Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall: Was zu tun ist

Epilepsie ist eine der häufigsten Erkrankungen des Nervensystems. Der Europäische Tag der Epilepsie am 14. Februar soll daran erinnern und das Bewusstsein für diese Erkrankung schärfen. Ein epileptischer Anfall kann für Betroffene und Umstehende beängstigend sein. Es ist jedoch wichtig, ruhig zu bleiben und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um Verletzungen zu vermeiden und bestmöglich zu helfen. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Aspekte der Ersten Hilfe bei einem epileptischen Anfall.

Was ist ein epileptischer Anfall?

Unter dem Begriff Epilepsie werden verschiedene Erkrankungen zusammengefasst, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet sind. Diese Anfälle sind Funktionsstörungen des Gehirns, die durch eine vorübergehende, gleichzeitige Entladung größerer Verbände von Nervenzellen verursacht werden. Dies beeinträchtigt die Kommunikation zwischen den Nervenzellen und kann zu Störungen von Sprache, Bewegung oder Bewusstsein führen.

Es gibt verschiedene Formen von epileptischen Anfällen, die sich in ihren Symptomen und Auswirkungen unterscheiden. Die Unterscheidung erfolgt grob in fokale Anfälle, die nur Teile des Gehirns betreffen, und generalisierte Anfälle, die das gesamte Gehirn betreffen.

  • Fokale Anfälle: Die Symptome hängen davon ab, welcher Teil des Gehirns betroffen ist. Sie können sich äußern in Zuckungen, Verkrampfungen oder Versteifungen bestimmter Körperteile. Manche Betroffene spüren Kribbeln, Wärme oder Kälte oder haben Halluzinationen. Bei komplexen fokalen Anfällen ist das Bewusstsein beeinträchtigt, und es können Automatismen wie Kauen, Schmatzen oder Nesteln an der Kleidung auftreten.
  • Generalisierte Anfälle: Hierbei kommt es zu Muskelzuckungen oder -krämpfen im ganzen Körper, oft verbunden mit Bewusstseinsstörungen. Eine milde Form ist die Absence, eine kurze geistige Abwesenheit. Die häufigste Form ist der große Krampfanfall (Grand Mal), der in zwei Phasen verläuft: Zuerst versteift sich der Körper, das Bewusstsein geht verloren, und die Atmung ist flach. Dann folgt die Phase mit unkontrollierten Zuckungen.

Erste Hilfe Maßnahmen während eines epileptischen Anfalls

Jutta Palm von den Maltesern in Nordrhein-Westfalen betont: „Wenn der Anfall begonnen hat, kann man ihn nicht mehr unterbrechen.“ Wichtig ist es, die betroffene Person vor Verletzungen zu schützen.

Was ist zu tun?

  • Ruhe bewahren: Auch wenn ein epileptischer Anfall dramatisch aussehen kann, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Die meisten Anfälle dauern nur wenige Minuten und sind nicht lebensbedrohlich.
  • Gefahrenquellen beseitigen: Entfernen Sie alle Gegenstände, die eine Verletzungsgefahr darstellen könnten, aus der unmittelbaren Umgebung der betroffenen Person. Dazu gehören beispielsweise Möbel, scharfe Gegenstände oder heiße Flüssigkeiten.
  • Betroffene Person schützen: Wenn möglich, legen Sie etwas Weiches unter den Kopf der Person, um diesen zu schützen. Entfernen Sie gegebenenfalls die Brille. Lockern Sie beengende Kleidungsstücke am Hals, um die Atmung zu erleichtern.
  • Nicht festhalten: Versuchen Sie nicht, die Person festzuhalten oder die Zuckungen zu unterdrücken. Dies kann zu Verletzungen führen. Lassen Sie dem Anfall seinen Lauf.
  • Nichts in den Mund stecken: Versuchen Sie nicht, den Mund der Person zu öffnen oder Gegenstände zwischen die Zähne zu schieben, um ein Zungenbeißen zu verhindern. Die Kaumuskulatur kann sich plötzlich verkrampfen, was zu Verletzungen führen kann.
  • Zeit notieren: Achten Sie auf die Uhr und notieren Sie den Beginn des Anfalls. Dies ist wichtig, um die Dauer des Anfalls zu dokumentieren und dem medizinischen Personal später genaue Informationen geben zu können.
  • Beobachten: Achten Sie genau auf den Ablauf des Anfalls. Welche Körperteile sind betroffen? Gibt es bestimmte Bewegungen oder Verhaltensweisen? Diese Beobachtungen können Ärzten bei der Diagnose helfen. Idealerweise machen Sie ein Video mit dem Handy.

Was ist zu vermeiden?

  • Nicht aufrichten: Versuchen Sie nicht, die Person während des Anfalls aufzurichten.
  • Nicht festhalten: Vermeiden Sie es, die Person festzuhalten oder zu Boden zu drücken.
  • Nicht beatmen: Eine künstliche Beatmung ist in der Regel nicht erforderlich.
  • Nichts zu trinken geben: Geben Sie der Person während des Anfalls nichts zu trinken.

Erste Hilfe Maßnahmen nach einem epileptischen Anfall

Nach dem Anfall ist es wichtig, die betroffene Person weiterhin zu unterstützen und zu beruhigen.

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Was ist zu tun?

  • Stabile Seitenlage: Bringen Sie die Person in die stabile Seitenlage, um die Atemwege freizuhalten und zu verhindern, dass Erbrochenes aspiriert wird.
  • Atemwege freilegen: Überprüfen Sie, ob die Atemwege frei sind und entfernen Sie gegebenenfalls Erbrochenes oder Speichel.
  • Beim Patienten bleiben: Bleiben Sie bei der Person, bis sie vollständig wach und orientiert ist. Beruhigen Sie sie und erklären Sie ihr, was passiert ist.
  • Ruhe anbieten: Bieten Sie der Person eine Ruhegelegenheit an. Viele Menschen sind nach einem Anfall müde und brauchen Zeit, um sich zu erholen.
  • Sichtschutz gewährleisten: Schützen Sie die Person vor neugierigen Blicken, insbesondere in der Öffentlichkeit.
  • Begleitung anbieten: Bieten Sie der Person an, sie nach Hause zu begleiten oder einen Arzt zu kontaktieren.
  • Informationen weitergeben: Berichten Sie der Person, wie der Anfall abgelaufen ist und wie lange er gedauert hat. Viele Betroffene sind nach einem Anfall verunsichert und dankbar für diese Informationen.

Wann muss ein Notarzt gerufen werden?

In den meisten Fällen ist ein epileptischer Anfall nicht lebensbedrohlich und erfordert keinen Notarzt. Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Notruf (112) notwendig ist:

  • Anfall dauert länger als fünf Minuten (Status epilepticus): Ein Anfall, der länger als fünf Minuten dauert, wird als Status epilepticus bezeichnet und ist ein medizinischer Notfall.
  • Wiederholte Anfälle ohne Bewusstseinsgewinnung: Wenn mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten, ohne dass die Person zwischendurch das Bewusstsein wiedererlangt, ist dies ein Notfall.
  • Schwere Verletzungen: Wenn die Person sich während des Anfalls schwer verletzt hat.
  • Atemprobleme: Wenn die Person Atemprobleme hat oder blau anläuft.
  • Bewusstlosigkeit: Wenn die Person nach dem Anfall nicht wieder zu Bewusstsein kommt.
  • Erstanfall: Wenn es sich um den ersten epileptischen Anfall der Person handelt.
  • Unbekannte Epilepsie: Wenn keine Informationen über eine bestehende Epilepsie verfügbar sind.

Notfallmedikation

Manche Menschen mit Epilepsie tragen ein Notfallmedikament bei sich, das im Falle eines Anfalls verabreicht werden kann. Dieses Medikament, meist ein Benzodiazepin wie Diazepam oder Midazolam, kann als Zäpfchen, Spray oder über eine Applikationsspritze in die Wangentasche verabreicht werden, um den Anfall zu unterbrechen. Wenn Sie mit der Verabreichung des Notfallmedikaments vertraut sind, können Sie dies gemäß den Anweisungen des Arztes tun. Informieren Sie jedoch unbedingt den Notarzt über die erfolgte Medikamentengabe.

Epilepsie-Notfallausweis

Menschen mit Epilepsie wird geraten, einen Notfallausweis mit sich zu führen. Dieser Ausweis enthält wichtige Informationen über die Erkrankung, die Medikation und Kontaktpersonen. Im Notfall kann dieser Ausweis dem medizinischen Personal wichtige Hinweise geben.

Ursachen und Häufigkeit von epileptischen Anfällen

Epileptische Anfälle können verschiedene Ursachen haben. Bei manchen Menschen liegt eine genetische Veranlagung vor, während bei anderen Anfälle durch Hirnschäden, Entzündungen, Stoffwechselstörungen oder andere Faktoren ausgelöst werden. Auch äußere Einflüsse wie Schlafmangel, Alkohol oder flackerndes Licht können Anfälle provozieren.

Etwa jeder zehnte Mensch erlebt im Laufe seines Lebens einen epileptischen Anfall. Die Epilepsie selbst betrifft etwa ein Prozent der Bevölkerung.

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Wichtigkeit von Beobachtung und Dokumentation

Ihre Beobachtungen während eines epileptischen Anfalls können für die spätere Diagnose und Behandlung durch Ärzte sehr hilfreich sein. Versuchen Sie, sich so viele Details wie möglich zu merken oder zu notieren:

  • Dauer des Anfalls: Notieren Sie den genauen Zeitpunkt des Beginns und des Endes des Anfalls.
  • Ablauf des Anfalls: Beschreiben Sie, welche Körperteile betroffen waren, welche Bewegungen aufgetreten sind (Zuckungen, Verkrampfungen, Versteifungen), ob es zu Bewusstseinsverlust kam und welche Verhaltensweisen (Automatismen) beobachtet wurden.
  • Begleitumstände: Gab es bestimmte Auslöser oder Vorzeichen (Aura)? Hatte die Person Verletzungen?

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