Ein plötzlicher, schmerzhafter Wadenkrampf kann die Nachtruhe empfindlich stören. Die Wadenmuskulatur zieht sich unwillkürlich zusammen, oft begleitet von stechenden Schmerzen, die auch nach dem eigentlichen Krampf noch stundenlang anhalten können. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer, und die Häufigkeit von Wadenkrämpfen nimmt mit dem Alter zu.
Was ist ein Wadenkrampf?
Ein Krampf ist eine plötzliche, schmerzhafte Kontraktion bestimmter Muskelpartien, die kurz anhält und willentlich kaum zu lösen ist. Bei einem Krampf der großen Wadenmuskeln verhärtet sich die Rückseite des Unterschenkels spürbar. Nach ein paar Minuten löst sich der Krampf wieder, jedoch bleiben häufig langanhaltende Schmerzen zurück. Oft ist auch der Zehenbeuger, der ebenfalls an der Rückseite des Unterschenkels ansetzt, betroffen. Ist der Krampf an einer bestimmten Stelle einmal aufgetreten, kann diese Muskelpartie eine Krampfneigung entwickeln, sodass sich immer wieder dieselbe Stelle zusammenzieht.
Ursachen von Wadenkrämpfen
Die Ursachen für Wadenkrämpfe sind vielfältig und oft nicht eindeutig feststellbar. Meist ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren für den Muskelkrampf verantwortlich. In vielen Fällen sind die Gründe für einen Wadenkrampf aber harmlos. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:
- Elektrolytstörungen: Verschiebungen im Elektrolythaushalt des Körpers, insbesondere eine Unterversorgung mit Magnesium, sind eine häufig diagnostizierte Ursache für Wadenkrämpfe. Magnesium wird vom Körper als Gegenspieler von Kalzium eingesetzt, um die Muskeln nach einer Kontraktion wieder zu entspannen. Fehlt der Mineralstoff, hat das für die Muskelkontraktion verantwortliche Kalzium Übergewicht, es erregt die Nervenzellen und löst das unwillkürliche Zusammenziehen von Muskelpartien aus.
- Flüssigkeitsmangel: Eine Dehydrierung kann ebenfalls zu Wadenkrämpfen führen, da der Körper für die Reizübertragung von Nerven auf Muskeln bestimmte Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Magnesium benötigt. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist daher wichtig, um den Elektrolythaushalt im Gleichgewicht zu halten.
- Muskelüberlastung: Eine starke oder abnormale Belastung des betroffenen Muskels kann ebenfalls einen Wadenkrampf auslösen. Auch das Alter spielt eine wichtige Rolle, da sich mit zunehmendem Alter die Sehnen und Muskeln verkürzen und so ein Krampf leichter ausgelöst werden kann.
- Medikamente: Manche Medikamente können als Nebenwirkung Wadenkrämpfe auslösen. Hierzu zählen Cholesterinsenker (Statine), einige entwässernde Medikamente (Thiazide) oder manche Blutdrucksenker (zum Beispiel der Calciumkanalantagonist Nifedipin).
- Erkrankungen: Bestimmte Erkrankungen wie Diabetes mellitus, periphere arterielle Verschlusskrankheit ("Schaufensterkrankheit"), Schilddrüsen- und Hormonstörungen, Parkinson oder das Restless-Legs-Syndrom können wiederholt Wadenkrämpfe verursachen.
- Schwangerschaft: Ein veränderter Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt kann Krämpfe ebenfalls begünstigen, beispielsweise in der Schwangerschaft. Auch ein erhöhter Magnesiumbedarf, insbesondere im letzten Schwangerschaftsdrittel, kann zu Wadenkrämpfen führen.
- Weitere Faktoren: Weitere Faktoren, die bei Wadenkrämpfen eine Rolle spielen können, sind Fehlbelastungen bestimmter Muskeln durch Gelenkprobleme oder einseitige Körperhaltungen, Fußfehlstellungen wie Senk- oder Spreizfüße, ungünstige Schlafpositionen, schlecht sitzende Schuhe, Schwimmen in kaltem Wasser und das Lebensalter.
Warum treten Wadenkrämpfe so oft nachts auf?
Diese Frage ist nicht abschließend geklärt, obwohl über 50 Prozent der Erwachsenen von nächtlichen Wadenkrämpfen berichten. Eine Erklärung ist, dass der Magnesiumspiegel im Körper in der Ruhephase auf natürliche Art und Weise absinkt. Fällt er zu tief, kann eine unbewusste Bewegung im Schlaf eine Muskelkontraktion auslösen, die sich dann infolge des veränderten Elektrolytehaushaltes nicht mehr lösen kann. Auch eine unbemerkte Verkühlung bestimmter Muskelpartien in der Nacht - etwa wenn der Fuß nicht vollständig zugedeckt ist - kann einen Krampf auslösen. Im Wachzustand hätte man bereits beim ersten Zwicken in der Wade unwillkürlich den Fuß bewegt und den Muskel gelockert.
Was tun bei akutem Wadenkrampf?
Als Erste-Hilfe-Maßnahme bei einem nächtlichen Wadenkrampf wenden die meisten Personen oft instinktiv das richtige Mittel an:
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- Dehnen: Dehnen Sie die Wadenmuskulatur, indem Sie - auch unter Zuhilfenahme der Hände - die Ferse nach vorne ausstrecken und die Zehen zurückziehen. Das führt in vielen Fällen dazu, dass sich der Krampf schnell auflöst. Sie können die Zehen - eventuell mithilfe der Hand - in Richtung Schienbein ziehen und die Position für einige Sekunden halten.
- Massieren: Massieren Sie die verkrampfte Stelle mit den Händen. Dadurch fördern Sie die Durchblutung.
- Zusammenschieben: Alternativ können Sie versuchen, den schmerzenden Muskel mit den Händen leicht zusammenzuschieben. Schieben Sie dazu mit sanftem Druck gleichzeitig von Kniegelenk und Ferse aus den Unterschenkel mit den Handflächen zusammen.
- Wärmen: Legen Sie ein Kirschkernkissen, eine Wärmflasche oder einen warmen Wickel auf oder nehmen Sie ein Entspannungsbad. Die Wärme tut gut und lindert die Beschwerden. Eine warme Dusche oder eine auf die betroffene Stelle gelegte Wärmflasche können ebenfalls hilfreich sein, da beides die Muskulatur entspannt.
- Bewegen: Das Ausschütteln der Beine und vorsichtiges Gehen können einen Krampf im Bein ebenfalls lindern. Stehen Sie auf und laufen Sie etwas umher. Durch die Bewegung wird der Muskel jedoch gelockert und Verspannungen lösen sich rascher.
Wie kann man Wadenkrämpfen vorbeugen?
- Ärztliche Abklärung: Falls Sie immer wieder von nächtlichen Wadenkrämpfen heimgesucht werden, sollten Sie die Ursache für Ihre Krämpfe unbedingt ärztlich abklären lassen, um gezielt gegensteuern zu können.
- Regelmäßige Bewegung: Legen Sie jeden Tag ein paar Übungen ein, die Ihre Beinmuskulatur gründlich bewegen. Hier bieten sich ein paar einfache Dehn- und Bewegungsroutinen an, die Ihnen beispielsweise ein Physiotherapeut oder ein Yogalehrer vermitteln kann. Aber auch ein paar Minuten auf dem Fahrrad-Ergometer oder dem Laufband helfen schon, die Muskeln vor dem Schlafengehen zu lockern. Regelmäßiges Dehnen der betroffenen Muskeln oder leichte sportliche Betätigung, etwa auf dem Heimtrainer, für einige Minuten vor dem Schlafengehen, können ebenfalls helfen.
- Ernährung: Überprüfen Sie Ihre Ernährungsgewohnheiten und stellen Sie sicher, dass Ihre Versorgung mit den wichtigsten Mineralstoffen, vor allem Magnesium, gewährleistet ist. Eine magnesiumreiche Ernährung ist wichtig, um einem Magnesiummangel als bekannteste Ursache für Muskel- und Wadenkrämpfe vorzubeugen. Bananen, Brokkoli, Vollkornbrot, Nüsse, Sonnenblumenkerne - die Liste der magnesiumreichen Lebensmittel ist lang.
- Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie ausreichend, mindestens anderthalb bis zwei Liter pro Tag - insbesondere nach dem Sport, nach körperlicher Arbeit und an warmen Tagen.
- Vermeiden Sie Alkohol und Koffein: Meiden Sie dagegen Alkohol und Koffein.
- Medikamentenüberprüfung: Lösen Medikamente bei Ihnen Wadenkrämpfe aus, können Sie - in Absprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt - einen Wechsel des Präparats in Betracht ziehen. Es kann auch helfen, die Einnahme von Abführ- und Entwässerungsmitteln zu reduzieren, sollte dies möglich sein.
- Fußgymnastik und Sport: Bei einer verkürzten beziehungsweise verspannten Muskulatur helfen regelmäßige Fußgymnastik und leichter Sport wie Walking, Radfahren und Schwimmen, die Ihre Muskeln trainieren. Auch Yoga und andere Übungsformen können helfen. Verkrampfen sich Ihre Muskeln leicht, kann es zudem hilfreich sein, diese täglich sanft zu massieren.
- Venengymnastik: Wer regelmäßig kleinere Übungen zur Venengymnastik in den Alltag integriert, kann schmerzhaften Wadenkrämpfen effektiv vorbeugen. Ein Beispiel gefällig? Strecken Sie Ihre Füße aus und lassen Sie diese einmal in die eine, anschließend in die andere Richtung kreisen. Auch ein Wechsel Zehen- und Fersenstand ist effektiv.
- Aufwärmen vor dem Sport: Vorbeugend sollten Sportler sich gut aufwärmen. Gerade bei Schwimmern kann es häufig zu Wadenkrämpfen kommen. Es ist möglich, dass die plötzliche Abkühlung der Beinmuskulatur eine Ursache dafür ist. Wärmen Sie sich vor dem Schwimmen auf und gewöhnen Sie Ihre Beinmuskulatur durch vorangehende kalte Wassergüsse unter der Dusche an den Temperaturwechsel.
- Füße hochlegen: Wer tagsüber hauptsächlich sitzt, bekommt häufiger Wadenkrämpfe. Zur Vorbeugung hat es sich bewährt, die Füße öfter mal hochzulegen.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Obwohl Wadenkrämpfe meist harmlos sind, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, wenn:
- die Krämpfe sehr häufig auftreten
- die Krämpfe nachts den Schlaf rauben
- die Krämpfe sich trotz Dehnen oder sanfter Massagen nicht auflösen
- weitere Symptome wie Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Bewegungseinschränkungen hinzukommen
- Sie unter einer chronischen Stoffwechselerkrankung wie Diabetes mellitus oder einer Nierenschwäche leiden
- Sie hohes Fieber und/oder Durchfall und Erbrechen haben
Diagnose von Wadenkrämpfen
Der behandelnde Arzt wird sich die Beschwerden genau erläutern lassen. Es ist unter anderem relevant, wann sich die Krämpfe zum ersten Mal gezeigt haben, ob sie häufig in bestimmten Situationen auftreten, beispielsweise beim Training oder nur nachts. Auch familiäre Hintergründe werden beleuchtet. So ist es wichtig zu wissen, welche Krankheiten in der Familie vorkommen. Aber auch eine mögliche Schwangerschaft oder Nebenwirkungen von Medikamenten werden als Auslöser der Krämpfe in Betracht gezogen. Eine körperliche Untersuchung schließt sich dem Gespräch an, wobei Nervensystem und Muskelfunktionen besonders genau angesehen werden. Auf Basis dieser Kontrollen kann nun schon entschieden werden, ob gegebenenfalls eine Überweisung zu einem Facharzt erforderlich ist.
Zur Abklärung von Muskelkrämpfen wird oft eine Elektromyografie, eine Messung der elektrischen Muskelaktivität, durchgeführt. Sie lässt erkennen, ob eine Muskelerkrankung oder eine Nervenstörung vorliegt. Eine Elektroneurografie misst die Leitfähigkeit der Nerven. So kann die Funktionstüchtigkeit peripherer Nerven getestet werden. Außerdem ist es damit möglich, Nervenschädigungen zu erkennen. Ein Ischämietest stellt die Leistungsfähigkeit von Muskeln und Enzymen dar. Um beispielsweise Thrombosen nachzuweisen, kann eine Dopplersonografie sinnvoll sein. Werden die Wadenkrämpfe auf bestehende Rückenbeschwerden zurückgeführt, können eine Computertomografie oder eine Magnetresonanztomografie Aufschluss über die Ursache geben.
Die Analyse des Blutes kann einen Mangel oder Überschuss an Elektrolyten wie Magnesium, Natrium oder Kalzium anzeigen. Auch Informationen zum Blutzucker sowie über Leber- und Nierenwerte können auf der Suche nach der Ursache der Krämpfe weiterhelfen. Bei Verdacht auf eine Fehlfunktion der Schilddrüse ist ein Hormonspiegel hilfreich.
Behandlung von Wadenkrämpfen
Wadenkrämpfe werden abhängig von ihrer spezifischen Ursache behandelt. Liegt beispielweise eine Störung im Elektrolyt- und Wasserhaushalt vor, dann werden Betroffene in der Regel dazu angehalten, ausreichend zu trinken und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Dabei sollten Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Mineralstoffen wie Magnesium, Kalzium oder Natrium bevorzugt werden. Bei starkem Durchfall, kann eine Elektrolytlösung für den nötigen Ausgleich sorgen. Leiden Betroffene an einem Magnesiummangel, kann dies durch entsprechende Präparate behoben werden. Kommt es nachts regelmäßig zu schweren Wadenkrämpfen, kann bei Erwachsenen eventuell der Krampflöser Chininsulfat (Chinin) weiterhelfen. Das Mittel sollte nur nach ärztlicher Rücksprache genommen werden und keinesfalls während einer Schwangerschaft oder in Kombination mit anderen Medikamenten. Von der Gabe an Kinder und Jugendliche wird abgeraten. Wurde durch den Arzt eine Unterfunktion der Nebenschilddrüse diagnostiziert, können Vitamin D oder Kalzium verschrieben werden. Werden die Wadenkrämpfe durch Erkrankungen der Muskulatur ausgelöst, sind meist physiotherapeutische Maßnahmen hilfreich. Ist eine Dystonie für die Krämpfe verantwortlich, können Medikamente wie Botulinum-Toxin oder Benzodiazepine (beruhigend und angstlösend) verordnet werden. Liegt eine Erkrankung des Nervensystems vor, sorgen durchblutungsfördernde Arzneien häufig für eine Besserung. Entstehen die Krämpfe hingegen als Nebenwirkung eines Medikamentes, dann kann möglicherweise ein anderes Präparat gewählt werden.
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