Wachkoma nach Schlaganfall: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Ein Wachkoma nach einem Schlaganfall ist ein komplexer und belastender Zustand, der sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen viele Fragen aufwirft. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnosemethoden und Behandlungsansätze im Zusammenhang mit dem Wachkoma nach einem Schlaganfall.

Was ist ein Wachkoma?

Das Wachkoma, in der neueren Literatur auch als "persistierender vegetativer Zustand" oder einfach als "vegetativer Zustand" bezeichnet, ist definiert als ein Zustand mit vollständigem Verlust des Bewusstseins über sich selbst und die Umwelt. Betroffene haben keine kognitiven Funktionen und können weder aktiv noch passiv mit ihrer Umwelt in Kontakt treten. Anders als beim Koma liegt der Patient beim Wachkoma wach im Bett, wobei der Blick meist starr ist und unfixiert ins Leere geht. Einen Blickkontakt zum Patienten aufzubauen, ist nicht möglich.

Abgrenzung zum Locked-In-Syndrom

Es ist wichtig, das Wachkoma vom Locked-In-Syndrom (LIS) abzugrenzen. Beim LIS ist der Patient bei vollem Bewusstsein, kann uneingeschränkt sehen und hören, sich aber nicht bewegen und nicht sprechen. Er ist "gefangen im eigenen Körper". Im Gegensatz zum Wachkoma haben LIS-Patienten eine Kommunikationsfähigkeit, wenn auch oft eingeschränkt auf Augenbewegungen oder spezielle Technologien wie Brain-Computer-Interfaces (BCI).

Ursachen des Wachkomas nach Schlaganfall

Grundlage des APS ist eine schwere Hirnschädigung, bei der die Funktion des Großhirns erloschen ist, die Funktion des Hirnstamms, des Zwischenhirns und des Rückenmarks aber erhalten bleibt. Die zerebrale Funktionsstörung kann auftreten nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma, als Folge eines Schlaganfalls oder einer entzündlichen Hirnerkrankung wie der Meningitis oder der Enzephalitis, als Folge eines Hirntumors oder nach schwerer Hirnischämie, zum Beispiel im Rahmen einer Reanimation. Auch eine massive anhaltende Hypoglykämie als Folge eines Suizidversuchs mit Insulin kann ein Wachkoma verursachen.

Ein Schlaganfall, insbesondere ein ausgedehnter Schlaganfall, kann zu einem Koma führen. Die Wahrscheinlichkeit, das Bewusstsein wiederzuerlangen, betrug nach einem Schädel-Hirn-Trauma in einer Untersuchung an 603 Erwachsenen nach einem Monat 42 Prozent, nach 3 Monaten 27 Prozent und nach 6 Monaten 12 Prozent.

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Es wird diskutiert, dass durch die Hirnschädigung eine Entkopplung der Großhirnrinde vom übrigen Gehirn erfolgt, wobei vor allem die vom Hirnstamm gesteuerten vegetativen Funktionen, wie die Atmung und die Temperatur- sowie Herzkreislaufregulation, weitgehend unbeeinträchtigt bleiben. Angenommen wird ferner, dass auch die Schmerzreflexe bestehen bleiben, wenngleich zielgerichtete Muskelbewegungen offenbar nicht mehr möglich sind. Zudem ist die Sensorik, also die differenzierte Empfindungsfähigkeit, ebenso gestört wie die Verarbeitung von Sinnesreizen über die kognitive Funktion.

Diagnose des Wachkomas

Die Diagnose des Wachkomas basiert auf klinischen Kriterien, die von der Multi-Society-Taskforce on PVS 1994 definiert wurden. Diese Merkmale helfen, ein apallisches Syndrom als eindeutige Diagnose zu stellen. Dazu gehören:

  • Vollständiger Verlust des Bewusstseins über sich selbst und die Umwelt
  • Verlust der Fähigkeit zu kommunizieren
  • Verlust der Fähigkeit zu willkürlichen und sinnvollen Verhaltensänderungen infolge einer externen Stimulation
  • Verlust von Sprechfähigkeit und Sprachverständnis

Studien zufolge erweisen sich bis zu 40 % der Wachkoma-Diagnosen als falsch.

Differentialdiagnose

Es ist wichtig, andere Zustände mit ähnlichen Symptomen auszuschließen, wie z.B. das Locked-In-Syndrom oder das Koma. Das Koma stellt generell eine schwere Bewusstseinsstörung dar. Es ist Ausdruck einer Störung der Großhirnfunktion und die Prognose ist abhängig von der Ursache der Störung, wobei das Koma prinzipiell als lebensbedrohlicher Zustand anzusehen ist. Anhand klinischer Gesichtpunkte und vor allem anhand der Reaktionen auf Reize lässt sich die Komatiefe bestimmen, wobei vier Schweregrade unterschieden werden.

Behandlung des Wachkomas

Wie beim LIS, so gibt es auch beim Wachkoma keinen kausal orientierten Behandlungsansatz. Die Patienten müssen in aller Regel künstlich ernährt werden, was über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) geschieht. Durch diese Maßnahme wird der Patient praktisch am Leben erhalten. Es gibt immer wieder spektakuläre und öffentlich viel diskutierte Fälle, in denen es darum geht, ob es ethisch vertretbar ist, die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr einzustellen und damit den Patienten regelrecht verhungern und verdursten zu lassen, um ihm das Sterben zu ermöglichen.

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Bei der Behandlung des Wachkomas stehen neben dem Erhalt der Vitalfunktionen wie beim LIS die Physiotherapie und die Logopädie im Vordergrund. Häufig werden zusätzlich Musiktherapeuten hinzugezogen, da das Gehör der Sinn ist, der üblicherweise am längsten erhalten bleibt.

Nachdem sichergestellt ist, dass keine Lebensgefahr mehr besteht, schließt sich die Frührehabilitation der Stufe B an. Die Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärztinnen, Physiotherapeutinnen, Logopädinnen, Musiktherapeutinnen und dem Pflegepersonal, wird die Behandlung jedes Einzelnen individuell durchgeführt. Dabei wird die Verfassung, in der sich der apallische Klient befindet, berücksichtigt. Schon in der Frühphase werden passive gymnastische Übungen durchgeführt. Diese Maßnahmen verhindern, dass Gelenke versteifen und die Muskeln sich verkrampfen und verkürzen. Durch die Bewegungen wird auch die Lunge belüftet und kann eine Lungenentzündung abwehren. Bei Wachkomapatienten sind stimulierende Reize enorm wichtig, um in das tiefe Bewusstsein zu gelangen. Teil der Therapie ist die basale und taktile Stimulation durch Streicheln, Berühren verschiedener Stoffe, Plüschtiere und leichte Massagen. Die Haut ist das größte Sinnesorgan und kann die taktilen Reize zum Hirn übermitteln. Zudem sind Musik und Sprache von Bedeutung. Es können Erzählungen aus früheren Zeiten tief ins Bewusstsein dringen und die Aufwachphase eventuell beschleunigen. Die Rehabilitation bezeichnet eine Sozialleistung zur Wiedereingliederung einer kranken, körperlich oder geistig behinderten oder von Behinderung bedrohten Person in das berufliche und gesellschaftliche Leben. Mithilfe der Reha-Maßnahmen wird dem/der Klienten/Klientin ein selbstständiges Alltagsleben ermöglicht. Der pflegerische Bedarf ist immer noch hoch. In ausgesuchten Einrichtungen oder bei einer ambulanten Reha wird mit der eigentlichen medizinischen Reha begonnen. Ziele sind die Selbstversorgung im Alltag und die berufliche Wiedereingliederung.

Ethische Aspekte

Wie beim LIS, so gibt es auch beim Wachkoma keinen kausal orientierten Behandlungsansatz. Die Patienten müssen in aller Regel künstlich ernährt werden, was über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) geschieht. Durch diese Maßnahme wird der Patient praktisch am Leben erhalten. Es gibt immer wieder spektakuläre und öffentlich viel diskutierte Fälle, in denen es darum geht, ob es ethisch vertretbar ist, die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr einzustellen und damit den Patienten regelrecht verhungern und verdursten zu lassen, um ihm das Sterben zu ermöglichen.

Prognose des Wachkomas

Klare Parameter, anhand deren sich die Prognose von Patienten im Wachkoma abschätzen lässt, gibt es nicht. Je länger die Störung besteht, umso geringer sind die Chancen, dass sich das klinische Bild bessert, wobei auch dann eine vollständige Restitution eher selten erfolgt.

Die Prognose ist abhängig von den neurologischen und psychopathologischen Defiziten und von den Ursachen des APS. Sie ist etwas besser bei Kindern und jungen Erwachsenen gegenüber älteren Menschen und bei traumatischen Ursachen gegenüber einer nicht traumatischen ZNS-Läsion. Eine relevante klinische Besserung gilt dabei als höchst unwahrscheinlich, wenn sie sich bei nicht traumatisch bedingtem Wachkoma nicht innerhalb von drei bis sechs Monaten und bei einem posttraumatischen APS nicht innerhalb von sechs bis zwölf Monaten einstellt.

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Andererseits gibt es immer wieder vereinzelte Fallberichte, bei denen sich nach Jahren eine überraschende Besserung ergeben hat und der Patient wieder zu Bewusstsein gekommen ist. So wird der Fall einer jungen Patientin berichtet, die nach zweieinhalb Jahren aus dem Wachkoma erwachte und sich über einen Verlauf von sechs Jahren soweit erholte, dass wieder die Möglichkeit einer Kommunikation bestand und die Betroffene Interesse an ihrer Umgebung zeigte.

Nach schwerwiegenden Hirnschädigungen ist die Prognose für Klientinnen im Wachkoma nicht sehr ermutigend. Nach Schätzungen erholen sich nicht alle aus der akuten Entwicklungsstufe. Die Statistik besagt, dass weniger als 50% der Apalliker innerhalb eines Jahres erwachen. Maßgeblich von dieser Prognose betroffen sind Wachkomaklientinnen, die infolge von Sauerstoffmangel oder einer traumatischen Hirnschädigung eine Minderdurchblutung des Gehirns davongetragen haben. Sollten sich die Gehirnaktivitäten wider Erwarten verbessern oder Apalliker aus dem Wachkoma aufwachen, werden sie stets auf Hilfe angewiesen sein.

Umgang mit Wachkoma-Patienten

Auch wenn die Kommunikation fehlt, ist es sinnvoll, dass alle behandelnden Personen eine Beziehung aufbauen. Die Versorgung und Pflege übernehmen häufig die Angehörigen in der häuslichen Umgebung. Damit ist die Familie ohne Hilfe von außen schnell überfordert.

Immer mehr Ärztinnen, Wissenschaftlerinnen und besonders Angehörige stellen sich die Frage, wie Menschen im Wachkoma reagieren und die Umwelt wahrnehmen. Prof. Dr. Andreas Zieger, Neurochirurg im evangelischen Krankenhaus Oldenburg, hat durch Messungen der Hirnströme Belege, dass Wachkomapatienten durchaus in der Lage sind, etwas zu spüren. Durch taktile Reize oder freundliche Zuwendungen verändern sich die Herzfrequenz, Atmung und Blutdruck. Das kann sowohl zeitgleich als auch zeitversetzt auftreten. Es ist immer angebracht, komatösen Menschen mit geöffneten Augen und ohne Reaktion, respektvoll, mit Freundlichkeit und Zuwendung zu begegnen und sie zu unterstützen.

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