Die venösen Blutleiter des Gehirns, auch Sinus durae matris genannt, sind ein komplexes Netzwerk von venösen Kanälen, die zwischen den Schichten der Dura mater liegen. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Drainage des Blutes aus dem Gehirn, der Orbita, dem Labyrinth (Innenohr) sowie den Schädelknochen und den Hirnhäuten. Ohne diese Strukturen wäre eine effiziente Drainage des Blutes aus dem Schädel nicht möglich.
Anatomie der venösen Blutleiter
Die Sinus durae matris sind klappenlose venöse Blutleiter, die sich zwischen den Duplikaturen der Dura mater befinden. Im Gegensatz zu anderen Venen des Körpers besitzen sie keine Klappen und keine Muskulatur. Dies führt dazu, dass die Richtung des Blutflusses nicht einheitlich ist und sich je nach Lage und Druckverhältnissen im Kopf verändern kann.
Wichtige Sinus durae matris und ihre Verläufe:
- Sinus sagittalis superior: Verläuft entlang der Anheftungsstelle der Falx cerebri am Schädeldach bis zum Confluens sinuum. Er ist verletzungsgefährdet bei Kalottenfrakturen und speist den Confluens sinuum mit dem Sinus rectus und Sinus occipitalis.
- Sinus sagittalis inferior: Verläuft am unteren freien Rand der Falx cerebri bis zum Sinus rectus. Er nimmt Blut aus den tiefen Hirnvenen auf.
- Sinus rectus: Befindet sich an der Anheftungsstelle von Falx cerebri und Tentorium cerebelli. Er mündet in den Confluens sinuum und nimmt Blut aus dem Sinus sagittalis inferior und der V. magna cerebri auf.
- Sinus occipitalis: Verlängerung des Sinus sagittalis superior bis zum Confluens sinuum. Er steht in Verbindung zum Plexus basilaris und mündet in den Confluens sinuum.
- Sinus transversus: Verläuft vom Confluens sinuum entlang der Ansatzstelle des Tentorium cerebelli bis zur Oberkante der Felsenbeinpyramide. Er ist Teil des "Venensees" Confluens sinuum und geht in den Sinus sigmoideus über.
- Sinus sigmoideus: Verläuft S-förmig zum Foramen jugulare, wo das Blut in die V. jugularis interna abfließt. Aufgrund seiner Nähe zum Mastoid besteht das Risiko einer Keimverschleppung bei Mastoiditis.
- Sinus cavernosus: Umgibt die Sella turcica und enthält schwammartiges Bindegewebe. Er ist eine wichtige Drainage- und Infektionspforte und enthält die A. carotis interna und mehrere Hirnnerven.
- Sinus sphenoparietalis: Verläuft am hinteren Rand der Ala minor des Os sphenoidale bis zum Sinus cavernosus. Er drainiert die V. cerebri media superficialis.
- Sinus petrosus inferior: Verläuft vom Sinus cavernosus entlang der Unterkante der Felsenbeinpyramide bis zur V. jugularis interna und liegt am Hinterrand des Felsenbeins. Er tritt durch das Foramen jugulare aus und mündet in die V. jugularis interna.
- Sinus petrosus superior: Verläuft entlang der Oberkante der Felsenbeinpyramide und mündet in den Sinus sigmoideus. Er leitet Blut aus Kleinhirnvenen und dem Sinus cavernosus weiter.
- Sinus marginalis: Umschließt das Foramen magnum ringförmig und steht in Verbindung mit dem Sinus occipitalis, dem Plexus basilaris und dem Plexus venosus vertebralis internus. Über das Foramen magnum besteht eine Verbindung zum Plexus venosus vertebralis internus. Die Drainage erfolgt über den Sinus occipitalis zum Confluens sinuum.
Das Lumen der Sinus ist mit Endothel ausgekleidet. Alle Venensysteme und die Sinus durae matris drainieren in die Vv. jugulares internae. Durch fehlende Venenklappen im Bereich der Hirnvenen sowie der Sinus durae matris kann es zu einer Strömungsumkehr im Bereich des Venensystems kommen. So kann es zu einer Ausbreitung einer extrakraniellen Infektion in das Sinussystem kommen.
Funktion der venösen Blutleiter
Die Hauptfunktion der Sinus durae matris besteht darin, das venöse Blut aus dem Gehirn und den umliegenden Strukturen abzutransportieren. Das Blut wird von den Hirnvenen in die Sinus geleitet, die dann in die V. jugularis interna münden und das Blut zum Herzen zurücktransportieren.
Das Zusammenspiel mit anderen venösen Strukturen
Die venöse Versorgung des Gehirns erfolgt über die Hirnvenen, die in den Sinus sagittalis superior und inferior, den Sinus rectus und schließlich in den Sinus transversus münden und über den Sinus sigmoideus, welcher in der V. jugularis interna endet, das Blut zum Herzen zurücktransportiert. Beide Systeme sind über Anastomosen miteinander verbunden und drainieren über die Sinus durae matris in die Vv. jugulares internae.
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Es gibt ein oberflächliches und ein tiefes Venensystem. Das tiefe Venensystem besteht aus der V. basilaris, die durch den Zusammenschluss der V. anterior cerebri mit der V. entsteht. Die Verbindung beider Vv. anteriores cerebri erfolgt durch die V. Eine weitere venöse Drainage erfolgt über die paarige V. interna cerebri sowie die paarige V. basilaris in die V. magna cerebri (Gallen), die zum Confluens venosus posterior führt, aus dem die V. entspringt. Die Venen des Wirbelkanals stehen ebenfalls in Verbindung.
Die Rolle des Confluens sinuum
Der Confluens sinuum ist ein venöser Hohlraum am okzipitalen Pol, in den der Sinus sagittalis superior, der Sinus rectus und der Sinus occipitalis münden. Er dient als Auffangbecken für das Blut kleinerer Vv. und leitet es in die Sinus transversi weiter.
Klinische Bedeutung der venösen Blutleiter
Erkrankungen der Sinus durae matris können schwerwiegende Folgen haben, da sie eine zentrale Rolle im venösen Abfluss des Gehirns spielen.
Sinusvenenthrombose
Eine der häufigsten Erkrankungen ist die Sinusvenenthrombose, bei der sich ein Blutgerinnsel in einem oder mehreren Sinus bildet. Die Ursachen sind vielfältig und können unter anderem durch Infektionen, hormonelle Einflüsse oder Traumata begünstigt werden.
Symptome:
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Fieber
- Neurologische Ausfälle (z.B. durch Beteiligung von Hirnnerven)
Besonders häufig betroffen ist der N. abducens (VI), da er mitten durch den Sinus cavernosus verläuft.
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Infektionen
Eitrige Infektionen in der Nähe der intrakraniellen Sinus können sich auf diese Strukturen ausbreiten. Die Infektion kann über die V. angularis und die V. erfolgen.
Sinusstenosen
Die Verengung der großen Hirnvenen, bekannt als Sinusstenosen, betrifft die venösen Blutleiter im Gehirn, die für den Abfluss des Blutes zuständig sind. Diese Zustände können zu einem erhöhten Druck im Schädel (intrakranieller Druck) führen, was zu Symptomen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel und in einigen Fällen zu neurologischen Beeinträchtigungen führen kann.
Behandlung:
Die Behandlungsstrategien für Sinusstenosen richten sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung. In einigen Fällen kann eine medikamentöse Therapie ausreichen, um die Symptome zu lindern und den Zustand zu kontrollieren. Für schwerwiegendere Fälle stehen interventionelle neuroradiologische Techniken zur Verfügung, wie die venöse Stent-Platzierung, um die verengten Venen zu erweitern und den normalen Blutfluss wiederherzustellen.
Weitere wichtige Strukturen im Zusammenhang mit den venösen Blutleitern
Die Hirnhäute (Meningen)
Das Gehirn und das Rückenmark sind von drei übereinander liegenden Bindegewebsschichten umgeben, die als Hirnhäute (Meningen) bezeichnet werden. Die Schichten sind von außen nach innen: Dura mater, Arachnoidea mater und Pia mater. Zwischen diesen Schichten befinden sich drei Räume, die als Epidural-, Subdural- und Subarachnoidalräume bezeichnet werden.
- Dura mater: Die harte Hirnhaut, die aus einem inneren und einem äußeren Blatt besteht. An manchen Stellen teilen sich diese Blätter auf und bilden Duraplatten, wie die Falx cerebri und das Tentorium cerebelli. Zwischen den beiden Schichten der Dura mater befinden sich die Hirnsinus. Die Falx cerebri ist eine sichelförmige Struktur, die das Gehirn in zwei Hälften teilt und in der der Sinus sagittalis superior und inferior verlaufen.
- Arachnoidea mater: Die mittlere Hirnhaut.
- Pia mater: Die weiche Hirnhaut, die dem Gehirn unmittelbar anliegt.
Die Hirnhäute schützen das Gehirn und das Rückenmark und enthalten den Liquor cerebrospinalis, der als Stoßdämpfer und Transportmedium dient.
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Die arterielle Versorgung des Gehirns
Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt aus zwei Quellen - den Aa. carotides internae und dem vertebrobasilären System. Die A. carotis interna entspringt von der A. Sie verläuft weiter zum Gehirn und teilt sich in die A. cerebri media (Endast) und A. Die A. vertebralis entspringt der A. Im Bereich der Pons vereinigen sich beide Aa. vertrebrales zur A. basilaris, einer unpaar angelegten Arterie. Die A. basilaris gabelt sich in die hintere Hirnarterie (A. Aus der A. vertebralis und der A. cerebelli entstehen die Kleinhirnarterien (Aa. cerebelli).
Der Circulus arteriosus willisii stellt einen Kreislauf des arteriellen Blutes dar und hat viele anatomische Varianten. Er wird über Anastomosen zwischen dem vorderen und hinteren Arteriensystem gebildet, die das Gehirn mit arteriellem Blut versorgen.
Erkrankungen der arteriellen Versorgung
- Intrakranielle Aneurysmen: Eine abnormale Erweiterung eines lokalen Bereichs der Arterienwand im ZNS, meist um den Circulus arteriosus willisii herum.
- Arterielle Dissektionen: Ein Verlust der Intaktheit der Arterienwandstruktur, was zu einer intramuralen Hämatombildung und einem falschen Lumen führen kann. Dies kann zu einem Aneurysma, einer Stenose oder einem Verschluss führen. Betroffen sind oft die Aa. vertebralis und Aa. carotides internae.
- Subclavian-Steal-Syndrom: Eine Verengung/Verschluss der A. subclavia proximal des Ursprungs der A. vertebralis bewirkt eine Umkehr des Blutflusses in der A. vertebralis ipsilateral, um den ipsilateralen Arm weiter zu durchbluten. Die häufigste Ursache ist die Arteriosklerose.
- Apoplex (Schlaganfall): Es gibt ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle. Risikofaktoren sind Bluthochdruck, zerebrale Amyloid-Angiopathie, neoplastische Erkrankungen und zerebrale Aneurysmen.
Das Großhirn (Zerebrum)
Das Großhirn ist der größte, komplexeste und übergeordnete Teil des Gehirns. Es ist entwicklungsgeschichtlich jünger als der Rest des Gehirns und macht als Sitz von Funktionen wie inhaltliches Bewusstsein, Denken, Erinnerungen und Emotionen das "Menschliche" in uns aus. Das Großhirn wird beidseits von den Blutgefäßen vordere, mittlere und hintere Hirnarterie versorgt.
Aufbau des Großhirns
Das Großhirn ist wie jedes Gewebe im Körper aus verschiedenen Zellen aufgebaut. Ganz besonders charakteristisch sind die großen Pyramidenzellen. Sie liegen in mehreren Schichten in der Hirnrinde (Kortex, Cortex). Manche jener Zellen sind beteiligt an einer Grenzschicht zum übrigen Körper und dessen Blutkreislauf, der Blut-Hirn-Schranke. Es gibt Teile des Großhirns, die auch als „graue Substanz” bezeichnet werden. In ihnen liegen vor allem Nervenzellkörper wie in der oberflächlichen Hirnrinde oder den tiefen Basalganglien. Die übrigen Großhirnareale enthalten vor allem Nervenzellfortsätze, also Signal-Leitungsbahnen. Diese nennt man „weiße Substanz”.
Das Großhirn bildet zwei konvexe Hälften, die Hemisphären. Eine Längsfurche und eine in ihr verlaufende Bindegewebsplatte (Falx cerebri) trennen sie. Man teilt die Bereiche des Großhirns in sogenannte Lappen ein:
- Vorderlappen (Stirnlappen, Lobus frontalis)
- Scheitellappen (Parietallappen, Lobus parietalis)
- Hinterhauptlappen (Okzipitallappen, Lobus occipitalis)
- Schläfenlappen (Temporallappen, Lobus temporalis)
- Insellappen
- Limbischer Lappen
Die Falx cerebri
Die Falx cerebri ist eine sichelförmige Ausstülpung der harten Hirnhaut (Dura mater) zwischen den beiden Großhirnhemisphären. Sie verläuft in der Mittellinie des Schädels und dient der Stabilisierung des Gehirns sowie der räumlichen Trennung der Hirnhälften. Sie beinhaltet unter anderen den Sinus saggitalis superior (oberhalb) und Sinus saggitalis inferior (innerhalb). Erkrankungen der Falx cerebri können zu Kopfschmerzen, Krampfanfällen und neurologischen Ausfällen führen.
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