierte Behandlungsmethode für therapieresistente Epilepsie.
- Depressionen: Seit 2001 ist die VNS in Europa zur Behandlung therapieresistenter Depressionen zugelassen. In Deutschland werden die Kosten für den minimal-invasiven Eingriff von den Krankenkassen übernommen.
- Migräne: Auch bei Migräne ist die Stimulation als Therapie zugelassen.
- Weitere psychische Erkrankungen: Die VNS wird auch bei anderen psychischen Erkrankungen eingesetzt, wenn andere Behandlungen nicht erfolgreich waren.
- Long-COVID und ME/CFS: Hier wird die VNS eingesetzt, um eine Dysregulation des autonomen Nervensystems zu behandeln, bei der der Sympathikus in einer Art „Dauerstress-Modus“ verharrt.
Erfahrungen mit der Vagusnervstimulation
Die Erfahrungen mit der VNS sind unterschiedlich und hängen von der jeweiligen Erkrankung und dem individuellen Ansprechen auf die Therapie ab. Einige Erfahrungsberichte aus Online-Diskussionen zeigen sowohl positive als auch skeptische Stimmen:
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- Positive Erfahrungen: Einige Patienten berichten von einer deutlichen Verbesserung ihrer Symptome nach der VNS, insbesondere bei Depressionen. Julia89 berichtet, dass es ihr nach einer VNS in Anschluss an einige EKT deutlich besser geht und sie ihren Alltag und auch die Arbeit wieder meistern kann. Ein anderer Patient berichtet von einer stabilen Anfallsfreiheit seit sechs Jahren dank der VNS.
- Skeptische Stimmen: Andere Patienten sind skeptisch oder haben keine positiven Erfahrungen gemacht. Wodan leidet an schweren chronischen Depressionen und wird der VNS schon einigen Jahren empfohlen, schreckt aber vor der OP zurück. Eddylein14 lässt die Vagusnervstimulation jetzt machen, nachdem 35 EKT'S und zweimal Esketamin nicht angeschlagen haben. Nicht hier hat das nichtinvasive VNS versucht, aber es hat nicht funktioniert.
Wie funktioniert die Vagusnervstimulation?
Die genaue Wirkungsweise der VNS ist noch nicht vollständig verstanden. Es wird angenommen, dass die Stimulation des Vagusnervs die Erregbarkeit von Gehirnzellen reduzieren und die Freisetzung von Neurotransmittern im Gehirn beeinflussen kann, die für die Stimmung und das Wohlbefinden verantwortlich sind.
Die VNS entfaltet antiinflammatorische Effekte sowohl durch zentrale Aktivierung antiinflammatorischer Pathways, wie die Aktivierung des Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Stoffwechsels, als auch durch die periphere parasympathische Inhibition der Produktion proinflammatorischer Zytokine wie TNF, IL(Interleukin)-1ß, IL‑6 und IL-18.
Funktionelle Untersuchungen der Hirnaktivität zeigten, dass die transkutane VNS zur Pupillendilatation und zur Reduktion der α‑Oszillationen im EEG führt.
Vagusnervstimulation im Trend: Was steckt dahinter?
Die Vagusnervstimulation hat in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erfahren, insbesondere in den sozialen Netzwerken. Es gibt zahlreiche Anleitungen für eine Vagusnerv-Stimulation, von Atemübungen über Ohrmassagen bis hin zu Singen. Der Vagusnerv gilt in der alternativen Medizin als Selbstheilungsnerv und wahres Multitalent. Seine Stimulation soll gegen Depressionen, Epilepsie, Vorhofflimmern, Übergewicht und Tinnitus helfen.
Es ist jedoch wichtig, die Versprechungen im Internet und in den sozialen Medien kritisch zu hinterfragen. Viele der angebotenen Methoden und Geräte sind wissenschaftlich nicht ausreichend untersucht und ihre Wirksamkeit ist nicht bewiesen.
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Transkutane Vagusnervstimulation (taVNS) bei Long-COVID, Post-Vac und ME/CFS
Gerade bei Long-COVID, Post-Vac-Syndrom und ME/CFS wird häufig über eine Dysregulation des autonomen Nervensystems berichtet, bei der der Sympathikus in einer Art „Dauerstress-Modus“ verharrt. Das kann sich durch anhaltend erhöhten Puls, Unruhe, Schlafstörungen, Palpitationen sowie Fatigue äußern.
Die transkutane Vagusnervstimulation (taVNS) kann hier ansetzen, indem sie den Parasympathikus gezielt stärkt und so eine Beruhigung des Herz-Kreislauf-Systems und eine Dämpfung der Stressantwort fördert.
Persönliche Erfahrungen mit dem NuroSym®
Einige Anwender haben persönliche Erfahrungen mit dem NuroSym®-Gerät zur transkutanen Vagusnervstimulation gesammelt. Das Gerät wird am linken Ohr (Tragus) angebracht und gibt sanfte elektrische Impulse ab, um den Vagusnerv zu aktivieren.
Die Erfahrungen sind unterschiedlich. Einige Anwender berichten von einer deutlichen Entspannung und einem Gefühl des „Herunterfahrens“, insbesondere in Stressmomenten. Andere Anwender haben keine großen Veränderungen festgestellt.
Es ist wichtig zu beachten, dass der NuroSym® keine umfassende Therapie ersetzt und eher als Ergänzung zu anderen Verfahren (z. B. Vagus-Übungen, Entspannungsverfahren oder ärztlich verordneter Therapie) gesehen werden sollte.
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