Gunther von Hagens: Leben und Werk im Schatten von Parkinson

Gunther von Hagens, der als Plastinator mit seinen "Körperwelten" weltweit für Aufsehen sorgte, lebt seit einigen Jahren mit der Diagnose Parkinson. Die Krankheit, die sein Leben und seine Arbeit stark beeinflusst, wirft ein neues Licht auf den Mann, der sich zeitlebens mit dem Tod auseinandergesetzt hat.

Die Parkinson-Erkrankung und ihre Auswirkungen

Seit vier Jahren leidet Gunther von Hagens an Parkinson, einer unheilbaren neurologischen Erkrankung, die das Nervensystem angreift und die Bewegungsfähigkeit stark einschränkt. Die Symptome sind vielfältig und umfassen Muskelzittern, Muskelstarre und verlangsamte Bewegungen. Auch das Sprechen fällt von Hagens zunehmend schwerer.

In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung beschrieb von Hagens seine Situation eindrücklich: "Meine Krankheit frisst mich auf. Ich kann mir nicht mal mehr selbst die Schuhe zubinden. Ich zittere, sabbere. Das Sprechen fällt mir immer schwerer."

Die Krankheit hat dazu geführt, dass sich von Hagens weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. Sein früheres Arbeitspensum kann er längst nicht mehr bewältigen und ist auf die Hilfe anderer angewiesen.

Mögliche Ursachen: Kunststoffversuche ohne Atemschutz

Paradoxerweise könnte von Hagens' eigene Arbeit zu seinem Zustand beigetragen haben. Er vermutet, dass jahrelange Kunststoffversuche ohne ausreichenden Atemschutz die Entstehung von Parkinson begünstigt haben könnten: "Es besteht kein Zweifel daran, dass bestimmte Chemikalien die Entstehung von Parkinson fördern. Leider habe ich damals zu wenig auf Atemschutz geachtet."

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Unterstützung durch Familie und Pfleger

In dieser schwierigen Zeit erhält von Hagens Unterstützung von seiner Frau Angelina und seinem Sohn Rurik. Da diese jedoch viel reisen, um die Ausstellungen zu begleiten, ist er auch auf die Hilfe von Pflegepersonal angewiesen. Trotzdem fühlt er sich oft einsam und weint viel. Ein Hund spendet ihm Trost.

Auseinandersetzung mit dem Tod

Gunther von Hagens hat sich sein Leben lang mit dem Tod auseinandergesetzt. Seine "Körperwelten"-Ausstellungen, die plastinierte Leichen in verschiedenen Posen zeigen, haben weltweit Kontroversen ausgelöst. Für ihn ist der Tod jedoch ein selbstverständlicher Teil des Lebens geworden: "Der Tod wird selbstverständlicher, weil man ihn während der Arbeit an Toten unzählige Male gedanklich vorweggenommen hat."

Letzter Wunsch: Plastination des eigenen Körpers

Auch was nach seinem Tod geschehen soll, hat von Hagens bereits entschieden: Er möchte, dass sein Körper plastiniert wird. Seine Frau soll die Plastination durchführen, sein Sohn soll dabei sein. Er möchte als Ganzkörperplastinat in seiner Dauerausstellung im brandenburgischen Guben zu sehen sein. Alternativ zieht er in Betracht, in bis zu 600 Körperscheiben plastiniert und in aller Welt verstreut zu werden.

Demokratisierung der Anatomie und gesundheitliche Aufklärung

Von Hagens sieht sich als gesundheitlicher Aufklärer und Verfechter der "Demokratisierung der Anatomie". Er möchte die Lehre vom Aufbau des Körpers für die Allgemeinheit zugänglich machen. Seine Ausstellungen sollen die Besucher dazu anregen, über ihre eigene Lebensweise nachzudenken und achtsamer mit ihrem Körper umzugehen. So stellt er beispielsweise eine dunkle Raucherlunge einer hellen Nichtraucherlunge gegenüber, um die gesundheitlichen Folgen des Rauchens zu verdeutlichen.

Kritik und Kontroversen

Die "Körperwelten"-Ausstellungen von Gunther von Hagens sind nicht unumstritten. Kritiker werfen ihm Leichenfledderei, Voyeurismus und eine Störung der Totenruhe vor. Von Hagens weist diese Vorwürfe jedoch zurück. Er betont, dass er die Würde des Menschen achtet und dass seine Ausstellungen der wissenschaftlichen Aufklärung dienen.

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Der Philosoph Franz Josef Wetz sieht den Grund für die deutschen Kontroversen über die "Körperwelten" darin, dass Deutschland eine sehr aufgeregte und sehr prinzipielle Nation sei, die sich mit neuen ungewohnten Umweltreizen erst einmal schwer tue. Die Anatomie bewege sich im Grenzbereich zwischen Leben und Tod und werfe Fragen auf, die die Gemüter erhitzten.

Das Plastinarium in Guben

Im brandenburgischen Guben betreibt Gunther von Hagens das Plastinarium, das größte Plastinationszentrum weltweit. In einer ehemaligen Tuchfabrik stellen 46 Mitarbeiter Plastinate für universitäre Zwecke her. Die massenweise Herstellung der Plastinate hat in der Öffentlichkeit Fragen aufgeworfen, ob es für alle Körperspenden auch zu Lebzeiten die Einwilligung zur Plastination gibt. Von Hagens und seine Frau Angelina Whalley bejahen dies und verweisen auf die 19.000 Körperspender, die sich notariell haben registrieren lassen.

Ein Leben zwischen Wissenschaft, Kunst und Kontroverse

Gunther von Hagens wurde am 10. Januar 1945 in dem von den Nazis besetzten Polen geboren. Er wuchs als glühender Kommunist in Thüringen auf, versuchte aber nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 aus der DDR zu fliehen. Nach seiner Inhaftierung wurde er 1970 von der BRD freigekauft. Weitere Stationen seines beruflichen Werdegangs waren Lübeck, Helgoland, Heidelberg, das chinesische Dalian und New York.

Von Hagens ist Überzeugungstäter und hat sich weder von Rechtsstreitigkeiten noch von Kirchenleuten und Politikern einschüchtern lassen. Er sieht sich als Grenzgänger und intellektuellen Abenteurer, der immer wieder neue Wege geht und die Grenzen des Gewohnten in Frage stellt.

Die Zukunftspläne

Trotz seiner Parkinson-Erkrankung arbeitet Gunther von Hagens weiter an seinem Lebenswerk. Er möchte die "Easy Plastination" finalisieren, eine Methode, die schneller, billiger und ohne Gefahrstoffe auskommt. Außerdem plant er die Eröffnung eines dauerhaften "Körperwelten"-Museums am Berliner Fernsehturm.

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