Wechseldruckmatratze bei Demenz: Wirkung, Nutzen und Risiken

Wechseldruckmatratzen sind spezielle Matratzen, die zur Dekubitusprophylaxe bei bettlägerigen Personen eingesetzt werden. Sie bestehen aus Luftkammern, die abwechselnd befüllt und entleert werden, um den Auflagedruck auf den Körper zu variieren und so die Durchblutung zu fördern. Obwohl sie in der Pflege weit verbreitet sind, ist ihre Anwendung bei Menschen mit Demenz nicht unproblematisch.

Funktionsweise einer Wechseldruckmatratze

Eine Wechseldruckmatratze besteht aus mehreren Luftkammern, die durch eine elektrische Pumpe gesteuert werden. Die Pumpe befüllt und entleert die Kammern in einem einstellbaren Rhythmus, wodurch sich die Druckpunkte auf der Haut verändern. Dieser Vorgang soll die Durchblutung des Gewebes fördern und das Risiko von Druckgeschwüren (Dekubitus) reduzieren.

Es gibt verschiedene Systeme:

  • Zwei-Kammer-System: Hier wird jeweils eine Kammer mit Luft befüllt, während die andere leer bleibt.
  • Drei-Kammer-System: Bei diesem System sind zwei Kammern gefüllt, während die dritte leer ist.
  • Großzellige Kammern: Diese sind mindestens 10 Zentimeter breit.
  • Kleinere Kammern: Diese sind schmaler.

Der Kopf- und Halsbereich wird in der Regel statisch gelagert, das heißt, die Kammern sind hier permanent gefüllt oder weicher gepolstert.

Anwendung bei Demenz: Vorsicht geboten

Obwohl Wechseldruckmatratzen bei bettlägerigen Personen grundsätzlich sinnvoll sein können, ist bei Menschen mit Demenz Vorsicht geboten. Wahrnehmungsstörungen, die häufig bei Demenz auftreten, können durch die wechselnden Druckverhältnisse verstärkt werden. Dies kann zu Unruhe, Verwirrtheit, Angstzuständen und sogar Panikattacken führen.

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Einige Experten beobachteten bei Demenzpatienten, die auf Wechseldrucksystemen liegen, einen kompletten Verlust der Eigenbewegungen oder auch starkes Schwitzen und verstärkte motorische Unruhe.

Mögliche negative Auswirkungen

Wechseldruckmatratzen können bei Demenzpatienten folgende negative Auswirkungen haben:

  • Verstärkung von Wahrnehmungsstörungen: Die wechselnden Druckverhältnisse können die ohnehin schon beeinträchtigte Wahrnehmung weiter stören.
  • Unruhe und Angst: Die ungewohnten Bewegungen der Matratze können zu Unruhe, Angst und Verwirrtheit führen.
  • Schlafstörungen: Die ständigen Veränderungen des Auflagedrucks können den Schlaf beeinträchtigen und zu häufigem Aufwachen führen.
  • Verminderung der Eigenbewegung: Einige Patienten reagieren mit einem kompletten Verlust der Eigenbewegungen.
  • Starkes Schwitzen: Als Reaktion auf die ungewohnten Reize kann es zu vermehrtem Schwitzen kommen.

Alternativen zur Wechseldruckmatratze

Aufgrund der potenziellen Risiken sollten bei Demenzpatienten alternative Dekubitusprophylaxe-Maßnahmen in Betracht gezogen werden. Dazu gehören:

  • Regelmäßige Umlagerung: Auch bei Verwendung einer Wechseldruckmatratze ist eine regelmäßige manuelle Umlagerung des Patienten unerlässlich. Die Matratze kann lediglich die zeitlichen Abstände verlängern.
  • Weichlagerungsmatratzen: Diese Matratzen bestehen aus verschiedenen Schaumstoffschichten, die eine gleichmäßige Druckverteilung gewährleisten. Sie sind oft eine gute Alternative für Patienten mit Wahrnehmungsstörungen.
  • Mikro-Stimulations-Systeme: Diese Systeme basieren auf den Grundlagen der Basalen Stimulation und dem Bobath-Konzept. Sie bestehen aus einer Unterfederung mit Flügelfedern und einer Schaumstoffmatratze. Jede kleinste Bewegung wird aufgenommen und als Bewegungsimpuls an den Liegenden weitergeleitet, was die Körperwahrnehmung verbessern kann.
  • Individuelle Anpassung der Matratze: Die Auswahl der richtigen Matratze sollte immer individuell auf die Bedürfnisse und den Zustand des Patienten abgestimmt sein. Dabei sollten Faktoren wie Mobilität, Grunderkrankungen und Risikofaktoren berücksichtigt werden.

Zusätzliche Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe

Unabhängig von der Wahl der Matratze sollten folgende Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe beachtet werden:

  • Hautpflege: Regelmäßige Hautpflege mit feuchtigkeitsspendenden Lotionen, um die Haut geschmeidig und widerstandsfähig zu halten.
  • Ernährung: Ausgewogene Ernährung mit ausreichend Eiweiß und Flüssigkeit, um die Hautregeneration zu unterstützen.
  • Druckentlastung: Vermeidung von unnötigem Druck auf gefährdete Körperstellen, z.B. durch spezielle Lagerungstechniken und die Verwendung von Kissen.
  • Beobachtung: Regelmäßige Beobachtung der Haut auf Anzeichen von Druckstellen oder Rötungen.

Rechtliche Aspekte und Kostenübernahme

Wechseldruckmatratzen sind Hilfsmittel, die von einem Arzt verordnet werden können, wenn sie medizinisch notwendig sind. Bei Vorliegen eines Pflegegrades können die Kosten für die Matratze auch als technisches Pflegehilfsmittel bei der Pflegeversicherung beantragt werden. Zudem besteht Anspruch auf eine Stromkostenerstattung, da die Matratze elektrisch betrieben wird.

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Fazit

Wechseldruckmatratzen können bei bettlägerigen Personen eine sinnvolle Maßnahme zur Dekubitusprophylaxe sein. Bei Menschen mit Demenz ist jedoch Vorsicht geboten, da die wechselnden Druckverhältnisse zu Unruhe, Verwirrtheit und anderen negativen Auswirkungen führen können. In diesen Fällen sollten alternative Maßnahmen wie Weichlagerungsmatratzen, Mikro-Stimulations-Systeme und regelmäßige Umlagerung bevorzugt werden. Die Auswahl der richtigen Matratze und die Anwendung geeigneter Prophylaxe-Maßnahmen sollten immer individuell auf die Bedürfnisse und den Zustand des Patienten abgestimmt sein.

Wichtige Hinweise für die Anwendung

  • Ärztliche Beratung: Vor der Anwendung einer Wechseldruckmatratze sollte immer ein Arzt oder eine Pflegefachkraft konsultiert werden.
  • Richtige Einstellung: Die Pumpe muss korrekt eingestellt werden, wobei der Luftdruck zum Körpergewicht der Person passen muss.
  • Bettlaken verwenden: Es sollten dünne Bettlaken mit Stretch-Anteil verwendet werden, keine dicken oder gesteppten Laken. Auch dünne Inkontinenzauflagen sind erlaubt.
  • Lagerungshilfen vermeiden: Weiche Lagerungshilfen können den Effekt der Wechseldruckmatratze verringern.
  • Regelmäßige Kontrolle: Die Matratze sollte regelmäßig auf Beschädigungen und Defekte überprüft werden.
  • Hygiene: Die Matratze muss regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden.

Die Rolle der Pflegefachkräfte

Pflegefachkräfte spielen eine entscheidende Rolle bei der Auswahl und Anwendung von Dekubitusprophylaxe-Maßnahmen. Sie können den Zustand des Patienten beurteilen, die geeigneten Hilfsmittel auswählen und die Angehörigen in der richtigen Anwendung beraten. Zudem sind sie in der Lage, frühzeitig Anzeichen von Druckstellen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Forschung und Entwicklung

Die Forschung im Bereich der Dekubitusprophylaxe ist ständig im Gange. Es werden neue Materialien, Technologien und Konzepte entwickelt, um die Wirksamkeit der Prophylaxe zu verbessern und die Belastung für die Patienten zu reduzieren. Zukünftige Entwicklungen könnten beispielsweise intelligente Matratzen umfassen, die den Auflagedruck automatisch anpassen und den Pflegekräften wichtige Informationen über den Zustand des Patienten liefern.

Zusammenfassend

Die Verwendung einer Wechseldruckmatratze bei Demenz erfordert eine sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile. Es ist wichtig, die individuellen Bedürfnisse des Patienten zu berücksichtigen und alternative Prophylaxe-Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegekräften und Angehörigen ist entscheidend, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten und das Risiko von Druckgeschwüren zu minimieren.

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