Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die das Nervensystem betrifft. Nach der Alzheimer-Krankheit ist sie die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Allein in Deutschland sind etwa 500.000 Menschen betroffen. Die Erkrankung ist durch den Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet, die Dopamin produzieren, einen Neurotransmitter, der für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Obwohl Parkinson unheilbar ist, können verschiedene Therapiemaßnahmen die Symptome lindern und die Lebensqualität verbessern. In manchen Fällen ziehen es Patienten vor, den Verlauf von Parkinson ohne Medikamente zu bewältigen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte des Lebens mit Parkinson ohne Medikamente, einschließlich der potenziellen Vorteile, Herausforderungen und alternativen Behandlungsansätze.
Frühsymptome und Diagnose von Parkinson
Es können Jahre oder sogar Jahrzehnte vergehen, bis erste Beschwerden auftreten und erkannt werden. Vor der Diagnose beherrschen oft unspezifische Frühsymptome den Patienten. Viele Patienten haben lange schon vor Ausbruch der Erkrankung eine Schlafstörung, die man als REM-Schlafverhaltensstörung bezeichnet, ein Ausleben von Träumen im Schlaf, oder eine Riechstörung. Eines Tages werden dann die typischen motorischen Frühsymptome der Erkrankung auffällig, z.B. ein Zittern oder eine Verkrampfung oder eine Verlangsamung von Bewegungen, reduziertes Mitschwingen eines Armes. Diese motorischen Symptome führen dann meistens zur Diagnose, und die Diagnose dann meistens zu einer Therapie.
Konventionelle Behandlung von Parkinson
Die konventionelle Behandlung von Parkinson konzentriert sich auf die Linderung der Symptome durch Medikamente. Das Mittel Levodopa ist bereits seit den frühen 70er Jahren zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung zugelassen. Es verbessert die typischen Parkinson-Symptome wie das Zittern, die verlangsamten Bewegungen und die Steifheit der Muskeln. Levodopa gilt als gut verträglich, doch wie jedes andere Medikament kann es zu Nebenwirkungen führen, häufig zu Übelkeit und Erbrechen, manchmal zu Schwindel. Nimmt man es über viele Jahre ein, kann das Medikament außerdem zu plötzlichen und unerwarteten Bewegungsstörungen führen, also unkontrollierte Bewegungen der Arme und Beine (sogenannte Dyskinesien) oder auch zu einem plötzlichen Einfrieren von Bewegungen. Ein weiteres Problem ist die begrenzte Wirkdauer: Die Parkinsonsymptome werden zwar gut unterdrückt, aber nicht durchgehend bis zur Einnahme der nächsten Dosis. Wenn der Wirkspiegel des Medikamentes im Blut abnimmt, aber noch nicht Zeit für die nächste Tablette ist, kann der Patient Symptome bekommen.
Weitere Medikamente, die zur Behandlung von Parkinson eingesetzt werden, sind Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmer und COMT-Hemmer. Diese Medikamente können helfen, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen und die Symptome zu lindern. Jedoch können sie auch Nebenwirkungen verursachen, wie z.B. Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Halluzinationen und Verwirrung.
Gründe für den Verzicht auf Medikamente
Es gibt verschiedene Gründe, warum sich Menschen mit Parkinson gegen eine medikamentöse Behandlung entscheiden. Manche Patienten ziehen es vor, ihren Körper nicht mit Medikamenten zu belasten, insbesondere wenn sie unter den Nebenwirkungen leiden. Andere möchten alternative Behandlungsansätze ausprobieren, die ihrer Meinung nach besser zu ihren Bedürfnissen passen. Wieder andere haben möglicherweise Bedenken hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen von Medikamenten auf ihren Körper.
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Bestehen im Frühstadium nur sehr leichte Beschwerden, so kann anfänglich auch vollständig auf eine medikamentöse Therapie verzichtet werden, bis die voranschreitende Symptomatik sie unerlässlich macht. Gerade bei jüngeren Patientinnen und Patienten werden Medikamente meist so spät wie möglich eingesetzt. Nach langjähriger medikamentöser Therapie können nämlich Wirkungsschwankungen, Nebenwirkungen und Spätkomplikationen wie Überbewegungen (Hyperkinesen, Dyskinesien), On-Off-Fluktuationen oder Freezing auftreten, die es so lange wie möglich aufzuschieben gilt. Sie machen außerdem eine permanente Beobachtung und laufende Anpassung der Dosierung und Medikation notwendig.
Alternative Behandlungsansätze
Auch wenn Medikamente eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Parkinson spielen, gibt es auch alternative Behandlungsansätze, die helfen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Zu diesen Ansätzen gehören:
Bewegung und Sport
Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil der Parkinson-Therapie. Man weiß, dass Patienten, Menschen, die immer sehr aktiv Sport betrieben haben, die haben schon von vornherein ein niedrigeres Parkinson-Risiko. Und wenn sie an Parkinson erkranken, haben sie eine langsamere motorische Verschlechterung. Und auch wenn man während der Parkinson-Krankheit noch sehr viel Sport und Bewegung macht, hat das auch einen sehr, sehr günstigen Einfluss auf die Symptome.
Die allgemeine Stimmung und das Wohlbefinden bessern sich, und damit steigt letztlich auch die Lebensqualität. Das Training sollte vielschichtig und individuell zugeschnitten sein, dabei sowohl Ausdauer- als auch Kraftelemente umfassen. Nach heutigem Stand empfehlen Forscher wie Ärzte wissenschaftlich fundiert im Optimalfall eine Kombination aus - vor allem - Nordic Walking, Spazierengehen, Gymnastik (auch im Wasser), Tanzen, Schwimmen und Krafttraining an Geräten. Dies sollte begleitet werden von Übungen (etwa aus dem Kinesis-Bereich), die die tiefliegende Muskulatur stimulieren sowie wenn möglich abgerundet durch gemächliches Joggen und Radfahren, das auch als Strampeln auf dem Fahrradergometer daherkommen kann.
Studien zeigen, dass Bewegungsübungen helfen können, wieder beweglicher zu werden und schneller zu gehen. Zudem stärken sie die Koordination und das Gleichgewichtsgefühl. Es kommt dann seltener zu Stürzen. Bewegungsübungen können auch dazu beitragen, Alltagsaktivitäten wie Einkaufen besser zu bewältigen. Es ist möglich, sich von Physiotherapeutinnen oder -therapeuten begleiten zu lassen. Sie können Bewegungsübungen anleiten und zeigen, wie man sie eigenständig durchführen kann. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Welche Übungen sinnvoll sind, hängt sehr von den persönlichen Vorlieben und dem körperlichen Allgemeinzustand ab: So ist im Frühstadium ein stärker belastendes Training möglich als bei schon ausgeprägten Beschwerden.
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Ergotherapie
Das Ziel dieser sogenannten Ergotherapie ist es, die Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten. Eine Ergotherapie soll helfen, solange wie möglich eigenständig den Alltag zu gestalten und für sich selbst zu sorgen. Dazu kann gehören, die Wohnung und die Arbeitsumgebung an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Zusammen mit den Therapeutinnen oder Therapeuten werden Möglichkeiten erarbeitet, besser mit den Beschwerden zurechtzukommen. Ergotherapeutische Übungen können auch die Grob- und Feinmotorik fördern. Es wird beispielsweise geübt, sich anzuziehen, Essen zuzubereiten und mit Hilfsmitteln (wie Rollatoren oder speziellem Besteck) umzugehen. Auch handwerkliche und kreative Übungen wie Basteln oder Malen können Teil einer Ergotherapie sein.
Sprachtherapie
Wenn das Sprechen zunehmend schwerer fällt, kann eine Sprachtherapie (Logopädie) sinnvoll sein. Bei der Sprachtherapie wird geübt, wieder klarer, lauter und deutlicher zu sprechen. Mit verschiedenen Lockerungs- und Sprechübungen oder Singen wird auch die Beweglichkeit der Gesichtsmuskulatur, die Mimik und Atmung trainiert. Welche Form der Sprachtherapie eingesetzt wird, hängt von den jeweiligen Beschwerden und persönlichen Vorlieben ab. Viele Menschen vermeiden es aus Unsicherheit und Scham zunehmend, mit anderen zu sprechen. Deshalb geht es auch darum, wieder mehr Selbstbewusstsein bei Gesprächen zu entwickeln und sich besser ausdrücken zu können.
Psychologische Unterstützung
Die Parkinson-Krankheit kann besonders im fortgeschrittenen Stadium mit starken psychischen Belastungen einhergehen. Manche Menschen entwickeln im Verlauf der Erkrankung depressive Beschwerden bis hin zu behandlungsbedürftigen Depressionen. Doch auch zu Anfang fällt es oft schwer, mit der Diagnose zurechtzukommen - und dem Wissen, dass die Symptome mit den Jahren deutlich zunehmen. Eine psychologische Unterstützung und Begleitung kann deshalb sinnvoll sein. Auch für Angehörige stehen verschiedene psychologische Beratungsangebote zur Verfügung.
Ernährung
Eine gesunde Ernährung kann ebenfalls dazu beitragen, die Symptome von Parkinson zu lindern. Es wird empfohlen, viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu essen und wenig verarbeitete Lebensmittel, Zucker und gesättigte Fette zu sich zu nehmen. Bei der Einnahme von L-Dopa Präparaten ist jedoch unbedingt zu berücksichtigen, dass besonders eiweißreiche Nahrung die Aufnahme von Levodopa stören und die Wirkung der entsprechenden Medikamente reduzieren kann. L-Dopa Präparate sollten deshalb nicht mit besonders eiweißreichen Mahlzeiten wie Fisch oder Fleisch eingenommen werden, sondern nur mindestens eine Stunde davor oder danach. Außerdem gibt es noch zahlreiche weitere Ernährungstipps bei Parkinson, welche Beschwerden lindern und die Behandlung unterstützen können.
Alternative Therapien
Alternative Therapien wie Akupunktur, Magnetstimulation oder Massage können sich im Einzelfall eignen. Therapiemöglichkeiten wie eine Massage lockern beispielsweise Muskelverspannungen und das kann einen hohen Wert für einen Parkinson-Erkrankten haben.
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Herausforderungen und Risiken
Das Leben mit Parkinson ohne Medikamente kann mit Herausforderungen und Risiken verbunden sein. Ohne Medikamente können sich die Symptome der Erkrankung verschlimmern und die Lebensqualität beeinträchtigen. Es ist wichtig, sich der potenziellen Risiken bewusst zu sein und eng mit einem Arzt zusammenzuarbeiten, um den Krankheitsverlauf zu überwachen und die bestmögliche Behandlungsstrategie zu entwickeln.
Atypische Parkinson-Krankheit
Eine klassische Parkinson-Erkrankung sollte sich nicht schnell verschlechtern. Das wäre sehr, sehr ungewöhnlich. Entweder haben wir hier keine echte Parkinson-Krankheit, keine klassische Parkinson-Krankheit vor uns, sondern eine sogenannte atypische Parkinson-Krankheit. Leider haben 10 Prozent der Menschen mit einer Parkinson-Symptomatik keine klassische Parkinson-Krankheit, sondern so einen atypischen Parkinson, der leider ein schlechteres Ansprechen auf die Parkinson-Medikamente und ein rascheres Voranschreiten zeigt.
Begleiterkrankungen
Die andere Möglichkeit bei raschen Veränderungen ist immer die Möglichkeit einer Begleiterkrankung. Die Begleiterkrankung kann sein ein Schlaganfall, eine Zuckerkrankheit, aber kann auch sein, dass einfach der Patient, vor allem, wenn das ältere Menschen sind, zu wenig trinkt und einfach ausgetrocknet ist oder mangelernährt ist oder einen Vitaminmangel hat.
Motorische Komplikationen
Im fortgeschrittenen Parkinson-Stadium kommen neben den motorischen Symptomen weitere Begleiterscheinungen hinzu, die nicht so gut auf Medikamente ansprechen. Dazu gehören beispielsweise Schluckstörungen mit einem erhöhten Risiko von Lungenentzündungen, Gleichgewichtsstörungen, Störungen beim Wasserlassen und psychische Beschwerden. Durch spezielle Therapien lassen sich viele dieser Symptome bessern, manche können sogar zeitweise verschwinden. Umso wichtiger sind die regelmäßigen Arztbesuche zur Verlaufskontrolle.
Lebensqualität und Lebenserwartung
Experten wie der Neurologe Prof. Günter Höglinger sehen nach jahrzehntelanger Forschung einen positiven Trend: „Zwar ist es immer noch eine ernste Erkrankung, aber sie führt in vielen Fällen nicht zu einer Einschränkung der Lebenserwartung", sagt der Direktor der Neurologischen Klinik des LMU Klinikums München. Ein Grund: das erheblich verbesserte Wissen zu Parkinson-Diagnostik und Behandlung.
Die Lebenserwartung von Menschen mit Parkinson verkürzt sich durchschnittlich um vier bis elf Jahre. Das gilt vor allem für die sogenannte Parkinson-Krankheit, welche die häufigste Form der Parkinson-Syndrome ist. Letzten Endes verläuft jedes Parkinson-Syndrom jedoch unterschiedlich. Menschen mit Parkinson sterben meist nicht direkt an der Erkrankung selbst, sondern an den Komplikationen, die im Krankheitsverlauf auftreten können. Wie alt Parkinson-Patienten werden, hängt immer vom individuellen Gesamtbild des Patienten und der Parkinson-Form ab.
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