In unserer heutigen schnelllebigen und anspruchsvollen Welt fühlen sich viele Menschen chronisch überlastet und stehen kurz vor dem „Nervenzusammenbruch“. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Erschöpfungszuständen, um Betroffenen und Angehörigen zu helfen, Warnsignale rechtzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Was bedeutet "völlig fertig mit den Nerven sein"?
Der Begriff „Nervenzusammenbruch“ ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für eine akute psychische Krise, die in der Fachsprache als akute Belastungsreaktion bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um eine vorübergehende, aber extreme Reaktion auf ein schockierendes oder traumatisches Ereignis oder eine Phase anhaltenden Stresses. Diese Reaktion tritt meist kurz nach dem Auslöser ein, kann sich aber auch schleichend entwickeln.
Ursachen einer akuten Belastungsreaktion
Die Ursachen für eine akute Belastungsreaktion sind vielfältig. Jedes Ereignis, das ein Trauma auslösen kann, kann auch einen Nervenzusammenbruch zur Folge haben. Dazu gehören:
- Traumatische Erlebnisse: Schwere Unfälle, Körperverletzungen, Krieg, Terroranschläge, Flucht, Vertreibung, Gewalt oder Naturkatastrophen.
- Anhaltender Stress: Beruflicher Druck, Konflikte im privaten oder beruflichen Umfeld, Mehrfachbelastungen durch Familie und Beruf, ständiger Termindruck und das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen.
- Kritische Lebensereignisse: Trennungen, Jobverlust oder Krankheit.
- Eigene Ansprüche, Sorgen und Ängste.
- Fehlende soziale Unterstützung: Einsamkeit.
Bestimmte Berufsgruppen, wie Mitarbeitende der Polizei, Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und der Notfallmedizin, sind aufgrund ihrer häufigen Konfrontation mit traumatischen Ereignissen einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Auch Menschen mit bereits bestehenden körperlichen oder seelischen Erkrankungen, wie Depressionen, sowie Personen, die erschöpft oder psychisch verletzbar sind, haben ein erhöhtes Risiko, eine Belastungsreaktion zu entwickeln.
Symptome einer akuten Belastungsreaktion
Die Symptome einer akuten Belastungsreaktion können vielfältig sein und von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausfallen. Typische Anzeichen sind:
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- Psychische Symptome:
- Sprachlosigkeit
- Veränderte Wahrnehmung (Gefühl, sich selbst oder die Umgebung als fremd zu empfinden)
- Einengung des Bewusstseins (Gedanken kreisen unaufhörlich um die auslösende Situation)
- Nacherleben der Situation in Form von Alpträumen und Flashbacks (intensives Wiedererleben des Erlebnisses)
- Lücken in der Erinnerung
- Stimmungsschwankungen (zwischen Aggression, Wut, Angst, Panik, Trauer, Weinen und Lachen)
- Körperliche Symptome:
- Schweißausbrüche
- Herzrasen
- Blässe
- Übelkeit
- Zittern
- Atembeschwerden
- Schlaf- und Konzentrationsstörungen
- Schreckhaftigkeit
Die körperlichen Reaktionen werden unter anderem durch das Stresshormon Cortisol ausgelöst. Andauernder Stress in Kombination mit langfristiger Erschöpfung und Überforderung kann den Cortisolspiegel dauerhaft erhöhen und zu einem Nervenzusammenbruch führen, der dann in Zusammenhang mit einem Burnout-Syndrom steht.
Der stille Burnout
Während sich der klassische Burnout häufig durch eindrückliche Symptome mit schneller Entwicklung zeigt, ist ein „stiller Burnout“ die tückische, schleichende Variante. Nicht jeder Burnout zeigt sich durch übersteigerten Arbeitsdrang mit perfektionistischen Ansprüchen, der alsbald durch den hohen Einsatz in sozialen Rückzug, massive Verhaltensänderungen und offensichtliche Erschöpfung wie chronische Müdigkeit mündet. Entsprechend verschleppen viele Betroffene ihren Burnout: Sie machen kurze, aber wenig erholsame Verschnaufpausen und danach weiter in ihrem Tagesprogramm. So gleiten sie langsam aber sicher in einen schweren Burnout, der dann nur scheinbar plötzlich und unerwartet mit einem vollständigen „Nervenzusammenbruch“ zu Tage tritt.
Das chronische Erschöpfungssyndrom
Unter dem chronischen Erschöpfungssyndrom versteht man eine andauernde Müdigkeit mit zahlreichen Symptomen. Diese führen dazu, dass der Betroffene nicht mehr über ausreichend Energie verfügt, um über den Tag zu kommen, ohne sich erschöpft bzw. überfordert zu fühlen. Durch das chronische Erschöpfungssyndrom hat der Körper nicht mehr genug Energie, um seine Körperfunktionen, wie z.B. Verdauung, Aufbau von Gewebe, oder die Hormonsynthese aufrecht zu erhalten. Auch zusammenhängendes Denken oder normale tägliche Arbeiten sind dann nicht mehr möglich. Eines der Ursachen sind andauernde, ungelöste emotionale bzw. mentale Belastungen, die zu einem massiven Energieverlust von Körper und Geist führen.
Hilfe bei einer Belastungsreaktion
Traumatische Erlebnisse kommen unvorhergesehen und man kann ihnen nicht vorbeugen. Umso wichtiger ist schnelle, professionelle Unterstützung im Falle ihres Eintretens. So ist es bei einem Unfall wichtig, dass die Rettungskräfte vor Ort schnell reagieren und Betroffene versorgen können. Je nach Situation ist es eventuell auch vonnöten, entsprechend ausgebildete Rettungskräfte zu rufen. Das kann neben der Polizei und dem Rettungsdienst zum Beispiel der psychiatrische Notdienst sein, der etwa einer suizidgefährdeten Person helfen kann. Dieser erste Schritt ist sehr wichtig, wenn eine Situation mit einer unmittelbaren Gefahr für Betroffene und Anwesende einhergeht.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Betroffene von ihren Symptomen nachhaltiger befreit werden können, wenn sofort professionelle Hilfe zur Verfügung steht. So werden Betroffene schnell entlastet und es kann verhindert werden, dass die Symptome einer Belastungsreaktion länger andauern oder sogar chronisch werden.
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Selbsthilfemöglichkeiten für Betroffene
Wenn Sie sich aktuell selbst in einer psychischen Krise befinden oder eine Person kennen, bei der das der Fall ist, sollten Sie nicht zögern, professionelle Hilfe zu rufen. Anlaufstellen dafür sind zum Beispiel eine psychiatrische Praxis oder Klinik, der bundesweite Bereitschaftsdienst, die Telefonseelsorge oder die Nummer gegen Kummer für Jugendliche und Kinder.
Die akute Hilfe, die Sie bei diesen Stellen erhalten, kann fließend in eine längerfristige Therapie übergehen. Dabei kommt es ganz darauf an, wie es den Betroffenen geht. Verschwinden die Auswirkungen des Nervenzusammenbruchs nach kurzer Zeit wieder und die hilfesuchende Person fühlt sich stabil, kann der weitere Weg unter Umständen selbstständig und mit der Unterstützung vertrauter Menschen gegangen werden. Dann ist wichtig, dass Betroffene tun, was ihnen guttut und sie ihren Angehörigen signalisieren, wenn Gesprächsbedarf besteht. Andersherum sollten die Angehörigen ihre Gesprächsbereitschaft zeigen.
Längerfristige Behandlung eines Nervenzusammenbruchs
Wenn die Belastungsreaktion stärker ausgeprägt ist oder die Symptome schon länger andauern, ist weitere Hilfe für die Betroffenen sehr wichtig. Je nach Art der Störung und abhängig von der betroffenen Person kommen verschiedene psychologische Therapien infrage. Um zu definieren, welche Therapieform passend ist, findet zu Beginn eine individuelle Beratung statt. Wenn es als hilfreich für den Heilungsprozess angesehen wird, werden zusätzlich therapiebegleitende Medikamente verschrieben, die die Symptome einer Belastungsstörung lindern sollen.
Was tun bei chronischer Müdigkeit?
Eine wirksame Abhilfe bei chronischer Müdigkeit können schon 5-10 Minuten Auszeit pro Tag sein. Zur Aktivierung des parasympathischen Nervensystems können zudem Meditation oder Yoga sehr hilfreich sein. Befinden sich Körper und Geist in diesen entspannten Zustand, kann der Körper seiner Selbstheilungskräfte aktivieren und sich so wieder ins Gleichgewicht bringen. Wendet man sich seinen Emotionen zu, so reicht es aus, diese zu akzeptieren. Sie müssen nicht kontrolliert oder überanalysiert werden. Auch sollte man auf Schuldzuweisungen jeglicher Art verzichten, da man sich dadurch nur zusätzlichem Druck aussetzt. Psychische Belastungen haben tatsächlich körperliche Auswirkungen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zur vollständigen Besserung des chronischen Erschöpfungssyndroms zum Einen eine ausreichende Zufuhr von Nährstoffen notwendig ist, damit die Nebennieren unterstützt werden und somit zur Energiegewinnung im Körper beitragen können.
Ernährung bei Erschöpfung
Bei der Ernährung ist es dringend notwendig, Lebensmittel zuzuführen, die den Blutzuckerspiegel nicht zu schnell ansteigen lassen. Um eine optimale Funktion der Nebennieren zu gewährleisten, muss der Blutzuckerspiegel über den Tag möglichst konstant gehalten werden. Bei einer kohlenhydratreichen Ernährung wird zuviel Insulin im Verhältnis zum Glukagon ausgeschüttet. Befindet sich viel Insulin im Blut und ist nicht genügend Glukagon vorhanden, so wird von den Nebennieren vermehrt Cortisol gebildet, das dabei hilft, den Blutzuckerspiegel wieder anzuheben. Eine eiweisshaltige Ernährung führt dazu, dass nur wenig Insulin und dafür mehr Glukagon ausgeschüttet wird. Ausserdem ist es wichtig, dass dem Körper hochwertige Fette durch die Ernährung zugeführt werden. Bereits eine Tasse Kaffee kann bis zu 18 Stunden für einen hohen Cortisolspiegel sorgen. Kaffee erhöht generell die Anspannung des Nervensystems, da durch Kaffee das Kampf-/Fluchtprogramm im sympathischen Nervensystem aktiviert wird.
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Stressbewältigung und Prävention
Ein akuter Zusammenbruch in einer Stresskrise, begleitet vom Gefühl „Ich kann nicht mehr“, kann das Resultat von langanhaltendem psychischem Stress sein. Er äußert sich durch ein Gefühl von Ungleichgewicht zwischen den eigenen Leistungsmöglichkeiten, Zielen, Bedürfnissen und den äußeren Ansprüchen. Diese Dysbalance kann uns entweder anspornen oder auch hemmen und ist ein normales Auf und Ab. Hält der Stress länger an, reagiert der Körper darauf mit Gegenwehr, denn er möchte den Alarmzustand möglichst schnell beenden. Von dieser Gegenwehr ist vor allem unser Immunsystem betroffen, wodurch es zunehmend schlechter funktioniert. So wächst in einer stressigen Lebensphase das Risiko für Infektionen, wie zum Beispiel Erkältungen. Langfristig führt dieser Zustand dann zur Erschöpfung verschiedener körperlicher Prozesse. Das hat wiederum zur Folge, dass sich weitere körperliche und seelische Krankheiten entwickeln können, etwa Allergien, Burnout oder Stoffwechselerkrankungen. Und je länger der Stresszustand andauert, umso länger dauert es auch, bis sich unser Körper wieder davon erholt hat.
Tipps für starke Nerven
- Den Körper spüren: Bewegung hilft, Ängste abzubauen und den Gedanken eine Verschnaufpause zu gönnen. Besonders gut tut Bewegung an der frischen Luft.
- Die Nerven mit Nahrung versorgen: Eine ausgewogene Ernährung mit stimmungsaufhellenden Inhaltsstoffen kann helfen, Anspannung und Ärger zu reduzieren.
- Warnzeichen ernst nehmen: Wer seinen Körper gut kennt, kann erste Anzeichen von Überforderung rechtzeitig wahrnehmen und ernst nehmen. Ein gesunder Lebensstil bildet dabei die Basis: Regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung sowie bewusste Entspannungstechniken helfen dabei, die innere Balance zu erhalten.
- "Nein" sagen lernen: Nicht jede zusätzliche Aufgabe muss übernommen werden, vor allem dann nicht, wenn sie unnötigen Druck erzeugt.
- Selbstfürsorge: Regelmäßige Pausen und echte Erholungszeiten sind keine Schwäche, sondern Voraussetzung für Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.
Pflanzliche und unterstützende Mittel
In vielen Fällen können zusätzlich pflanzliche Arzneimittel sowie bestimmte Vitamine und Mineralstoffe sinnvoll sein, um wieder zu Kräften zu kommen.
- Johanniskraut: Hilft gegen depressive Verstimmungen und in belastenden Situationen.
- Baldrian, Hopfen und Melisse: Wirken schlaffördernd und beruhigend.
- Passionsblume und Lavendel: Wirken vor allem angstlösend, beruhigend und entspannend und lindern nervöse Reizbarkeit.
- Rosenwurz: Die Heilpflanze ist vor allem in Skandinavien und Russland bekannt.
Eine sinnvolle Kombination bestimmter Mikronährstoffe hilft dem Körper, neue Energie zu schöpfen und Belastungen besser auszuhalten. So tragen zum Beispiel Vitamin C, Vitamin E, Selen und Zink dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen und die körpereigene Immunabwehr zu stärken. Auch Magnesium spielt in zahlreichen Stoffwechselprozessen eine Rolle. Es ist nötig, damit Nerven-, Herz- und Muskelzellen optimal arbeiten. Die B-Vitamine, vor allem Vitamin B12, spielen bei erhöhter Belastung und Stress eine große Rolle für die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Da sie „Hand in Hand“ arbeiten, sollten sie am besten als Vitamin-B-Komplex eingenommen werden.