Kryoanalgesie (Vereisung) zur Behandlung von Nervenschmerzen im Lendenwirbelbereich (LWS): Ursachen und Behandlungsmethoden

Millionen Menschen weltweit leiden jedes Jahr unter Rückenschmerzen und/oder Nackenschmerzen. Eine häufige Ursache dafür sind Schmerzen in den Gelenken, die die Wirbelsäule verbinden und stabilisieren. Diese Schmerzen werden oft als Rücken- oder Nackenschmerzen beschrieben, die sich beim Zurücklehnen oder Drehen verschlimmern. Die Kryoanalgesie (Vereisung) ist ein elegantes Verfahren zur Schmerzbehandlung an der Wirbelsäule, das die verschiedenen Injektionstherapien und thermischen Verfahren zur Nervenverödung bei akuten und chronischen Beschwerden zunehmend ersetzt.

Ursachen von Nervenschmerzen im Lendenwirbelbereich

Rückenschmerzen können vielfältige Ursachen haben. Häufige Ursachen sind:

  • Facettensyndrom: Hierbei handelt es sich um einen Krankheitskomplex, der die Facettengelenke der Wirbelsäule betrifft. Diese kleinen Gelenke zwischen den Wirbeln ermöglichen die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Eine Reizung oder Degeneration dieser Gelenke kann zu Schmerzen führen.
  • Verschleißbedingte Veränderungen an der Wirbelsäule: Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule, wie z. B. Arthrose, können zu Schmerzen und Entzündungen führen.
  • Bandscheibenvorfall: Obwohl die Kryoanalgesie hauptsächlich bei Schmerzen eingesetzt wird, die nicht durch einen Bandscheibenvorfall verursacht werden, kann ein Bandscheibenvorfall dennoch eine Ursache für Rückenschmerzen sein.
  • Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Spinalkanals, in dem das Rückenmark verläuft, kann zu Nervenkompression und Schmerzen führen.
  • Osteoporose (Knochenschwund): Verminderte Knochendichte kann die Wirbelsäule anfälliger für Verletzungen und Schmerzen machen.
  • Verletzung peripherer Nerven: Entzündliche oder traumatische Schädigungen peripherer Nerven können ebenfalls zu Schmerzen im Lendenwirbelbereich führen.
  • Muskelverspannungen: Sekundäre Muskelverspannungen aufgrund von Instabilitäten oder Schonhaltungen können ebenfalls Schmerzen verursachen.

Diagnose von Nervenschmerzen im Lendenwirbelbereich

Die Diagnose des Facettengelenksschmerzes (Facettensyndrom) wird von einem Facharzt gestellt. Der Arzt erfragt Ihre Krankengeschichte und führt eine körperliche Untersuchung durch. Diese kann darauf hindeuten, dass Sie an Schmerzen der Facettengelenke leiden. Zur Sicherung der Diagnose sollte dieser Facharzt dann eine Reihe von Röntgenuntersuchungen, eine Computertomographie oder eine Kernspintomographie (MR) der Wirbelsäule anordnen.

Um möglichst sicher festzustellen, ob eines oder mehrere Facettengelenke den Schmerz auslösen, ist eine sogenannte Facettenblockade nötig (auch diagnostischer Block genannt). Dabei wird ein kurz wirksames Betäubungsmittel an die Seitenäste der Spinalnerven gespritzt, die die Facettengelenke im betroffenen Rückenbereich versorgen.

Kryoanalgesie (Vereisung): Ein Überblick

Die Kryoanalgesie ist eine Form der Kryotherapie (Kältetherapie), deren schmerzlindernde Wirkung seit langem bekannt ist. Sie ist eine spezielle Technik zur langfristigen Schmerzlinderung in der interventionellen Schmerztherapie, wenn Schmerzen nachweislich von sensorischen Nerven verursacht werden. Es handelt sich um einen minimal-invasiven Eingriff, bei dem durch die Vereisung eines Nervengeflechts Schmerzlinderung erreicht wird.

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Geschichte der Kryoanalgesie

Der Einsatz von Kälte zur Schmerzlinderung ist seit Jahrtausenden bekannt. Hippokrates erwähnte die Verwendung von Eis zur Schmerzlinderung, und auch die alten Ägypter dokumentierten die Verwendung von niedrigen Temperaturen zur Schmerzlinderung. Im napoleonischen Krieg wurde festgestellt, dass halb erfrorene Soldaten Amputationen besser tolerierten, was zur Verwendung von kalten Solemischungen zur Schmerzlinderung führte. Die moderne Kryoanalgesie geht auf Cooper et al. (1961) zurück, die ein Gerät entwickelten, das flüssigen Stickstoff verwendete, und Amoils (1967), der ein einfacheres Handgerät mit Kohlendioxid oder Distickstoffoxid entwickelte.

Funktionsweise der Kryoanalgesie

Bei der Kryoanalgesie wird eine spezielle Kältesonde unter Röntgenkontrolle an die schmerzende Nervenfaser herangeführt. Mittels eines kurzen Reizstromimpulses kann die richtige Lage exakt ermittelt werden. Dann wird die Spitze der Sonde für wenige Minuten mit Hilfe von flüssiger Kohlensäure auf etwa -60 bis -70 °C abgekühlt. Dadurch wird der schmerzende Nervenast lokal vereist, wodurch die Schmerzen in vielen Fällen unmittelbar verschwinden.

Die Kälte erzeugt eine Leitungsblockade in den Nerven, ähnlich der Wirkung von Lokalanästhetika. Langfristige Schmerzlinderung wird durch die Schädigung der Vasa nervorum (Blutgefäße, die die Nerven versorgen) und die daraus resultierende Degeneration des Nervs erreicht, während die Myelinscheide und das Endoneurium intakt bleiben. Dies ermöglicht die Regeneration des Nervs ohne Neurombildung.

Vorteile der Kryoanalgesie

  • Langfristige Schmerzlinderung: Die Kryoanalgesie kann eine lang anhaltende Schmerzlinderung von bis zu 12 Monaten oder länger bieten.
  • Minimal-invasiv: Der Eingriff erfordert nur einen kleinen Hautstich.
  • Keine Narkose: Die Kryoanalgesie wird in Teilbetäubung durchgeführt, da der Arzt die Rückmeldung des Patienten auf den Reizstromimpuls benötigt.
  • Geringe Komplikationsrate: Ernsthafte Komplikationen wie Entzündungen oder Infektionen sind selten.
  • Reversibel: Im Gegensatz zur Verödung per Laserstrahl wird der Nerv bei der Vereisung nicht dauerhaft ausgeschaltet. Der Nerv kann sich regenerieren und seine normale Funktion wieder erfüllen.
  • Geeignet für Patienten mit Vorerkrankungen: Da keine Narkose nötig ist und fast keine Verletzung von Muskeln und Gewebe erfolgt, eignet sich die Methode hervorragend zur Therapie von Patienten mit Vorerkrankungen wie koronarer Herzkrankheit oder sonstigen schweren Krankheiten, welche eine Operation ausschließen.
  • Möglichkeit zur Ursachenbehandlung: Die Kryoanalgesie ermöglicht es, die wirklichen Ursachen des Schmerzes in der auf die Behandlung folgenden Zeit der Schmerzfreiheit zu beseitigen, z. B. durch ein intensives Rückentraining.

Indikationen für Kryoanalgesie

Die Kryoanalgesie kann bei verschiedenen Arten von Nervenschmerzen eingesetzt werden, darunter:

  • Facettenschmerzen der Wirbelsäule (HWS/BWS/LWS): Schmerzen, die von den Facettengelenken ausgehen.
  • Occipitalisneuralgie: Schmerzen im Bereich des Hinterkopfes.
  • Trigeminusneuralgie: Schmerzen im Gesichtsbereich, die vom Trigeminusnerv verursacht werden.
  • Schulterschmerzen: Insbesondere bei Beteiligung des Nervus suprascapularis.
  • Intercostalneuralgien: Schmerzen entlang der Rippen.
  • Pudendusneuralgie
  • Schmerzen im unteren Rücken und in den unteren Extremitäten sekundär zu lumbalen Facettengelenkspathologien, Pseudosciatica, Schmerzen mit Beteiligung des intraspinösen Bandes oder des supraglutealen Nervs, Schmerzen im Iliosakralgelenk, Neuralgie der Cluneal Nerven, Obturator-Neuralgie und verschiedene Arten von peripherer Neuropathie
  • Schmerzen in den oberen Extremitäten sekundär zu suprascapularer Neuritis und anderen Zuständen peripherer Neuritis

Kontraindikationen für Kryoanalgesie

Obwohl die Kryoanalgesie ein sicheres Verfahren ist, gibt es einige Kontraindikationen, bei denen sie nicht angewendet werden sollte:

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  • Unspezifische Rückenschmerzen: Wenn die Schmerzen nicht eindeutig den Wirbelgelenken zugeordnet werden können.
  • Infektionen im Behandlungsbereich: Lokale Infektionen können das Risiko von Komplikationen erhöhen.
  • Blutgerinnungsstörungen: Patienten mit Blutgerinnungsstörungen sollten vor dem Eingriff sorgfältig untersucht werden.
  • Schwangerschaft: Während der Schwangerschaft sollte die Kryoanalgesie vermieden werden.

Durchführung der Kryoanalgesie

Vor dem Eingriff muss ein ausführliches Anamnesegespräch erfolgen und der Patient muss über mögliche Komplikationen aufgeklärt werden. Eine röntgenologische Untersuchung der Wirbelsäule stellt neben der gründlichen klinischen Inspektion die Planung der Operation sicher. Thrombozytenaggregationshemmer (verhindern die Aggregation von Blutplättchen (Thrombozyten); blutverdünnende Medikamente) sollten ca. 5 Tage vor der Operation abgesetzt werden. Dies muss mithilfe einer Blutuntersuchung (Gerinnungsparameter) kontrolliert werden.

Die Kryoanalgesie wird in der Regel ambulant durchgeführt. Der Patient liegt auf dem Bauch, und die Haut im Behandlungsbereich wird desinfiziert und örtlich betäubt. Unter Röntgenkontrolle wird eine dünne Sonde an den Zielnerv herangeführt. Durch einen Reizstromimpuls wird die korrekte Lage der Sonde überprüft. Anschließend wird die Spitze der Sonde für einige Minuten auf -60 bis -70 °C abgekühlt, um den Nerv zu vereisen.

Risiken und Komplikationen der Kryoanalgesie

Die Kryoanalgesie ist ein komplikationsarmer Eingriff. Mögliche Risiken und Komplikationen sind:

  • Lokale Erfrierungen: In seltenen Fällen kann es zu lokalen Erfrierungen im Bereich der Einstichstelle kommen.
  • Nervenschäden: Obwohl unwahrscheinlich, können Nervenschäden auftreten, insbesondere wenn die Sonde nicht korrekt platziert wird.
  • Blutergüsse: Blutergüsse im Bereich der Einstichstelle sind möglich.
  • Infektionen: Infektionen sind selten, aber möglich.
  • Schmerzen nach dem Eingriff: Vorübergehende Schmerzen im Bereich der Einstichstelle sind normal und können mit Schmerzmitteln behandelt werden.
  • Schwäche oder Taubheit: Das tief injizierte Lokalanästhetikum kann eine vorübergehende Schwäche oder Taubheit eines Arms oder Beins hervorrufen.

Nachsorge nach der Kryoanalgesie

Nach dem Eingriff sollte der Patient für einige Zeit unter Beobachtung bleiben. Es ist ratsam, am Tag des Eingriffs nicht selbst Auto zu fahren und sich nicht alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg zu machen.

In den Tagen nach dem Eingriff können leichte Schmerzen im Bereich der Einstichstelle auftreten. Diese können mit Schmerzmitteln behandelt werden. Physiotherapie kann helfen, die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern.

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Alternativen zur Kryoanalgesie

Es gibt verschiedene alternative Behandlungsmöglichkeiten für Nervenschmerzen im Lendenwirbelbereich:

  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel, Muskelrelaxantien und Antidepressiva können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Physiotherapie: Gezielte Übungen können helfen, die Muskulatur zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die Schmerzen zu lindern.
  • Injektionstherapie: Injektionen von Lokalanästhetika oder Kortikosteroiden können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Nervenverödung (Radiofrequenzablation): Bei diesem Verfahren werden die schmerzleitenden Nerven durch Hitze verödet.
  • Operation: In schweren Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Ursache der Schmerzen zu beheben.

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