Warum schrumpft das Gehirn im Alter? Ursachen und Auswirkungen

Im Laufe des Lebens verändert sich der menschliche Körper stetig. Auch das Gehirn, unser komplexestes Organ, unterliegt diesem natürlichen Alterungsprozess. Einer der auffälligsten Aspekte dieser Entwicklung ist die Verringerung des Gehirnvolumens, auch bekannt als Hirnschrumpfung. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Folgen dieser Schrumpfung und gibt Einblicke, wie man den Alterungsprozess des Gehirns positiv beeinflussen kann.

Das alternde Gehirn: Ein normaler Prozess?

Es gehört zum natürlichen Alterungsprozess, dass die Gehirnmasse allmählich schwindet. Das Gehirn erreicht etwa bis zum 12. Lebensjahr seine maximale Größe, bevor es sich allmählich wieder ausdünnt. Üblicherweise verliert das Gehirn ab dem 60. Geburtstag pro Jahr 0,5 Prozent seiner Masse. Bei Senioren mit einer Vorstufe von Alzheimer und anderen Demenz-Typen (MCI) schreitet der Gehirnverlust doppelt so schnell voran, während die Gehirne von Alzheimerpatienten mit einer Geschwindigkeit von 2,5 Prozent pro Jahr schrumpfen.

Mit dem Altern verändern sich auch unsere Konzentrations- und Merkfähigkeit, da mit der Zeit viele Nervenzellen absterben. Ab dem 20. Lebensjahr gehen täglich mindestens 1.000 Nervenzellen zugrunde. Aufgrund der großen Menge an vorhandenen Nervenzellen und Netzwerken ist es dennoch möglich, bis ins hohe Alter eine gute Gehirnleistung zu haben. Das Gehirn kann schwächer werdende Hirnregionen sehr lange ausgleichen.

Betroffene Hirnareale

Betroffen von dem Verlust an Hirnsubstanz sind vor allem der präfrontale Cortex und der Hippocampus, die für exekutive Funktionen und das Langzeitgedächtnis unerlässlich sind. Der präfrontale Cortex ist ein Spätzünder und lässt sich mit der Entwicklung noch bis Mitte 20 Zeit. Laut den norwegischen Psychologen Anders Fjell und Kristine Walhovd von der University of Oslo sind nämlich genau die Hirnregionen als erste von der normalen Alterung betroffen, die sich als letzte entwickeln. Die weißen Hirnsubstanz gewinnt etwa bis zum Alter von etwa 40 bis 50 Jahren an Volumen, dann schrumpft auch sie wieder. Unter dem Substanzverlust leidet möglicherweise die mentale Verarbeitungsgeschwindigkeit, da die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnarealen in ihrer Effizienz nachlässt.

Ursachen der Hirnschrumpfung

Die Ursachen für den Schwund an Hirnmasse sind vielfältig und komplex. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen, umweltbedingten und lebensstilbedingten Faktoren eine Rolle spielt.

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  • Veränderungen von Nervenzellen: Im Alter finden sich vermehrt Ansammlungen von Tau-Proteinen, die möglicherweise für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich sind. Auch die Dichte an Synapsen vermindert sich mit dem Alter, insbesondere der Verlust von dendritischen Dornen, Ausstülpungen von Nervenfortsätzen.
  • Schrumpfung von Nervenfortsätzen: Bei der weißen Substanz nimmt die Menge der mit Myelin umhüllten Nervenfasern ab. So stieß beispielsweise ein Team um die Neurowissenschaftlerin Lisbeth Marner von der University of Copenhagen 2003 auf beeindruckende Zahlen: Betrug die Gesamtlänge myelinisierter Fasern bei Frauen im Alter von 20 Jahren noch durchschnittlich 149.000 Kilometer, war sie im Alter von 80 Jahren auf nur noch 82.000 Kilometer geschrumpft.
  • Verlust von synaptischen Verbindungen: Die Abnahme der synaptischen Dichte führt zu einer reduzierten Kommunikation zwischen den Nervenzellen.
  • Neurodegenerative Erkrankungen: Neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit, die Parkinson-Krankheit und die Huntington-Krankheit können zu einer beschleunigten Hirnschrumpfung führen. Bei der Alzheimer-Krankheit sterben nach und nach Nervenzellen im Gehirn ab, was zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten führt. Ein Protein namens Amyloid-beta (Aß) sammelt sich im Gehirn von Menschen mit Alzheimer übermäßig an und bildet kleinere, giftige Klumpen (Oligomere) und riesige Zusammenlagerungen (Plaques).
  • Hormonelle Veränderungen: Studien haben gezeigt, dass hohe Cortisolwerte im Serum mit einem verringerten Großhirnvolumen, insbesondere in den Parietal- und Frontallappen, verbunden sind.

Die Rolle von Gliazellen

Neben den Nervenzellen spielen auch die Gliazellen eine wichtige Rolle für die Gesundheit und Funktion des Gehirns. Aufgabe der Gliazellen ist es, die Nervenzellen im Gehirn zu schützen und zu unterstützen, damit die Signalübertragung reibungslos funktioniert. Mikrogliazellen sorgen dafür, dass schädliche Substanzen wie Krankheitserreger zerstört und abtransportiert werden, während Astrozyten das Gehirn mit Nährstoffen versorgen, die Flüssigkeitszufuhr regulieren und bei der Regeneration des Zellgewebes nach Verletzungen helfen. Astrozyten stehen im Verdacht, an der Verbreitung der giftigen Amyloid-beta-Oligomere und Tau-Fibrillen beteiligt zu sein.

Die Auswirkungen der Hirnschrumpfung

Die Hirnschrumpfung kann sich auf verschiedene kognitive Funktionen auswirken, darunter:

  • Gedächtnis: Ein typisches Frühsymptom sind Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis. Mit dem Alter leidet besonders das episodische Gedächtnis, das die Langzeiterinnerungen speichert.
  • Aufmerksamkeit: Konzentrieren und Erinnern fallen dann zunehmend schwer.
  • Exekutive Funktionen: Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, Dinge zu planen und zu organisieren.
  • Mentale Verarbeitungsgeschwindigkeit: Die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnarealen lässt in ihrer Effizienz nach.

Kann man die Hirnschrumpfung aufhalten?

Obwohl die Hirnschrumpfung ein natürlicher Alterungsprozess ist, gibt es Möglichkeiten, den Abbau zu verlangsamen und die geistige Leistungsfähigkeit im Alter zu erhalten.

Lebensstilfaktoren

  • Körperliche Aktivität: Sport tut generell dem Denkorgan gut. Tanzen kann die Plastizität des Hippocampus fördern und das Gleichgewichtsvermögen verbessern. Spazierengehen, Laufen, Radfahren, sogar Putzen: Bewegung macht gute Laune, senkt Stress, beugt Erkrankungen vor und hilft beim Denken.
  • Geistige Aktivität: Wer spielt, hat Grund zur Zuversicht. Gesellschaftsspiele jeder Art können geistigen Verfall hinauszögern. Auch das Arbeiten mit dem Computer fordert das alternde Denkorgan heraus.
  • Ernährung: Vitamin B könnte eine wirksame und preiswerte Waffe gegen Altersdemenz sein. In hoher Dosierung halbierte es in einer Studie die Geschwindigkeit der altersbedingten Schrumpfung des Gehirns.
  • Soziale Interaktion: Ein ausgeprägtes soziales Netzwerk kann gerade im höheren Alter dem kognitiven Abbau entgegenwirken.
  • Stressbewältigung: Stresshormone wie Kortisol können langfristig das Gedächtnis beeinträchtigen.

Weitere Strategien

  • Achtsamkeitstraining: Achtsamkeitstraining kann das Wachstum von grauen Zellen stimulieren.
  • Gehirntraining: Regelmäßiges Gehirntraining kann die Myelinisierung von Strukturen, die mit dem Arbeitsgedächtnis in Verbindung stehen, erhöhen.

Kognitive Reserve

Menschen mit höherer Bildung haben ein etwas größeres Gehirn und mehr kognitive Fähigkeiten: die sogenannte "kognitive Reserve". Das Wissen wird im Gehirn repräsentiert durch eine größere Zahl an Verbindungen. Wenn die Gehirne schrumpfen, beginnt das Gehirn, das mehr Bildung genossen hat, mit einer größeren Zahl von Verbindungen, mit einem robusteren Netzwerk.

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