Der Hydrozephalus, auch bekannt als Wasserkopf, ist eine neurologische Erkrankung, bei der sich überschüssige Liquor cerebrospinalis, auch bekannt als Hirnwasser, im Inneren des Gehirns ansammelt. Normalerweise zirkuliert der Liquor und sorgt für den Schutz und das Gleichgewicht des Gehirns und des Rückenmarks. Beim Hydrozephalus kommt es jedoch zu einer Störung des Gleichgewichts zwischen Produktion und Absorption des Liquor cerebrospinalis im Gehirn Rückenmark, was zu einem Anstieg des Liquors führt und einen erhöhten Druck auf das Gehirn ausübt. Die genaue Prävalenz variiert je nach der zugrunde liegenden Ursache und dem betroffenen Bevölkerungsbereich. Bei angeborenem Hydrozephalus liegt in der Regel eine Fehlbildung vor, die den normalen Fluss des Liquors beeinträchtigt. In etwa 1 von 1000 Fällen kommt ein Baby mit Hydrocephalus zur Welt.
Ursachen des Hydrozephalus
Ein Hydrozephalus kann angeboren oder erworben sein. Auslöser für erworbenen Hydrocephalus sind Hirnverletzungen, Entzündungen wie Meningitis, Tumoren oder ein Schlaganfall. Je nach Ursache spricht man von einem Verschlusshydrozephalus (Hydrocephalus occlusus) durch Abflussstörungen bzw. von einem Hydrozephalus malresorptivus durch Liquorrückresorptionsstörungen.
- Hydrocephalus occlusus (Verschlusshydrozephalus): Bei dieser Form wird der Abfluss des Hirnwassers eingeengt oder komplett blockiert. Ein Hydrocephalus occlusus kann sich schon im Mutterleib ausbilden, wenn etwa eine Gehirnfehlbildung das Zirkulieren des Liquors stört. Dieser Typ macht etwa 60 Prozent der Fälle aus. Er entsteht durch eine Blockade, die den Abfluss von Hirnwasser behindert. Man kann sich das etwa wie bei einem Wasserschlauch vorstellen, der durch einen Gegenstand abgeklemmt wird.
- Hydrocephalus malresorptivus: Dabei gibt es keine offensichtliche Blockade der Hirnwasserkammern. Das Hirnwasser staut sich, weil die Kanäle durch Zellen oder Eiweiße verklebt sind. Etwa 30 Prozent der Betroffenen leiden an dieser Form, bei der das Gehirnwasser nicht ausreichend vom Blutkreislauf aufgenommen wird.
- Hydrocephalus hypersecretorius: Dabei bildet der Körper zu viel Hirnflüssigkeit.
- Normaldruckhydrozephalus (NPH): Der Normaldruckhydrocephalus tritt typischerweise im höheren Alter auf und entwickelt sich schleichend. Dabei ist durch Alterungsprozesse und manchmal Durchblutungsstörungen der Abfluss des Hirnwassers gestört. Ältere Menschen, die unter einem breitbasigen Gang mit kleinen Schritten, plötzlichem Harndrang und kognitiven Einschränkungen leiden, sollten mit Blick auf das Vorliegen eines Normaldruckhydrozephalus untersucht werden. Beitbasig bedeutet: Patientinnen und Patienten zeigen eine vergrößerte Schrittbreite. Sie lässt sich beim Gang des Patienten über einen Boden mit 30-cm-Fliesen erkennen. Breitbasig ist der Gang dann, wenn die Außenseite der Füße der betroffenen Person nicht innerhalb der Fliesenbreite bleibt. Diese Form betrifft vor allem ältere Menschen. Männer erkranken doppelt so häufig wie Frauen, wobei die Erkrankung auch schon in jüngeren Jahren auftreten kann. Seine genauen Ursachen sind unbekannt, vermutlich spielen Alterungsprozesse und Durchblutungsstörungen eine Rolle.
Hydrozephalus nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall kann in verschiedenen Formen auftreten, wobei der ischämische Hirninfarkt und die Hirnblutung die Haupttypen darstellen. Ursachen für Schlaganfälle sind zunehmende Erkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhter Blutfettspiegel, Diabetes mellitus, Übergewicht und Bewegungsarmut.
Akut auftretende Abflussstörungen infolge von Blutungen oder Infarkten im Kleinhirn zeichnen sich durch eine akute Hirndrucksteigerung aus. Eine ähnliche Symptomatik - nur nicht ganz so rasch und dramatisch - entwickelt sich, wenn sich die Abflussstörung oder Rückresorptionsstörung innerhalb weniger Tage ausbildet.
Hirnschwellungen als Komplikation
Hirnschwellungen gelten bei Schlaganfällen als häufigste Todesursache. Ein australisches Wissenschaftlerteam hat nun einen möglichen Weg identifiziert, diese Schwellungen zu reduzieren. Sie konnten zeigen, dass Schwellungen des Gehirns nach einem ähnlichen Prozess ablaufen wie Schwellungen in der Haut. Eine Hirnschwellung, oder auch Hirnödem, ist eine häufig auftretende Komplikation bei Schlaganfällen. Sie entsteht durch Wasseransammlungen im Gehirn, der Druck auf das Gehirn nimmt zu und dessen Durchblutung ab. Dadurch stirbt letztendlich das Hirngewebe ab.
Lesen Sie auch: Amöben im Wasser: Gefahr für das Gehirn? Symptome und Prävention
Entzündungsreaktionen und Ödembildung
Infolge eines Schlaganfalls lagern sich Blutplättchen an das geschädigte Gewebe im Gehirn an. Gleichzeitig werden lösliche Gerinnungsfaktoren - zunächst Faktor XII - aktiviert. Das setzt die Blutgerinnung in Gang und erhöht das Risiko, dass sich erneut ein Gerinnsel bildet, das das Gefäß verstopft. Das Team um Kleinschnitz hat deshalb in den letzten Jahren vorgeschlagen, den ischämischen Schlaganfall als eine „thrombo-inflammatorische" Erkrankung zu definieren. Eine wichtige Rolle spielt offenbar das sogenannte Kallikrein-Kinin-System. Diese Kaskade wird ebenfalls durch Faktor XII angestoßen und sorgt im letzten Schritt dafür, dass Bradykinin entsteht. Dieses Peptidhormon setzt weitere Entzündungsprozesse in Gang. „Wenn Bradykinin an seine Rezeptoren bindet, werden proinflammatorische Zytokine ausgeschüttet. Das führt zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke und damit auch zur Ödembildung“, erklärt Friederike Langhauser, Neurowissenschaftlerin in Kleinschnitz‘ Team. Das bedeutet, es wird Wasser ins Gehirn eingelagert.
Symptome des Hydrozephalus
Da bei Kindern bis zu einem Alter von zwei Jahren die Schädelplatten noch nicht fest zusammengewachsen sind, geben die Schädelplatten nach, wenn sich Hirnwasser staut. Ein großer Kopf bei Kindern deutet nicht zwangsläufig auf einen Hydrocephalus hin. Auch eine familiär bedingte Makrozephalie kommt vor. Diese Kinder sind normal gesund und nicht beeinträchtigt in ihrer Entwicklung. „Wichtig ist, den Verlauf des Kopfwachstums zu beobachten“, sagt Terpolilli. Das kann neurologische Schäden verursachen, da der erhöhte Druck die Hirndurchblutung beeinträchtigen und das Hirngewebe durch den Druck selbst schädigen kann.
Die Symptome des Normaldruckhydrozephalus entwickeln sich schleichend über Monate aus. Das wichtigste Symptom ist dabei die Gangstörung, das zwingend für die gesicherte Diagnose eines Normaldruckhydrozephalus vorhanden sein muss, während die beiden anderen Symptome nur fakultativ gefordert sind. Zusätzlich ist es wichtig zu wissen, dass die Symptome des Normaldruckhydrozephalus häufig mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können, wie zum Beispiel Alzheimer oder Parkinson.
Diagnose des Hydrozephalus
Bereits vor der Geburt kann der Arzt bestimmte Formen des Hydrocephalus im Mutterleib diagnostizieren. Per Ultraschall kann er zum Beispiel Fehlbildungen des Gehirns sowie des Rückenmarks (Spina bifida ) ab der 20. bis 22. Schwangerschaftswoche sehr genau darstellen. Bei Säuglingen wird im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt der Kopfumfang gemessen. Bestätigt sich der Verdacht, macht der Arzt ein MRT oder in Notfällen CT des Schädels. Kleinere Kinder benötigen hierfür gegebenenfalls eine Narkose. Der Sehnerv steht direkt mit dem Gehirn in Verbindung. Wenn ein zu hoher Druck im Schädel herrscht, versucht das Hirnwasser, in alle Richtungen hin auszuweichen. Hierbei kann sich Hirnwasser entlang der Sehnervenhülle in Richtung Augapfel hin stauen. Dies führt dazu, dass der Sehnerv am Eintrittspunkt in die Netzhaut anschwillt. Das kann der Augenarzt messen. Um den Hirndruck direkt zu messen, kann über ein Bohrloch im Schädel ein Katheter mit Druckaufnehmer eingeführt werden. Der Druck kann auch über eine Hirnwasserpunktion (Lumbalpunktion) am Rücken gemessen werden. Bei Verdacht auf Normaldruckhydrocephalus kann im Rahmen einer solchen Lumbalpunktion testweise etwas Hirnwasser abgelassen werden. Eine Hirnwasseruntersuchung kann ebenfalls helfen, um die Ursache eines Hydrocephalus herauszufinden.
Behandlung des Hydrozephalus
Die Behandlung des Hydrozephalus hängt von der Schwere der Erkrankung, der zugrunde liegenden Ursache und dem Alter des Patienten ab. In den meisten Fällen erfordert der Hydrozephalus eine medizinische Intervention, um den überschüssigen Liquor abzuleiten und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren. Dabei sind die gängigsten Behandlungsmethoden die Implantation eines Shunt-Systems oder eine endoskopische dritte Ventrikulostomie.
Lesen Sie auch: Behandlung von Beinödemen bei Parkinson
- Shunt-System: Auch wenn es keine mechanische Blockade gibt, schafft der Chirurg so eine Art Umgehungsstraße. Dafür legt er einen sogenannten „Shunt“ an, durch den der Liquor über einen unter der Haut implantierten feinen Kunststoffschlauch abfließen kann. Ein Shuntsystem hat meist ein Ventil, das die Menge des abgeleiteten Hirnwassers steuert. Dieses befindet sich in der Regel hinter dem Ohr. 75 Prozent der Patienten bleiben dauerhaft auf Shunts angewiesen. Ein Shunt ist ein implantierter Schlauch, der überschüssigen Liquor aus dem Gehirn ableitet und in einen anderen Körperbereich, wie den Bauchraum oder das Herz, transportiert, wo er resorbiert werden kann. Dieses Verfahren ermöglicht eine kontinuierliche Ableitung des Liquors und hilft, den Druck im Gehirn zu kontrollieren. Sie wird meist bei Kindlicher Hydrozephalus, Normaldruck-Hydrozephalus und Syringomyelie angewandt. Die Studie „Systematic review of the outcome of shunt surgery in idiopathic normal-pressure hydrocephalus“ hat die Folgen einer Shunt Operation untersucht. Dabei kam sie zum Ergebnis, dass die Einsetzung eines Shunts bei vielen Patienten eine sichere und effektive Behandlung des idiopathischen Normaldruck-Hydrozephalus darstellt und langfristig positive Ergebnisse erzielen kann.
- Endoskopische dritte Ventrikulostomie: Bei dieser minimalinvasiven chirurgischen Technik wird ein kleiner Schnitt in der Nähe des Gehirns gemacht, um einen Zugang zu den Ventrikeln zu schaffen. Durch diesen Zugang wird eine Öffnung in den Ventrikeln geschaffen, um den Liquorfluss zu erleichtern und den Druck im Gehirn zu reduzieren.
Gibt es eine klare Ursache für den Hydrocephalus, wird diese beseitigt. Zum Beispiel wird ein Tumor operativ entfernt, der das Abfließen des Liquors behindert.
Mögliche Komplikationen
Bei einem akuten Hydrocephalus steigt der Hirndruck zum Beispiel nach einer Hirnblutung oder einer Hirnhautentzündung plötzlich schnell an. Fließt das Blut ins Gehirn, muss es gegen den Hirndruck arbeiten. Wenn der Hirndruck auf einmal massiv viel höher ist als der Blutdruck, wird das Gehirn nicht mehr oder nicht mehr richtig durchblutet.
Prognose und Lebenserwartung
Wenn ein Hydrocephalus rechtzeitig erkannt wird, kann man ihn jedoch meist gut behandeln. Ist ein Tumor die Ursache, diktiert dieser in der Regel der die Lebenserwartung. Wird wegen einer anderen Ursache ein Shunt gelegt, ist die Lebenserwartung anschließend meist weitgehend normal. „Man kann mit einem Shunt problemlos leben. Es ist möglich, mit einem Shunt Kinder zu bekommen und ein normales Leben zu führen. Ein routinemäßiger Austausch ist nicht notwendig.
Prävention
Die Prävention des Hydrozephalus hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Bei angeborenem Hydrozephalus gibt es oft keine präventiven Maßnahmen, da es sich um genetische Anomalien oder strukturelle Abweichungen handeln kann. In einigen Fällen kann eine pränatale Diagnose während der Schwangerschaft helfen, mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und eine angemessene Betreuung zu gewährleisten. Bei erworbenem Hydrozephalus ist die Prävention eng mit der Prävention der zugrunde liegenden Ursache verbunden.
Prävention von Schlaganfällen
Um einem erneuten Schlaganfall vorzubeugen, sollten bei Risikopatienten regelmäßig der Blutdruck, die Cholesterinwerte und der Blutzucker überprüft und eingestellt werden. Auch eine Umstellung des Lebensstils mit viel Bewegung, gesünderer Ernährung und ohne Rauchen kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls verringern.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Rückenmarkwasserentzug