Was passiert bei Bewegung im Gehirn? Ein umfassender Überblick

Bewegung ist nicht nur für unseren Körper wichtig, sondern auch für unser Gehirn. Sie hält Körper und Geist gesund und kann sogar bestimmten Erkrankungen entgegenwirken. In diesem Artikel werden wir uns genauer ansehen, was im Gehirn passiert, wenn wir uns bewegen, welche positiven Auswirkungen dies hat und welche Missverständnisse es gibt.

Bewegung im Alltag: Mehr als nur Sport

Wenn wir an Bewegung denken, haben wir oft körperliches Leistungstraining oder schweißtreibende Besuche im Fitnessstudio vor Augen. Aber Bewegung im mental-aktiven Sinne umfasst alle Aktivitäten, die unser Gehirn ankurbeln - und das funktioniert bereits mit vergleichsweise geringem Aufwand.

Akute Unterstützung erhält unser Gehirn direkt während wir uns bewegen, sozusagen mental. Dabei kommt es nicht auf körperliche Höchstleistungen an. Kleine Begleitaktivitäten, die dennoch die grauen Zellen ankurbeln und uns zum Weitermachen motivieren, sind hier oft ausreichend.

Sich beispielsweise im Unterricht oder bei Telefonaten Notizen zu machen, nebenbei auf einem Block zu „kritzeln“ oder Kaugummi zu kauen, kann Aufmerksamkeit und Konzentration fördern.

Die körperlichen Auswirkungen von Bewegung auf das Gehirn

Bewegung trainiert das Herz-Kreislauf-System und unterstützt damit die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff und insgesamt den Stoffwechsel in den Zellen. Regelmäßigkeit ist gefragt, nicht körperliche Spitzenleistung. Moderates Training bei „eingeschaltetem Kopf“ lässt Ideen sprießen.

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Durch Bewegung werden verschiedene Prozesse und Funktionen im Körper beeinflusst. So wird beispielsweise der gesamte Bewegungsapparat angeregt, einschließlich Muskeln, Knochen, Gelenke, Sehnen, Bänder und Bandscheiben. Die Muskeln werden besser durchblutet, mit Nährstoffen versorgt und aufgebaut. Auch das Herz-Kreislauf-System und die Atmung profitieren von Bewegung. Die Atmung wird effizienter.

Des Weiteren wirkt Bewegung positiv auf den Stoffwechsel, das Immun- und Hormonsystem und das Nervensystem. Es werden beispielsweise bestimmte Botenstoffe wie Endorphine häufiger produziert und die Neubildung von Nervenzellen im Gehirn wird begünstigt.

Wenn man sich zu wenig bewegt, erhöht sich das Risiko für bestimmte Krankheiten, wie Herzerkrankungen, Schlaganfälle, Bluthochdruck, Diabetes oder psychische Erkrankungen.

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für erwachsene Menschen pro Woche etwa 2,5 Stunden Bewegung zur Förderung der Ausdauer und Muskel stärkende Übungen oder Aktivitäten an mindestens zwei Tagen pro Woche. Doch das gelingt nur 21% der Frauen und 25% der Männer.

Menschen bewegen sich viel weniger als früher, etwa durch technologische Entwicklungen, die uns das Leben erleichtern sollen und die körperliche Arbeit weitgehend verdrängt haben und auch unsere Freizeit maßgeblich mitbestimmen. Längeres Sitzen sollte man daher immer durch Bewegung unterbrechen, etwa durch einen kurzen Spaziergang. Empfohlen wird mehrmals die Woche mäßig aktiv zu werden, zum Beispiel mit Radfahren oder Schwimmen. Kinder bis 3 Jahre sollen sich so viel wie möglich bewegen, Kindergartenkinder mindestens 180 Minuten am Tag.

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Durch regelmäßige Bewegung wird nicht nur das Risiko für Erkrankungen gemindert. Es wird auch vorgesorgt, dass man im Alter noch ein selbstständiges Leben führen kann.

Bewegung und visuelle Unsicherheit: Wie das Gehirn Bewegungen steuert

Im Alltag muss unser Gehirn bei der Steuerung von Bewegungen oft mit visueller Unsicherheit klarkommen. Wie gelingt ihm das? Eine neue Studie von Neurowissenschaftler*innen am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) - Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen zeigt, dass unser Gehirn mit verschiedenen Formen von visueller Unsicherheit bei Bewegungen auf unterschiedliche Weise umgeht.

Je nachdem, um welche Art von Unsicherheit es sich handelt, wirkt sich das auf die Planung und Ausführung von Bewegungen im Gehirn ganz verschieden aus. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, Gehirn-Computer-Schnittstellen zu optimieren, die zum Beispiel Menschen mit Lähmungen helfen, Prothesen oder Computer allein mit ihren Gedanken zu steuern.

Stellen Sie sich vor, Sie wachen nachts durstig auf und müssen im Dunkeln nach einem Glas Wasser greifen. Ohne klare Sicht muss Ihr Gehirn abschätzen, wo sich das Glas befindet und wo Ihre Hand ist - eine Herausforderung, die oft zu unpräzisen Bewegungen führt. Das Gehirn verarbeitet dabei zwei zentrale Informationen: Es muss wissen, wo sich die Hand befindet und wohin sie bewegt werden soll. Doch was passiert, wenn diese Informationen ungenau sind?

Die Wissenschaftler*innen der Forschungsgruppe Sensomotorik am DPZ untersuchten diese Problematik der visuellen Unsicherheit bei einer Bewegungssteuerung in ihrer Studie mit Rhesusaffen. In dem Experiment bewegten die Affen einen Cursor auf einem Bildschirm - mit der Hand über eine Art Joystick.

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Dabei wurden zwei Arten von Unsicherheiten untersucht:

  • Zielunsicherheit: Das Ziel der Bewegung wurde durch mehrere verstreute Objekte dargestellt, sodass unklar blieb, wo genau sich das Ziel befand.
  • Feedback-Unsicherheit: Der Cursor wurde durch mehrere verstreute, kleine Objekte ersetzt, sodass unklar blieb, wo sich die eigene Hand genau befand.

Zusätzlich testeten die Forschenden die Auswirkungen der Feedback-Unsicherheit während die Affen den Cursor durch eine Gehirn-Computer-Schnittstelle steuerten, quasi durch bloße Gedanken. In diesem Fall steht nur visuelle Information als Feedback über die eigene Bewegung zur Verfügung, während bei echten Armbewegungen der Körper auch über andere Sinnessysteme die Position der Hand kennt.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Gehirn unterschiedlich auf Unsicherheiten reagiert: Die Zielunsicherheit beeinträchtigt vor allem die Planung und den Beginn der Bewegung. Wenn die Affen nicht genau wussten, wo das Ziel war, waren die Bewegungen von Anfang an weniger präzise, also ungenau geplant. Das zeigte sich auch in der Aktivität von Gehirnzellen im motorischen Kortex.

Die Beeinträchtigung der Bewegungen durch Feedback-Unsicherheit zeigte sich dagegen nur dann deutlich, wenn die Affen vollständig auf das visuelle Feedback angewiesen waren - wie bei der Steuerung mittels Gehirn-Computer-Schnittstelle. In diesem Fall beeinflusst die Feedback-Unsicherheit vor allem die präzise Ausführung der Bewegung.

Die Forschenden stellten zudem fest, dass die neuronale Aktivität im motorischen Kortex sowohl Ziel- als auch Feedback-Unsicherheit widerspiegelt, diese beiden Formen der Unsicherheit jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten verarbeitet werden. Dies deutet darauf hin, dass das Gehirn die Information über das Ziel und die eigene Position in unterschiedlichen Phasen der Bewegungssteuerung integriert.

Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, Gehirn-Computer-Schnittstellen (BCIs) zu verbessern. Diese Technologie ermöglicht es beispielsweise gelähmten Menschen, Prothesen oder Computer allein mit ihren Gedanken zu steuern. Da sich Nutzer*innen von BCIs meist stark auf visuelles Feedback verlassen, da ihnen oft nur dieses zur Verfügung steht, sind sie besonders anfällig für Unsicherheiten in der Wahrnehmung der eigenen Bewegung.

Eine vielversprechende Lösung könnte die Integration zusätzlicher sensorischer Signale sein. So könnten etwa Vibrationsmotoren, also ein taktiles Feedback den Nutzer*innen zusätzliche Informationen über die Bewegung ihrer Hand liefern und Unsicherheiten ausgleichen. Eine entsprechende Fortsetzung der Versuche und Weiterentwicklung des Forschungsansatzes führt die Forschungsgruppe unter Alexander Gail im Rahmen des neuen Sonderforschungsbereichs SFB 1690 bereits durch.

Lukas Amann, Neurowissenschaftler in der Forschungsgruppe Sensomotorik und gemeinsam mit Virginia Casasnovas Hauptautor der Studie, erklärt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Gehirn Unsicherheiten ausgleichen kann, wenn alternative Informationsquellen zur Verfügung stehen. Dies ist ein entscheidender Faktor für die Verbesserung von BCIs, da Nutzer*innen aktuell meist oft auf visuelles Feedback beschränkt sind. Zusätzliche sensorische Reize könnten dabei helfen, die Steuerung von Neuroprothesen präziser und intuitiver zu gestalten."

Die Studie liefert somit wichtige Erkenntnisse darüber, wie das Gehirn mit sensorischer Unsicherheit umgeht - eine Grundlage für die Weiterentwicklung von Technologien, die Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen helfen können.

Sport und Gehirn: Was passiert wirklich?

Sport verbessert das Erinnerungsvermögen, Sport macht glücklich, Sport entspannt: Das sind einige der positiven Wirkungen, die Bewegung auf das Gehirn bzw. die Psyche haben soll. Doch: Viele Erklärungen sind ungenau oder stimmen nicht. Was ist wirklich wahr?

Was passiert beim Sport im Gehirn?

Sport aktiviert in erster Linie den motorischen Kortex, eine Region in der Mitte unseres Gehirns. Spezifische Areale innerhalb dieses Bereichs sind über Nervenbahnen direkt mit den Muskeln verbunden und sprechen dann ganz konkret die Muskeln an, die gerade gebraucht werden. Das ist bei jeder Sportart gleich, egal ob Ausdauersport oder Muskeltraining. Die richtige Koordination kommt dadurch zustande, dass die entsprechenden Muskeln im richtigen Moment und vor allem in der richtigen Intensität vom motorischen Kortex angesprochen und daraufhin angespannt werden.

Je öfter wir etwas üben, desto gefestigter sind die Befehle aus dem Gehirn und desto besser sind wir in einer bestimmten Bewegung. Doch wieso macht uns Sport glücklich? Denn durch Bewegung allein werden noch keine Glückshormone ausgeschüttet.

Dass wir uns besser fühlen beim oder nach dem Sport kommt daher, dass die körperliche Aktivität vorrangig das Bewegungszentrum fordert und dafür andere Bereiche, zum Beispiel jene zum Problemlösen, Lernen usw. zuständig sind, deaktiviert sind. Grübel-Gedanken sind während des Sports also ausgeschaltet. Sehr aktivierende Gefühle wie Wut oder das Gefühl von Stress werden beim Sport kanalisiert. Adrenalin, Noradrenalin und auch Cortisol, die Stoffe, die unser Körper bei Stress ausschüttet, werden im Sport gezielt genutzt.

Außerdem hat Sport bei Stress und Reizüberflutung eine sogenannte psychohygienische Wirkung. Gedanken kommen zur Ruhe. Die kognitiven Bereiche können regenerieren. Eine Wirkung, die in unserem modernen Zeitalter den meisten echte Erholung verschaffen kann.

Auch bei Traurigkeit und Depression kann Sport helfen. In der Therapie wird auch Bewegung eingesetzt, allerdings bringt eine Depression ja auch einen großen Mangel an Motivation mit sich. Für Betroffene ist es daher nicht leicht, überhaupt mit dem Sport anzufangen. Aber wenn sie es einmal geschafft haben, ist Bewegung wirklich ein sehr wirksames Mittel.

Wann kommt es zum Runners High?

Alles wird leicht, der Körper arbeitet von allein, und wir fühlen uns beim intensiven Training unheimlich gut! Dieses Phänomen taucht auf, wenn der Körper sogenannte Endorphine oder Endocannabinoide produziert. Wann passiert das? Wenn wir an eine gewisse Belastungsgrenze stoßen. Diese Stoffe, übrigens tatsächlich den in Cannabis enthaltenen sehr ähnlich, werden ausgeschüttet, um Schmerz zu lindern. Das Runners High ist an und für sich eine tolle Einrichtung der Natur und per se auch nicht ungesund. Aber Achtung, wenn Sie es erleben, sind Sie schon an eine gewisse Belastungsgrenze gelangt.

Wer bei Sport oder auch nach dem Training Schmerzen hat, sollte vorsichtig sein und in jedem Fall einen Arzt oder eine Ärztin besuchen, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Wie hilft Sport bei der Lernfähigkeit?

Bewegung allein macht leider nicht schlauer. Auch hier ist der Schlüssel eine Wechselwirkung: Denken, lernen und Probleme lösen funktionieren dann am besten, wenn die dafür zuständigen Hirnareale ausgeruht sind. Weil unser Gehirn nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung hat, werden während intensiver körperlicher Arbeit die hierfür irrelevanten Areale quasi in einen Standby-Modus gebracht. Nach dem Sport stehen dann wieder alle Ressourcen zur Verfügung - ähnlich wie ein Rechner, den man bei Überlastung herunterfährt. Anschließend kann die Energie dann ganz in die kognitive Leistung fließen.

Es gibt außerdem Forscherinnen und Forscher, die davon ausgehen, dass bestimmte Wachstumshormone (die sogenannten neurotrophen Faktoren) durch Sport vermehrt gebildet werden und dann die Blut-Hirn-Schranke passieren. Im Tier-Experiment wurde das bereits nachgewiesen. Am Menschen aber noch nicht. Im Gehirn führen die Stoffe dazu, dass neue Nervenzellen ausgebildet werden oder dass sie sich stärker miteinander vernetzen. Wenn dann also nach dem Sport Wissen aufgenommen wird, wirken die neurotrophen Faktoren wie ein Dünger für unsere Lernfähigkeit.

Dass ältere Menschen, die sich mehr bewegen, auch ein geringeres Risiko haben, an einer Demenz zu erkranken, liegt aber laut dem Experten auch an einem anderen Phänomen: Sport und Bewegung vermitteln körperliches Selbstvertrauen. Damit ausgestattet sind wir aktiver und agiler. Die selbstständige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben - Freunde treffen, mit den Enkeln spielen, Reisen usw. - ist das beste Training für unser Gehirn, weil es alle Bereich trainiert. Grundlage dafür ist aber körperliche Fitness. Eine indirekte Wirkung von Sport und Bewegung also. Wer rausgeht, einkauft, Sport an der frischen Luft treibt, trifft Leute, sieht und erfährt Neues. So bleibt das Gehirn fit!

Die größten Sport-Hirn-Missverständnisse

Sport ist gesund, auch für den Kopf - das steht fest. Es kursieren aber auch einige Mythen …

Sport sorgt zwar für eine bessere Durchblutung des Gehirns, aber für die kognitive Leistung hat das keine Bedeutung. Wenn die Durchblutung allein entscheidend wäre, würde Schule im Kopfstand stattfinden.

Was wir außerdem nicht vergessen dürfen: Sport ist eine Belastung. Auch wenn wir uns heutzutage viel weniger bewegen müssen, ist es tief in uns eingespeichert, dass körperliche Aktivität Energie verbraucht. In Zeiten, in denen es wenig Nahrung gab (also quasi schon immer außer den letzten 40 Jahren) wurde die Energie, die wir hatten für die tägliche Arbeit gebraucht. Da hätte es wenig Sinn gemacht, diese Energie für den Sport zu verbrauchen. Die Evolution hat uns gelehrt, Energie zu sparen, die wir für die Jagd oder die Flucht benötigen. Daher kommt der innere Schweinehund.

Wichtigste Regel, um also die Lust am Sport zu behalten: Er muss Spaß machen! Wer sich quält, wird sicher die Freude am Sport verlieren.

Auswirkungen von Bewegung auf die Hirnstruktur

Körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf das Gehirn aus und kann Erkrankungen möglicherweise entgegenwirken. Bewegung hält Körper und Geist gesund - doch wie und wo genau sich körperliche Aktivität in unserem Gehirn auswirkt, darüber ist bislang kaum etwas bekannt.

Befunde der „Rheinland Studie“ des DZNE haben aber gezeigt, dass bestimmte Bereiche des Gehirns bei körperlich aktiven Personen größer sind als bei Personen, die weniger aktiv sind. In bisherigen Forschungsansätzen wurde das Gehirn meist als Ganzes betrachtet. Die Neurowissenschaftlerin Fabienne Fox und ihr Team wollten einen detaillierteren Blick auf das Gehirn werfen und herausfinden, auf welche Hirnregionen körperliche Aktivität die größten Auswirkungen hat.

Für seine Forschungsarbeiten nutzte das Team Untersuchungsergebnisse aus der Rheinland Studie, einer großangelegten, bevölkerungsbasierten Studie des DZNE im Bonner Stadtgebiet. Konkret analysierten die Forschenden Daten zur körperlichen Aktivität von 2.550 Probandinnen und Probanden im Alter zwischen 30 und 94 Jahren sowie Aufnahmen des Gehirns, die mittels Magnetresonanztomografie (MRT) erstellt wurden. Für eine Stichprobe der körperlichen Aktivität trugen die Studienteilnehmenden für sieben Tage einen Beschleunigungssensor am Oberschenkel.

Die vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) durchgeführte „Rheinland Studie“ erforscht die Faktoren für gesundes Altern. Ein Ziel ist es, Risikofaktoren für Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems zu finden, die für die Prävention relevant sein könnten. Dazu soll die Gesundheit von bis zu 20.000 Menschen ab einem Alter von 30 Jahren über mehrere Jahrzehnte beobachtet werden. In drei- bis vierjährigen Abständen werden beispielsweise Lebensführung, körperliche Betätigung und Ernährung untersucht, aber auch Erbanlagen als mögliche Ursache neurodegenerativer und neuropsychiatrischer Erkrankungen.

Körperliche Aktivität machte sich in nahezu allen untersuchten Hirnregionen deutlich bemerkbar. Je höher und intensiver die körperliche Aktivität, umso größer waren die Hirnregionen, entweder in Bezug auf das Volumen oder auf die Dicke des Kortex. Dies wurde unter anderem beim Hippocampus beobachtet, der als Schaltzentrale des Gedächtnisses gilt.

In den Hirnregionen, die von körperlicher Aktivität am meisten profitierten, hat das Forschungsteam zudem besonders aktive Gene gefunden - Gene, die für die Funktion der Mitochondrien essenziell sind, die Kraftwerke unserer Zellen. Das heißt: In diesen Hirnregionen kommen besonders viele Mitochondrien vor. Sie stellen unserem Körper Energie zur Verfügung und benötigen dafür viel Sauerstoff. Im Vergleich zu anderen Hirnregionen wird daher ein erhöhter Blutfluss benötigt.

Weitergehende Analysen zeigten auch, dass es eine große Schnittmenge gibt zwischen Genen, deren Expression durch körperliche Aktivität beeinflusst wird und solchen, die durch neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder die Huntington-Krankheit beeinträchtigt werden.

Mit dieser Studie konnten Hirnregionen, die von körperlicher Aktivität profitieren, in einem noch nie dagewesenen Detailgrad charakterisiert werden. Die Ergebnisse liefern wichtige Ansatzpunkte für die weitere Forschung.

Die Forscher möchten mit ihren Ergebnissen einen weiteren Anstoß geben, körperlich aktiver zu werden - um die Gesundheit des Gehirns zu fördern und Erkrankungen des Nervensystems vorzubeugen. Selbst bescheidene körperliche Aktivität kann helfen.

Bewegung und neuronale Vernetzung

Neuronen sind Nervenzellen, die in unserem Körper als eine Art Kommunikationssystem arbeiten und Reize wie z.B. Schmerz, Kälte oder Wärme übertragen. Treffen Neuronen aufeinander, so entstehen Synapsen, die die Kommunikationsschnittstelle zwischen den Neuronen bilden.

Die Neuronen in der subventrikulären Zone, einer speziellen Hirnregion, konnten sich im Mäuseversuch aufgrund der Bewegungseinschränkung deutlich schlechter erneuern und auch im wesentlich geringeren Ausmaß. Kurzum: Ohne Beinbewegung und Training weniger Hirnverknüpfungen.

Sport führt zu einer besseren Konzentration. Wer Sport treibt erinnert sich besser! Regelmäßiger Sport vergrößert den Hippocampus, einen Teil des Gehirns, der mit für unser Erinnerungsvermögen zuständig ist. Durch die erhöhte Durchblutung des Gehirns beim Sport verändern sich die Botenstoffe im Gehirn. Diese führen unter anderem dazu, dass Wachstumsfaktoren ausgeschüttet werden. So entstehen neue Verknüpfungen im Gehirn, die auch die Denkleistung stabilisieren.

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