Die Alzheimer-Krankheit, eine der häufigsten Ursachen für Demenz, betrifft Millionen von Menschen weltweit. Charakteristisch für diese neurodegenerative Erkrankung sind Gedächtnisverlust, Orientierungsprobleme und Sprachstörungen. Bisher ist Alzheimer nicht heilbar, aber die Forschung arbeitet intensiv daran, den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen und neue Therapieansätze zu entwickeln.
Was ist Alzheimer?
Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 50 Prozent aller Demenzerkrankungen aus. Sie entsteht, wenn sich Gehirnzellen selbst vergiften. Ein Schlüsselrolle spielt dabei das Eiweiß Beta-Amyloid, das vermehrt produziert und nicht mehr abtransportiert wird. Es lagert sich in den Zellen ab und führt zu Entzündungsreaktionen, die die Gehirnzellen schädigen. Nach und nach sterben Nervenzellen im Gehirn ab, was als Nervenzelltod bezeichnet wird.
Aktuelle Forschung und Therapieansätze
Medikamentöse Behandlungen
Bisher zielen zugelassene Medikamente in Europa auf die Behandlung der Symptome ab, nicht aber auf die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs. Allerdings gibt es vielversprechende Forschungsansätze: In den vergangenen Jahren wurden Studien zu Medikamenten durchgeführt, die an der Ursache von Alzheimer ansetzen und die schädigenden Eiweißablagerungen im Gehirn abbauen sollen. Diese Studien zeigten, dass der Prozess grundsätzlich funktioniert, allerdings sind Effekte nur in frühen Krankheitsstadien zu erwarten.
Ein Beispiel für einen solchen Therapieansatz ist der Antikörper Lecanemab (Handelsname Leqembi), der in den USA und Europa zugelassen wurde. Lecanemab erkennt und bindet gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab bzw. verhindert die Bildung neuer Plaques. Lecanemab kann Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf aufhalten, sondern soll den geistigen Abbau im frühen Krankheitsstadium verlangsamen.
In der großen Phase-3-Studie CLARITY AD zeigte sich, dass die Erkrankung bei den Teilnehmenden, die Lecanemab erhielten, langsamer fortschritt als in der Placebo-Gruppe. Allerdings ist die Wirkung von Leqembi moderat und es ist fraglich, inwieweit die Wirkung für an Alzheimer erkrankte Menschen spürbar ist. Die Studie hat jedoch gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit der Dauer der Einnahme zunimmt.
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Teilnahme an Alzheimer-Studien
Am Klinikum Bayreuth GmbH läuft eine europaweite Bestätigungsstudie für ein neuartiges Alzheimer-Medikament. Diese Studie soll klären, ob die Wirkung des Medikaments durch eine erhöhte Dosierung verbessert werden kann. Prof. Dr. Patrick Oschmann und sein Team suchen noch bis zum Jahresende Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer.
Wer kann an der Alzheimer-Studie teilnehmen?
- Betroffene müssen zwischen 60 und 85 Jahren alt sein.
- Die Alzheimer-Erkrankung muss sich in einem frühen Stadium befinden.
- Es sollen leichte kognitive Einschränkungen spürbar sein, der Alltag muss aber noch weitestgehend alleine bewältigt werden können.
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer brauchen eine engagierte Angehörige oder einen engagierten Angehörigen, der bereit ist, die Studienteilnahme zu betreuen und zu unterstützen.
Eine Studienteilnahme ist nicht möglich, wenn bestimmte Vorerkrankungen oder Medikamenteneinnahmen vorliegen. Interessierte können weitere Kriterien direkt mit den Mitarbeitern im Studienzentrum der Klinik für Neurologie besprechen.
Wie läuft die Studie ab?
Im Vorfeld einer möglichen Studienteilname sind verschiedene diagnostische Untersuchungen notwendig, um die Eignung für eine Teilnahme an der Studie zu überprüfen. Während des Behandlungszeitraums erhalten zwei Drittel der ausgewählten Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer zwei Jahre lang das Medikament in vierwöchigem Rhythmus als Infusion. Ein Drittel erhält ein Placebo. Während dieser zwei Jahre findet eine engmaschige Betreuung mit umfangreicher Dokumentation statt. An den Behandlungszeitraum schließt sich noch einmal eine 18-wöchige Nachbeobachtungsphase an.
Prävention und Lebensstil
Neben medikamentösen Behandlungen und Studien gibt es auch Möglichkeiten, das Risiko für Alzheimer zu senken. Lebensstilfaktoren wie eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf spielen eine wichtige Rolle. Auch das Trainieren des Gehirns, beispielsweise durch das Erlernen einer neuen Sprache, kann dessen Reserven stärken.
Eine Studie der Alzheimerforscher Marcus Grimm und Tobias Hartmann hat eine Wechselwirkung im Fettstoffwechsel des Körpers aufgezeigt, die eine wichtige Rolle bei der Erkrankung spielen könnte. Sie fanden heraus, dass die Produktion des Eiweißes Beta-Amyloid die Menge von bestimmten Fetten, vor allem der sogenannten Sulfatide, beeinflusst und auch umgekehrt: dass die Menge an Sulfatiden wiederum die Menge dieses Eiweißes beeinflusst. Faktoren wie Rauchen können die Sulfatidspiegel negativ beeinflussen, während eine ausreichende Versorgung mit Vitamin K oder der Verzehr mancher Meeresfrüchte sich positiv auswirken können.
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Frühzeitige Diagnose
Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um von neuen Therapieansätzen profitieren zu können. Die neuen Medikamente am Horizont sind zur Behandlung von Menschen mit einer frühen symptomatischen Alzheimer-Krankheit entwickelt worden. Die Betroffenen können nur profitieren, wenn sie frühzeitig über ihre Krankheit Bescheid wissen.
Es gibt verschiedene Diagnoseverfahren, darunter bildgebende Verfahren wie PET-Scans und Untersuchungen des Nervenwassers. Inzwischen gibt es auch Bluttests, die Hinweise auf Alzheimer liefern können. Die neue S3-Leitlinie Demenz zeigt den Weg auf von einer klinischen Verdachtsdiagnostik hin zu einer klinischen und Biomarker-gestützten Diagnostik. Damit lässt sich eine Diagnose bereits im Stadium der leichten kognitiven Störung stellen, wenn die Symptome noch nicht stark ausgeprägt sind.
Die Rolle der Genetik
Genetische Faktoren können die Entwicklung von Demenz begünstigen. Sind Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder) betroffen, erhöht sich das Risiko. Allerdings ist nur etwa ein Prozent der Alzheimer-Fälle erblich bedingt.
Vor dem Beginn der Behandlung mit Leqembi wird beispielsweise geprüft, ob die Patientin oder der Patient das so genannte ApoE4-Gen besitzt. Menschen mit einer doppelten Kopie dieses Gens (ApoE4-Homozygote) haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen und können deshalb nicht mit Leqembi behandelt werden.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Die Alzheimer-Forschung steht vor großen Herausforderungen. Die komplexen Vorgänge im Gehirn sind noch nicht vollständig verstanden. Es gibt viele verschiedene Faktoren, die zur Entstehung von Alzheimer beitragen können, und es ist unwahrscheinlich, dass es eine "Wunderpille" geben wird, die die Krankheit heilen kann.
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Dennoch gibt es Grund zur Hoffnung. Die Forschung macht Fortschritte und es werden immer neue Therapieansätze entwickelt. In den kommenden Jahren wird es vorrangig darum gehen, herauszufinden, in welchen Fällen die Medikamente anschlagen und in welchen nicht - und wie sich die Medikamente verändern lassen, um auch bei anderen Patientengruppen ähnliche Erfolge zu erzielen.