Myasthenia gravis: Lebenserwartung und Prognose

Myasthenia gravis, auch als Myasthenie bekannt, ist eine seltene neurologische Erkrankung, die durch belastungsabhängige Muskelschwäche gekennzeichnet ist. Die Erkrankung ist durch eine Störung der Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln gekennzeichnet. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Myasthenia gravis, einschließlich ihrer Definition, Symptome, Ursachen, Diagnose, Behandlung und Prognose, wobei der Schwerpunkt auf der Lebenserwartung liegt.

Was ist Myasthenia gravis?

Myasthenia gravis pseudoparalytica ist eine Form von krankhafter Muskelschwäche, bei der die Muskulatur schnell ermüdet. Der Begriff Myasthenia gravis pseudoparalytica bezeichnet per Definition eine krankhafte Muskelschwäche beziehungsweise Muskelermüdung (sog. Myasthenie), die durch eine autoimmune Störung der Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel (sog. neuromuskuläre Übertragung) gestört ist. Autoimmun bedeutet, dass sich das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe richtet, weshalb die Myasthenia gravis pseudoparalytica zu den Autoimmunerkrankungen zählt.

Die Erkrankung betrifft die neuromuskulären Synapsen, insbesondere die postsynaptischen Acetylcholinrezeptoren.

Ursachen und Risikofaktoren

Einer Myasthenia gravis pseudoparalytica liegen als Ursachen Abwehrreaktionen des Immunsystems gegen körpereigene Strukturen zugrunde. Damit zählt die Myasthenia gravis pseudoparalytica zu den sogenannten Autoimmunerkrankungen. Die genaue Ursache dieser Autoimmunerkrankung ist bis heute ungeklärt. Es gibt jedoch oft einen Zusammenhang mit einer Entzündung, Vergrößerung oder einem Tumor des Thymus, einem Organ des Immunsystems. Als Auslöser einer myasthenen Exazerbation (Verschlechterung des Krankheitsbildes) konnten bestimmte Medikamente, Krankheit, Stress oder Schwangerschaft identifiziert werden.

Als Ursache hierfür kommen krankhafte Veränderungen des Thymus infrage: Bei mehr als 80 Prozent der Menschen mit Myasthenia gravis pseudoparalytica ist der Thymus krankhaft verändert. Welche Rolle der Thymus bei der Entstehung der Myasthenia gravis pseudoparalytica spielt, ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. Bei den meisten Betroffenen ist der Thymus vergrößert (Thymushyperplasie) oder entzündet (Thymitis). Normalerweise geschieht diese neuromuskuläre Übertragung über den Botenstoff Acetylcholin: Hierzu bindet das aus der Nervenendigung freigesetzte Acetylcholin an einen eigenen Acetylcholin-Rezeptor auf der Muskelzelle. Bei den meisten Menschen mit Myasthenia gravis pseudoparalytica befinden sich im Blut jedoch Antikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor: Diese Antikörper binden sich anstelle des Botenstoffs Acetylcholin an den Acetylcholin-Rezeptor.

Lesen Sie auch: Myasthenie-Patienten in der Pandemie: Was Sie beachten sollten

Die Fehlfunktion des Immunsystems basiert auf einer genetischen Veranlagung für Autoimmunerkrankungen.

Symptome

Die Erkrankung beginnt meist schleichend. Typische frühe Symptome bei ca. 70 % der Patient*innen sind hängende Augenlider und Doppelbilder. Die Muskelschwäche nimmt bei wiederholten Bewegungen und gegen Ende des Tages zu und wird durch Ruhe gemildert. Andere Symptome wie Sprach- und Schluckstörungen sowie Probleme, den Kopf zu halten oder zu bewegen, können ebenfalls bereits im Frühstadium auftreten. Im späteren Verlauf kann die Erkrankung auf Oberkörper, Arme und Beine übergreifen. Etwa 70-90 % der Erkrankten entwickeln innerhalb von 2-3 Jahren eine generalisierte Myasthenia gravis. In etwa 10-15 % der Fälle bleiben die Symptome jedoch auf die Augen beschränkt.

Grundsätzlich kann die Myasthenia gravis pseudoparalytica alle Muskeln des Körpers betreffen, die der Mensch bewusst steuern kann (also auch die Atemmuskulatur, aber z.B. nicht den Herzmuskel).

Wirkt sich die Myasthenia gravis pseudoparalytica auch auf die Gesichtsmuskulatur aus, ist das Gesicht ausdruckslos und schlaff: Dieses Symptom bezeichnet man als Facies myopathica.

Diagnose

Bei der Myasthenia gravis pseudoparalytica besteht der erste Schritt zur Diagnose in einer Untersuchung des Nervensystems (sog. neurologische Untersuchung), die sich an den jeweiligen Symptomen orientiert. Anschließend bieten sich verschiedene Tests mit Arzneimitteln (sog. pharmakologische Tests) an, um die Myasthenia gravis pseudoparalytica zu diagnostizieren. Zwei zur Myasthenia-gravis-Diagnostik gebräuchliche Tests sind unter den Bezeichnungen Tensilon-Test und Prostigmin-Test bekannt: Bei Ersterem bekommt man Edrophonium-Chlorid in die Vene und bei Letzterem Neostigmin in die Muskulatur gespritzt.

Lesen Sie auch: Was Sie über okuläre Myasthenie wissen sollten

Eine Elektromyographie (EMG) kann bei einer Myasthenia gravis pseudoparalytica ebenfalls zur Diagnose beitragen. Die EMG erfasst die elektrische Aktivität eines Muskels und deckt so die für die Erkrankung typischen Veränderungen auf: Bei der Myasthenia gravis pseudoparalytica kommt es rasch zur Muskelermüdung, weil die Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel gestört ist. Darum nimmt der im Elektromyogramm sichtbare Ausschlag, der die Aktivität im entsprechenden Muskel anzeigt, bei anhaltender Muskelbelastung ab.

Daneben ist bei der Diagnose der Myasthenia gravis pseudoparalytica eine Blutprobe hilfreich, um im Blut nach Antikörpern gegen den Acetylcholin-Rezeptor zu suchen.

Da bei etwa 10-15 % aller Patient*innen mit Myasthenie ein meist gutartiger Tumor des Thymus (Thymom) vorliegt, sollte eine CT- oder MRT-Untersuchung des Brustkorbs durchgeführt werden.

Behandlung

Bei der Myasthenia gravis stehen zur Therapie verschiedene Medikamente zur Verfügung. Da die Muskelschwäche (Myasthenie) durch eine Autoimmunreaktion bedingt ist, kommen in erster Linie Mittel zum Einsatz, die das Immunsystem unterdrücken (sog. Immunsuppressiva). Besonders bewährt haben sich hierbei Azathioprin und Kortikosteroide. Daneben können Cholinesterase-Hemmer bei der Myasthenia gravis pseudoparalytica zur Therapie beitragen: Durch diese Mittel können sich die Beschwerden der Myasthenia gravis pseudoparalytica schnell verbessern.

Je nach Dauer und Ausprägung Ihrer Myasthenia gravis pseudoparalytica und abhängig von Ihrem Alter kann auch eine Operation sinnvoll sein, um den Thymus zu entfernen (sog. Thymektomie). Wenn Sie beispielsweise 15 bis 50 Jahre alt sind und bei Ihnen andere Muskelgruppen als die Augenmuskeln von der Myasthenie betroffen sind (sog. generalisierte Myasthenia gravis pseudoparalytica), sind die besten Therapie-Ergebnisse von einer Thymektomie zu erwarten, die spätestens 2 Jahre nach der Diagnose erfolgt. Ist der Thymus vergrößert beziehungsweise ein Tumor des Thymus (Thymom) vorhanden, ist unabhängig von Ihrem Alter und der Ausprägung der Myasthenia gravis pseudoparalytica zur Therapie immer eine Thymektomie ratsam: Dadurch gelingt es in drei Viertel der Fälle, die Beschwerden deutlich zu verbessern.

Lesen Sie auch: Myasthenie und Psyche: Zusammenhänge

Lebenserwartung und Prognose

Die Myasthenia gravis zeigt vorwiegend einen langsamen Verlauf. Angemessen behandelt ist ihre Prognose günstig: Die krankhafte Muskelschwäche (Myasthenie) wirkt sich nicht negativ auf die Lebenserwartung aus. Dank der heutigen Behandlungsmöglichkeiten ist der Verlauf der Erkrankung in der Regel günstig und führt nicht mehr zu einer Verkürzung der Lebenserwartung. Die Lebenserwartung von Menschen mit Myasthenia gravis entspricht dank der mittlerweile besseren Behandlungsmöglichkeiten der von Menschen ohne die Erkrankung.

Es lässt sich keine generelle Prognose geben, da sich bei jedem Betroffenen mit Myasthenia gravis Symptome unterschiedlich stark, an unterschiedlichen Stellen und in unterschiedlichen Verläufen zeigen. Die Mehrzahl der Patienten, bei denen Myasthenia gravis entdeckt und behandelt wird, sprechen gut auf eine Therapie an. Die Symptome werden abgeschwächt, und in den meisten Fällen nehmen die Patienten das normale Alltagsleben mit nur geringen Einschränkungen wieder auf.

Komplikationen

Eine lebensbedrohliche Komplikation der Myasthenia gravis pseudoparalytica ist die myasthene Krise: Hierbei breitet sich die Muskelschwäche rasch aus und schließt auch die Atemmuskulatur ein. Die Folge kann der Tod durch Ersticken sein. Menschen in einer myasthenen Krise sind sofort intensiv-medizinisch zu versorgen, da häufig Maßnahmen zur Wiederbelebung (Reanimation) notwendig sind. Eine weitere mögliche Komplikation der Myasthenia gravis pseudoparalytica kann durch eine Überdosierung des Cholinesterase-Hemmers entstehen: Diese kann eine cholinerge Krise hervorrufen, in deren Verlauf verengte Pupillen, vermehrter Tränen- und Speichelfluss, Herzrasen und Muskelkrämpfe bis hin zur Atemstörung auftreten.

Verschlimmert sich die Myasthenia gravis pseudoparalytica zu einer myasthenen Krise, gilt: sofort zur intensivmedizinischen Therapie und Überwachung in eine hierfür spezialisierte Klinik! Die erste Maßnahme gegen eine myasthene Krise besteht darin, den Cholinesterase-Hemmer Pyridostigmin über eine Vene (intravenös) zu verabreichen. Bessern sich die Beschwerden nicht, ist es ratsam, zu intubieren (d.h.

Leben mit Myasthenia gravis

Patient*innen mit myasthenen Syndromen möchten und können, trotz ihrer Erkrankung, in den Urlaub fahren. Im Vorfeld bedarf es einiger Organisation und eventuell auch, je nach Schweregrad und Behandlung, eine individuelle Abstimmung mit der behandelnden Ärztin / dem behandelnden Arzt. Beachten Sie bei der Planung ihre Therapieintervalle von regelmäßigen Infusionen (z. B. IVIG, Eculizumab, Efartigimod, Rituximab, etc.) und, dass diese eventuell vor Ort verabreicht werden müssen. Stellen Sie sicher, dass die medizinische Versorgung und neurologische Betreuung im Notfall vor Ort gewährleistet werden können. Führen Sie ihren Notfallausweis (deutsch, englisch) und einen Medikationsplan (deutsch, englisch, evtl. in der Landessprache) mit sich, damit Sie den bei Notwendigkeit vorlegen können.

Einige Medikamente können die Symptome verschlimmern oder sollten in der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Lassen Sie sich ärztlich beraten! Begleitend sollten Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und oder Schulungen erfolgen. Auch eine Bewegungs-, Trainings- und Entspannungstherapie kann sinnvoll sein.

tags: #Myasthenia #gravis #Lebenserwartung #Prognose