Valproat in der Epilepsiebehandlung: Erfahrungen, Anwendung und Perspektiven

Valproinsäure, auch bekannt als Valproat, ist ein seit langem etabliertes Medikament zur Behandlung von Epilepsie und anderen neurologischen sowie psychiatrischen Erkrankungen. Obwohl es zu den älteren Antiepileptika gehört, spielt es nach wie vor eine wichtige Rolle in der modernen Medizin. Dieser Artikel beleuchtet die Erfahrungen mit Valproat in der Epilepsiebehandlung, seine Wirkungsweise, Anwendungsgebiete, Nebenwirkungen und gibt einen Überblick über aktuelle Perspektiven.

Einordnung von Valproat: Altbewährt und doch relevant

Valproinsäure reiht sich in die Riege der älteren Antiepileptika ein, zu denen auch Phenytoin, Primidon und Phenobarbital gehören. Diese Medikamente wurden entwickelt, um Anfallskranken ein möglichst unbeschwertes Leben zu ermöglichen. Im Gegensatz zu modernen Medikamenten, die gezielter wirken, beeinflussen ältere Medikamente oft das gesamte zentrale Nervensystem, um Anfälle zu verhindern. Trotzdem haben sie ihren Platz in der Behandlung behalten, da einige Patienten gut darauf ansprechen.

Wirkungsweise von Valproinsäure

Valproinsäure greift auf verschiedenen Ebenen in den Hirnstoffwechsel ein. Es blockiert spannungsabhängige Natriumkanäle und T-Typ-Calciumkanäle. Zudem erhöht es die Konzentration des hemmenden Nervenbotenstoffs Gamma-Aminobuttersäure (GABA) durch Hemmung seiner abbauenden Enzyme.

Im Gehirn kommunizieren Nervenzellen über Neurotransmitter. Glutaminsäure wirkt erregend, während GABA hemmend wirkt. Bei Epilepsie sind Nervenzellen übermäßig erregbar, was zu unkontrollierten Erregungswellen führt, die sich als Krämpfe oder Bewusstlosigkeit äußern können. Antiepileptika wie Valproinsäure dämpfen die Erregung und verstärken die Wirkung von GABA. Diese dämpfende Wirkung erklärt auch, warum Valproinsäure bei bipolaren Störungen manische Phasen abmildern kann.

Nach der Einnahme wird Valproinsäure im Darm aufgenommen und gelangt über die Blutbahn ins Gehirn. Dort erreicht die Konzentration etwa zehn Prozent der Konzentration im Blut. Der Wirkstoff wird in der Leber abgebaut und die Stoffwechselprodukte werden hauptsächlich über den Urin ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt etwa sieben bis 15 Stunden.

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Anwendungsgebiete von Valproinsäure

Valproinsäure wird zur Behandlung verschiedener Formen der Epilepsie eingesetzt, darunter:

  • Generalisierte Anfälle (Absencen, tonisch-klonische Anfälle)
  • Fokale Anfälle komplexer Art

Darüber hinaus ist Valproinsäure zur Behandlung manischer Episoden bei bipolarer Störung zugelassen, wenn Lithium nicht vertragen wird oder nicht eingesetzt werden kann. Weitere Anwendungsgebiete sind die Migräneprophylaxe und in einigen Ländern die Behandlung von Panikattacken.

Anwendung von Valproinsäure

Valproinsäure ist in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich, darunter Tabletten, Retardtabletten, magensaftresistente Tabletten, Lösungen zum Einnehmen und Injektionslösungen. Die langfristige Behandlung erfolgt meist oral, wobei die Lösung Kindern unter sechs Jahren und Patienten mit Schluckstörungen vorbehalten ist. Die Behandlung beginnt mit einer niedrigen Dosis, die im Laufe einiger Wochen langsam gesteigert wird.

Übliche Dosierungen für Erwachsene liegen zwischen 1000 und 1800 Milligramm Valproinsäure pro Tag, aufgeteilt auf zwei bis vier Einzeldosen. Die Einnahme sollte etwa eine Stunde vor den Mahlzeiten mit einem Glas Wasser erfolgen.

Mögliche Nebenwirkungen von Valproinsäure

Die häufigste Nebenwirkung ist die Erhöhung der Ammoniak-Konzentration im Blut. Hohe Ammoniak-Werte können Symptome wie Erbrechen, Störung der Bewegungskoordination, Bewusstseinstrübung, niedrigen Blutdruck und erhöhte Anfallsneigung auslösen. Beim Auftreten solcher Beschwerden sollte die Therapie mit Valproinsäure in Absprache mit dem Arzt beendet oder die Dosis reduziert werden.

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Weitere mögliche Nebenwirkungen sind:

  • Verringerung der Blutplättchen
  • Unregelmäßiger Menstruationszyklus
  • Händezittern
  • Missempfindungen
  • Kopfschmerzen
  • Müdigkeit
  • Dünneres Haar, Haarausfall
  • Veränderter Appetit und Gewicht

Besonders bedeutsam sind gelegentlich auftretende Leberschädigungen bei Säuglingen und Kleinkindern unter Valproinsäure-Therapie. Aus diesem Grund werden in dieser Altersgruppe regelmäßig die Gerinnungsparameter sowie die Leberfunktion kontrolliert.

Gegenanzeigen und Wechselwirkungen

Valproinsäure darf nicht eingesetzt werden bei:

  • Schwerwiegenden Funktionsstörungen von Leber oder Bauchspeicheldrüse
  • Lebererkrankungen in der Vorgeschichte oder bei Familienangehörigen
  • Blutgerinnungsstörungen
  • Porphyrie
  • Insulinabhängigem Diabetes mellitus
  • Störungen im Harnstoffzyklus
  • Frauen im gebärfähigen Alter, welche die Bedingungen des Schwangerschaftsverhütungsprogrammes nicht erfüllen
  • Mutation am mitochondrialen Enzym Polymerase Gamma (POLG)

Valproinsäure interagiert mit einer Vielzahl unterschiedlicher Arzneistoffe. Dies kann zum Wirkverlust oder zur Wirkverstärkung von Valproinsäure beziehungsweise des anderen Arzneistoffes führen. Beispiele für Wirkstoffe, die den Valproinsäure-Spiegel im Körper senken können, sind Anti-Malaria-Mittel wie Mefloquin und Carbapeneme (Antibiotika). Andere Wirkstoffe erhöhen ihn, darunter zum Beispiel Mittel gegen Epilepsie (wie Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Carbamazepin, Felbamat), Magensäurehemmer (wie Cimetidin), bestimmte Antibiotika (wie Erythromycin, Rifampicin) und das Antidepressivum Fluoxetin.

Valproinsäure kann auch die Wirkung anderer Wirkstoffe beeinflussen. Sie erhöht zum Beispiel teilweise die Wirkung anderer Antiepileptika, weshalb die kombinierte Behandlung durch einen erfahrenen Arzt erfolgen sollte. Ebenso kann Valproinsäure die Wirkung von Gerinnungshemmern und damit die Blutungsneigung erhöhen.

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Valproinsäure in Schwangerschaft und Stillzeit

Da Valproinsäure fruchtschädigend ist, dürfen Schwangere nicht mit Valproinsäure behandelt werden. Mütter, die mit Valproinsäure allein (als Monotherapie) behandelt werden, dürfen gegebenenfalls weiter stillen, wenn das Kind gut beobachtet wird. Sie müssen aber die Bestimmungen des Schwangerschaftsverhütungsprogrammes einhalten, dürfen also keinesfalls schwanger werden.

Valproinsäure bei älteren Patienten

Valproinsäure kann auch bei älteren Patienten mit Epilepsie eingesetzt werden. Im Vergleich zu anderen Antiepileptika wie Carbamazepin hat Valproinsäure den Vorteil, dass es keine Enzyminduktion verursacht und ein breites Wirkungsspektrum gegen verschiedene Anfallsformen aufweist. Allerdings muss auf zentralnervöse Nebenwirkungen und mögliche Wechselwirkungen geachtet werden.

Erfahrungen von Patienten mit Valproat

Die Erfahrungen von Patienten mit Valproat sind vielfältig. Einige berichten von einer guten Anfallskontrolle, während andere unter Nebenwirkungen wie Haarausfall, Gewichtszunahme, Müdigkeit oder Übelkeit leiden. Es ist wichtig zu beachten, dass die Wirkung und Verträglichkeit von Valproat individuell unterschiedlich sein können.

Einige Patienten berichten, dass Valproat nur verschrieben wurde, um die Halbwertszeit von Lamotrigin zu verlängern und das Anfallsrisiko zu minimieren. Andere berichten von Gewichtszunahme und Schwierigkeiten beim Abnehmen. Einige Patienten haben auch über Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Tremor berichtet.

Valproat als Mittel der Wahl bei bestimmten Epilepsieformen

Eine internationale Gruppe von Epileptologen hat den Stellenwert von Valproat zur Behandlung bei Epilepsie bestätigt und Empfehlungen für verschiedene Patientengruppen, darunter auch für Kinder und Jugendliche, ausgesprochen. Bei Kindern ist es besonders wichtig, dass nicht nur die Anfälle kontrolliert werden, sondern dass auch Verhalten und die Kognition so wenig wie möglich durch die Therapie beeinträchtigt werden. Bei Patienten mit fokalen idiopathischen Epilepsien sollte initial mit Valproat oder Carbamazepin behandelt werden, für die Untergruppe der Rolando-Epilepsie empfiehlt der Expertenrat initial nur Valproat. Bei Status epilepticus stehen in den Empfehlungen nach wie vor Benzodiazepine an erster Stelle.

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