Wassereinlagerungen in den Beinen, medizinisch als Ödeme bekannt, sind ein weit verbreitetes Phänomen, besonders in den Sommermonaten. Oftmals harmlos, können sie jedoch auch auf ernsthafte Erkrankungen hinweisen. Einhergehend mit Taubheitsgefühlen können sie ein Warnsignal für eine zugrunde liegende Polyneuropathie sein. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen von Wasser in den Beinen und Taubheitsgefühlen, insbesondere im Zusammenhang mit Polyneuropathie, und stellt Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten vor.
Ursachen von Wasser in den Beinen (Ödemen)
Wasser in den Beinen entsteht in der Regel durch einen Blutstau, der zu erhöhtem Druck in den Kapillaren führt. Dies führt zu sichtbaren Schwellungen, bei denen sich nach dem Eindrücken der Haut eine Delle bildet, die nur langsam verschwindet.
Häufige Ursachen für Wasser in den Beinen sind:
- Bewegungsmangel: Längeres Stehen oder Sitzen reduziert den venösen Rückfluss.
- Hohe Temperaturen: Der Körper weitet die Blutgefäße, um die Temperatur konstant zu halten, was zu Flüssigkeitsansammlungen führen kann.
- Salzhaltige Ernährung: Eine ungesunde Ernährung mit hohem Salzgehalt kann Wassereinlagerungen begünstigen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung Ödeme verursachen.
- Hormonschwankungen: Insbesondere in der Schwangerschaft können hormonelle Veränderungen zu Wassereinlagerungen führen.
- Herz-, Nieren- oder Lebererkrankungen: In manchen Fällen deuten Wassereinlagerungen auf ernsthafte Erkrankungen dieser Organe hin.
- Übergewicht: Das Fett im Bauchraum kann auf die Hohlvene drücken und den Blutrückfluss zum Herzen behindern.
Taubheitsgefühle in den Beinen
Taubheitsgefühle in den Beinen sind ein häufiges Symptom, das viele Ursachen haben kann. In den meisten Fällen sind sie auf eine mangelnde Blutzufuhr zurückzuführen, beispielsweise nach langem Sitzen oder Liegen. Diese Symptome verschwinden in der Regel nach kurzer Zeit durch Positionswechsel.
Weitere Ursachen für Taubheitsgefühle in den Beinen sind:
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- Kälte oder Stress: Bei Kälte oder Stress können sich die Muskeln verkrampfen und die Durchblutung beeinträchtigen.
- Unfälle oder Überlastungen: Verletzungen der Wirbelsäule, des Rumpfes, der Hüfte, der Beine oder der Füße können zu Taubheitsgefühlen führen.
- Enge Kleidung oder unbequeme Schuhe: Zu enge Kleidung oder unpassendes Schuhwerk können den Druck auf die Nerven erhöhen und Taubheitsgefühle verursachen.
Wenn Taubheitsgefühle regelmäßig auftreten, lange anhalten oder plötzlich in Kombination mit anderen Symptomen wie Sprachproblemen auftreten, sollte dringend ein Arzt konsultiert werden.
Polyneuropathie: Wenn Taubheitsgefühle zum Warnsignal werden
Die Polyneuropathie (PNP) ist eine Erkrankung der peripheren Nerven, die häufig mit Taubheitsgefühlen, Kribbeln, brennenden Schmerzen und anderen Missempfindungen einhergeht. Der Begriff "Polyneuropathie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Erkrankung mehrerer Nerven".
Symptome der Polyneuropathie
Die Symptome der Polyneuropathie können vielfältig sein und hängen davon ab, welche Nerven betroffen sind. Mediziner unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien.
- Sensible Polyneuropathie: Betrifft die Nerven, die Informationen von der Haut zum Gehirn senden. Typische Symptome sind Kribbeln, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühle, vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden, meist beginnend an Füßen und Händen.
- Motorische Polyneuropathie: Betrifft die Nerven, die Signale vom Gehirn zu den Muskeln leiten. Dies kann zu Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfen führen.
- Vegetative Polyneuropathie: Betrifft das vegetative Nervensystem, das automatisierte Körperfunktionen wie Verdauung, Atmung oder Schwitzen koordiniert. Symptome können Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktes Schwitzen sein.
Ein häufiges Muster ist die beidseitige Ausbreitung der Missempfindungen in strumpf- oder handschuhartiger Verteilung. Im Verlauf der Erkrankung können Lähmungen, Muskelschwund und Gangstörungen hinzukommen. Auch das Lageempfinden kann gestört sein, was zu Schwanken, Schwindel und Gangunsicherheit führt.
Ursachen der Polyneuropathie
Es gibt über 300 bekannte Ursachen für Polyneuropathie. Die häufigsten sind:
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- Diabetes mellitus (Zuckererkrankung): Etwa jeder dritte Diabetiker ist von Polyneuropathie betroffen. Ein dauerhaft zu hoher Blutzuckerspiegel schädigt die Nerven.
- Alkoholmissbrauch: Chronischer Alkoholkonsum kann die Nerven schädigen.
- Vitaminmangel: Mangel an Vitamin B1, B2, B6, B12 oder E kann eine Polyneuropathie verursachen.
- Nierenerkrankungen: Nierenversagen kann zu Stoffwechselstörungen führen, die die Nerven schädigen.
- Schilddrüsenerkrankungen: Sowohl Über- als auch Unterfunktion der Schilddrüse können Polyneuropathie verursachen.
- Entzündliche Erkrankungen: Borreliose, Gefäßentzündungen (Vaskulitis) oder Autoimmunerkrankungen können die Nerven schädigen.
- Schwermetallvergiftungen: Blei, Arsen, Thallium, Quecksilber oder Gold können toxisch auf die Nerven wirken.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente, insbesondere Chemotherapeutika, Interferone oder Virustherapeutika, können Polyneuropathie als Nebenwirkung verursachen.
- Genetische Faktoren: Es gibt mehrere genetisch bedingte Polyneuropathien.
In etwa einem Viertel der Fälle bleibt die Ursache der Polyneuropathie ungeklärt (idiopathische Polyneuropathie).
Diagnose der Polyneuropathie
Die Diagnose der Polyneuropathie erfolgt in der Regel durch einen Neurologen. Zunächst werden die Krankengeschichte erhoben und eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Anschließend werden elektrophysiologische Untersuchungen durchgeführt, um die Nervenleitgeschwindigkeit und die Reizantwortstärke der Nerven zu messen (Elektroneurographie, EMG).
Weitere diagnostische Maßnahmen können sein:
- Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen zur Abklärung von Diabetes, Vitaminmangel, Nierenerkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Entzündungen und anderen möglichen Ursachen.
- Liquoruntersuchung: Bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung kann das Nervenwasser (Liquor) untersucht werden.
- Bildgebende Verfahren: Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule oder Halswirbelsäule, um andere Erkrankungen auszuschließen.
- Genetische Untersuchungen: Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Polyneuropathie können genetische Tests durchgeführt werden.
- Nervenbiopsie: In seltenen Fällen kann eine Gewebeprobe eines Nervs entnommen und untersucht werden.
- Quantitative Sensorische Testung (QST): Diese standardisierte Testung misst die Funktion verschiedener Nervenfasern und hilft, die Art und das Ausmaß der Nervenschädigung zu bestimmen.
- Hautbiopsie: Bei Verdacht auf eine Small-Fiber-Neuropathie kann eine Hautbiopsie durchgeführt werden, um die kleinen Nervenfasern der Haut zu untersuchen.
Behandlung der Polyneuropathie
Die Behandlung der Polyneuropathie zielt in erster Linie darauf ab, die Ursache der Erkrankung zu beseitigen oder zu behandeln. Dies kann beispielsweise die Einstellung des Blutzuckers bei Diabetes, der Verzicht auf Alkohol, die Behandlung einer Entzündung oder die Substitution von Vitaminen umfassen.
Zusätzlich zur Behandlung der Ursache können Medikamente zur Linderung der Symptome eingesetzt werden, insbesondere zur Schmerzbehandlung. Hier kommen häufig Antidepressiva und Antikonvulsiva zum Einsatz. In manchen Fällen können auch Opioide erforderlich sein.
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Weitere Therapiemöglichkeiten sind:
- Physiotherapie: Zur Verbesserung der Muskelkraft, Koordination und des Gleichgewichts.
- Ergotherapie: Zur Verbesserung der Feinmotorik und der Selbstständigkeit im Alltag.
- Neural-Akupunktur: Kann zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
- TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation): Stimulation der Nerven durch elektrische Impulse zur Schmerzlinderung.
- Capsaicin-Pflaster: Capsaicin, der Wirkstoff der Chilischote, kann in Form von Pflastern auf die Haut aufgetragen werden, um Schmerzen zu lindern und die Durchblutung zu fördern.
- Kompressionstherapie: Bei begleitenden Ödemen kann die Kompressionstherapie helfen, den venösen Rückfluss zu verbessern und Schwellungen zu reduzieren.
Hausmittel und Selbsthilfemaßnahmen
Zusätzlich zu den ärztlichen Behandlungen können Betroffene selbst einiges tun, um die Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern:
- Regelmäßige Bewegung: Fördert die Durchblutung und stärkt die Muskeln.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist wichtig für die Nervengesundheit. Achten Sie auf eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen, insbesondere Vitamin B12.
- Vermeidung von Alkohol und Nikotin: Diese Substanzen können die Nerven schädigen.
- Fußpflege: Bei Polyneuropathie an den Füßen ist eine sorgfältige Fußpflege besonders wichtig, um Verletzungen und Infektionen vorzubeugen.
- Geeignetes Schuhwerk: Tragen Sie bequeme Schuhe, die nicht drücken oder reiben.
- Wechselbäder: Wechselwarme Fußbäder können die Durchblutung fördern.
- Beine hochlagern: Entlastet die Beine und fördert den Blutrückfluss.
- Apfelessig: Äußerlich angewendet kann Apfelessig gegen Wasser in den Beinen helfen. Er ist reich an Kalium und wirkt entzündungshemmend.
- Tees: Bestimmte Teesorten wie Petersilien-, Pfefferminz-, Birkenblätter- oder Grüner Tee können entwässernd wirken.
Venöse Durchblutungsstörungen als Ursache für Wasser in den Beinen und Taubheitsgefühle
Neben der Polyneuropathie können auch venöse Durchblutungsstörungen zu Wasser in den Beinen und Taubheitsgefühlen führen. Venöse Durchblutungsstörungen entstehen, wenn der Rückfluss des Blutes zum Herzen behindert ist.
Symptome venöser Durchblutungsstörungen
- Schweregefühl und Müdigkeit in den Beinen: Besonders nach längerem Stehen oder Sitzen.
- Schmerzen: Meist dumpf, ziehend oder drückend, vor allem in den Waden.
- Schwellungen: Typisch sind abendliche Schwellungen im Knöchelbereich, die über Nacht abnehmen.
- Kribbeln oder Taubheitsgefühl: Durch unzureichenden Blutabfluss können die Nerven gereizt werden.
- Kältegefühl in den Gliedmaßen: Trotz normaler Umgebungstemperatur fühlen sich die Beine oder Füße kalt an.
- Krampfadern (Varikosis): Sichtbare, geschlängelte Venen.
- Hautveränderungen: Dunkle Verfärbungen, Verdickungen oder Entzündungen der Haut, besonders im Bereich der Knöchel.
- Schlecht heilende Wunden (Ulcus cruris): Chronische Geschwüre an den Unterschenkeln.
Diagnose venöser Durchblutungsstörungen
- Klinische Untersuchung: Beurteilung sichtbarer Krampfadern, Hautveränderungen und Schwellungen.
- Doppler- und Duplexsonographie: Ultraschall zur Visualisierung des Blutflusses und zur Feststellung von Reflux oder Thrombosen.
- Photoplethysmographie (PPG): Misst, wie schnell sich die Venen nach einer Bewegung entleeren.
- ABI-Messung (Knöchel-Arm-Index): Test zur Unterscheidung zwischen venösen und arteriellen Durchblutungsproblemen.
Behandlung venöser Durchblutungsstörungen
- Kompressionstherapie: Fördert den venösen Rückfluss und reduziert Schwellungen.
- VenaSeal (Venenkleber): Minimalinvasive Methode, bei der ein medizinischer Kleber verwendet wird, um die defekte Vene zu verschließen.
- Radiofrequenzablation (RFA): Wärmebehandlung zur Schließung der betroffenen Vene.
- Endovenöse Lasertherapie (EVLA): Laserenergie wird eingesetzt, um die Vene thermisch zu verschließen.
- Behandlung von Ulcus cruris: Wundpflege und Kompressionstherapie.
Prävention venöser Durchblutungsstörungen
- Regelmäßige Bewegung: Fördert den venösen Rückfluss.
- Gewichtskontrolle: Verringert die Belastung der Beinvenen.
- Rauchen einstellen: Schützt die Gefäße vor Entzündungen.
- Beine hochlagern: Reduziert Druck und Schwellungen.
- Kompressionsstrümpfe: Besonders bei Risikofaktoren wie langen Reisen oder Schwangerschaft.