Myasthenia Gravis: Definition, Ursachen, Symptome und Behandlung

Myasthenia gravis, oft einfach Myasthenie genannt, ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die durch Muskelschwäche und schnelle Ermüdung gekennzeichnet ist. Der Begriff „Myasthenia gravis“ kommt aus dem Griechischen und Lateinischen und bedeutet wörtlich „schwere Muskelschwäche“. Diese chronische Erkrankung betrifft die willkürliche Muskulatur, die für Bewegungen wie Gehen, Sprechen, Kauen und Schlucken verantwortlich ist. In diesem Artikel werden wir die Definition, Ursachen, Symptome und Behandlungsansätze von Myasthenia gravis im Detail untersuchen.

Was ist Myasthenia Gravis?

Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Verbindungsstellen zwischen Nerven und Muskeln angreift. Diese Verbindungsstellen werden als neuromuskuläre Endplatten bezeichnet. An der neuromuskulären Endplatte wird ein chemisches Signal, der Neurotransmitter Acetylcholin, freigesetzt, um eine Muskelkontraktion auszulösen. Bei Myasthenia gravis werden die Acetylcholinrezeptoren, die sich auf den Muskelzellen befinden, durch Antikörper blockiert oder zerstört. Dies führt zu einer gestörten Signalübertragung und Muskelschwäche.

Die Krankheit ist durch eine belastungsabhängige Muskelschwäche gekennzeichnet, was bedeutet, dass die Symptome bei Aktivität zunehmen und nach Ruhephasen abklingen. Myasthenia gravis kann Menschen jeden Alters betreffen, tritt aber häufiger bei Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren und bei Männern zwischen 50 und 80 Jahren auf.

Ursachen von Myasthenia Gravis

Die genauen Ursachen von Myasthenia gravis sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren eine Rolle spielt.

Autoimmunreaktion

Die Hauptursache von Myasthenia gravis ist eine Autoimmunreaktion, bei der das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. Bei Myasthenia gravis werden Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren oder andere Proteine an der neuromuskulären Endplatte gebildet. Diese Antikörper blockieren oder zerstören die Rezeptoren, wodurch die Signalübertragung von Nerven zu Muskeln gestört wird.

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Rolle des Thymus

Die Thymusdrüse, ein Organ des Immunsystems, spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Myasthenia gravis. Bei vielen Patienten mit Myasthenia gravis ist die Thymusdrüse vergrößert oder weist Tumore auf. Es wird vermutet, dass die Thymusdrüse an der Produktion der Autoantikörper beteiligt ist, die die Acetylcholinrezeptoren angreifen. Aus diesem Grund wird bei einigen Patienten mit Myasthenia gravis eine operative Entfernung der Thymusdrüse (Thymektomie) in Betracht gezogen.

Genetische Faktoren

Obwohl Myasthenia gravis in der Regel nicht erblich bedingt ist, gibt es Hinweise darauf, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen können. Bestimmte Genvarianten, insbesondere solche, die mit dem Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC) in Verbindung stehen, können das Risiko für die Entwicklung von Myasthenia gravis erhöhen.

Auslösende Faktoren

Bestimmte Faktoren können die Symptome von Myasthenia gravis verschlimmern oder einen Schub auslösen. Zu diesen Faktoren gehören:

  • Infektionen
  • Stress
  • Bestimmte Medikamente
  • Operationen
  • Schwangerschaft
  • Hormonelle Veränderungen

Symptome von Myasthenia Gravis

Die Symptome von Myasthenia gravis können von Person zu Person variieren. Sie können leicht sein und nur bestimmte Muskelgruppen betreffen oder schwerwiegend sein und sich auf den ganzen Körper ausbreiten. Das Hauptmerkmal von Myasthenia gravis ist die belastungsabhängige Muskelschwäche. Die Symptome verschlimmern sich bei Aktivität und bessern sich nach Ruhephasen.

Häufige Symptome von Myasthenia gravis sind:

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  • Augenmuskelschwäche: Hängende Augenlider (Ptosis), Doppeltsehen (Diplopie)
  • Gesichtsmuskelschwäche: Schwierigkeiten beim Kauen, Schlucken, Sprechen, Mimik
  • Arm- und Beinschwäche: Schwierigkeiten beim Heben von Gegenständen, Treppensteigen, Gehen
  • Atemmuskelschwäche: Atemnot, Kurzatmigkeit
  • Erschöpfung: Starke Müdigkeit, die sich durch Ruhe nicht bessert

In schweren Fällen kann die Schwäche der Atemmuskulatur zu einer lebensbedrohlichen Situation führen, die als myasthene Krise bezeichnet wird. Eine myasthene Krise erfordert eine sofortige medizinische Behandlung.

Diagnose von Myasthenia Gravis

Die Diagnose von Myasthenia gravis kann aufgrund der unspezifischen Symptome schwierig sein. Es gibt jedoch verschiedene Tests, die zur Bestätigung der Diagnose eingesetzt werden können.

Neurologische Untersuchung

Ein Neurologe wird eine gründliche neurologische Untersuchung durchführen, um die Muskelkraft, Reflexe, Koordination und sensorische Funktion zu beurteilen. Der Arzt wird auch nach Anzeichen von Augenmuskelschwäche, Gesichtsmuskelschwäche und anderen typischen Symptomen von Myasthenia gravis suchen.

Edrophonium-Test

Beim Edrophonium-Test wird dem Patienten ein Medikament namens Edrophoniumchlorid injiziert. Edrophoniumchlorid ist ein Cholinesterasehemmer, der die Konzentration von Acetylcholin an der neuromuskulären Endplatte erhöht. Wenn die Muskelschwäche nach der Injektion vorübergehend nachlässt, deutet dies auf Myasthenia gravis hin.

Blutuntersuchungen

Blutuntersuchungen können durchgeführt werden, um nach Antikörpern gegen Acetylcholinrezeptoren oder andere Proteine an der neuromuskulären Endplatte zu suchen. Das Vorhandensein dieser Antikörper unterstützt die Diagnose von Myasthenia gravis.

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Elektromyographie (EMG)

Die Elektromyographie (EMG) ist ein Test, der die elektrische Aktivität der Muskeln misst. Bei der repetitiven Nervenstimulation, einer speziellen Art von EMG, werden die Nerven wiederholt stimuliert. Bei Patienten mit Myasthenia gravis nimmt die Muskelantwort bei wiederholter Stimulation ab.

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) können durchgeführt werden, um die Thymusdrüse zu beurteilen und nach Tumoren oder anderen Anomalien zu suchen.

Behandlung von Myasthenia Gravis

Es gibt keine Heilung für Myasthenia gravis, aber es gibt verschiedene Behandlungen, die helfen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

Medikamente

  • Cholinesterasehemmer: Diese Medikamente, wie z. B. Pyridostigmin, erhöhen die Konzentration von Acetylcholin an der neuromuskulären Endplatte, indem sie den Abbau von Acetylcholin verhindern.
  • Immunsuppressiva: Diese Medikamente, wie z. B. Kortikosteroide, Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder Cyclosporin, unterdrücken das Immunsystem und reduzieren die Produktion von Autoantikörpern.
  • Monoklonale Antikörper: Rituximab und Eculizumab sind monoklonale Antikörper, die gezielt bestimmte Immunzellen angreifen und die Autoimmunreaktion reduzieren können.

Thymektomie

Die Thymektomie, die operative Entfernung der Thymusdrüse, kann bei einigen Patienten mit Myasthenia gravis hilfreich sein, insbesondere bei Patienten mit Thymomen oder einer Vergrößerung der Thymusdrüse.

Plasmapherese und intravenöse Immunglobuline (IVIG)

Plasmapherese und intravenöse Immunglobuline (IVIG) sind Behandlungen, die bei myasthenen Krisen oder bei Patienten eingesetzt werden können, die nicht gut auf andere Behandlungen ansprechen. Bei der Plasmapherese werden die Antikörper aus dem Blut entfernt. Bei der IVIG-Behandlung werden dem Patienten gesunde Antikörper aus Spenderblut zugeführt, um das Immunsystem zu modulieren.

Lebensstiländerungen

Zusätzlich zu den medizinischen Behandlungen können bestimmte Lebensstiländerungen helfen, die Symptome von Myasthenia gravis zu lindern:

  • Ruhe: Ausreichend Ruhe kann helfen, die Muskelschwäche zu reduzieren.
  • Stressmanagement: Stress kann die Symptome von Myasthenia gravis verschlimmern. Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen können helfen, Stress abzubauen.
  • Ernährung: Eine gesunde Ernährung kann helfen, das Energieniveau zu verbessern und das Immunsystem zu stärken.
  • Vermeidung auslösender Faktoren: Das Vermeiden von Faktoren, die die Symptome von Myasthenia gravis verschlimmern können, wie z. B. bestimmte Medikamente oder Infektionen, kann helfen, Schübe zu verhindern.

Formen der Myasthenia Gravis

Die Myasthenia gravis kann nach verschiedenen Kriterien in verschiedene Formen unterteilt werden. Dazu gehören der Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptome, die betroffenen Muskelgruppen oder die Art der Antikörper, die die Erkrankung verursachen.

Okuläre Myasthenia Gravis

Bei der okulären Myasthenia gravis sind nur die Augenmuskeln betroffen. Die Symptome umfassen hängende Augenlider (Ptosis) und Doppeltsehen (Diplopie). Bei etwa der Hälfte der Patienten mit okulärer Myasthenia gravis breitet sich die Erkrankung innerhalb von zwei Jahren auf andere Muskelgruppen aus und entwickelt sich zu einer generalisierten Myasthenia gravis.

Generalisierte Myasthenia Gravis

Bei der generalisierten Myasthenia gravis sind neben den Augenmuskeln auch andere Muskelgruppen betroffen, wie z. B. die Gesichtsmuskeln, die Arm- und Beinmuskeln und die Atemmuskeln. Die Symptome können je nach betroffenen Muskelgruppen variieren.

Myasthenia Gravis mit frühem Krankheitsbeginn

Die Myasthenia gravis mit frühem Krankheitsbeginn tritt vor dem 50. Lebensjahr auf. Sie ist häufig mit einer Vergrößerung der Thymusdrüse verbunden und betrifft häufiger Frauen als Männer.

Myasthenia Gravis mit spätem Krankheitsbeginn

Die Myasthenia gravis mit spätem Krankheitsbeginn tritt nach dem 50. Lebensjahr auf. Sie ist seltener mit einer Vergrößerung der Thymusdrüse verbunden und betrifft häufiger Männer als Frauen.

Thymom-assoziierte Myasthenia Gravis

Bei der Thymom-assoziierten Myasthenia gravis liegt ein Tumor der Thymusdrüse (Thymom) vor. Diese Form der Myasthenia gravis betrifft etwa 10-15 % der Fälle.

MuSK-assoziierte Myasthenia Gravis

Bei der MuSK-assoziierten Myasthenia gravis werden Antikörper gegen die muskelspezifische Rezeptortyrosinkinase (MuSK) nachgewiesen. Diese Form der Myasthenia gravis betrifft häufiger Frauen und führt häufig zu Muskelschwäche im Bereich von Kopf und Nacken.

Seronegative Myasthenia Gravis

Bei der seronegativen Myasthenia gravis können keine Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren oder MuSK nachgewiesen werden. Es können jedoch andere Antikörper, wie z. B. Antikörper gegen das Rezeptorprotein LRP4, vorhanden sein.

Myasthene Krise

Eine myasthene Krise ist eine lebensbedrohliche Komplikation der Myasthenia gravis, bei der die Atemmuskulatur so stark geschwächt ist, dass es zu Atemversagen kommt. Eine myasthene Krise erfordert eine sofortige medizinische Behandlung, einschließlich Beatmung und intravenöser Immunglobuline (IVIG) oder Plasmapherese.

Leben mit Myasthenia Gravis

Das Leben mit Myasthenia gravis kann eine Herausforderung sein, aber mit der richtigen Behandlung und Unterstützung können die meisten Menschen ein erfülltes Leben führen. Es ist wichtig, eng mit einem Arzt zusammenzuarbeiten, um einen individuellen Behandlungsplan zu entwickeln. Es ist auch wichtig, sich über die Erkrankung zu informieren und Selbsthilfegruppen oder Online-Foren zu suchen, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.

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