Idiopathische Epilepsie: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Wenn jemand einen Schrei ausstößt, bewusstlos zu Boden geht und sich dann der ganze Körper verkrampft und zuckt, denken die meisten Menschen sofort an eine Epilepsie. Jedoch entspricht dieses weit verbreitete Bild nur einer ganz bestimmten Anfallsform, nämlich dem Grand-mal-Anfall. Und diese Form ist vergleichsweise selten. Die typische Absence-Epilepsie etwa äußert sich mitunter dadurch, dass Betroffene für wenige Sekunden ihre aktuelle Tätigkeit unterbrechen, starr in die Luft gucken und dann wieder ganz normal mit ihrer vorherigen Aktivität fortfahren. Meistens können Betroffene selbst sich gar nicht an die kurze Absence erinnern. Diese Form der Epilepsie ist übrigens typisch für Kinder, weshalb sie oft als Träumerei oder Unkonzentriertheit fehlinterpretiert wird („Hans-guck-in-die-Luft“). Auch Schweißausbrüche, Halluzinationen, ein aufsteigendes Unwohlsein in der Magengegend und Herzrasen können Symptome epileptischer Anfälle sein.

Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Studien zufolge leiden 5 bis 9 von 1.000 Menschen in den Industrieländern an einer Epilepsie. Die Neuerkrankungsrate pro Jahr liegt bei 40-70 von 100.000 Menschen. Dabei tritt der erste Anfall meist bei jungen Menschen oder bei Personen ab einem Alter von 50-60 Jahren auf. Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer Epilepsie zu erkranken, liegt bei 3-4 Prozent.

Was ist idiopathische Epilepsie?

Die moderne Medizin gibt dem Ganzen den Namen „idiopathische Epilepsie“. Was möchte Ihnen Ihr Arzt damit sagen?

Epilepsie umfasst eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die aufgrund einer Überaktivität der Nervenzellen im Gehirn auftreten. Wenn Nervenzellen übermäßig aktiv sind, können sie anfallsartige Funktionsstörungen auslösen. Die übermäßige Aktivität der Neuronen kann zu diversen Störungen führen und sich mitunter auch als typischer motorischer Krampfanfall äußern. Das muss aber nicht so sein. Manche Anfälle werden sowohl von Patientinnen und Patienten als auch Angehörigen kaum wahrgenommen, während andere zu Bewusstlosigkeit, Muskelkrämpfen, Stürzen und Zittern führen können. Ebenso können Störungen des Geruchssinns, Halluzinationen, Wutausbrüche, Migräne und Übelkeit auftreten. Oder Patientinnen und Patienten springen plötzlich auf und werfen Stühle um oder rennen unkontrolliert umher, woran sie sich später nicht erinnern können. Es können also eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome und Anfallsformen auf eine Epilepsie hinweisen, was die Diagnose der Erkrankung deutlich erschwert. Sowohl die Dauer, als auch Form und Ausprägung der motorischen und nicht-motorischen Symptome können erheblich variieren. Manche Anfälle dauern nur wenige Sekunden, andere mehrere Minuten. Mal äußern sie sich durch das allseits bekannte Erscheinungsbild der verkrampfenden und zuckenden Muskulatur, andere wiederum äußern sich durch nicht-motorische Symptome. Die häufigste Anfallsform bei Erwachsenen sind komplex-fokale Anfälle, die mit Bewusstlosigkeit einhergehen.

Diagnose

Die diagnostischen Möglichkeiten der Schulmedizin konzentrieren sich auf die rein symptomatische Abklärung einer möglichen Epilepsie. Zu diesem Zwecke wird die Regelmäßigkeit der elektrischen Gehirnströme mittels EEG (Elektro-Enzephalogramm) überprüft oder das Gehirn bildhaft mittels MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) dargestellt. Ausgeschlossen werden somit Gehirn-Anomalien, wie Tumore oder Aneurysmen. Ein Energiemangel im Gehirn kann dadurch allerdings nicht verifiziert werden. Patienten mit Epilepsien zeigen in EEG-Verlaufskontrollen über die Jahre immer wieder langsame Theta- und/oder Delta-Wellen. Neurologen messen dem leider kaum Bedeutung zu. Sie seien unspezifisch.

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Ursachen

In vielen Fällen ist eine Form der Epilepsie schon früher in der Familie aufgetreten, was für eine erbliche Veranlagung spricht. In einigen Fällen kann man Veränderungen im Erbmaterial (Genmutation) erkennen.

Die häufigsten Ursachen sind die genetischen oder auch idiopathischen Epilepsieursachen. Genetisch bedingt haben manche Menschen eine stärkere Veranlagung zu epileptischen Anfällen als andere. Die Forschung geht heute davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind. Häufig sind die betroffenen Gene nicht bekannt, und es müssen bestimmte Gen-Konstellationen vorliegen, damit es zu einer Epilepsie kommt. Daher sind diese Epilepsie-Ursachen meist nicht vererbbar, auch wenn sie neuerdings als genetische Epilepsien bezeichnet werden.

Abgrenzung zu anderen Anfallsarten

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder einmalige Krampfanfall gleichbedeutend mit einer Epilepsie ist. Die ILAE definiert einmalige Anfälle als sogenannte akut symptomatische Anfälle (ASA). Sie stehen nicht direkt mit Epilepsie in Verbindung, sondern ähneln den epileptischen Anfällen nur. Die Ursachen sind hier jedoch andere. Sie treten in direktem Zusammenhang mit anderen Erkrankungen oder in akuten Krankheitssituationen auf, z. B. als Folge einer Unterzuckerung, Kopfverletzung, Vergiftung oder einer Hirnschädigung, sowie auch nach einem Schlaganfall und sind einmalige Ereignisse.

Der Begriff „Epilepsie“ beschreibt demnach das Auftreten oder das Risiko für das Auftreten mehrerer epileptischer Anfälle in bestimmten zeitlichen Abständen, während ein einmaliger epileptischer Anfall nicht zwangsläufig bedeutet, dass auch eine Epilepsie vorliegt, die mit Anfallssuppressiva behandelt werden muss.

Fokale vs. generalisierte Anfälle

Man unterscheidet fokale Anfälle mit Bewusstseinseinschränkung (früher auch komplex-fokal genannt) und fokale Anfälle ohne Bewusstseinseinschränkung (früher einfach fokale Anfälle). Im ersten Fall nimmt der Patient oder die Patientin den epileptischen Anfall nicht bewusst wahr und kann sich später an nichts erinnern. Bei Erwachsenen ist dies die am häufigsten beobachtete Anfallsform. Fokale epileptische Anfälle, vor allem solche mit Bewusstseinsstörung, können in einen sogenannten sekundär generalisierten Anfall (auch bilateral tonisch-klonischer Anfall) übergehen, der dann beide Gehirnhälften betrifft.

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Bei generalisierten Anfällen lässt sich keine bestimmte Hirnregion zuordnen, in der der epileptische Anfall entsteht. Während eines Anfalls kann die Ausbreitung unterschiedlich verlaufen und das gesamte Hirnareal betreffen.

Anfallsformen im Detail

  • Absencen: Es kommt zu einer plötzlichen Bewusstseinsstörung, sodass der Patient bzw. die Patientin seine oder ihre momentane Tätigkeit für die Dauer des Anfalls unterbricht. Die Betroffenen starren bei dieser Form eines epileptischen Anfalls oft ins Leere.
  • Myoklonischer Anfall: Verursacht keine Bewusstseinsstörungen, sondern äußert sich mit Muskelzuckungen.
  • Tonisch-klonischer Anfall (Grand-mal-Anfall): Die Symptome äußern sich meist in einem initialen Schrei des Betroffenen, gefolgt von einer Anspannung der Körpermuskulatur, die dann in Zuckungen des Körpers über geht. Ferner kommt es zu einem Bewusstseinsverlust, sodass sich der Patient bzw. die Patientin im Nachhinein nicht mehr an den Anfall erinnern kann.
  • Atonischer Anfall: Man verliert die Muskelkraft.

Umgang mit einem epileptischen Anfall

Die Symptome einer Epilepsie treten meist ganz plötzlich und unvermittelt auf, weshalb es entscheidend ist, dass Angehörige genau wissen, wie man schnell und präzise Erste Hilfe während eines Anfalls leistet.

Was tun bei einem großen generalisierten epileptischen Anfall?

  • Wählen Sie immer den Notruf 112 und rufen Sie professionelle Hilfe.
  • Sorgen Sie für Sicherheit, indem Sie z. B. gefährliche Gegenstände beiseite räumen.
  • Polstern Sie den Kopf des*r Betroffenen ab.
  • Nehmen Sie seine/ihre Brille ab.
  • Lockern Sie enge Kleidung am Hals, um die Atmung zu erleichtern.
  • Bitten Sie Menschen, die in der Situation nicht helfen können, weiterzugehen.
  • Bleiben Sie nach dem Anfall bei der Person und bieten Sie Ihre Unterstützung an.
  • Wenn die Person nach dem Anfall erschöpft ist und einschläft, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage.

Was Sie in keinem Fall tun sollten:

  • Dieden Betroffenen festhalten oder zu Boden drücken.
  • Der betroffenen Person etwas in den Mund schieben - auch wenn sie sich in die Zunge beißt.

Therapie der Epilepsie

Die Epilepsie gilt als eine der am besten zu behandelnden neurologischen Erkrankungen der Welt und bis zu zwei Drittel der Patientinnen und Patienten werden durch die medikamentöse Therapie mit Antikonvulsiva anfallsfrei. Da Epilepsie jedoch nicht heilbar ist, gilt die Anfallskontrolle als wichtigstes Ziel. Diese ist oft nur durch eine lebenslange Einnahme der Anfallssuppressiva möglich, welche dann aber oft ein uneingeschränktes und selbstständiges Leben bis ins hohe Alter ermöglicht.

Antiepileptika wirken rein symptomatisch und vermindern die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn. Doch wie immer gilt, keine pharmazeutische Wirkung ohne fiese Nebenwirkung. Eventuell kennen Sie ja bereits medikamenten-induzierte Symptome wie Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Gewichtsschwankungen, Osteoporose oder Haarausfall. Auch nach Einstellung und Eindosierung bleiben solche Begleiterscheinungen oftmals bestehen.

Alternative Therapieansätze

Die Abklärung erfordert eine Messung spezieller mitochondrialer Marker, die leicht aus dem Urin oder Blut erhoben werden können. Die Messung wird von ganzheitlich orientierten Naturheilkundlern oder Heilpraktikern angeboten. Suchen Sie sich dazu einen Therapeuten, der u. a. Darüber hinaus sollte bei Ihnen eine vollständige Anamnese erhoben werden, v. a. in Bezug auf Ihre Ernährung. Überlegen Sie sich im Vorfeld auch, ob Sie in der Vergangenheit ein Halswirbelsäulen-Trauma (HWS-Trauma) erlitten haben, z. B. durch einen Sturz oder Unfall. Vergessen Sie nicht, dies bei Ihrem Therapeuten zu erwähnen. Vollblut-Mineralstoffanalyse, u. a. B-Vitamine, v. a. Messung des Vitamin D-Spiegels, v. a.

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Epilepsie bei Kindern

Epilepsie bei Kindern kommt häufiger vor als gedacht. Die Krampfanfälle gehören sogar zu den häufigsten Leiden des Zentralnervensystems. Genau wie bei erwachsenen Patienten verläuft das Krampfleiden sehr unterschiedlich. So sind manche Kinder nur für ein paar Sekunden geistig abwesend, während andere von heftigen Muskelzuckungen geschüttelt und ohnmächtig werden. Auch die Ursachen fallen ähnlich wie bei den Erwachsenen aus. Oft ist gar kein Grund für die Erkrankung feststellbar.

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